Die alte Frau konnte das nicht verstehen. Frau Ai war nur ein bisschen hübscher als ihre Tochter, warum waren ihre Schicksale so unterschiedlich? Ihre Tochter war viel fähiger und um ein Vielfaches besser als Frau Ai!
Bai Meiyues Blick wurde kalt, als sie hörte, wie die alte Frau ihre Mutter beschimpfte. Sie kniff die Augen zusammen und sagte zu ihr: „Willst du damit sagen, dass du eine bessere Erziehung genossen hast als ich? Das weiß ich nicht.
Zumindest hat meine Mutter mir beigebracht, dass ich keine Taschen anfassen oder öffnen soll, die mir nicht gehören.“
Dann zeigte sie auf die leeren Tüten mit Trockenfleisch und sagte: „Diese Tüten gehören mir, genauso wie das Essen darin. Wie kannst du das Trockenfleisch essen, ohne mich zu fragen? Sag mir, wie willst du diese Tüten bezahlen?“
Als die alte Frau hörte, dass sie für das Trockenfleisch bezahlen sollte, das sie gegessen hatte, erschrak sie. Aber nach ein paar Sekunden straffte sie ihren Nacken und schrie Bai Meiyue an: „Na und, wenn wir ein bisschen von deinem Zeug gegessen haben? Du hast so viel Essen, dürfen wir nicht ein bisschen davon essen? Wie kannst du so egoistisch sein? Solltest du uns nicht helfen, wo du doch in einer besseren Lage bist als wir?“
Als Bai Meiyue die schamlosen Worte der alten Frau hörte, war sie so wütend, dass sie anfing zu lachen. Glaubte diese alte Frau etwa, sie könne ihr Zeug essen, ihr auf den Hintern klopfen und dann einfach gehen? So nett war sie nicht. Wenn jemand es wagte, ihr Zeug anzurühren und sie dann auch noch bloßstellte, dann musste er sehen, ob er den Mut dazu hatte.
Sie zog den Dolch hervor, der an ihrer Hüfte befestigt war. Die Klinge glänzte kalt, und bevor die alte Frau begreifen konnte, was los war, stürzte sich Bai Meiyue auf sie. Im nächsten Moment spürte die alte Frau einen stechenden Schmerz in ihrem rechten Arm, und Blut spritzte auf den Boden.
Sie sah nach unten und stellte fest, dass ihr Handgelenk abgetrennt worden war!
„AHHHH! Meine Hand! Meine Hand!“, schrie die alte Frau vor Schmerz und Angst. Wie sollte sie jetzt, wo so etwas passiert war, in der Apokalypse überleben?
Bai Meiyue starrte die alte Frau an, die ihre blutende rechte Hand umklammerte und vor Schmerz schrie. Ihr Blick wanderte leicht, und sie drehte sich zu den anderen Menschen um, die hinter der alten Frau standen.
Sie sagte zu ihnen: „Verschwindet, bevor ich die Beherrschung verliere, sonst seid nicht beleidigt, wenn ich unhöflich werde.“
Nur weil sie gutmütig aussah, hieß das noch lange nicht, dass sie es auch war!
Liu Che beobachtete die ganze Szene kalt, ohne Bai Meiyue aufzuhalten, obwohl ihm wegen des Blutes und der Sehnen, die in der Luft baumelten, ein wenig übel wurde.
Alle Überlebenden hatten eine Heidenangst vor Bai Meiyue. Sie wagten es nicht mehr, Aufsehen zu erregen, und rannten davon. Sie hatten Angst, dass diese Frau sie als Nächste angreifen würde, schließlich hatten sie auch ihr Trockenfleisch gegessen.
Sie gingen, ohne sich umzusehen oder sich um die alte Frau zu kümmern, die sich auf dem Boden wälzte.
Die alte Frau starrte Bai Meiyue böse an und schimpfte wütend: „Du Schlampe! Du wirst kein gutes Leben haben! Du und deine Kinder werdet genauso leiden. Warte nur ab.“
Die Luft um Bai Meiyue wurde kalt. Das Einzige, was sie hasste, war, wenn Leute ihren Sohn beschimpften. In ihrem früheren Leben hatten viele Leute sie und ihren Sohn beschimpft und ihnen die Schuld gegeben, wenn etwas schiefging.
Sie hasste Leute, die kleine Kinder angriffen, wenn etwas nicht nach ihrem Willen lief.
„Da du nicht sprechen kannst, brauchst du auch nichts zu sagen.“ Bai Meiyue warf der Frau einen kalten Blick zu, während Bai Zhan und Bai Jixuan eine Kerze für die alte Frau anzündeten. Sie hatten gesehen, wie beschützerisch ihre Schwester gegenüber ihrem ungeborenen Kind war; diese Frau wagte es, Bai Meiyues kostbares Kind zu beschimpfen – sie sollte sich besser auf das gefasst machen, was ihr bevorstand.
Die alte Frau war nicht dumm. Sie spürte sofort die Mordlust in Bai Meiyues Augen. Sie wusste, dass diese Frau niemand war, mit dem man sich anlegen sollte, und doch hatte sie sie irgendwie beleidigt. Sie bekam Angst und wollte zurückweichen, aber Bai Meiyue ließ sie nicht gehen.
Sie packte die alte Frau am Kinn und zog ihr die Zunge heraus. Wieder spritzte Blut überall hin, und die alte Frau wälzte sich vor Schmerzen auf dem Boden, aber sie konnte keinen einzigen zusammenhängenden Satz herausbringen, weil ihre Zunge abgeschnitten war.
Bai Zhan seufzte. Er ging zu Bai Meiyue hinüber und klopfte ihr auf den Rücken. „Schon gut, hör auf, dich aufzuregen. Das ist nicht gut für deine Gesundheit.“
Bai Meiyue verstand, dass ihr Bruder es nur zu ihrem Besten sagte, und schnaubte. Sie ließ die alte Frau los und sagte zu ihr: „Du hast Glück, dass ich heute nicht vorhabe, jemanden zu töten.
Ob du die Nacht überlebst, hängt von deinem Glück ab.“
Nachdem sie gesprochen hatte, drehte sie sich um und ging weg. Diesmal hatte die alte Frau wirklich Angst. Sie sah Frau Ai und eilte zu ihr, umklammerte ihre Beine und weinte: „Lass mich … lass mich …“
Frau Ai war eine weichherzige Frau. Als sie den Zustand der alten Frau sah, konnte sie nicht anders, als sich zu Bai Meiyue umzudrehen. Sie wollte um Gnade für die alte Frau bitten, aber bevor sie etwas sagen konnte, wurde sie von ihren Kindern zurückgezogen, die den Kopf schüttelten. Als Frau Ai sah, dass ihre Kinder nicht wollten, dass sie etwas sagte, schwieg sie.
Sie warf der alten Frau einen Blick zu, bevor sie ihr das Bein wegzog und weg ging.
Da es schon spät war, eilten sie nicht nach Hause, sondern ruhten sich ein wenig im Wohnmobil aus.
Am nächsten Morgen –
