Sui Luxiao schaute Wu Long eine Weile an, aber dann besann sie sich und beschloss, ihn später zu fragen und sich erst mal um das zu kümmern, was gerade anstand.
„Ich lass mich von dir scheiden“, wiederholte sie ihrem jetzt fast Ex-Mann und holte sich seine Aufmerksamkeit zurück.
„Aber Schatz …“
„Nenn mich nicht so. Ab heute sind wir kein Ehepaar mehr“,
sagte Sui Luxiao in kaltem Ton und holte ein Stück Papier hervor. Es war ihr Ehevertrag, den sie mit beiden Händen nahm und in der Mitte zerriss.
„Aber wir müssen noch die Zustimmung einholen …“
„Ich habe gerade gestern die Zustimmung Seiner Majestät des Kaisers erhalten.“
Sui Luxiao ließ ihn nicht ausreden und teilte ihm mit, dass es sich nicht um eine spontane Entscheidung handelte, sondern um einen kalkulierten Schachzug, da sie die Zustimmung der kaiserlichen Familie erhalten hatte, was mindestens mehrere Tage dauern sollte.
Normalerweise wird eine Scheidung nur von den Stadtverwaltungen genehmigt, die im Namen der kaiserlichen Familie im ganzen Reich agieren, und die kaiserliche Familie selbst ist nicht involviert. Da es sich aber um eine der größten Handelsfirmen im Reich und auf dem ganzen Kontinent handelt, war es nur logisch, dass die kaiserliche Familie eng eingebunden war.
„Das kannst du nicht machen! Die Firma meiner Familie ist seit unserer Hochzeit an der Peacock Feather Trading Company beteiligt! Du kannst die Firma nicht mitnehmen, und ich werde meine Rechte daran nicht aufgeben! Überleg dir das verdammt gut, bevor du weitermachst! Ich kann dir die Firma vielleicht nicht wegnehmen, aber ich kann sie mit meiner Macht ganz sicher zu Fall bringen!
Wenn du dich jetzt sofort hinstellst und dich entschuldigst, könnte ich vielleicht so tun, als wäre nichts passiert, aber sonst kannst du dich von diesem Ort verabschieden, den du so sehr liebst!!!“
Ihr ehemaliger Ehemann legte endlich jede Scheu ab und sprach mit bösem Gesichtsausdruck und leiser Stimme. Sein Blick und seine Art zu sprechen vermittelten den Eindruck, als würde er gleich Gift versprühen.
Sui Luxiao sah überrascht aus, denn sie hatte diesen Mann noch nie so mutig und entschlossen vor sich gesehen, er zeigte sogar Wut. Und am überraschendsten war, dass er ihr drohte und ihr befahl, sich hinzuknien.
„Ich habe bereits alles vorbereitet, und das Geschäft deiner Familie wird wieder in die Exquisite Peacock Trading Company ausgegliedert, die reformiert und in eine eigene Einheit umgewandelt wurde. Die Größe des Unternehmens wurde im Vergleich zu seiner ursprünglichen Eingliederung in das fusionierte Unternehmen auf der Grundlage der gegenseitigen Expansion der Unternehmen während der Zeit der Fusion erweitert.
Die Peacock Feather Trading Company wird in zwei Wochen ihren Betrieb einstellen, und meine Soaring Feather Trading Company wird ebenfalls reformiert.“
Sie erklärte ihm ruhig die Situation, während sich auf dem Gesicht des Mannes Panik breitmachte. Die drei Brüder hinter ihm standen wie angewurzelt da und schauten ungläubig und entsetzt zu.
„I-Unmöglich! Die Firmen, die seit Jahrzehnten vereint sind, trennen! D-Das kann man nicht einfach so machen!!! Außerdem wirst du doch nicht die Firma ruinieren, nur um dich von mir scheiden zu lassen!
Hältst du mich für einen Idioten?! Das würde uns mindestens ein Jahrzehnt zurückwerfen!
Und der Schaden würde nicht nur dabei bleiben, denn ein so schwerer Schlag würde eine Kettenreaktion auslösen!“, gab er immer noch nicht auf und versuchte hysterisch, sie zu bluffen.
Er hatte nicht Unrecht, denn wenn das Unternehmen seit Jahrzehnten vereint war, würde es schwierig sein, den genauen Beitrag jedes einzelnen Teils zum Erfolg des Unternehmens zu berechnen.
