Dacheng hatte Bai Meiyue schon länger beobachtet. Als er sie zum ersten Mal sah, dachte er, sie sei nur ein naives kleines Mädchen, das man leicht kontrollieren könnte. Aber als er den scharfen Blick in ihren Augen sah, wurde ihm klar, dass Bai Meiyue nicht so leicht zu beherrschen war. Außerdem schien diese Frau ein bisschen zu geschickt zu sein. Viel geschickter und mächtiger als er.
Er war ziemlich neugierig auf diese Frau, da Lu Yin ihm auf dem Rückweg von ihr erzählt hatte. Nach Lu Yins Worten war diese Frau nicht nur skrupellos, sondern auch grausam. Lu Yin erzählte ihm, dass Bai Meiyue ziemlich intrigant und hinterhältig sei.
Nach dem, was sie gesagt hatte, hatte Bai Meiyue sich zwischen sie und Lei Qian gestellt, weshalb Dacheng sich für Lu Yin eingesetzt hatte.
Er wollte wissen, in welcher Beziehung diese Frau zu Lei Qian stand.
„So ist es nicht“, schüttelte Dacheng den Kopf. Nervös rieb er sich die Finger an der Hose, bevor er zu Bai Meiyue sagte: „Bruder Qian hat immer gesagt, dass er so schnell wie möglich zurückwolle, und er hat ständig nach Vorräten gesucht und gesagt, dass er dies und das für dich besorgen müsse. Deshalb dachte ich, ihr seid ein Paar.“
„Ach so, ist das so?“, fragte Bai Meiyue ruhig, hob eine Augenbraue und sagte kein Wort mehr, was Dacheng noch mehr verärgerte.
Er mochte Frauen wie Bai Meiyue am wenigsten. Nur weil sie hübsch waren, dachten sie, sie könnten auf Männer wie ihn herabschauen. Nur weil er aus einem kleinen Dorf stammte, behandelte diese Frau ihn, als wäre er ihrer Aufmerksamkeit nicht würdig.
Aber es war nicht Bai Meiyues Gleichgültigkeit, die Dacheng an ihr störte, sondern seine Unfähigkeit, eine Frau wie sie zu kontrollieren. Als er im Dorf gefangen war, war es Yang Chunhua, die ihn gerettet hatte. Seitdem war er bei Lei Qian und dem kleinen Team geblieben.
Obwohl Yun Chuan und die anderen nicht mit Lei Qian um Leben und Tod gekämpft hatten, respektierten sie ihn sehr.
Früher war Yun Chuan der Anführer der Gruppe, aber seit Lei Qian die Führung übernommen hatte, trat Yun Chuan in den Hintergrund, ohne dass ihn jemand darum gebeten hatte.
Aus der respektvollen und bewundernden Haltung der Gruppenmitglieder war zu erkennen, dass Lei Qian früher oder später die Kontrolle über ihre Gruppe übernehmen würde. Da Lei Qian der Stärkste war, war es nur natürlich, dass alle auf ihn hörten.
Dacheng wusste also, dass er eine gute Verbindung zu Lei Qian brauchte, wenn er im Team bleiben wollte.
Zuerst dachte er, dass Lu Yin ziemlich nah an Lei Qian dran war, weil sie die Schwester von Lei Qians rechter Hand war, und Dacheng dachte, dass sie Lei Qians Freundin war.
Er war auch ziemlich zufrieden mit ihr. Schließlich war es einfach, eine Frau wie Lu Yin zu kontrollieren und ihr zu schmeicheln.
Mit seinem schnellen Verstand dachte Dacheng, dass er Lei Qian näherkommen würde, solange er Lu Yin schmeicheln könnte, aber bald wurde ihm klar, dass der Mann Lu Yin nicht wirklich mochte. Es war jemand anderes.
Das machte es ihm ziemlich schwer, sich an die Mächtigen zu hängen. Dacheng hatte nach einer Möglichkeit gesucht, Lei Qian näherzukommen, denn dessen Fähigkeiten waren etwas, das er bei niemand anderem finden würde.
Außerdem wollten mächtige übernatürliche Wesen Lei Qian nahekommen und ihm und seinem Team folgen, weil er so stark war.
Wenn er von Lei Qian anerkannt würde, müsste das ganze Team Dacheng Respekt zollen, und er müsste Yang Chunhua nicht mehr folgen und ihr gefallen.
Also beschloss Dacheng, die Leute in Lei Qians engstem Umfeld zu beeindrucken und sich mit ihnen anzufreunden. Solange er diejenigen für sich gewinnen konnte, die in Lei Qians Herz eine wichtige Rolle spielten, würde dieser sich natürlich um ihn kümmern.
Während es jedoch kinderleicht war, Lu Yin für sich zu gewinnen, stellte Bai Meiyue eine Herausforderung für ihn dar. Das war der Grund, warum er Bai Meiyue einfach nicht leiden konnte.
Natürlich war Bai Meiyue auch kein Fan von ihm. Sie war von Anfang an vorsichtig. Immerhin hatte sie mehr als zehn Jahre in der postapokalyptischen Welt gelebt und war mit allen möglichen Leuten in Kontakt gekommen. Dacheng war nicht der erste Mann, der versucht hatte, ihr näherzukommen.
Viele Männer hatten versucht, ihr näherzukommen, und ihr sogar angeboten, der Vater ihres Sohnes zu werden. Sie versprachen ihr alles Mögliche, aber Bai Meiyue wusste, dass sie nur auf der Suche nach einem leichten Opfer waren, das verzweifelt genug war, sie aufzunehmen.
Diese Männer wussten, dass sie, solange sie sich an sie klammern konnten, nicht nur in Sicherheit waren, sondern auch jede Menge Vorräte bekamen, wenn sie bei ihr blieben.
Deshalb hatte sie längst gelernt, sich von Männern fernzuhalten, die ihr falsche Freundlichkeit entgegenbrachten.
Gerade als die Stille eisig zu werden drohte, kam Lei Qian aus dem Bad. Als sie den Mann sah, der nur mit einem Handtuch um die Hüften gewickelt auf sie zukam, spürte Bai Meiyue, wie ihr Herz einen Sprung machte.
Sie spürte, wie ihr Herz wild schlug, aber dann warf sie dem Mann einen bösen Blick zu und fragte: „Warum läufst du nackt in meinem Haus herum?“
„Ich hatte keine andere Wahl, meine Kleidung ist zu schmutzig.“ Lei Qian schmollte, während er auf seine schlanke, aber muskulöse Taille hinunterblickte. Er dachte, dass er auf diese Weise etwas Anerkennung von Bai Meiyue bekommen würde, aber die Frau starrte ihn nur angewidert an.
Es sah so aus, als wäre sein Plan, Bai Meiyue mit seinem Charme zu beeindrucken, zum Scheitern verurteilt.
„Hättest du nicht Ah Yan bitten können, deine Kleidung aus deinem Haus zu holen? Es ist unhöflich, nackt in einem fremden Haus herumzulaufen“, schimpfte Bai Meiyue heftig mit dem Mann. Verdammt, dieses schöne Gesicht.
