„…“
Henry blieb still.
Er konnte spüren, wie schwer es Neo fiel, das zu sagen.
„Ich brauche zehn Schritte, um das zu tun, was andere mit einem Schritt schaffen.“
„Die Leute, mit denen du dich vergleichst, sind Genies, Neo“, sagte Henry. „Du solltest dich nicht mit ihnen vergleichen.“
„Meinem Feind ist es egal, ob ich ein Genie bin oder nicht. Ich kann nur überleben und gewinnen, wenn ich stark bin.“
Neo fuhr fort:
„Bei meinem derzeitigen Tempo wird es nicht lange dauern, bis andere mich einholen.
Mein einziger Vorteil ist meine Unsterblichkeit. Ich kann größere Risiken eingehen, um stärker zu werden.
Der Dreizack … ist eine Chance. Er kann mich töten, aber er kann mich auch stärker machen. Viel stärker.“
Er sah Henry in die Augen.
Hinter seinem Blick lag eine tiefe Entschlossenheit.
„Ich brauche diese Stärke, auch wenn sie mich umbringt.“
Henry sank in den Stuhl.
Er massierte seine Schläfen und schaute aus dem Fenster.
Dort konnte er einen riesigen Tornado am Horizont sehen.
Der Tornado war von überall auf dem Kontinent zu sehen.
Neo folgte seinem Blick und bemerkte den Tornado.
Er öffnete den Mund.
„Void Window #8477.
Es tauchte plötzlich auf und vernichtete den gesamten Hephaistos-Götterclan.
Niemand, der dieses Fenster betreten hat, ist zurückgekehrt.
Dieses Fenster hat …“ Neo presste die Lippen zusammen. „Mama und Papa getötet.“
Er drehte sich zu Henry um.
„Der Götterclan, der von einem der Hohen Götter unterstützt wurde, konnte nicht überleben.
„Das ist Beweis genug dafür, wie wichtig Stärke ist.“
„…“
„Bitte, Bruder, lass mich eine Exoskelettverstärkung machen.“
Henrys Narbe begann zu pochen, als er auf den Tornado starrte – auf das Fenster, das ihm alles genommen hatte.
Das Fenster, das ihn zu dem Abscheulichen gemacht hatte, der er jetzt war.
„Ah, verdammt.“
Er zog eine Zigarette heraus und nahm einen Zug.
Nach ein paar Zügen ließ der Schmerz nach.
„Diese verdammte Scheiße.“
Henry wusste, wie wichtig Stärke war.
Er hatte alles verflucht.
Das Schicksal, die Welt und sich selbst, dafür, dass sie ihn zu dem gemacht hatten, was er war.
Dafür, dass sie ihm nicht erlaubt hatten, sein göttliches Blut zu erwecken.
„Verdammt.“
Henry warf die Zigarette weg, nachdem er ein paar Mal gezogen hatte.
Nachdem er sich beruhigt hatte, starrte er Neo an.
„Was genau ist dein Grund dafür, den Dreizack zu benutzen?
Die Verstärkung des Exoskeletts kann man nicht mehrmals machen.
Wenn du es tun willst, solltest du die beste Waffe – oder das beste Metall – wählen, das du hast“, erklärte Henry.
„Der Dreizack hat eine unsterbliche Eigenschaft. Er passt gut zu meinem Todeselement.“
„Und?“
„Er könnte mir helfen, mein Konzept zu entwickeln.“
„Das Konzept des Todeselements?“ Henry war etwas überrascht. „Was für ein Konzept versuchst du zu entwickeln?“
„Das sag ich dir, wenn es fertig ist.
Im Moment steckt es noch in den Kinderschuhen.“
Sein aktueller Fortschritt lag bei etwa 10 bis 15 %.
Es half Neo, eine klare Vorstellung vom Konzept seines Todeselements zu bekommen.
Allerdings würde er lügen, wenn er behauptete, er wüsste, was er tun muss, um weiterzukommen.
„Na gut.“
Henry knurrte.
„Aber wenn du stirbst, werde ich deine Seele aus der Unterwelt zurückholen und dich erneut töten.“
„Das ist unmöglich.“
Neo lächelte, weil er wusste, dass Henry sich Sorgen um ihn machte.
„Es ist nicht unmöglich. Ich muss nur den Templern aus dem Tempel des Todes drohen.“
Neos Lächeln verschwand.
„Bitte tu das nicht.“
„Weil ich schon sehen kann, wie sich die Templer bei den Sensenmännern beschweren und dann Barbatos zu mir kommt und mich fragt, was ich getan habe.“
Das reichte dem Schulleiter.