Außerdem würde die Abspaltung eines Teils des Geschäfts nicht nur den Verlust dieses Teils bedeuten, sondern auch einen Vertrauensverlust in das Unternehmen und möglicherweise Zweifel bei den Partnern. Außerdem könnte die Konkurrenz zuschlagen und versuchen, die Situation auszunutzen. Die Mitarbeiter würden sich weniger sicher fühlen und es käme zu einer allgemeinen Panik, die auch das Vertrauen der Verbraucher erschüttern würde.
„Es war ziemlich aufwendig, alle Berechnungen anzustellen und alle notwendigen Informationen zu sammeln, aber der Trennungsplan stand und war auch schon von der kaiserlichen Familie genehmigt worden. Meine Soaring Feather Trading Company wird vielleicht einen schweren Schlag erleiden, aber mit etwas Mühe werde ich sie stabilisieren können, und wer weiß, vielleicht kann ich sie sogar irgendwann noch weiter nach oben bringen“,
sagte sie und verblüffte damit nicht nur ihren ehemaligen Ehemann, sondern auch Wu Long. Er wusste, dass sie eine fähige Frau war, aber diese unvorstellbar komplexe und lächerlich harte Arbeit in nur etwa einer Woche zu erledigen, konnte man nur als Wunder bezeichnen.
Ein Ausdruck der Faszination und Wertschätzung in Wu Longs Augen verstärkte sich, als er sie ansah, denn eine selbstbewusste, kompetente und mächtige Frau hatte etwas sehr Anziehendes.
Er wusste, dass sie mit ihren Fähigkeiten und Verbindungen ihren Mann wahrscheinlich einfach mit nichts auf der Hand auf die Straße werfen könnte, und die kaiserliche Familie würde das wahrscheinlich auch einer Auflösung eines großen Unternehmens vorziehen, das dem Reich viel Reichtum eingebracht hatte.
Aber ihre Integrität ließ das nicht zu, denn sie wollte sich von allem Reichtum und aller Macht, die sie von ihm bekommen hatte, trennen, bevor sie ihn in die Wüste schicken konnte, egal wie wenig das war. Also gab sie einen großen Teil des Unternehmens ab, nachdem sie überlegt hatte, was sie mit der Macht, die ihr die Vereinigung gegeben hatte, erreicht hatte und worauf sie zu diesem Zeitpunkt nicht verzichten konnte.
Sie war auch bereit, die Konsequenzen zu tragen, und fast schon begierig darauf. Ihr Unternehmen würde eine Phase intensiver Kämpfe durchmachen müssen, aber genau das brachte ihr Blut in Wallung.
„Die … die Vorfahren!!!“
Ein Ausdruck der Erleuchtung zeigte sich auf dem Gesicht ihres ehemaligen Mannes, als er das rief.
„Die Vorfahren und Ältesten der Familie Sui werden das nicht zulassen!!! Sui Luxiao!
Du bist zwar die aktuelle Matriarchin der Familie Sui, aber du bist nicht die einzige Entscheidungsträgerin in der Familie! Du kannst das nicht alleine entscheiden!“
Sein Gesichtsausdruck verlor etwas von seiner Panik und er erklärte triumphierend, woraufhin ein düsterer Ausdruck auf Sui Luxiaos Gesicht erschien.
„Ich werde mich selbst um die Familie Sui kümmern, das geht dich nichts an“,
antwortete sie knapp und kalt.
Endlich gelang es ihm, einen Punkt anzusprechen, in dem sie nicht völlig unschlagbar war, obwohl sie das nicht unerwartet kam. Es war nur so, dass es fast unmöglich war, diesen Aspekt vor der eigentlichen Scheidung zu klären, da dies sofort alles komplizieren und durcheinanderbringen würde und es zu einem langwierigen Kampf statt zu einem blitzschnellen Schlag werden würde.
Also konnte sie nur beschließen, zuerst zuzuschlagen und sich später mit den Konsequenzen der Familie Sui auseinanderzusetzen.
Der Mann hatte einen selbstgefälligen Triumphausdruck im Gesicht, da er sich sicher war, dass die Scheidung rückgängig gemacht werden würde. Die Familie Sui würde ihre Eskapaden niemals tolerieren und so viel vom Familienvermögen verlieren. Er war zwar in die Familie eingeheiratet, aber er war ziemlich gut darin, sich einzuschmeicheln, und hatte gute Beziehungen zu ihnen.
