„Entschuldigen?“ Lu Yin wiederholte die Worte ihres Bruders, als könne sie ihn nicht glauben. Sie blinzelte mit tränengefüllten Augen und sagte hartnäckig: „Was habe ich denn falsch gemacht? Ich habe mich nur um alle gekümmert.“
In ihren Augen blitzte etwas Seltsames auf, als sie Lei Qian und Lu Yu ansah.
An ihrem Blick konnte man deutlich erkennen, dass Lu Yin unter dem Gewicht der Blicke, die auf sie gerichtet waren, zusammenbrechen würde, wenn diese beiden Männer sich jetzt nicht für sie einsetzten.
Als Bai Meiyue das Verhalten dieser dummen Frau sah, verschränkte sie die Arme und sah sie mit kaltem Blick an. Sie konnte die Denkweise von Menschen wie Lu Yin und Bai Xue einfach nicht verstehen. Sie waren vom gleichen Schlag.
Sie liebten es, Ärger zu machen und alle in Verlegenheit zu bringen. Bai Meiyue konnte nicht verstehen, was das sollte; warum konnten sie nicht einfach still sitzen und ein angenehmes Leben führen? Was brachte es, ständig Streit zu provozieren?
Gerade als Lu Yin befürchtete, dass niemand für sie eintreten würde, konnte Dacheng, der bis jetzt geschwiegen hatte, nicht länger schweigen und sagte: „Okay, alle mal herhören.
Ich finde, Lu Yin hat nichts Falsches gesagt. Sie will nur das Beste für uns und die Sicherheit unserer Teammitglieder.“
Dann drehte er sich zu Bai Meiyue um und sagte mit einem verschmitzten Blick: „Auch wenn Frau Bai eher mit ihrem Herzen als mit ihrem Verstand handelt, indem sie die Meng-Geschwister am Leben lässt, hat sie sicher ihre Gründe dafür.“
Bai Meiyue hob eine Augenbraue, als sie Dachengs Worte hörte. Sie wusste genau, was dieser Mann dachte. Vor dem Ende der Welt hatte sie viele Männer und Frauen wie Dacheng gesehen, die sich über andere hinweg an die Spitze katapultieren wollten.
Und Lu Yin, die nicht so durchschauen konnte, hatte keine Ahnung, dass Dacheng sie eigentlich als Sprungbrett benutzte. Bai Meiyue blinzelte und verschränkte die Arme, während sie Dacheng mit geneigtem Kopf ansah. Wenn dieser Mann nicht auf dem Land eingesperrt wäre, wäre Bai Meiyue sicher, dass er mit seinem Ehrgeiz bald an die Spitze der Unternehmensleitung geklettert wäre.
Natürlich würde ein Mann wie er, der an die Spitze wollte, niemals mit Bai Meiyues Gedanken und Zielen übereinstimmen, die nur ein angenehmes Leben ohne direkte Konfrontationen und Kämpfe führen wollte. Sie konnte auch sehen, dass der Mann sich ihr jetzt nicht unterwerfen wollte, weil er dachte, dass er sie mit einem Schlag unterdrücken könnte.
Obwohl es dumm war, musste sie zugeben, dass dieser Mann in jeder Hinsicht klug war, wenn auch auf die falsche Art und Weise.
Da er sich ihr nicht unterwerfen wollte, konnte sie ihn genauso gut rauswerfen, bevor er ihr noch mehr Ärger machen konnte.
„Selbst wenn ich ein paar Ideen hätte, was geht dich das an?“, fragte sie kalt. „Ihr scheint alle vergessen zu haben, dass ihr nicht lebt, weil ihr fähig seid, sondern weil ich euch allen geholfen habe zu überleben. Glaubt ihr wirklich, ihr hättet ohne mich und mein Wissen überleben können?“
Kaum hatte sie ausgesprochen, breitete sich eine unangenehme Stille im Raum aus, und Dacheng, der sich angegriffen fühlte, wurde rot im Gesicht. Für einen Moment war er so wütend, dass er Bai Meiyue gerne etwas Hartes gesagt hätte, aber Yang Chunhua hielt ihn zurück.
Sie flüsterte ihm zu: „Frau Bai ist bestimmt sauer wegen dem, was gerade passiert ist; du musst jetzt nicht noch Öl ins Feuer gießen.“
Yang Chunhua war mit Dacheng aufgewachsen und wusste daher, dass es ihm schwerfiel, sich von einer Frau führen zu lassen. Schon als Kind hatte Dacheng Widerstand gezeigt, wenn eine Frau das Sagen hatte. Aber da Yang Chunhua in einer patriarchalischen Familie aufgewachsen war, fand sie an Dacheng nichts Ungewöhnliches.
In ihren Augen war er immer noch besser als ihr Vater.
Allerdings unterschätzte sie Dachengs Verachtung gegenüber der Führung durch eine Frau. Er schüttelte ihre Hand ab, erhob seine Stimme gegenüber Bai Meiyue und sagte zu ihr: „Bai Meiyue, glaubst du, du kannst dich immer so arrogant aufführen? Nur weil du momentan Rückhalt hast, denk nicht, dass eine Frau wie du das immer haben wird.“
Er konnte natürlich nicht seinen Namen nennen, da er wusste, dass Bai Meiyue sich nicht auf ihn verlassen würde, aber das konnte man von Lei Qian nicht behaupten. Sie benutzte Lei Qian, und bald würde dieser Mann aus seiner Benommenheit erwachen und die Wahrheit über ihre schamlosen Handlungen erfahren.
Das würde nicht lange dauern, nur noch ein paar Monate.
Dann würde er sehen, ob diese Frau noch so arrogant auftreten würde, wenn Lei Qian sie fallen ließ.
„Ich brauche niemanden, der mich unterstützt“, spottete Bai Meiyue, trat zwei Schritte vor und setzte ihre spirituelle Energie frei, die Dacheng unterdrückte. „Selbst wenn ich allein bin, kann ich aufrecht stehen.“
Sie fragte sich wirklich, ob Dacheng glaubte, dass der kleine Vorteil, den er hatte, ihr Leben auf den Kopf stellen würde; wenn ja, dann irrte er sich gewaltig. Denn sie würde sich niemals für einen Mann verlieren.
Und wenn Dacheng irgendwelche Erwartungen in dieser Richtung hatte, dann war er ebenfalls ein Dummkopf. Schließlich war sie eine Wasser-Anwenderin der vierten Stufe. Es gab kaum jemanden, der sie unterdrücken konnte.
Sie hob eine Augenbraue und sagte zu Dacheng: „Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es direkt. Es ist zu widerlich, dass du die Dinge auf halbem Wege stehen lässt.“
Da er ihr drohen wollte, sollte er sich besser darauf vorbereiten. Bei der Rachsucht von Bai Meiyue würde sie diesen Mann niemals in Frieden sterben lassen.
