Einer nach dem anderen standen die gefallenen Monster wieder auf.
Ihre grotesken Gestalten verwandelten sich mit unnatürlicher Kraft.
Ihre acht Beine knackten, als sie wieder an ihren Platz sprangen, und ihre hohlen Augen funkelten mit neuer Bosheit.
Neo biss die Zähne zusammen.
Er hörte auf, sich selbst zu heilen, und gab den Versuch auf, seinen Samen der Existenz zu reparieren.
Er hatte keine andere Wahl, als seine gesamte verbleibende Kraft darauf zu konzentrieren, die Essenz des Todes zu manifestieren.
Ein dunkler Nebel begann sich um seine Klinge zu winden und sich wie ätherische Schlangen zu drehen.
Die Monster stürzten sich auf ihn, und Neo reagierte entsprechend.
Sein zerbrochener Körper schrie vor Schmerz, aber er gab nicht nach.
Göttliche Schwertkunst, vierte Form: Ryu no Mai
Er wich ihren Angriffen aus. Seine Bewegungen waren geschmeidig und präzise. Es sah aus, als würde er tanzen.
Seine Klinge schnitt durch ihre verdrehten Körper.
Jeder Schwung war langsam – viel zu langsam im Vergleich zu seiner Höchstform –, aber seine Präzision blieb unübertroffen.
Selbst mit seinem zerstörten Körper schwächte seine Technik nicht nach.
Blut spritzte. Gliedmaßen fielen zu Boden. Der Gestank des Todes wurde immer stärker.
Die Monster hörten nicht auf. Sie kamen immer weiter.
Neo kämpfte ohne zu zögern, aber er wusste, dass sein Körper nicht lange durchhalten würde.
Also tat er, was er tun musste.
Er verschlang sie.
Sobald er das erste Monster verschlungen hatte, brach ein unvorstellbares Chaos in seinem Kopf aus.
Es war, als wäre ein zweites Bewusstsein in seinen Schädel gezwängt worden.
Seine Gedanken verstrickten sich in ein Netz aus Hunger, Wut und Urinstinkt.
Die Persönlichkeit des Spinnenmonsters drängte nach vorne und kratzte an seiner geistigen Gesundheit.
Seine Sicht verzerrte sich.
Er verspürte den Drang, sich auf acht Beinen fortzubewegen, in die Schatten zu huschen, zu jagen, sich zu ernähren.
„Was ist das …?“, grunzte Neo und umklammerte seinen Schädel.
Er hatte schon zuvor Gedanken verschlungen.
Die Dunkelheit brachte einen Teil der Essenz des Originals zurück, wenn er sie verschlang.
Die Echos ihrer Gedanken verfolgten ihn noch immer.
Diesmal hörte er nicht nur ihre Stimmen. Er wurde zu ihnen.
Erinnerungen, die nicht seine waren, überschwemmten seinen Geist.
Er sah Blitze einer unterirdischen Welt, der Heimat dieser Kreaturen.
Er sah, wie die Dunkelheit ihre Welt verschlang und sie in erbärmliche unsterbliche Wesen verwandelte.
Schmerz durchzuckte seinen Schädel.
Er taumelte.
Er sah den nächsten Angriff nicht kommen.
Die Monster umschwärmten ihn. Ihre grotesken Gliedmaßen hielten ihn fest.
Rasiermesserscharfe Kiefer rissen ihm das Fleisch aus dem Leib. Er spürte, wie sein Körper bei lebendigem Leib gefressen wurde.
Neos Instinkte schrien.
Sein durch jahrelange Kämpfe gestählter Körper versuchte sich zu wehren, aber er zerbrach – zerfiel wie zerbrochenes Porzellan.
Seine Kräfte verließen ihn, doch seine Gedanken drehten sich weiter im Kreis und stürzten ihn in den Wahnsinn.
Hunger.
Wut.
Er wollte töten. Verschlingen. Stärker werden.
„Nein“, murmelte Neo. „Das sind nicht … meine Gedanken.“
Die Erinnerungen der Spinnenmonster verdrehten sich mit seinen eigenen, versuchten, sich mit ihm zu verbinden und ihn zu überschreiben.
„Das … reicht bei weitem nicht aus … um mich zu stören …“
Neos Wille tobte.
„Verschwindet … ihr Mistkerle …!“
Mit einem letzten Willensakt erlangte er die Kontrolle über die eindringenden Gedanken.
Die Stimmen in seinem Kopf kreischten und wehrten sich, aber er zermalmte sie mit seiner unbezähmbaren Willenskraft.
Seine Dunkelheit verschlang ihn nicht.
Er verschlang sie.
Das Verschlingen des Monsters brachte eine mächtige Energiewelle mit sich.
Seine zerbrochenen Glieder formten sich neu, sein Fleisch wuchs in rasendem Tempo zusammen. Die Kraft kehrte in seine Muskeln zurück, und er konnte sich endlich wieder bewegen, ohne Angst zu haben, zusammenzubrechen.
Die Monster spürten die Veränderung.
Sie zögerten.
Neo hob sein Schwert.
Göttliche Schwertkunst, achte Haltung: Kami no Shinpan.
Ein einziger Hieb.
Eine Welle der Zerstörung folgte.
