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Kapitel 684: Die Illusion des Hains (2)

Kapitel 684: Die Illusion des Hains (2)

„Ganz ruhig“, sagte er – leise, aber bestimmt. Er hätte das Wort genauso gut in die Luft rufen können. Die Schwerkraft ließ wieder nach, dann stabilisierte sie sich genug, um atmen zu können.
Sylvannas Knie drohten nachzugeben. Ein Schweißtropfen rutschte ihr von der Schläfe, in der Schwerelosigkeit halb erkaltet. Draven packte ihr Handgelenk. Sein Puls schlug wie ein Metronom – langsam, präzise. Ein Hauch von Mana begleitete diesen Rhythmus und drang in ihre Adern. Ihr Atem fand seinen Takt, ihr Herz schlug im Gleichklang. Die Welt richtete sich wieder auf.
Sie blinzelte ihn an, immer noch seinen Ärmel festhaltend. Er zog sich mit dem nächsten Atemzug zurück, sein Gesichtsausdruck unlesbar. Es wurden keine Dankesworte gesprochen, keine verlangt.

Sie stiegen die letzte Rampe hinab. Mit jedem Meter wurde die Stille in der Höhle tiefer, bis selbst das Kratzen eines Kiesels störend wirkte. Die Kristalladern im Inneren des Herzbaums leuchteten heller auf, als würden sie neugierig reagieren, welche Eindringlinge es wagten, sein Leiden zu durchqueren.
Jetzt, wo sie näher waren, sah Sylvanna, dass die Rüstung der Leiche das Wappen der Waldwächter trug – ein spiralförmiges Blatt über zwei Wurzeln. Einst hatte dieses Wappen verlorenen Reisenden Rettung garantiert. Jetzt war das Emblem zerbrochen und unter versteinertem Harz kaum noch zu erkennen.

„Ein Wächter, der auf seinem eigenen Wachposten aufgespießt wurde“, murmelte sie. „Das klingt nach einer Predigt.“
Draven ließ seinen Blick nicht von der ausgehöhlten Brust wandern. Eine schwache dunkle Vibration – fast wie ein umgekehrter Herzschlag – pulsierte in der Höhle. „Keine Predigt“, sagte er. „Köder.“

Sylvannas Bogen senkte sich in Richtung der Leiche. „Glaubst du, der Parasit ist wach?“

„Ich weiß, dass er es ist.“ Sein Mund verengte sich. „Er wartet darauf, dass wir in seine Geschichte eintreten.“
Ein plötzliches Zucken riss den Kopf des toten Wächters nach vorne. Sylvanna zuckte zusammen. Draven beobachtete ihn analytisch. Das Kinn hob sich zentimeterweise, bis die leeren Augenhöhlen des Schädels direkt in ihre starrten. Kein Leuchten, keine Bedrohung – nur Leere, so hohl wie die Lücke in seinen Rippen. Aber die Bewegung erfüllte ihren Zweck. Die Luft um sie herum faltete sich wie Leder in der Hand eines Schmieds.
Wieder Schwindel – diesmal stärker. Die Höhle verzerrte sich: Was oben gewesen war, fühlte sich jetzt hinten an, was unten gewesen war, zog seitwärts. Sylvanna taumelte und wäre fast über den Rand einer Wurzelbrücke gestürzt.

Draven packte sie an der Schulter, seine Finger gruben sich in ihren Umhang und das Leder. „Halt dich fest“, befahl er. „Atme in Dreierzügen.“
Sie gehorchte und zwang ihre Lungen, sich seinem Rhythmus anzupassen. Die Verzerrung ließ nach, aber die Farben um sie herum dehnten sich aus, waren übersättigt, als würde ein unsichtbarer Künstler die Realität mit immer dickeren Pinselstrichen übermalen.

Draven ließ sie los, sobald sie alleine stehen konnte. Er schob eine Hand in seinen Mantel. Sylvanna erblickte den schwachen Schimmer von Runen-Tinte entlang seiner Rippen, kobaltblaue Streifen, die in einem bewussten Rhythmus pulsierten.
„Psychogener Druck“, murmelte er mehr in die Luft als zu ihr. „Ein klassischer Einstieg.“

„Was meinst du?“

„Das heißt, die Klauen sind zweitrangig. Es greift zuerst den Verstand an.“ Sein Blick wurde schärfer. „Mach dich auf Halluzinationen gefasst.“

Er hatte den Satz noch nicht beendet, als der erste Angriff kam.

