Professor Daniel seufzte erleichtert und frustriert zugleich.
Er hatte Neo unterrichtet, weil er dessen unnachgiebigen Willen erkannt hatte und …
weil er nicht wollte, dass Neo das gleiche Schicksal ereilte wie ihn.
Professor Daniel sah sich selbst in Neo.
Einen Jungen, der die Zeit für das Höchste hielt und hart daran arbeitete, die Macht der Zeit zu erwecken.
Es gab niemanden, der ihm etwas über die Zeit beibringen konnte.
Nach seinem Erwachen missbrauchte der Junge, berauscht von seiner Macht über die Zeit, diese und wurde dazu verdammt, für alle Ewigkeit unter den Folgen seiner Taten zu leiden.
„Warum willst du etwas über mich wissen? Wenn du vorhast, meine Macht zu nutzen, um …“
„Keine Sorge. Ich habe keine solchen Absichten.
Außerdem ist es offensichtlich, dass du die Zeit kaum noch kontrollieren kannst.“
Charlotte fuhr fort.
Professor Daniel erschreckte, wie genau ihre Vermutung war.
„Wie oft kannst du die Zeit wiederholen? Einmal oder zweimal?
Danach wirst du wahrscheinlich nicht mehr in der Lage sein, deine Zeitsprünge zu kontrollieren und landest ein paar hundert Jahre in der Zukunft.
Ist es nicht so, dass du 3.000 Jahre gelebt hast?“
„Du … woher weißt du das alles?“
„Wie ich schon sagte, ich kann es erraten. Du magst zwar die Zeit beherrschen wie kein anderer, aber die Welt hat sich stetig weiterentwickelt.
Wir wissen heute viel mehr über Elemente, Götterblut und andere mythische Größen als vor 3.000 Jahren.
Mit so viel Wissen ist es leicht, Vermutungen über die Grenzen deiner Kräfte anzustellen.“
Charlottes Worte trafen Daniel wie ein Schlag ins Gesicht.
Er war zwar schon 3.000 Jahre alt, aber weniger als ein Viertel davon hatte er wirklich gelebt.
„Also, wer bist du?“
„Das kann ich dir nicht sagen, solange ich nicht weiß, warum du das fragst.“
Professor Daniel hörte auf, so zu tun, als würde er nichts verstehen.
„Aus Neugier.“
„Nur so?“
„Ja.“
Professor Daniel dachte über ihre Worte nach.
Schließlich beschloss er, ihr zu antworten.
„Ich bin der Gründer der Akademie.
Obwohl ich bezweifle, dass sich noch jemand daran erinnert, da ich die Welt schon so oft zurückgesetzt habe.“
„Ich verstehe. Danke für deine Antwort.“
Charlotte stand auf.
Neben ihr erschien ein Portal.
Sie sprach zu Professor Daniel, während sie hindurchging.
„Da ich dich belästigt habe, gebe ich dir im Gegenzug eine gute Nachricht.
Neo wird bald sein Zeitelement manifestieren.“
…
Kammer des Minotaurus, Labyrinth
Verdichtete rote Blitze zuckten in einem zerstörerischen Tanz durch die Kammer.
Kein einziger Stein der Kammer war unversehrt geblieben.
Die Säulen waren zerstört und der Boden in Stücke zerschlagen.
Die Zusammenstöße zwischen Neo und dem Minotaurus verursachten donnernde Echos und Schockwellen.
Sie hatten zwei Tage lang gekämpft.
Keiner von beiden war gefallen.
Allerdings waren beide mit der Zeit schwächer geworden.
Neos Haut war rissig und die Bewegungen des Minotaurus waren langsam.
Sie waren von den unkontrollierten roten Blitzen betroffen, die in der Kammer tobten.
Schließlich machte es in Neos Kopf klick.
Es war der Moment, auf den Neo gewartet hatte.
Er sprang hoch und schlug dem Minotaurus zwei Arme ab.
Das Monster, das in den letzten zwei Tagen unzählige Male in derselben Situation gewesen war, ignorierte die Verletzung und stürzte sich auf Neo.
