Harrisons Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse.
Er starrte Neo an.
Die Schüler, die nicht zu den Gott-Clans gehörten, sahen Neo jetzt mit anderen Augen.
Sie hielten ihn nicht mehr für einen Betrüger.
Ihre Blicke zeigten Respekt ihm gegenüber.
„Das war’s für heute mit dem Unterricht in ‚Aura-Manipulation‘.
Wir gehen jetzt zur Missionshalle“, sagte Anna.
Die Schüler folgten ihr aus dem Klassenzimmer.
Felix und Arthur näherten sich Neo.
„Das war unglaublich!“, sagte Felix lächelnd.
„Ja, deine Aura ist stark. Ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich sie spüre“, sagte Arthur.
Neo nickte mit blassem Gesicht.
Er atmete schwer und war schweißgebadet.
Das Erzeugen einer Aura-Klinge hatte ihn sehr erschöpft.
„Wenn ich jetzt trainiere, sollte ich in der Lage sein, Wasser zu erschaffen“, dachte er.
Das Trio erreichte mit der Klasse die Missionshalle.
Es war ein riesiger Pavillon, in dem unzählige Schüler hin und her eilten.
„Das ist die Missionswand. Dort könnt ihr die verfügbaren Missionen sehen“, sagte Anna.
Sie zeigte auf ein riesiges Hologramm, das in der Luft schwebte.
Darauf waren Tausende von Missionen zu sehen.
Jede Sekunde wurden Dutzende von Missionen angenommen und durch neue ersetzt.
„Im ersten Semester dürft ihr nur Missionen innerhalb der Akademie annehmen.
Die Missionen sind je nach Schwierigkeitsgrad in die Ränge F bis A eingeteilt.“
Anna erklärte das Belohnungssystem.
Missionen des Rangs A = 6 Credits
Missionen des Rangs B = 5 Credits
Missionen des Rangs C = 4 Credits
Mission der Stufe D = 3 Credits
Mission der Stufe E = 2 Credits
Mission der Stufe F = 1 Credit
Die Credits wurden von der Akademie nach erfolgreichem Abschluss der Mission vergeben.
Das war aber noch nicht alles.
Die Person, die die Mission gepostet hatte, vergab separate Belohnungen.
„Missionen der Stufe C und höher können von Teams mit mindestens 5 Mitgliedern angenommen werden.
Der Teamleiter erhält die doppelte Anzahl an Credits für den Abschluss der Mission.
Ihr habt eine Woche Zeit, um eure Teammitglieder zu suchen.
Die Teammitglieder können bis zum nächsten Semester nicht geändert werden. Überlegt euch gut, bevor ihr eure Teams zusammenstellt.“
Anna hielt plötzlich inne.
Sie sah den Schülern in die Augen.
Ihr Blick ließ sie erschauern.
„Es ist strengstens verboten, andere zu zwingen, eurem Team beizutreten, oder anderen den Beitritt zu einem Team zu verbieten.
Wenn herauskommt, dass jemand die Schüler erpresst hat, müsst ihr mit schweren Strafen rechnen.“
Einige Schüler verstanden nicht, warum Anna so zuversichtlich war, die Regelbrecher zu erwischen.
Ihre Freunde erklärten ihnen den Grund.
Als sie erfuhren, dass der Akademieleiter das Akademiegelände jederzeit überwachen konnte, zitterten sie vor Ekel und Angst.
„Wenn jemand Zweifel hat, soll er sich melden“, sagte Anna.
Lucas hob die Hand.
„Was ist mit Missionen der Stufe S und höher?“
„…“
Anna starrte ihn schweigend an.
„Können wir die nicht wählen?“, fragte er erneut.
„Du kannst eine Mission der Stufe S wählen, wenn drei deiner Teammitglieder zu den 100 besten Schülern gehören.
Aber ich würde sie wegen ihres Schwierigkeitsgrades nicht empfehlen.“
„Was ist mit SS- und SSS-Missionen?“, fragte Lucas, ohne Annas Warnung zu beachten.
„Dafür musst du besondere Voraussetzungen erfüllen. Die Voraussetzungen werden bekannt gegeben, nachdem du eine S-Mission abgeschlossen hast.“
Neo, der daneben stand, runzelte die Stirn.
