„Yueyue?“ Mutter Bai schaute ihre Tochter besorgt und mit schmerzendem Herzen an. Zuerst hatte sie das Gefühl, Bai Meiyues Leiden unterschätzt zu haben, und gleichzeitig fühlte sie sich nutzlos. Dieser Bai Qingshi war der Grund für das Leid ihrer Tochter, und trotzdem hatte er es irgendwie geschafft, mit Bai Fengs Hilfe aus dem Gefängnis zu fliehen.
Natürlich musste ihre Tochter aufgebracht sein.
„Mir geht es gut, Mutter.“ Bai Meiyue lächelte ihre Mutter an und schüttelte den Kopf. War sie aufgebracht, dass die Familie Bai endlich aus dem Gefängnis entlassen worden war? Nein. Diese Leute mussten erleichtert sein, dass sie nun nicht mehr in der kleinen Gefängniszelle eingesperrt waren, aber bald würden sie erkennen, dass es besser gewesen wäre, in der Zelle zu sterben!
Als sie daran dachte, wie Bai Qingshi und seine Familie, vor allem Bai Xue, ein Leben voller Unannehmlichkeiten und Leiden führen müssten, verzog sich ihr Mund zu einem kalten, grausamen Lächeln.
Willkommen in der Apokalypse.
Sie drehte sich zu ihrer Mutter um, deren Augen voller Sorge waren, als sie ihre Tochter so gruselig lächeln sah. Sie wollte etwas sagen, aber sie hatte Angst, dass ihre Tochter sie nervig finden würde, also schluckte sie ihre Worte einfach runter.
„Mama, ich gehe kurz aus der Wohnung“, sagte Bai Meiyue zu ihrer Mutter. Jetzt, wo sie wusste, dass Chen Yuya ins Krankenhaus eingeliefert worden war, konnte sie sich diese Gelegenheit doch nicht entgehen lassen.
Höchstwahrscheinlich war diese Frau von der mutierten Ratte gebissen worden, als sie in den letzten Tagen Su Hu besuchen wollte. Wenn das der Fall war, dann wollte Bai Meiyue unbedingt sehen, in welchem erbärmlichen Zustand Chen Yuya sich gerade befand, nachdem sie Bai Xue und Su Hu den gesamten Vorrat an Vorräten gegeben hatte, den sie bei sich hatte.
Als Mutter Bai Bai Meiyues Worte hörte, wurde sie zögerlich. Sie war wirklich besorgt und fragte sich, ob es in Ordnung war, dass Bai Meiyue das Penthouse verließ. Sie wusste nicht, in welcher psychischen Verfassung Bai Meiyue gerade war, nachdem sie den Unsinn gehört hatte, den Bai Feng ihr erzählt hatte.
Aber Bai Meiyue wusste, dass sie auf jeden Fall raus musste. Die Chance, eine der Schuldigen am Tod ihres Sohnes zu töten, lag direkt vor ihr; sie würde Chen Yuya auf keinen Fall entkommen lassen.
Selbst als Zombie musste ihr Kopf rollen, nachdem er von ihrem Dolch abgeschlagen worden war! Sie dachte an Chen Yuya’s hartnäckige Mutter und ihre Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln. Sie überzeugte ihre Mutter und verließ dann das Penthouse, bevor sie nach unten ging.
Sie sah die Familie Fang nicht; höchstwahrscheinlich hatten sie sich irgendwo versteckt, nachdem sie die offizielle Warnung der Regierung gehört hatten.
Obwohl schon Tage vergangen waren, erinnerten sich einige Leute noch an die großartigen Taten von Bai Meiyue und traten sofort beiseite, als sie sie die Treppe herunterkommen sahen.
Bai Meiyue grinste kalt, als sie ihre Reaktion sah. Selbst wenn die Welt unterging, war es immer noch dasselbe: Die Leute hatten Angst vor den Starken und schikanierten die Schwachen.
Sie stieg ganz ruhig die Treppe runter und holte ihr aufblasbares Schlauchboot raus. Obwohl sie ein Motorboot gekauft hatte, wollte sie es nicht vor diesen Leuten aus dem Wasser holen.
Stattdessen benutzte sie das Schlauchboot, um sich vom Gebäude zu entfernen, und erst als sie sicher war, dass ihr niemand folgen würde, holte sie das Motorboot raus, das sie gekauft hatte, weil sie dachte, dass es noch nützlich sein könnte.
Das war auch gut so, sonst hätte sie mit dem Boot zum Krankenhaus rudern müssen.
Bai Meiyue kam bald im Krankenhaus an, doch als sie das große Gebäude erreichte, sah sie eine Gruppe von Menschen mit leeren Blicken im Flur sitzen. Es war ein Blick, der zeigte, dass sie jegliche Lebenslust aufgegeben hatten.
Bai Meiyue kniff die Augen zusammen, als sie die unzähligen schwarzen Köpfe sah, die den Flur füllten, und stellte ihr Motorboot vorsichtig weg. Sie wollte sich nicht in unnötige Schwierigkeiten verwickeln lassen.
Bai Meiyue wollte zuerst einen Blick in die Gynäkologie werfen, aber sobald sie das Krankenhaus betrat, sah sie, dass der gesamte Raum von den Flüchtlingen eingenommen war und niemand darin war.
Obwohl Bai Meiyue so etwas erwartet hatte, war sie doch enttäuscht.
Sie drehte sich um und ging zu der Abteilung, in der die Menschen, die sich mit dem Virus infiziert hatten, unter Quarantäne standen. Wenn sie sich nicht täuschte, musste Chen Yuya auch in diesem Raum sein, oder? Sie ging zu einem leeren Flur, in dem niemand saß, wahrscheinlich weil sich dort die Leichenhalle befand, und nutzte ihre Fähigkeit, sich in Su Hu zu verwandeln.
Sobald sie ihr Aussehen verändert hatte, eilte sie zu dem Quarantäneraum.
Sie zog den Dolch, den sie bei sich trug, und stürmte in den Raum, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein Arzt zu Boden fiel.
Der Mann blutete am Hals und hielt sich mit einem verängstigten Blick in den Augen die Seite seines Halses. Die anderen Leute in der Station waren auch total erschrocken; sie schauten den Arzt an und dann die Frau, die dem Arzt ein Stück aus dem Hals gebissen hatte, und standen steif auf.
Mit ihren dunklen Augen und ihrer blauen Haut musste Bai Meiyue nicht einmal ihre Zehen benutzen, um zu wissen, dass diese Leute vom Weltuntergangsvirus befallen waren; es hatte keinen Sinn, sie zu retten, aber sie verschwendete keine Zeit und wandte sich stattdessen der Frau zu, die in einem Krankenhauskittel gekleidet war und an dem Fleisch kaute, das sie aus dem Hals des Arztes gerissen hatte.
Ihr blaues Gesicht war dünn und hager, sie bewegte sich unkoordiniert hin und her, ihre Kleidung war mit Blut bespritzt.
Und als sie den Mund öffnete, kamen nur folgende Worte heraus: „Hoho… hoho… hohoho…“