„M-Mutter! Was ist mit uns? Wir …“
„Ihr werdet alle in den Bergvillen leben, die ich für euch vorbereitet habe. Dort werdet ihr euch keine Sorgen um eure Sicherheit, Essen oder ein Dach über dem Kopf machen müssen. Euer Vater wird euch von Zeit zu Zeit besuchen können, und eure Konkubinen werden mit euch gehen. Ihr werdet ein abgeschiedenes Leben führen, bis man euch für bereit hält, wieder Teil dieser Gesellschaft zu sein, oder bis die Familie Sui euch braucht.“
Als sie die panische Stimme ihres ältesten Sohnes hörte, wurde ihr Gesichtsausdruck etwas kompliziert, aber sie fasste einen Entschluss. Sie wusste, dass sie ihnen nichts durchgehen lassen durfte, da ihr Mann dies als Schwäche ausnutzen würde. Außerdem hatte sie erkannt, wie sinnlos es war, jemanden ändern zu wollen, der sich nicht ändern wollte. Sie hingen an ihr wie Gewichte, die sie nach unten zogen.
Außerdem hatte sie schon vor langer Zeit aufgehört, auch nur den Hauch von Liebe für sie zu empfinden, was sie sich erst kürzlich eingestanden hatte. Obwohl ein Teil von ihr immer noch Zuneigung für sie empfand, war es sinnlos, daran festzuhalten, da sie keine Zuneigung für sie empfanden.
Als sie ihre Worte beendet hatte, zeigte sich in den Augen aller drei nackter Hass. Es herrschte Verwirrung und Panik, aber auch intensiver Hass darüber, dass ihnen das verweigert wurde, was ihnen zusteht: ihre unerschütterliche Loyalität.
Während er dieses Familiendrama beobachtete, nippte Wu Long weiterhin ruhig an seinem Tee und nahm die Erkenntnisse aus ihren Gesprächen auf. Die Gefühle, die diesen Raum erfüllten, waren ihm irgendwie fremd.
Obwohl er schon früher mit dysfunktionalen Familien zu tun hatte, war die Szene vor ihm damals nur flüchtig gewesen, und er hatte nie wirklich innegehalten, um sie sich genauer anzusehen, anders als jetzt, wo er teilweise dazu gezwungen war und teilweise selbst interessiert war.
„Heh! Wir werden sehen, wie du redest, wenn die Familie Sui davon erfährt!“
Ihr ehemaliger Ehemann hatte inzwischen sein Selbstvertrauen vollständig zurückgewonnen und spottete nur noch, drehte sich um und stürmte aus dem Büro.
Ihre Söhne versuchten eine Weile, sie zu überreden, aber je mehr sie redeten, desto klarer wurde, dass sie nicht um sie trauerten, sondern um die Macht und Autorität, die sie ihnen als Mutter gegeben hatte, sowie um all die Privilegien, die sie als ihre Kinder genossen hatten. Das bestärkte sie nur noch mehr in ihrer Entscheidung, und kurz darauf schickte sie sie weg.
„Haaa …“
Sie setzte sich mit etwas erschöpftem Blick in einen Sessel unweit von Wu Long, massierte ihre Schläfe und schloss die Augen.
„Herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Leben“, sagte er nach einer Weile.
Sie öffnete die Augen wieder, um ihn anzusehen, und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie seine ruhige Ausstrahlung sah. Er hatte etwas Geheimnisvolles an sich, sein Auftreten und seine Art zu reden passten nicht zu seinem jungen Aussehen. Dazu kam noch sein Selbstbewusstsein und seine Einsicht.
Die Tatsache, dass er sie aus ihrem tiefen Schlaf geweckt hatte, der sie langsam umgebracht hätte, war etwas, woran sie sich noch gewöhnen musste, das sie aber sehr schätzte.
Dann schien sie sich an etwas zu erinnern, und ein verwirrter Ausdruck zeigte sich auf ihrem Gesicht.
