Neo hatte einen Plan.
Er hatte ihn schon umgesetzt.
Jetzt musste er nur noch auf das Ergebnis warten.
Die Tyrannin nickte, nachdem sie seine Fähigkeiten gesehen hatte.
„Wir werden tun, was du verlangt hast.“
Plötzlich erschien ein Bildschirm vor Neos Augen.
[Quest]
[Ziel: Rette die Tyrannin Elizabeth.]
﹂Das Meerjungfrauenreich liegt isoliert in den rauen Gewässern von Alaspa. Aufgrund seiner ungünstigen Lage wurde es seit seiner Gründung von anderen Ländern ausgebeutet.
﹂Elizabeth änderte diese Situation durch ihre überwältigende Macht. Mit ihrer Krönung stellte sie sicher, dass kein Land und kein Halbgott mehr auf ihr Heimatland herabblicken oder es ausbeuten konnte.
﹂Ihre radikalen Methoden, die zwar für das Meerjungfrauenland eine Verbesserung darstellten, brachten ihr jedoch den Spitznamen „tyrannische Königin“ ein.
﹂Nach Jahren des Friedens haben die Menschen im Meerjungfrauenland die Zeiten vergessen, in denen sie ausgebeutet wurden.
﹂In ihren Augen ist die tyrannische Königin nichts als eine unkontrollierte Mörderin, die ihren Ruf ruiniert und sich mächtige Halbgötter zu Feinden macht.
﹂Da sie glauben, dass die Handlungen der Tyrannin bald Vergeltung nach sich ziehen werden, hat das Meerjungfrauenland beschlossen, zu revoltieren, um die Tyrannin zu stürzen, bevor ihre Feinde ihr Land zerstören.
[Belohnung: Unsterblichkeit +50, Wasser-Affinität]
[Fehlschlag: Zorn von Amelia de Beaufort]
[Willst du die Quest annehmen? J/N]
Die Questbeschreibung enthielt viele wichtige Details.
Er scrollte nach oben und las sie noch einmal sorgfältig durch.
Die Geschichte war so, wie er sie in Erinnerung hatte.
Die Belohnungen waren gut.
50 Exp entsprachen 50 Mal dem Einsatz der Unsterblichkeitsfähigkeit. Das würde ihm 50 Tage Training ersparen.
Soweit Neo wusste, konnte niemand eine zusätzliche Affinität erlangen.
Sie wurden mit festen Affinitäten geboren und in seltenen Fällen konnten Halbgötter ihre schlummernden Affinitäten nach einer lebensbedrohlichen Situation erwecken.
Eine neue Affinität zu erlangen, war unbekannt.
Bei dieser Art von Belohnung war das Einzige, was er bei einem Scheitern zu verlieren hatte, Amelias Zorn.
Es war klar, wofür er sich entscheiden musste.
[Quest angenommen.]
„Da du den Auftrag angenommen hast, können wir jetzt anfangen“, sagte die Königin.
Sie lächelte.
„Wir werden den Palast säubern.“
„H-häh? Mama, willst du etwa alle umbringen?“
„Nicht alle, Schatz. Nur die, die etwas mit der Rebellion zu tun haben.“
Fast alle Palastbewohner unterstützten die Revolte einstimmig.
Einer von ihnen könnte derjenige gewesen sein, der den Fluch ausgesprochen hatte.
Elizabeth kannte die Identität des Fluchers.
Sie konnte die Säuberung nicht durchführen, da sie sonst möglicherweise den Flucher unwissentlich getötet hätte.
Wenn das passiert wäre, hätte sie den Fluch nicht aufheben können.
Ihre Hände waren gebunden.
Mit Neos Ankunft brauchte sie jedoch niemanden mehr, um den Fluch zu beseitigen.
„Wie du wünschst, meine Königin“, sagte Clara.
„Wann kannst du mit der Heilung beginnen?“, fragte die Königin Neo.
„Morgen. Ich muss heute noch ein paar Vorbereitungen treffen“, antwortete er.
Die Tyrannin sah kein Problem in Neos Bitte.
Der Fluch, der auf sie gelegt worden war, machte sie, eine erhabene Halbgöttin, hilflos.
Das geschah, weil sie keine Verteidigung gegen den Fluch hatte und dieser über Jahre hinweg ohne ihr Wissen auf sie gewirkt worden war.
Das bedeutete jedoch nicht, dass der Fluch schwach war.
