Als Bai Meiyue sah, dass Bai Feng so schnell zurückkam, verfluchte sie ihr Pech. Trotzdem ließ sie Bai Xue nicht los, die sich mit aller Kraft wehrte. Obwohl Bai Xue sich wie eine sanfte und zerbrechliche Dame gegeben hatte, kratzte und zog sie in diesem Moment mit aller Kraft an Bai Meiyues Händen.
Hinter ihnen kam Chu Xia herbeigeeilt. Sie hatte nur eine Tochter, wie konnte sie zulassen, dass Bai Meiyue sie umbrachte? Bai Xue war ihr einziges Kind, das sie nach dem Verlust ihres halben Lebens bekommen hatte. Niemand durfte ihr wehtun.
Keuchend und außer Atem umarmte Chu Xia ihre Tochter, die wie ein Sack hinterhergeschleift wurde. Sie fauchte Bai Meiyue an: „Du verrückte Schlampe! Du bist wirklich wahnsinnig! Was hast du für ein Problem, dass du meine Tochter umbringen willst? Selbst wenn wir dir etwas angetan haben, glaubst du wirklich, dass das den Tod meiner Tochter rechtfertigt?“
„Bruder, Mama …“
Bai Xue wurde immer noch von Bai Meiyue festgehalten. Ihr Kopfhaut fühlte sich an, als würde sie gleich zerreißen. Aber das hielt sie nicht davon ab, Bai Feng einen gekränkten und mitleiderregenden Blick zuzuwerfen. Sie wusste, dass in diesem Moment nur Bai Feng sie retten konnte.
„Yueyue“, rief Bai Feng, der vor Bai Meiyue stehen geblieben war, leise.
Als sie seinen Tonfall hörte, schüttelte Bai Meiyue ihre Finger, die Bai Xues Haare umklammerten, wischte sie mit einem Taschentuch ab und warf es dann zu Boden. Sie bemerkte, wie sich die Gesichter von Bai Xue und Chu Xia veränderten und wütend wurden, aber was sollte sie das interessieren? Eine Frau, die sich in das Bett eines verheirateten Mannes gelegt hatte, und ihre Tochter, die versucht hatte, ihrer Halbschwester den Verlobten wegzunehmen – wenn sie nicht schmutzig waren, was dann?
„Bai Feng, sag mir, was das soll!“, spottete Bai Meiyue kalt. „Ich habe dieses Gebäude aufgeräumt und alles für meine Familie organisiert; jetzt ist nicht nur diese Gegend mit doppelt so vielen Zombies verseucht, sondern einige Leute sind auch in mein Haus gegangen und haben versucht, meine Vorräte zu stehlen. Sag mir, was du dagegen tun wirst!“
Bai Feng wusste nicht, was er sagen sollte.
An Bai Meiyues Haltung konnte er erkennen, dass Bai Xue die Adresse ihres Hauses an ihre Freunde weitergegeben hatte, die eine Horde Zombies mitgebracht hatten und wahrscheinlich versucht hatten, die Tür von Bai Meiyues Haus aufzubrechen.
„Weißt du, wie viel Angst meine Mutter und meine beiden Neffen hatten, als sie hörten, dass jemand versucht hat, in unser Haus einzubrechen?“
Bai Meiyue schoss los, ohne Bai Feng zu Wort kommen zu lassen, um Bai Xue von den Vorwürfen freizusprechen. „Sie konnten die ganze Nacht nicht schlafen, aus Angst, dass jemand die Tür aufbrechen würde. Bai Feng, das sind die Vorräte, die ich fast für mein Leben eingetauscht hätte. Diese Idioten können das nicht verstehen; sag mir nicht, dass du es auch nicht verstehen kannst?“
Selbst wenn Bai Meiyue ihre Zehen benutzt hätte, hätte sie verstehen können, warum Bai Xue diese Leute hierher kommen ließ. War es nicht, weil sie ihr Ansehen verbessern und ein paar Unterstützer finden wollte, die bereit waren, sich um sie zu kümmern und sie großzuziehen? In ihrem früheren Leben waren es sie und Bai Feng gewesen, zusammen mit den wenigen Männern, die von Bai Xue bezaubert waren, und jetzt, in diesem Leben, waren es diese Leute.
Bai Meiyue wusste schon lange, dass Bai Xue überhaupt nicht dumm oder naiv war. Sie war eher berechnend und schlau. Wenn sie das nicht gewesen wäre, hätte Bai Xue in ihrem letzten Leben nicht so lange überlebt. Sie schaffte es, sich zu verstecken, bis jemand aus ihrem engsten Umfeld sie verriet.
Hätte Bai Meiyue sie nicht gefunden und getötet, hätte Bai Xue bis ins hohe Alter gelebt.
Als Bai Fengs Augen, die wie zwei dunkle Teiche waren, sich Bai Xue zuwandten, senkte die Frau schuldbewusst den Kopf. Sie entschuldigte sich aufrichtig: „Es tut mir leid, Bruder Feng. Ich wollte nur meinen Freunden helfen. Ich habe dich sagen hören, dass es hier viel sicherer ist als draußen, und dachte, meine Freunde könnten eine Weile hierbleiben.
Draußen ist es gefährlich und sie würden sterben, wenn ich ihnen nicht helfen würde.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ich wollte nie, dass so etwas passiert. Sie haben herausgefunden, dass Schwester Yueyue viele Vorräte von den Flüchtlingen im Gebäude hatte und – und dann haben sie so etwas getan. Aber ich schwöre, ich habe sie nie darum gebeten … wuuuu …“
„Du musst dich nicht entschuldigen!“ Chu Xia zog die weinende Bai Xue in ihre Arme und starrte Bai Meiyue an, als wäre sie eine schreckliche Verbrecherin. Sie spottete und sagte sarkastisch: „Bai Meiyue, glaubst du, nur weil wir dir einmal wehgetan haben, schulden wir dir unser Leben?
Wir haben für unsere Fehler bezahlt, indem wir eingesperrt waren. Was willst du noch? Xuexue fühlt sich auch schuldig für das, was sie getan hat, und sie wollte Buße tun, deshalb hat sie so viele Menschen gerettet. Was ist daran falsch?“
KLATSCH!
Das Geräusch einer knallenden Ohrfeige hallte im zweiten Stock wider und alle drehten sich zu Chu Xia um, die sich mit fassungslosem Gesichtsausdruck die Wange hielt, die Bai Meiyue ihr versetzt hatte.
„Du – du hast mich geschlagen?“ Chu Xia konnte es nicht glauben – die Frau, die sie nach Belieben kneifen und quetschen konnte, hatte es tatsächlich gewagt, sie zu schlagen!
„Ja“, sagte Bai Meiyue und bewegte ihr Handgelenk, als hätte sie Chu Xia sehr wehgetan, was auch der Fall war. Es war schwieriger, als einen Zombie zu töten; wer hatte ihr gesagt, sie solle so dickhäutig sein? Sie sah Chu Xia ungläubig an und kicherte: „Hast du das wirklich nicht erwartet, nachdem du so schamlose Worte gesagt hast?“
„Chu Xia, was du getan hast, hat mein Leben fast ruiniert. Wenn nicht das Ende der Welt wäre, würde ich an deiner Stelle leiden. Und was meinst du damit, dass Bai Xue diese Leute gerettet hat? Wie hat sie sie gerettet? Ich war es, die die Zombies in diesem Gebäude und in dieser Gegend beseitigt hat. Wie kommt es also, dass sie ihre Retterin ist?“
