Neo traute seinen Augen nicht.
„Sag mir, dass ich halluziniere.“
„… Ja, ich glaube, das ist eine Massenhalluzination.“
Die Cafeteria war voller Energie, Gelächter und Musik.
Die Studenten tanzten, jubelten und stießen mit ihren Gläsern an.
Felix entdeckte Neo und sein Team an der Tür der Cafeteria.
„Neo! Komm rein! Iss mit uns!“
„Was ist hier los?“
„Unser Team hat eine Party geschmissen, um zu feiern, dass wir Teamplätze bekommen haben.“
„…Woher habt ihr das Geld dafür?“
„Wir haben uns das Geld von ihnen geliehen.“
Neo sah ihn an, als wäre er ein Idiot.
Felix kratzte sich an der Wange.
„Die Überweisungsgrenze. Es gibt eine Grenze, wie viel Geld man von anderen bekommen kann.
Die Studenten hätten ihre Credits jetzt nicht zurückbekommen. Also haben wir beschlossen, eine Party zu schmeißen.“
Er kam näher an Neo heran und flüsterte:
„Das war die perfekte Gelegenheit, um ein gutes Verhältnis zu allen aufzubauen.“
„Das stimmt wohl.“
„Oder? Schmeißt du auch eine Party?“
„…“
Neo war genervt.
„Will er die Rechnung teilen?“
„Dieser Typ …“
„Unsere negativen Credits wurden gerade gelöscht und wir haben nur noch 6 Credits.“
Er lächelte.
„Nein, danke.“
„Tsk.“
Felix schnalzte leise mit der Zunge, aber so, dass es zu hören war.
Er ging, als ein paar Studenten ihn riefen.
„Lass uns was essen gehen.“
„Du meinst bestellen, oder?“
„Ich meine, was ich sage. Die feiern eine Party, da können wir doch mitmachen.“
Jack sah Neo an.
Je mehr Zeit sie zusammen verbrachten, desto mehr wurde ihm klar, dass Neo entgegen seinem kalten und emotionslosen Gesichtsausdruck sowohl in seinen Worten als auch in seinen Taten schamlos war.
Ihre Gruppe setzte sich in eine Ecke.
Sie unterhielten sich beim Essen.
Eine Gruppe näherte sich ihrem Tisch.
„Team Umbra, richtig?
„Ich habe gehört, ihr habt einen Platz bekommen.
„Ein schwaches Team wie ihr muss wohl irgendwelche schmutzigen Deals gemacht haben.
„Ich glaube nicht, dass ihr mit eurer derzeitigen Stärke eine S-Rang-Mission schaffen könnt. Lasst uns eurem Team beitreten …“
„Ihr habt zehn Sekunden, um euch zu verpissen.“
Neo unterbrach den Anführer der Gruppe.
„Was!? Du hast mich beleidigt?! Weißt du überhaupt, wer ich bin?!“
„Zehn.“
„Überleg dir das lieber gut!“
„Fünf.“
„Was!? Du hast gezählt!“
„Drei …“
Neo wollte gerade weiterreden, als die Gruppe einen Schritt zurücktrat.
Der Junge, ihr Anführer, biss die Zähne zusammen und starrte Neo an.
„Ich werde diese Demütigung nicht vergessen.
Merkt euch das, ich, Sebas Morris, werde mich für diese unverschämte Tat rächen!“
„…“
Sie zuckten zusammen, als Neo den Mund öffnete, und gingen, bevor er etwas sagen konnte.
„Pfft! Ich hätte nie gedacht, dass ich jemanden in echt so handeln sehen würde.“
Jack ließ das Lachen heraus, das er zurückgehalten hatte.
Christian schüttelte den Kopf und Mars spottete.
Es war bereits allgemein bekannt, dass Neos Team einen Platz erhalten hatte.
Sie hatten erwartet, dass jemand ihrem Team für die S-Rang-Mission beitreten würde.
„Jetzt, wo wir einen Platz haben, was wollt ihr von der Sphinx verlangen?“
Jack brachte das Thema während des Essens zur Sprache.
Die vier starrten sich an.
Christian räusperte sich und legte seinen Löffel hin.
„Ich fange an. Ich will wissen, wie ich am schnellsten Senior-Exorzist werden kann.“
„Wow, du willst nicht wissen, wie man Senior-Exorzist wird, sondern wie man so schnell wie möglich einer wird?
