Dian Luns Stimme hallte durch die stille Weite und trug eine Mischung aus Respekt, Angst und unerschütterlicher Loyalität mit sich.
Die Tore blieben geschlossen, doch Dian Lun wusste, dass sein Meister ihn gehört hatte. Der Herr des Chaos war im Haven allgegenwärtig, seine Sinne reichten bis in jeden Winkel dieses Reiches, sein Wille formte dessen Realität.
Nach einem Moment, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte, öffneten sich die riesigen Tore langsam und gaben den Weg in die Tiefen der Wohnstätte frei. Dian Lun erhob sich, seine Bewegungen fließend und präzise, und trat ein, wobei seine Schritte in der weiten Leere hallten.
Er ging durch Korridore, die sich zu verschieben und zu verändern schienen, vorbei an Kammern voller unvorstellbarer Kraft, unter Bögen, die den Gesetzen der Physik zu trotzen schienen. Er blieb unbeeindruckt und konzentrierte sich ganz auf sein Ziel, auf die Audienz, die ihm sein Meister gewähren würde.
Schließlich erreichte er das Herz der Wohnstätte, das Allerheiligste des Herrn des Chaos.
Es war eine riesige Kammer, deren Ausmaße unmöglich zu erfassen waren, deren Wände, Boden und Decke ein wirbelnder Strudel chaotischer Energie waren. Und in der Mitte, auf einem Thron aus purem Chaos, saß der Herr des Chaos. Er war eine geheimnisumwitterte Gestalt, dessen Gestalt von einem Mantel aus wirbelnder Dunkelheit verhüllt war und dessen Gesicht hinter einer Maske aus wechselnden Schatten verborgen war.
Niemand, nicht einmal Dian Lun, hatte jemals sein wahres Gesicht gesehen oder seine wahre Gestalt erblickt. Er war ein Rätsel, ein Wesen aus purem Chaos, ein Gott in seiner eigenen Welt.
Dian Lun näherte sich dem Thron, blieb in respektvoller Entfernung stehen und kniete erneut nieder, den Kopf gesenkt. „Mein Herr“, sagte er, und seine Stimme hallte in der riesigen Kammer wider. „Ich bin zurückgekehrt, wie du es befohlen hast.“
Der Herr des Chaos regte sich, die Schatten um ihn herum verschoben sich und wirbelten durcheinander. Als er sprach, war seine Stimme eine Symphonie des Chaos, ein Chor aus tausend Stimmen, jede einzelne erfüllt von einer uralten, unbegreiflichen Kraft.
„Sag mir“, befahl der Herr des Chaos, seine Stimme hallte mit einer Autorität wider, die keinen Widerspruch duldete.
Dian Lun begann ohne zu zögern mit seinem Bericht. „Mein Herr“, sagte er mit klarer, fester Stimme, „die Mission war ein Erfolg. Ich habe Yun Lintian zum Tor der Abyss gelockt, und wie du vorausgesagt hast, hat er es versiegelt. Das Tor ist jetzt vollkommen versiegelt.“
Der Herr des Chaos schwieg einen Moment lang, während die wirbelnden Schatten um ihn herum mit einer stillen Energie zu pulsieren schienen.
„Und was ist mit Yun Lintian selbst?“, fragte er schließlich, wobei seine Stimme von etwas untermalt war, das Dian Lun nicht ganz deuten konnte.
„Er hat einen Verdacht“, antwortete Dian Lun mit unerschütterlicher Stimme. „Er ist intelligent, einfallsreich und verfügt über eine Macht, die … ungewöhnlich ist. Er hat die Täuschung im Reich des Göttlichen Lichts durchschaut. Er weiß, dass die Kaiserin des Göttlichen Lichts nicht die ist, die sie zu sein scheint.“
Der Herr des Chaos lachte leise, ein Geräusch, das durch den riesigen Saal hallte und Dian Lun einen Schauer über den Rücken jagte. „Wie erwartet“, sagte er, seine Stimme voller Belustigung und Vorfreude. „Yun Lintian ist ein würdiger Bauer. Er spielt seine Rolle gut, auch wenn er das Spiel nicht kennt.“
„Was sind deine Befehle, mein Herr?“, fragte Dian Lun, seine Loyalität unerschütterlich.
