Die Zeit stand still, und alles in der schwarz-weißen Welt war wie eingefroren.
Yun Lintian hatte keine Ahnung, was draußen los war. Er stand gerade in einem Militärlager. Überall standen Zelte, und Soldaten in Rüstungen liefen geschäftig hin und her. Es war klar, dass sie mitten in einer Kampagne waren.
Er schaute sich vorsichtig um und entdeckte eine Kriegsflagge mit dem Wort „Yun“ drauf.
Yun Lintian kannte solche Szenen aus Filmen wie „Die drei Reiche“ und „Zurück in die Vergangenheit“.
Außerdem merkte er, dass ihn niemand sehen konnte. Die Leute gingen einfach an ihm vorbei, als wäre er ein Geist.
Nachdem er sich einen groben Überblick verschafft hatte, versuchte Yun Linitian, seine göttliche Energie zirkulieren zu lassen, aber ohne Erfolg. In diesem Moment war er nicht anders als ein gewöhnlicher Mensch. Genauer gesagt war er nur eine Restseele.
„Beeilt euch! Wir brechen in zwei Stunden auf.“ In diesem Moment rief ein kräftiger Soldat laut, und die anderen begannen, das Lager zu organisieren.
Yun Lintian sah den stämmigen Soldaten an, der offenbar ein Zugführer war, als dieser das größte Zelt betrat. Ohne zu zögern folgte Yun Lintian ihm schnell.
Im Zelt standen drei Leute um einen Sandtisch herum und betrachteten eine Karte.
Der Zugführer betrat das Zelt und stellte sich leise an die Seite, um die drei Leute nicht zu stören.
Als Yun Lintian das Zelt betrat, war er sofort von dem Anblick wie gelähmt. Denn der Mann, der einen Generalsmantel trug, war kein anderer als Yun Yi!
Was zum Teufel ist hier los? Yun Lintian war verwirrt.
In diesem Moment hob Yun Yi plötzlich den Kopf und schaute zur Tür. Er runzelte leicht die Stirn, da er deutlich spürte, dass ihn zuvor jemand beobachtet hatte.
Yun Lintian war von Yun Yis Verhalten überrascht, beruhigte sich aber schnell wieder. Offensichtlich konnte Yun Yi ihn nicht sehen.
Allerdings war es etwas seltsam, dass Yun Yi seinen Blick spüren konnte.
Yun Yi dachte nicht weiter darüber nach und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Karte.
„General, ich glaube, wir müssen die Route ändern“, sagte ein junger Mann rechts von Yun Yi und zeigte auf die Karte. „Hier gibt es auf beiden Seiten zwei Berge. Wenn ich sie wäre, würde ich hier definitiv eine Falle aufstellen.“
Dieser Mann war Zhao Long, ein aufstrebender Star in der Armee.
Neben ihm strich sich ein alter Mann in den Sechzigern über seinen langen Bart und sagte:
„Die Armeen von Chu und Liang haben genug Leute, um in jeder Richtung, die wir wählen, Fallen aufzustellen. Wenn wir durchbrechen wollen, müssen wir bereit sein, erhebliche Opfer zu bringen.“
Der alte Mann, Zhu Ning, sah Yun Yi an und sagte: „Ich habe keine Meinung dazu. Du kannst selbst entscheiden, General.“
Sein Blick war gelassen, da er genau wusste, dass er nicht nach Hause zurückkehren würde.
Yun Yi hatte einen ernsten Gesichtsausdruck. Die Last auf seinen Schultern war zu schwer.
Die Yun-Armee, die er diesmal anführte, war die Vorhut, und er musste um jeden Preis die Blockade der Armeen von Chu und Liang durchbrechen. Sonst hätte die Yun-Dynastie keine Überlebenschance gehabt.
In den vergangenen Jahren hatten die Königreiche Chu und Liang die Yun-Dynastie von allen Seiten umzingelt und immer wieder fruchtbares Land zerstört.