Sylvanna spürte eine Bewegung an ihren Knöcheln. Sie schaute nach unten und ihr Magen zog sich zusammen.
Chimärenbabys – kleine, missgebildete Experimente, die sie vor Jahren versagt und verbrannt hatte – krochen aus den Schatten, die Augen vor Schmerz glasig. Aus den haarlosen Schultern sprossen versengte Federn, unpassende Pfoten schleiften nutzlose Schwänze hinter sich her. Sie miauten leise und gebrochen und klammerten sich mit verkohlten Krallen an ihre Stiefel. Der Geruch von verbranntem Fleisch erfüllte ihre Lungen.
Die Schuld stach so stark, dass ihre Sicht verschwamm. Sie versuchte zurückzutreten – Wurzeln umklammerten ihre Waden. Panik stieg in ihr auf und schnürte ihr die Brust zusammen.

Am Rande ihres Blickfelds bewegte sich Draven. Er sah, wie ihre Beine unter Phantomkörpern versanken. Er griff nach ihr, packte ihren Ellbogen – nicht sanft, sondern wie einen Felshaken, der in Stein geschlagen wird.

„Das sind Echos“, sagte er mit einer Stimme, die kalt genug war, um Stahl zu gefrieren. „Keine Schulden.“

Seine Gewissheit durchbrach den Albtraum. Die Kits flackerten – einmal, zweimal – und zerfielen dann zu Asche, die sich im Wind zerstreute. Der Geruch blieb noch einen Herzschlag lang zurück, dann verflüchtigte er sich zu kaltem Harz.

Sylvanna sog die Luft durch ihre Zähne ein, ihr Kiefer zitterte. Sie nickte. In ihren Augen blitzte erneut Entschlossenheit auf.

Draven wandte sich seinen Angreifern zu.
Die Luft vor ihm flimmerte und verwandelte sich in eine lange, kreisförmige Halle – Steinsäulen, die von zu hellen Fackeln beleuchtet wurden. Richter in purpurroten Roben standen im Bogen aufgestellt, ihre Gesichter vor gerechter Empörung verzerrt. In der Mitte stand ein jüngerer Draven, in Ketten gelegt, den Kopf hoch erhoben, obwohl der eiserne Kragen sich in seine Haut grub. Die Stimme des Tribunals rollte und verkündete die Urteile: Verräter, Zerstörer, Schlächter.

Für einen Moment spürte der echte Draven das Phantomgewicht des Kragens.
Alte Scham, scharf wie zerschlagenes Glas, versuchte, sich in seine Knochen zu krallen.

Dann pulsierten die Runen unter seinen Rippen. Ein Herzschlag, zwei. Die Scham löste sich und glitt hinab in eine mentale Verlieszelle, die er für solche Relikte reserviert hatte. Der Phantomkragen sprang auf und fiel mit einem Klirren zu Boden, das nur er hören konnte. Die Richter verschwammen, ihre Urteile verschwammen zu statischem Rauschen. Er ging durch sie hindurch. Sie lösten sich auf wie Rauch, der vom Wind zerstreut wird.
Unter dem Herzbaum zuckte die Leiche erneut, die Rippen brachen weiter auf. Etwas hinter diesem Knochenkäfig knurrte – ein tierisches Geräusch aus verlorenen Stimmen. Die Luft vibrierte vor erwartungsvoller Gier.

Dravens Mund verzog sich zu einer schmalen Linie.

Psychologische Kriegsführung.