„Sollen wir ihn beseitigen?“
Der Lord of Chaos schwieg einen Moment, die Schatten um ihn herum wirbelten schneller, als würde er tief in Gedanken versunken sein. „Nein“, sagte er schließlich mit fester und entschlossener Stimme. „Yun Lintian hat noch eine Rolle zu spielen. Lasst ihn leben, vorerst. Lasst ihn die Wahrheit aufdecken, lasst ihn gegen das Unvermeidliche kämpfen. Seine Handlungen werden nur dazu dienen, unsere Ziele voranzutreiben.“
„Ja, mein Herr“, antwortete Dian Lun respektvoll.
„Du kannst gehen“, sagte der Herr des Chaos.
Dian Lun sagte nichts mehr. Er verbeugte sich tief und begann sich zurückzuziehen.
Als sich die riesigen Tore der Wohnstätte hinter Dian Lun schlossen, blieb der Herr des Chaos stehen, eine einsame Gestalt inmitten des wirbelnden Chaos. Er war jetzt allein, frei, um nachzudenken, Pläne zu schmieden und den nächsten Satz seiner großen Symphonie der Zerstörung zu orchestrieren.
„Alle Teile sind an ihrem Platz“, murmelte er vor sich hin, seine Stimme ein Chor aus tausend Flüstern, jedes einzelne davon durchdrungen von einer uralten, unbegreiflichen Macht.
Er hob eine Hand, seine Gestalt von Schatten verdeckt, doch die Geste war unmissverständlich. Er dirigierte ein Orchester des Chaos, ein Orchester aus Göttern, Sterblichen und allem dazwischen. Und die Musik, die sie spielten, eine Melodie der Zerstörung und Wiedergeburt, war kurz davor, ihren Höhepunkt zu erreichen.
„Aber was ist mit dir, Yun Wushuang?“, sinnierte er, seine Stimme nahm einen nachdenklicheren Ton an.
„Wo passt du in diesen großen Plan? Bist du eine Figur auf dem Brett oder spielst du dein eigenes Spiel?“
Er hielt inne, die Schatten um ihn herum wirbelten schneller, als würden sie seine Gedanken widerspiegeln. „Du hast deinen Sohn gut versteckt, seine Kraft verborgen, sein Schicksal verschleiert. Aber ich habe ihn gefunden. Ich habe sein Potenzial erkannt. Und jetzt spielt er seine Rolle und dient unwissentlich meinem Zweck.“
Ein leises Lachen entrang sich seinen Lippen, ein eiskalter Klang, der durch die leere Kammer hallte. „Hast du das vorausgesehen, Yun Wushuang? Hast du damit gerechnet, dass deine Bemühungen, ihn zu beschützen, ihn nur näher an das Zentrum des Sturms bringen würden?“
Er wandte sich dem wirbelnden Strudel des Chaos zu, der die Wände seines Heiligtums bildete, und sein Blick durchdrang die chaotischen Energien, als könne er über die Grenzen des Zufluchtsortes hinaussehen, über die Grenzen der Realität selbst.
„Wo bist du jetzt, Yun Wushuang?“, flüsterte er, seine Stimme ein Chor aus tausend Stimmen, jede erfüllt von einer Mischung aus Neugier und einem Hauch von etwas, das vielleicht Respekt gewesen sein könnte. „Beobachtest du uns? Wartest du? Oder hast du bereits deinen Zug gemacht?“
Er hielt inne, und die Stille im Raum wurde schwer, voller Erwartung. „Egal“, sagte er schließlich, und seine Stimme gewann ihren befehlenden Ton zurück. „Deine Pläne, deine Intrigen, sie sind nichts als Fäden in dem Teppich, den ich webe. Dein Sohn, dein Vermächtnis, sie werden alle vom Chaos verschlungen werden.“
Er hob erneut die Hand, und die chaotischen Energien um ihn herum schossen empor und bildeten komplizierte Muster, Symbole der Macht, Runen aus uralter, unbekannter Magie. Er bereitete sich auf die nächste Phase vor, das Erwachen des Abgrunds, die Entfesselung des Chaos im Reich des Urchaos.
„Lasst die Spiele beginnen“, flüsterte er, und seine Stimme hallte durch die riesige Kammer, eine Verheißung und eine Drohung zugleich. „Lasst das Chaos regieren. Und lasst uns sehen, wer noch steht, wenn sich der Staub gelegt hat.“