„Das ist ganz schön viel Selbstvertrauen“, meinte Jack.
Sein ehrfürchtiger Blick war Christian peinlich.
„Ich bin dran.“
Jack stand auf.
Er breitete theatralisch die Arme aus und machte große Gesten.
„Ich will eine Autobiografie schreiben.
Der Titel wäre:
‚Ich wurde der stärkste Nekromant, nachdem ich ein Orakel von der Sphinx erhalten hatte!'“
Alle lachten.
„Was würdest du wirklich fragen? Ich bezweifle, dass du das wirklich tun würdest“, sagte Christian.
„Nun …“
Jack lächelte verlegen.
„Das ist ein etwas schweres Thema, über das ich lieber nicht sprechen möchte, sonst verdirbt es die Stimmung.
Um ehrlich zu sein, ich …
Ich habe Angst, dass ihr alle neidisch auf meinen baldigen Erfolg sein werdet.“
„Als ob!“
Christian kam sich dumm vor, eine ernsthafte Antwort von Jack erwartet zu haben.
Noch vor wenigen Tagen hatte Jack gezittert, als er ihren Blicken begegnete.
Die gemeinsamen Kämpfe um Leben und Tod hatten die Distanz zwischen ihnen leicht überwunden.
„Jetzt ist Mars dran!“
„Ich möchte fragen, wie ich den Supreme übertreffen kann.“
Plötzlich verstummte die Gruppe.
Supreme war die höchste Meisterschaft eines Zauberspruchs.
Kaum jemand erreichte in seinem Leben die höchste Meisterschaft.
Mars war eine Ausnahmeerscheinung, da er die höchste Meisterschaft innerhalb weniger Wochen erreicht hatte, selbst wenn es sich nur um den niedrigsten Zauberrang „Flüstern“ handelte, für den man normalerweise Jahre üben musste.
„Mars …“
Christian konnte seinen Satz nicht beenden.
„Mach dir keine Sorgen. Jeder kennt meinen Zustand.“
Mars lächelte und fuhr fort.
„Mein Herz ist schwach und kann nicht genug göttliche Energie durch meinen Körper pumpen.
Deshalb kann ich nur den schwächsten Zauber meines Elements einsetzen.
Ich werde als einer der Stärksten unseres Jahrgangs bezeichnet, weil ich es geschafft habe, den Feuerfaust-Zauber bis zur höchsten Meisterschaft zu trainieren.
Aber …“
Sein Verständnis war beispiellos.
Allerdings war er nicht mit einem guten Körperbau gesegnet.
Nein.
Er war mit einem kaputten Körper gestraft.
Einem Körper, der nicht stärker werden würde.
„Damit habe ich meine Grenze erreicht.
Ich kann nicht mehr wachsen.
Es würde nicht lange dauern, bis mich alle übertreffen würden.“
Mars ballte die Fäuste.
Er grinste.
„Deshalb muss ich den Besten übertreffen! Ich gebe meinen Titel als Genie nicht auf!“
Er zeigte auf Neo.
„Ich werde dich als Sprungbrett für meinen Erfolg benutzen.
„Du solltest besser nicht nachlassen in deinem Training, mein Rivale!“
Neo war nicht stark.
Er war schwach.
Wenn Mars ehrlich sein sollte, war Neo der Schwächste in ihrer Gruppe.
Aber.
Neo hatte etwas, das sie nicht hatten.
Eine Kraft, die sie niemals erreichen konnten.
Seinen unübertroffenen Willen, sich zu verbessern.
Mars respektierte Neo dafür.
Mars wusste nicht, dass Neo diesen Willen von ihm gelernt hatte.
Neo wollte wie Mars sein.
Jemand, der nicht aufgeben würde, selbst wenn er sein Leben für ein bisschen mehr Kraft opfern müsste.
Jemand, der seine Moral nicht beugen und den schwierigsten Weg gehen würde, ohne zu wanken.
„Sein Leben opfern, hm?“
Neo lächelte bitter, als er sich an Mars‘ Zukunft erinnerte.
„Ich wette, du schaffst das.“
Jack stieß Mars mit der Faust gegen die Schulter.
Er drehte sich zu Neo um.
„Was wirst du die Sphinx fragen?“