Er überlegte, ob er Arthur und Felix die Anforderungen verraten sollte.
Arthur würde davon vielleicht nicht betroffen sein, Felix aber schon.
„Nimm nicht zu viele Credits von anderen“, sagte Neo zu den beiden.
Schließlich entschied er sich für einen vagen Ratschlag.
„…?“
Arthur verstand die Bedeutung hinter Neos Worten nicht.
Felix hingegen hatte eine Erleuchtung.
„Cleverer Kerl“, dachte Neo, als er Felix ansah.
„Woher weißt du das?“, fragte Felix.
„Was weiß ich? Ich verstehe nicht, was du meinst.“
Felix stellte keine weiteren Fragen, als Neo klar machte, dass er die Quelle seiner Informationen nicht preisgeben würde.
Der Unterricht war für diesen Tag beendet.
„Lasst uns zwei weitere Teamkollegen suchen“, sagte Felix zu Neo und Arthur.
Sie hatte erwartet, dass es selbstverständlich war, dass sie ein Team bilden würden.
Aber …
„Sorry, ich will nicht in Neos Team sein.“
„Warte, warum? Ist es nicht gut, wenn Freunde zusammenbleiben? Neos Rang mag niedrig sein, aber …“
„Das ist nicht der Grund.“
Arthur sah Neo mit entschuldigendem Blick an.
„Tut mir leid, Neo. Ich will der Herrscher werden. Deshalb bin ich an die Akademie gekommen.
Ich habe vom Präsidenten der Schülervertretung bestätigt bekommen, dass ich den ersten Rang mit Credits kaufen kann.
Das kostet allerdings einen Unsumme.
Ich muss Teamleiter werden, wenn ich genug Credits für den ersten Rang verdienen will.“
„Verstehe. Dann müssen wir wohl getrennte Teams bilden.“
Neo machte klar, dass er nicht vorhatte, die Position des Teamleiters aufzugeben.
Genau wie Arthur hatte er seine eigenen Gründe.
„Felix, in welches Team wirst du gehen?“, fragte Neo.
Felix runzelte die Stirn.
Sie versuchte, sie zu beruhigen, aber Neo und Arthur bestanden darauf, verschiedene Teams zu bilden.
„Verdammt!“
„Arthur ist die offensichtliche Wahl, aber ich will mich nicht auf eine Seite stellen.
Sobald ich mich für einen von ihnen entscheide, werde ich bei dem anderen in Ungnade fallen!“
Felix überlegte, wie sie das lösen könnte.
Sie öffnete den Mund.
„Dann bilde ich auch mein eigenes Team.“
„Was?“
Arthurs Reaktion war genau so, wie Felix es erwartet hatte.
Felix warf einen Blick auf Neo, um seine Reaktion zu sehen.
„Der Typ behält immer diese kalte Miene bei. Ich kann nicht einmal verstehen, was in ihm vorgeht“, dachte Felix.
Es war riskant, zu sagen, dass sie ein Team gründen würde.
Trotz der Gefahr, tatsächlich allein zurückzubleiben, beschloss sie, ihren Plan weiterzuverfolgen.
„Wenn ihr beide denkt, dass es besser ist, allein zu sein, sollte ich auch gehen.“
„Was redest du da, Felix? Du bist schwach …“
Arthur hielt inne, bevor er etwas Unpassendes sagen konnte.
Es war jedoch klar, was er sagen wollte.
„Ich bin schwach?“ Felix lächelte bitter. „Ja, das stimmt. Ich brauche euren Schutz.
Aber genau deshalb will ich gehen.
Ihr könnt bei den Missionen nicht euer Bestes geben, wenn ihr euch um mich sorgen müsst.“
„Das stimmt nicht!“
„Lüg nicht. Wir wissen beide, dass du mich schwach nennen wolltest, und du musst dich nicht schlecht fühlen, denn es ist die Wahrheit.“
Arthur biss sich auf die Lippen.
Er wandte sich hilfesuchend an Neo.
„Hör auf, nervig zu sein, Felix.“
„…!?“
Arthurs Augen weiteten sich, als er Neo hörte.
Neo fuhr fort, bevor Arthur ihn aufhalten konnte.