Die erste Halluzination traf Sylvanna wie der Hammer eines Schmieds auf weiches Metall.
Einen Herzschlag zuvor war der Boden der Höhle noch kahler Stein gewesen, jetzt wimmelte es von wimmernden Gestalten. Chimärenjungen – ihre verworfenen Prototypen – quollen aus den Rissen hervor, ihre Körper durch fehlgeschlagene Genspleißung deformiert: ein Kätzchenkopf verschmolzen mit den Schuppen einer Eidechse, ein federloser Greifling, der mit nassen Muskeln bedeckte Flügel hinter sich her schleifte, eine felllose Fuchsschlange, die ohne Lungen zischte.
Sie umschwärmten ihre Waden und krallten sich mit winzigen Klauen am Saum ihres Umhangs fest. Blinde Augen schienen ihr Gesicht zu erkennen, und ihre Münder formten stumme Bitten.
Schrecken schoss ihr in die Brust, schnell und kalt. Ihr Atem stockte auf halbem Weg zum Ausatmen. Jedes Tier schrie mit Erinnerungen, die sie tief in sich vergraben hatte: der Tag, an dem sie das falsche Serum gespritzt hatte, die Nacht, in der sie eine Scheune niedergebrannt hatte, um Beweise zu vernichten, der Geruch von verbranntem Fell, der wochenlang in ihren Haaren hing. Die Last dieser Schuld versuchte, ihre Knie zusammenzudrücken.
Draven spürte, wie ihr Körper sich versteifte, bevor sie einen Ton von sich gab. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie die Kiefer aufeinanderpresste, wie ihre Hand zitterte, die über den Knöcheln weiß hervortrat. Ohne zu zögern ging er auf sie zu, legte einen Arm um ihre Schulter und umfasste ihren Ellbogen mit festem, aber nicht zu starkem Griff – stark genug, um ihr Halt zu geben, nicht um sie zu fesseln.
„Das sind Echos“, sagte er. Jedes Wort fiel mit der Präzision eines Skalpells. Sein Tonfall enthielt keine Wärme, kein Urteil – nur Fakten. „Keine Schulden.“

Sylvannas Blick huschte von den Jungtieren zu ihm. Die flache Gewissheit in seinen Augen – die absolute Weigerung, mit Illusionen zu verhandeln – traf sie härter als jede sanfte Tröstung. Sie biss auf ihre zitternde Lippe, zwang ihre Lungen sich zu erweitern und atmete durch zusammengebissene Zähne aus.
Um ihre Stiefel herum flackerten die Chimärenjungen, Bilder, die ihre Kohäsion verloren, als würde ihr Atem sie wie Staub zerstreuen. Zwei Herzschläge später löste sich der Schwarm in Kohleflocken auf und verschwand in der Dunkelheit.

Der schuldbeladene Geruch blieb einen Augenblick lang zurück: verkohltes Fleisch, alchemistischer Rauch. Dann löste sich auch diese Erinnerung auf und wurde durch den kalten Harzgeruch der Höhle ersetzt.
Die Erleichterung war scharf, fast schmerzhaft, aber sie ergriff sie. Sie nickte einmal – ein unausgesprochenes Dankeschön, von dem sie wusste, dass er es nicht brauchte – und stellte ihre Füße breiter, bereit für alles, was als Nächstes kommen würde.

Draven richtete seine Aufmerksamkeit nach innen, denn der Parasit verschwendete keine Zeit.

Seine eigenen Geister manifestierten sich vor ihm wie ein Theaterstück, das sich von altem Pergament entrollte. Säulen aus schwarzem Marmor erhoben sich in einem geschwungenen Halbkreis.
Fackeln flackerten mit unnatürlichem Schein und zeichneten lange Lichtstreifen auf den polierten Stein. Am höchsten Punkt des Bogens thronten Richter in purpurroten Roben – das Tribunal, dem er nach der Katastrophe am Rakhal-Pass in der Festung gegenübergestanden hatte. Sie materialisierten sich vollständig: wächsere Haut über hauchdünnen Wangenknochen, ihre Lippen zu einer Geste der gerechten Verachtung verzogen. Der Klang ihrer Hammerschläge hallte in seinen Ohren, obwohl hier kein Holz auf Marmor traf.
Auf dem Anklageblock stand ein jüngerer Draven, die Handgelenke an einen Pfosten gekettet, die Schultern trotz des in die Haut schneidenden Eisenkragens gerade. Die Augen seines Abbilds brannten gleichermaßen vor Verachtung und Erschöpfung, als die Urteile der Richter fielen: „Versager.“ „Verräter.“ „Henker.“ Die Etiketten schwebten ölig und eindringlich durch die Luft und schlängelten sich wie Parasiten um die Ohren des echten Draven.
Ein lebender Mensch hätte zusammengezuckt. Scham, dieses widerstandsfähige Unkraut, versuchte, sich tief einzunisten. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte er Phantom-Eisen an seiner Kehle, kalt und unnachgiebig.

Aber Draven war bereit.