Neo brauchte nicht noch jemanden, der ihm sagte, dass er überall Probleme verursachte.
„Du kannst jetzt gehen.
Die Verstärkung des Exoskeletts wird eine Woche dauern.
Bis dahin solltest du dich auf die Pressekonferenz und die Auktion konzentrieren.“
Neo nickte.
Er stand auf.
„Bis später.“
Nachdem Neo den Raum verlassen hatte, holte Henry eine weitere Zigarette raus.
„Scheiße.“
Er wusste, dass Neo sich selbst dazu getrieben hatte, stärker zu werden.
Aber was er von Neo gehört hatte, übertraf seine Vorstellungskraft.
Er schaute aus dem Fenster auf den Tornado.
„Aus dem Verlangen entsteht Ehrgeiz, und aus dem Ehrgeiz entsteht Macht.“
Sein Gesicht verzog sich.
Er hasste es, Neo so leiden zu sehen.
Aber es war notwendig.
Neo musste darauf vorbereitet sein, sich ihnen zu stellen.
…
Neo traf sich mit seinen Freunden.
Alle trainierten in den privaten Trainingsräumen der Villa.
Ein paar Stunden später gab es ein üppiges Abendessen.
Henry sorgte dafür, dass sie nur das Beste vom Besten bekamen.
Nach dem Abendessen beschlossen sie, Tischtennis zu spielen.
Sie zogen Lose, um die Spielpaarungen zu bestimmen.
Neo saß an der Seite, während Jack und Sean ein Match spielten.
Mars saß neben Neo.
Plötzlich öffnete Neo den Mund.
„Was ist los?“
„…“
„Ihr seid alle nervös in meiner Nähe.“
Mars lächelte.
„Es ist immer schwer, etwas vor dir zu verheimlichen.“
„Nein, ihr seid einfach nur schlecht darin. Vor allem Jack.“
„Hey, ich kann euch hören!“
Jack rief, während er Tischtennis spielte.
„Hör auf, mich zu verleumden!“
Neo verdrehte die Augen.
Die Gruppe lachte.
Obwohl sie Jack und Sean beim Spielen zusahen, merkte Neo, dass ihre Aufmerksamkeit auf das Gespräch zwischen Mars und ihm gerichtet war.
„Wir hinken hinterher“, sagte Mars. „Wenn ich euch so anschaue, ist klar, dass wir uns verbessern müssen.
Deshalb wollten wir dich bitten, uns zu trainieren.“
„Ihr wollt, dass ich euch trainiere?“
Neo ließ seinen Blick durch den Raum schweifen.
Sie nickten.
„…“
Neo dachte über den Vorschlag nach.
Bevor er antwortete, wandte er sich an Arthur:
„Du willst auch, dass ich dich trainiere?“
„Ja.“
Arthurs Antwort klang leicht zögerlich.
Neo spürte das sofort.
„Arthur, ich weiß, dass du nur wegen den anderen Ja sagst. Sag mir einfach, was du wirklich denkst.“
„Ich sage die Wahrheit …“
„Arthur …“
Arthur schloss den Mund.
Ein Seufzer entfuhr ihm.
„Na gut. Es stimmt, ich halte das Training mit Neo für sinnlos.
Nicht, dass ich Neo unterschätze, aber er hat nicht besonders viel Talent.
Neo macht unglaublich schnelle Fortschritte. Das stimmt. Ich hab keine Ahnung, wie er das macht.
Aber ich weiß, dass es nicht an seinem Talent liegt“, erklärte Arthur.
„Was?“, fragte Jack. „Das hast du uns noch nie erzählt.“
„Ich konnte es nicht sagen. Es tut mir leid“, sagte Arthur.
„Da hast du es.“
Neo warf ein.
„Es ist sinnlos, unter mir zu trainieren. Ich werde so schnell stärker, weil ich meine eigenen Methoden habe.
Ihr könnt sie nicht anwenden, sonst hätte ich sie euch schon längst verraten.“
Alle verstummten.
Sie waren verwirrt und wussten nicht, wie sie reagieren sollten.
„Aber …“
Neo fuhr fort.
„Ich kann ein Ziel für euch alle werden. Ein Ziel, das ihr übertreffen müsst.“
Seine Worte erregten ihre Aufmerksamkeit.
„Lasst uns das machen.
Wir werden zu Beginn des nächsten Semesters einen Kampf austragen.
Ihr könnt alle zusammen gegen mich kämpfen.
Ihr könnt weitere Leute um Hilfe bitten – denn ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ihr sieben eine Chance gegen mich habt –, und wenn ihr es schafft, mich zu besiegen …“
„Wenn wir es schaffen, dich zu besiegen?“, fragte Jack.