Zum ersten Mal nutzte Neo die Dunkelheit, um den Minotaurus im Sarg der Dunkelheit zu fangen.
Das Monster war verwirrt, als es sah, dass Neo einen neuen Angriff einsetzte.
Bevor es sich von der Verwirrung erholen konnte, hob Neo seine abgetrennten Arme auf und verschlang sie.
Der Minotaurus erstarrte.
Seine Augen wurden rot und er stieß einen wütenden Schrei aus.
Doch bevor er angreifen konnte, rammte Neo ihm das Schwert ins Herz.
Wieder brodelte die göttliche Energie des Labyrinths und das Monster wurde wiederbelebt.
Trotzdem …
Ihm fehlten zwei Arme.
„Scheint so, als würde deine Unsterblichkeit nicht mehr halten.“
Er grinste kalt.
Um ehrlich zu sein, war Neos eigene Unsterblichkeit am Ende.
Die Menge an Tod in der Kammer hatte seinen Wiederbelebungsprozess verlangsamt.
Der rote Blitz – der Tod – der sich aus den unzähligen Todesfällen des Minotaurus und dem von ihm freigesetzten Todeselementar angesammelt hatte, schwächte den Minotaurus und ihn.
Ohne sie hätte Neo den Arm des Minotaurus nicht verschlingen können.
„Das ist es.“
„Ich kann es spüren.“
„Meine Unsterblichkeit wird gleich eine Stufe höher.“
Neo hinterließ rote Funken, als er auf den Minotaurus zulief.
Der Minotaurus brüllte wütend und stürmte vorwärts.
Ihre Waffen prallten aufeinander.
Aber diesmal war es kein ausgeglichener Kampf.
Der Minotaurus wurde zurückgedrängt.
Neo schlug ihm die Beine weg, bevor der Minotaurus wieder das Gleichgewicht finden konnte.
Das Monster fiel zu Boden und Neo trat so fest gegen seinen Oberkörper, dass sein riesiger Körper quer durch die Kammer geschleudert wurde.
Er verschlang die abgetrennten Beine.
Der Minotaurus stürmte mit aller Kraft auf ihn zu.
Aber es war kein Gegner mehr für Neo.
Er beendete den Kampf in wenigen Minuten.
Das Einzige, was vom Minotaurus übrig blieb, war sein Herz.
Neo verschlang es.
[Unsterblichkeit +1]
[Die einzigartige Fertigkeit „Unsterblichkeit“ wurde gemeistert.]
[Drei Fertigkeitsentwicklungen wurden freigeschaltet.]
[Bitte wähle sorgfältig aus.]
[1. ….]
Bevor Neo die Benachrichtigungen lesen konnte, versteifte sich sein Körper und er fiel mit dem Gesicht voran auf den Boden.
Er konnte sich nicht bewegen.
„Verdammt, ich darf hier nicht fallen. Ich habe keine Unsterblichkeit mehr.“
Mit jeder Sekunde wurde sein Herzschlag schwächer.
Neo hatte in den letzten zwei Tagen zu viel Tod eingesetzt.
„Fähigkeitsentwicklung …“
Seine Gedanken waren durcheinander.
„Ich muss mich entscheiden.“
„Wenn ich einen Rang aufsteige, werde ich geheilt.“
Trotz seiner Gedanken wusste Neo, dass es das Ende für ihn war.
Das Labyrinth schloss sich nach dem Tod des Minotaurus.
Wenn er dort blieb und versuchte, einen Rang aufzusteigen, könnte er im Labyrinth zerquetscht werden, bevor er seinen Durchbruch schaffte.
Und ohne einen Rangaufstieg konnte er sich nicht bewegen, geschweige denn fliehen.
Neo steckte zwischen Baum und Borke.
Seufzend starrte er an die Decke.
„Na ja, wenigstens habe ich vor meinem Tod einen Unsterblichen getötet. Das kann ich von meiner To-do-Liste streichen.“
Der Boden bebte und die Wände begannen einzustürzen.
Gerade als er dachte, dass es für ihn vorbei sei, hörte er eine unbekannte Stimme.
„Selten, dass du aufgibst.“
„… Wie bist du hierher gekommen?“