Die zweite Chance des bösen Professors

Die zweite Chance des bösen Professors

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Draven ist ein Zauberprofessor in einer Fantasiewelt. Er ist auch ein Graf, der seit seiner Jugend für seine bösen Taten und Fehler bekannt ist. Sein Untergang ist auf einen Fluch zurückzuführen, der sein intellektuelles Potenzial und seine Talente behindert. Schließlich wird er zum Bösewicht und verliert alles, was ihm lieb ist: seine Geschwister, seine Verlobte, sein Haus, sein Anwesen und vieles mehr. Nach einem elenden Tod wird er in der modernen Welt als Dravis Granger wiedergeboren. In seinem neuen Leben wächst er zu einem hochintelligenten Menschen heran, der nichts von seinem früheren Leben weiß, und wird junger Professor für Maschinenbau und Forscher. Allerdings hat er eine seltsame Obsession, ein Spiel zu entwickeln, angetrieben von lebhaften Vorstellungen von einer anderen Welt. Diese Obsession führt ihn dazu, ein Spiel zu entwickeln, das sein früheres Leben widerspiegelt. Als er seine virtuelle Realität fertigstellt, gewinnt er seine Erinnerungen an die Vergangenheit zurück. Überwältigt von intensiven Emotionen – Wut, Traurigkeit und der Erkenntnis seiner früheren Hässlichkeit – erleidet er einen tödlichen Herzinfarkt. In seinen letzten Augenblicken hört er eine Stimme, die anscheinend aus der Welt selbst kommt und ihm die Chance bietet, in seine ursprüngliche Fantasiewelt zurückzukehren. Allerdings würde er nur die Erinnerungen an sein modernes Leben behalten, nicht die Fehler seines ersten Lebens. Er stimmt zu und wird erneut wiedergeboren, diesmal mit dem Wissen eines modernen Professors für Maschinenbau. Aber eines zeichnet Dravis Granger aus: Er ist nicht nur ein Professor für Maschinenbau. Er ist nicht nur ein geradliniger, genialer Professor. Er hat seine Ideale, und die Welt ist für seinen großen Idealismus zu voller Bösewichte. Also strebt er mit seinem brillanten Verstand danach, ein Mastermind zu werden. Aber nicht als Bösewicht, sondern als jemand, der die Hoffnung in Polizei und Gerechtigkeit verloren hat und beschlossen hat, den Menschen mit eigenen Händen zu helfen. Er sammelte Opfer und holte handverlesene Talente an seine Seite, um mit ihnen mehrere verrückte Stunts zu machen, Attentate zu verüben, Fallen zu stellen und den Abschaum der Welt auszurotten. Aber jetzt, in dieser Fantasiewelt, muss er gegen mehrere Fraktionen überleben, die ihn töten wollen, sein Reich schützen, seine Geschwister beschützen, seine Verlobte beschützen und das Wichtigste: die Welt beschützen. Aber er hatte den Dravis aus der modernen Welt nicht verloren. Als Professor am Morgen, als Graf am Nachmittag und als dunkler Ritter in der Nacht. _____________________________ "Du hast meinem Schüler wehgetan." Draven steht still da, keine Mana scheint von ihm auszugehen, nur ein einziger stirnrunzelnder Blick. Ein Stirnrunzeln, das ausreicht, um den Raum schwer werden zu lassen. "Als Lehrer glaubst du, ich würde dich ungestraft davonkommen lassen?" "Du scheinst zu glauben, dass mir deine Position wichtig ist, Prinz Hermit. Aber glaub mir", Draven machte einen langsamen Schritt. "Nicht einmal dein Vater könnte dich vor mir beschützen." _____________________________ Tägliches Update 2 Kapitel = 14 Kapitel/Woche Einige freundliche Belohnungen 100 Powerstones = +2 Kapitel an diesem Tag 200 Powerstones = +4 Kapitel an diesem Tag 50 Golden Tickets = +4 Kapitel an diesem Tag 1 Geschenk = +4 Kapitel an diesem Tag _____________________________ Teil der "King of Kings"-Reihe Der Roman "Die zweite Chance des bösen Professors" ist ein beliebter Light Novel aus den Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Romantik, Tragödie . Geschrieben vom Autor Arkalphaze . Lies den Roman "The Villain Professor's Second Chance" kostenlos online.

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