Bai Meiyue und die anderen kamen vor Tagesanbruch zum Sunshine Deluxe Apartment zurück.
Als sie ankamen, war die Treppe von ein paar Leuten blockiert. Sie saßen am Ende der Treppe und schauten mit düsteren Gesichtern auf das Wasser, das mit jedem Tag höher stieg.
Als sie aber jemanden mit einem Schlauchboot und prall gefüllten Taschen kommen sahen, standen sie sofort auf und fingen an zu quatschen.
„Hast du was zu essen dabei? Kannst du uns was abgeben? Ich bin echt hungrig und mir ist kalt. Ich hab seit einer Woche nichts mehr gegessen.“
Sobald jemand das gesagt hatte, schlossen sich die anderen begeistert an.
„Stimmt, ihr habt anscheinend viel dabei. Gebt uns was davon!“
„Wir essen nicht viel, gebt uns einfach ein paar Snacks.“
„Schaut euch das Kind an, es hat seit mehr als drei Tagen nichts gegessen.“
„Was habt ihr mitgebracht? Kommt schon, lasst uns mal sehen.“
Bai Meiyue schwang ihren Dolch und knurrte: „Geht aus dem Weg, bevor ich euch dazu zwinge.“
Sie hatte keine Lust, höflich zu Leuten zu sein, die nicht einmal arbeiten konnten und immer darauf angewiesen waren, dass jemand kam und sie rettete. Die Welt ging unter. In was für einer Traumwelt lebten die denn?
Alle, die Ärger gemacht hatten, verstummten plötzlich, als sie das Blut an Bai Meiyues Dolch und ihrer Kleidung sahen.
Aber jemand hinten konnte sich nicht zurückhalten und schrie:
„Warum seid ihr so herzlos? Ihr habt so viel zu essen, könnt ihr uns nichts abgeben?“
„Genau! Wenn ihr uns das Essen nicht gebt, könnt ihr vergessen, nach oben zu gehen! Wenn wir kein gutes Leben führen können, könnt ihr auch vergessen, ein anständiges Leben zu führen!“
„Wollt ihr euch etwa wie Rowdys aufführen?“ Lei Yan war so wütend, als sie die groben Worte dieser Leute hörte, dass sie sie unwillkürlich beschimpfte: „Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Nur weil ihr uns gebeten habt, euch unsere Vorräte zu geben, müssen wir euch gehorchen? Warum sucht ihr sie euch nicht selbst? Wer schuldet euch schon etwas?“
„Nur weil ihr schamlos seid, glaubt ihr, ihr könnt jeden mit eurer Schamlosigkeit unterdrücken?“
Ihre Worte ließen viele der Flüchtlinge vor Scham erröten, aber es gab auch einige, die sich nicht im Unrecht fühlten.
Sie fingen sogar an, Lei Yan zu belehren.
„Hey, du kleines Mädchen. Du weißt wirklich, wie man redet; pass auf, dass du mit deiner scharfen Zunge einen anständigen Mann heiratest.“
„Wie kannst du so mit uns reden, kleines Mädchen? Glaubst du, wir betteln um Essen? Nur wegen des Regens mussten wir unsere Häuser verlassen, sonst würde sich niemand um deine nutzlosen Vorräte kümmern!“
„Manager Ni hat doch gesagt, dass wir die Bewohner um Essen und Hilfe bitten können, warum verweigert ihr uns das?“
Bai Zhan holte tief Luft und Lei Yan fluchte wütend: „Wer ist er, dass er in unserem Namen Versprechungen macht? Haben wir dem zugestimmt?“
„Er ist euer Hausverwalter …“
„Das stimmt, er ist nur der Hausverwalter und nicht unser Manager“,
Bai Meiyue mischte sich ein, während sie zu dem Mann blickte, der gerade sprach. „Außerdem haben wir das Penthouse komplett bezahlt; dieser Mann kann uns nichts anhaben. Da er das Versprechen gegeben hat, sollt ihr ihn um Essen bitten. Warum blockiert ihr die Straße?“
Sie hatte kaum ausgesprochen und wollte sich gerade den Weg nach oben bahnen, als hinter ihr eine schrille Stimme schrie:
„BAI ZHAN!“
Bai Zhan, der seinen jüngeren Bruder stützte, wurde blass, als er die vertraute Stimme hörte.
Jemand drängte sich aus der Menge hervor, und es war niemand anderes als Fang Qing.
Sie schien erheblich an Gewicht verloren zu haben, was sie jedoch nur noch furchterregender erscheinen ließ.
Hinter ihr standen ihre Geschwister, die ebenso verstört wirkten wie ihre Schwester, sowie ihre Eltern.
„Bai Zhan! Ah, du Bastard! Du hast das ganze Land und das Haus verkauft und dich hier versteckt, ich bringe dich um.“
Fang Qing fletschte die Zähne und wollte sich wie immer auf ihren Mann stürzen, doch bevor sie Bai Zhan auch nur berühren konnte, streckte Bai Meiyue den Arm aus und trat der Frau gegen die Brust.
„AHH!“
„Schwester!“ Bruder Fang und Schwester Fang eilten herbei, um ihrer Schwester vom Boden aufzuheben.
„Wer bist du?“ Bruder Fang starrte Bai Meiyue an, aber gleichzeitig blitzte in seinem Blick ein lustvoller Ausdruck auf, als er die schlanke und schöne Frau vor sich sah.
Warum wusste er nicht, dass es in dieser Stadt so schöne Frauen gab? Hätte er das gewusst, wäre er schon längst hierher gekommen!
„Das sollte ich sagen“, erwiderte Bai Meiyue kalt, während sie Fang Qing und ihre Familie mit einer Welle von Wut anstarrte, die in ihrem Kopf brodelte. Ihr Kopf pochte und sie wollte vorwärts stürmen und alle außer Vater Fang töten.
Denn er war der Einzige, der ihr in dieser apokalyptischen Welt geholfen hatte, aber wegen seiner Feigheit bald gestorben war.
Sie starrte Fang Qing kalt an und spottete: „Wer bist du, dass du meinen Bruder angreifst, als ob er dir eine Million Yuan schuldet? Er hat sein eigenes Land und seinen Besitz verkauft. Was glaubst du, wer du bist, dass du schreist und so einen Aufstand machst?“
Fang Qing verschluckte sich, als sie Bai Meiyues Worte hörte. Sie stand mit wütendem Gesichtsausdruck auf und zeigte auf Bai Meiyue: „Aha, du bist also diese schamlose Schlampe, die vor der Ehe mit jemandem geschlafen hat und dann ihren Bruder gebeten hat, ihr den Arsch abzuwischen!“
„Du wagst es, mich zu fragen, wer ich bin, du schamlose Schlampe? Ich bin die Frau deines Bruders! Laut Gesetz gehört mir die Hälfte seines Vermögens, und er hat es verkauft, ohne mir etwas zu sagen. Und das ist noch nicht alles: Er hat mich, seine Frau, fast sterben lassen!“