Der Boden spaltete sich und eine gewaltige Explosion ging los.
Die Monster in der Nähe wurden sofort weggefegt. Ihre Körper wurden von der überwältigenden Kraft des Angriffs in Stücke gerissen.
Neo atmete langsam aus.
Er hatte die Erinnerungen des Monsters verschlungen, seine Erfahrungen, sein Wissen.
Das war die Wahre Dunkelheit.
Die Wahre Dunkelheit verschlang alles.
Sie war nicht an Glück oder Zufall gebunden. Sie nahm nicht nur Fragmente von Erinnerungen oder Statistiken, sondern verschlang alles vollständig.
Die Wahre Dunkelheit wurde zu dem, was sie verschlang.
Neo ballte die Fäuste.
Eine riesige Welle der Dunkelheit brach aus seinem Körper hervor.
Sie schwoll wie ein endloses Meer nach außen.
Die bösartige Energie verschlang die spinnenartigen Monster mit einem einzigen Schluck.
Ihre chitinhaltigen Gliedmaßen schlugen um sich, und ihre verdrehten Schreie erfüllten die Höhle.
Sie krallten sich in den Boden, ineinander, sogar in ihr eigenes Fleisch, um Widerstand zu leisten.
Die Monster versuchten, sich der Anziehungskraft der Dunkelheit zu entziehen.
Neos Erschöpfung hatte ihren Höhepunkt erreicht.
Er hatte keine Zeit für einen weiteren langen Kampf.
Seine Welt-Energie-Reserven waren gefährlich niedrig. Sein Körper stand kurz vor dem Zusammenbruch.
Ohne zu zögern streckte er die Hand aus und verschlang seinen eigenen linken Arm.
Ein scharfer, brennender Schmerz durchzuckte ihn, als sein Fleisch und seine Knochen verschwanden.
Und im Gegenzug durchflutete ihn eine Welle von Kraft.
Die Höhle bebte, als er die Energie entfesselte.
Ein Sturm aus roten Blitzen, jeder größer als Berge, brach aus seinem Körper hervor.
Die Wucht war verheerend.
Die Luft zeriss mit einem ohrenbetäubenden Knall, als die Blitze einschlugen und alles in ihrem Weg verbrannten.
Die Kreaturen schrien.
Ihre Körper zuckten, als die schiere Wucht des Angriffs ihre Verteidigung durchbrach.
Rauch und der beißende Geruch von verbranntem Fleisch füllten die Höhle. Dann war es still.
Ihr Widerstand war gebrochen, und die Wahre Dunkelheit verschlang sie mit Leichtigkeit.
Zehntausende Erinnerungen drängten sich in Neos Kopf.
Er taumelte zurück. Sein Verstand war von Verwirrung und Chaos überwältigt.
Seine Fingernägel gruben sich in seine Haut, als wolle er sich das Gesicht zerfetzen.
Sein Kopf fühlte sich an, als würde er von innen zerbrechen.
Er konnte alles sehen.
Zehntausende Monster.
Ihre jahrhundertelange Jagd, ihr Fressen, ihr Sterben und Wiederauferstehen. Der Hunger. Die Wut. Der endlose Kreislauf des Verschlingens und Verschlungenwerdens.
Seine Hände rauften sich die Haare. Er konnte nicht atmen.
Die schiere Masse an Persönlichkeiten riss sein Selbstbewusstsein auseinander.
Neo hatte das absichtlich getan.
Er spürte, wie sein Verstand zerbrach und wie zerbrechliches Glas zersprang.
Seine Gedanken gehörten ihm nicht mehr.
Stimmen, Triebe, Instinkte, die nicht zu ihm gehörten, brüllten in ihm.
Er konnte ihre Erinnerungen, ihre Wünsche, ihren Schmerz spüren, als wären es seine eigenen. Sein Verstand zerbrach in alle Teile.
Er sank mit heftigem Atem auf die Knie.
Sein Verstand war völlig durcheinander, aber das war ihm egal.
Das musste sein.
Nur so konnte er sich erholen.
Sein Körper, der nicht mehr angegriffen wurde, würde sich in Ruhe erholen, während sein Verstand die Last des Wahnsinns trug.
Selbst wenn er dabei verrückt werden würde.
Selbst wenn er sich dabei selbst verlieren würde.
Das war ihm egal.
Denn sobald er wieder zu Kräften gekommen war, konnte er den Ouroboros benutzen.
Er war bereit, den Wahnsinn zu berühren, wenn er ihm half, sie eine Minute früher zu treffen.
Seine Sicht verschwamm und flackerte zwischen der Realität und den Illusionen, die ihm durch die gestohlenen Erinnerungen aufgezwungen wurden.
Er biss die Zähne zusammen, bis Blut von seinen Lippen tropfte. Seine Identität. Seine Existenz. Sein Alles. Alles wurde auseinandergerissen.
Aber Neo war niemand, der leicht zu brechen war.
Mit heiserem Atem presste er seine zitternden Hände zusammen und biss die Zähne zusammen.
Wenn das der Preis war, dann sollte es so sein. Er würde es ertragen. Das hatte er immer getan.
Sein Verstand schrie. Seine Seele zerbrach.
Aber sein Körper – sein Körper erholte sich.