„Du hast mich mit dieser Ohrfeige echt überrascht … Was war das denn?“
„Ach, ich wollte nur was ausprobieren, aber es ist schiefgegangen.“
Er antwortete etwas enttäuscht. Er war irgendwie bewegt von der Theorie, dass es etwas Vererbtes in der Art gab, wie die Männer in der Familie flogen, wenn sie geschlagen wurden, das von ihrem Vater stammte, aber er war enttäuscht, dass der mittlere Sohn den Test nicht bestanden und die Theorie widerlegt hatte.
Sie sah ihn an, ohne zu wissen, was er dachte, und schüttelte nur den Kopf, da sie das Gefühl hatte, dass sie es nur bereuen würde, wenn sie wüsste, was er meinte.
„Also, jetzt, wo du eine freie Frau mit einem neuen Leben bist, was hast du vor?“,
fragte er dann und wandte seinen Blick wieder ihr zu.
„Haa … obwohl er abscheulich ist, hat er doch recht, und ich werde mich jetzt um die Familie kümmern müssen, außerdem werde ich damit beschäftigt sein, den Schaden zu begrenzen, der der Handelsgesellschaft sicherlich entstehen wird … aber es wird schon gut gehen“,
Sie antwortete, während ihr Blick ein wenig in die Ferne schweifte und sie sich vorstellte, wie beschäftigt sie in den kommenden Monaten, wenn nicht sogar Jahren sein würde.
„Ich glaube, du wirst das großartig machen, aber du hast mich missverstanden“,
sagte er und veranlasste sie, ihn mit einer offensichtlichen Frage in den Augen anzusehen.
„Ich bin zwar sehr daran interessiert, dass deine Angelegenheiten reibungslos verlaufen und sich dein Leben verbessert, daran habe ich keinen Zweifel.
Deshalb habe ich nicht danach gefragt. Was ich wissen wollte, war, was dich jetzt, da du eine freie Frau bist, davon abhält, dich von mir behandeln zu lassen.“
Er erklärte es ihr mit einem charmanten Lächeln, und bei seinen letzten Worten setzte ihr Herz einen Schlag aus.
„Ich … ich habe noch keine Entscheidung über deinen Vorschlag getroffen, du hast gesagt, du gibst mir Zeit, meine Angelegenheiten zu regeln …“
Sie wirkte etwas verwirrt, ihre Worte verstummten unentschlossen.
„Ich dränge dich nicht zu einer Entscheidung, du kannst dir Zeit lassen. Und ich sage dir nicht, dass du jetzt meine Frau werden sollst. Ich frage dich nach der Behandlung, die wir zuvor begonnen hatten und die wir abbrechen mussten, weil du das Gefühl hattest, dass eine Fortsetzung deine Integrität gefährden würde. Jetzt, da deine Integrität durch die Behandlung nicht mehr gefährdet ist, sollte dich nichts mehr davon abhalten.“
Er antwortete in ruhigem Ton, während ihr allmählich klar wurde, was er meinte, und sie nervös schluckte.
„Aber … wäre das nicht Betrug von deiner Seite? Du hast gesagt, du würdest mir Zeit und Freiheit lassen, um meine Entscheidung zu treffen. Wenn wir die Behandlungen fortsetzen, die mein Herz überhaupt erst ins Wanken gebracht haben … das ist zu unfair!“
Sie versuchte, einen Fehler in seiner Argumentation zu finden.
„Heh, ich habe zwar gesagt, dass ich dich nicht unter Druck setzen und dir Zeit und Freiheit für deine Entscheidung geben werde, aber habe ich dir nicht auch gesagt, dass ich ein gieriger und hartnäckiger Mann bin? Ich werde alles tun, um deine Entscheidung zu beeinflussen. Außerdem kannst du die Behandlung ablehnen, und ich werde dich auch nicht dazu drängen.“
Er antwortete mit einem leichten Lachen und einem erwartungsvollen Blick in den Augen.
„…“
Sie sah ihn eine Weile schweigend an.
Nach einer scheinbar langen Zeit stand sie langsam auf, ging zu ihrem Schreibtisch und wies ihre Assistenten im Empfangsraum an, sie nicht zu stören. Dann winkte sie mit der Hand über die Anordnung, die die Tür verriegelte und die Formationen im Raum aktivierte.
Er lächelte, ging ins Badezimmer, wusch sich die Hände, nahm seinen Raumring ab und legte ihn auf das Waschbecken.