Als die Nahrungsmittelproduktion zurückging, litten die Leute unter Hungersnöten und mussten ihre Heimat verlassen. Viele von ihnen hatten keine andere Wahl, als die Grenze zu überqueren und in anderen Königreichen Zuflucht zu suchen, um zu überleben.
In Verbindung mit der Korruption verschiedener Gouverneure und inneren Unruhen stand die Yun-Dynastie nun kurz vor dem Zusammenbruch.
Zhao Long seufzte und sagte: „Der Himmel will unsere Yun-Dynastie bestrafen. Diese Situation wäre nie entstanden, wenn Seine Majestät noch am Leben wäre.“
Der ehemalige Yun-Kaiser war vor fünf Jahren plötzlich erkrankt und verstorben. Der Kronprinz Yun Xing bestieg den Thron, zeigte jedoch wenig Interesse am Wohlergehen des Landes und gab sich jeden Tag seinen Vergnügungen hin.
Zhu Ning sah Zhao Long an und sagte: „Pass auf, was du sagst.“
Zhao Long zuckte mit den Schultern. „Habe ich etwas Falsches gesagt? Ich verstehe eigentlich nicht, warum Seine Majestät den ältesten Prinzen anstelle des zweiten Prinzen ausgewählt hat. In unserer Yun-Dynastie ist es überhaupt nicht Tradition, dass der älteste Sohn der Thronfolger ist.“
Zhu Ning verstummte sofort. Im Vergleich zu Yun Xing war der zweite Prinz wie ein Engel. Er war ein absolutes Genie, egal ob in der Kampfkunst oder in der Verwaltung. Man könnte sagen, dass der zweite Prinz einen großen Einfluss auf den früheren Wohlstand der Yun-Dynastie hatte.
Als jedoch der vorherige Yun-Kaiser starb, begann Yun Xing, seine Macht zu behaupten und den zweiten Prinzen offen zu unterdrücken.
Im Moment war der zweite Prinz in seiner eigenen Residenz eingesperrt und konnte ohne die Erlaubnis von Yun Xing nicht raus.
Ob Yun Yi, Zhu Ning oder Zhao Long, alle hier unterstützten den zweiten Prinzen. Aus diesem Grund wurden sie mit der gefährlichsten Mission an die Front geschickt.
Einfach gesagt, sie wurden in den Tod geschickt.
Yun Yi runzelte die Stirn. „Hört auf, darüber zu reden. Lasst uns eine Entscheidung treffen.“
Er zeigte auf einen großen Fluss namens Schwarzer Fluss und sagte: „Zhao Long, nimm unsere Elitetruppen und stationiere sie entlang dieser Route, bis du meinen Befehl bekommst.“
Zhao Long warf einen Blick auf die Karte und runzelte die Stirn. „General …“
„Stellst du meine Entscheidung in Frage?“ Yun Yis Gesicht wurde kalt.
Zhao Long richtete schnell seinen Rücken auf und antwortete laut: „Nein, Sir!“
„Gut. Geh.“ Yun Yi nickte und bedeutete Zhao Long, zu gehen.
Rump!
Zhao Long fiel auf die Knie und verbeugte sich dreimal. „Zhao Long verdankt alles, was er heute ist, Seiner Hoheit, dem zweiten Prinzen, und dem General. Wenn es ein nächstes Leben gibt, bin ich bereit, wieder euer Diener zu werden … Passt auf euch auf!“
Zhao Long stand entschlossen auf und verließ das Zelt.
Yun Lintian, der am Eingang stand, konnte sehen, wie Zhao Long verzweifelt versuchte, seine Tränen zurückzuhalten, aber kläglich scheiterte. Zhao Longs Gesicht war bereits tränenüberströmt, als er hinausging.
Zhu Ning warf dem Zugführer einen Blick zu, und dieser verschwand schnell.
Er sah Yun Yi an und sagte sanft: „Du bist zu gütig, General.“
Offensichtlich wollte Yun Yi, dass Zhao Long und die Elitesoldaten überlebten, indem er sie zum Fluss schickte, wo sie jederzeit fliehen konnten …