Nein.
Um bei einer erhabenen Halbgöttin zu wirken, musste er unglaublich mächtig sein.
Einen Tag für die Vorbereitungen zu benötigen, war bereits viel weniger, als sie sich vorgestellt hatte.
Wäre er nicht ein Verwandter von Hades, hätte Elizabeth gedacht, dass Neo lügt.
„Clara, ruf meine Leibwächter und bis morgen wirst du Neo beschützen“, befahl Elizabeth. „Amelia, du bleibst bei mir, während Clara ihn beschützt.“
Nach der kurzen Besprechung schickte sie sie los.
Gerade als er gehen wollte, bemerkte er, dass Amelia ihn mit einem finsteren Blick anstarrte.
Die Türen schlossen sich und er hörte Clara leise lachen.
Sie wischte sich schnell das Lächeln aus dem Gesicht und setzte wieder ihren ausdruckslosen Gesichtsausdruck auf.
„Du musst nicht so verkrampft sein“, sagte Neo.
„Ich zeige dir das Gästezimmer“, sagte sie und ignorierte seinen Rat.
Die beiden betraten einen Raum in einer abgelegenen Ecke des Palastes.
Neo bewunderte gerade die Pracht des Raumes, als Clara die Tür hinter ihm abschloss.
Sie näherte sich ihm schnell und hielt ihm die Hand vor den Mund.
Der Dolch in ihrer Hand durchbohrte Neos Hals.
Seine Augen weiteten sich.
Er würgte an seinem Blut, während er auf den Dolch starrte.
„Du warst es …“
Nie hätte er gedacht, dass die Anführerin der Leibwache der Königin sich der Rebellion anschließen würde.
Clara packte sein Gesicht und flüsterte:
„Mal sehen, ob du wirklich unsterblich bist.“
Sie aktivierte den Fluch.
Neos Haut verdrehte sich und begann sichtbar zu verrotten.
Doch bevor er überhaupt Schmerzen spüren konnte, war er bereits tot.
Clara ließ den Dolch fallen.
Sein Körper fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden.
Sie wartete.
Würde er wirklich zurücktreten?
War er tatsächlich unsterblich?
Wie konnte ein bloßer erweckter Halbgott den Tod überlisten?
Es spielte keine Rolle.
Wenn er unsterblich war, würde sie ihn einsperren und verstecken, bis die Tyrannin-Königin starb.
Zehn Sekunden vergingen …
Zwanzig Sekunden vergingen …
Eine Minute verging …
Neo kam nicht wieder zu sich.
Er war nicht unsterblich.
Clara atmete unbewusst aus.
Sie war erleichtert.
„Komm.“
Sie schnippte mit den Fingern.
Auf ihren Befehl hin zitterten die Schatten im Raum.
Sie schrumpften, verschmolzen und verwandelten sich in einen Jungen mit grünen Haaren und gelben Augen.
„Warum hast du ihn getötet, Schwester?“
„Er kann die Königin heilen. Ich habe seine Fähigkeiten überprüft.“
„Das heißt …“ Das Gesicht des Jungen versteifte sich. „Die Königin wird bald eine Säuberungsaktion starten.“
„Nicht bald. Sie wird gleich damit anfangen.“
Clara sah auf das Blut, das aus Neos Hals floss.
„Wir müssen die Nachricht von seinem Tod verbreiten, um die Säuberungsaktion zu verhindern.
Die Königin wird merken, dass ich mich der Revolte angeschlossen habe. Deshalb werde ich mich ein paar Tage verstecken.“
Ihr Bruder Paul nickte.
Egal aus welchem Grund, Clara durfte nicht gefangen genommen werden.
Denn
sie war die Anführerin der Revolte.
Und die Zauberin, die den Fluch auf die Tyrannin verhängt hatte.
Die Revolte würde scheitern, wenn sie von der Königin gefasst würde.
„Nimm seine Leiche mit. Wir werden die Schuld für seinen Tod der Königin in die Schuhe schieben und sagen, dass sie ihn getötet hat, weil er sie nicht retten konnte.“
Paul hatte keine Ahnung, wer Neo war, dass er den Fluch seiner Schwester aufheben konnte.
Aber er wusste, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um Fragen zu stellen.
„Ich werde tun, was du befohlen hast.“
Er verwandelte sich in ein Ebenbild von Clara und verließ den Raum.
