Dornige Ranken wanden sich um die Projektion des Elfen, und dort, wo die Stacheln ihn trafen, floss Blut.
Der Dämon begleitete das Bild mit einem hohen Hieb über den Kopf, in der Hoffnung, dass der Schock die Reflexe des Elfen lähmen würde.
Dravens Hände bewegten sich schneller als der Verstand, sein Schwert hob sich, um der Klinge zu begegnen, und Funken sprühten über den Stahl.
Sein linker Stiefel rutschte in einem seltsamen Winkel nach vorne, sein Knöchel drehte sich scharf, sodass seine Ferse sich in den Boden grub und die Kraft umlenkte.
Die Wucht wurde in den Boden abgeleitet, statt durch seine Wirbelsäule zu gehen.
Er drehte sich, drückte das Schwert des Dämons nach unten und schlug dann quer über die Ranken, die die Illusion zusammenhielten.
Vaelariens Phantom löste sich auf, Dornenstränge zogen sich zurück wie durchtrennte Nerven.
Ein schmerzhafter Schimmer durchzog den Oberkörper des Dämons, als würden unsichtbare Nähte weiter aufreißen.
Seine beiden Klingen sackten herab, die Klingen wurden stumpf.
Der Nebel auf der Lichtung zog sich zurück und floh in das dichtere Gebüsch.
Draven atmete wieder ein, jetzt langsamer.
Kein Rauch. Keine Schreie. Nur der unregelmäßige Rhythmus einer Kreatur, der die Kraft ausging.
Eine letzte Illusion tauchte auf – Clara, wieder klein, acht Jahre alt, mit der Puppe, die er ihr aus Holzresten geschnitzt hatte.
Sie lächelte, mit einer Zahnlücke, voller Hoffnung.
Er hob sein Schwert nicht.
Er ging einfach weiter, durch ihre sich auflösende Silhouette hindurch.
Als das Phantomholz in blasse Funken zerfiel, flüsterte er ein Wort, das nur sie hätte verstehen können.
Leise Vergebung.
Das Bild löste sich auf wie Atem auf Glas.
Der Dämon zuckte zusammen.
Die Fäden der Illusion rissen, peitschende Schattenlinien schossen mit explosiver Wucht in sein Inneres zurück und rissen rauchiges Fleisch mit sich.
Er taumelte rückwärts, seine Waffenhände zitterten.
Sylvanna presste eine Faust gegen ihren Brustpanzer, ihr Atem stockte vor Erleichterung und Ehrfurcht.
Sie kannte diese Haltung – ein Feind, der über den Rand gedrängt worden war und verzweifelt versuchte, aus Splittern neuen Mut zu schöpfen.
Dravens Schwert hob sich, die Spitze ruhig, die Schultern gerade.
Sein Blick zeigte nichts als eisklaren Entschluss.
Jeder der folgenden gezielten Hiebe war kein Zufall, sondern präzise wie eine Operation.
Er schnitt Verbindungen zwischen Schatten durchtrenn, hackte verhallende Echos weg und entfernte Fetzen wie abgestorbenes Gewebe um eine infizierte Wunde.
Nicht ein einziges Mal gab er dem Dämon ein festes Ziel, auf das er reagieren konnte.
Nicht ein einziges Mal ließ er die Phantome vollständig zusammenwachsen, bevor er sie mit Stahl vernichtete.
Minuten – oder vielleicht Herzschläge, die sich als Minuten tarnten – vergingen in diesem disziplinierten Abnutzungskampf.
Die Schreie wurden leiser, bis sie nur noch ein Flüstern waren, dann ein leises Wimmern und schließlich verstummten sie ganz.
Die Gesichter waren verschmiert wie mit Regen durchnässte Kreide, die Trauer verwischte sich zu grauen Streifen auf dunklerem Nebel.
Schließlich blieb nur noch der Dämon übrig – keuchend, mit herabhängenden Klingen, seine rauchige Haut von zerklüfteten Rissen übersät, aus denen schwaches Sternenlicht blutete.
Dravens Atem blieb gleichmäßig.
Jeder seiner Schritte passte noch immer zum Puls des Hains, seine Stiefel trommelten den gedämpften Kriegsrhythmus der Natur.
Auf der anderen Seite der Linie atmete Sylvanna aus, ohne bemerkt zu haben, dass sie den Atem angehalten hatte.
Jetzt konnte sie es deutlich sehen.
Er verlor nicht.
Er erschöpfte es.
Jeder Hieb von Dravens Klinge war kein Zufall, sondern wie das Skalpell eines Arztes, der eine Krankheit aufspürte und sie mit brutaler Präzision herausschnitt.
Jeder Schnitt folgte einem Plan – entweder schnitt er eine Rauchsehne durch, die den Dämon noch an seine zerfallenden Illusionen band, oder er schnitt die schwachen Wurzeln der Mana ab, die diese Phantome am Leben erhielten.
Er hackte nie zweimal auf dieselbe Stelle ein.
Ein Schnitt, genau tief genug, dann weiter zum nächsten bösartigen Faden.
Mit jedem Schnitt wurden die Erinnerungen blasser.
Gesichter, die einst in hochauflösender Anklage geblickt hatten, verschwammen nun zu Aquarellfarben.
Claras Locken verloren ihren glänzenden Glanz und zerflossen wie Farbe in klarem Wasser; Garens verbeulte Brustplatte wurde zu einem grauen Fleck unter einem sich auflösenden Himmel.
Schreie verklangen zu Echos, Echos zu dumpfem Summen, bis selbst dieser traurige Chor weit entfernt klang, als würde man ihn durch dicke Türen am Ende eines langen Korridors hören.
Dravens Atmung blieb gleichmäßig – präzise Acht-Takt-Zyklen, die er in den Trainingsgruben des Turms geübt hatte, ein Rhythmus, den er sich antrainiert hatte, um Turniere zu überstehen, in denen die Gegner ebenso sehr ihre Lungen wie ihr Können auf die Probe stellten.
Jeder Atemzug versorgte seine Muskeln und seinen Geist: Tonhöhe beachten, Tonhöhe anpassen, Fußstellung um einen Fingerbreit korrigieren.
Jeder Atemzug verdrängte alles andere – Geisterheulen, den Geruch von Verbranntem, die alte Schuld, die sich in sein Rückgrat schleichen wollte.
Bleib mechanisch, bleib am Leben.
Die gestohlene Energie des Dämons schwand wie der Wind am Rande eines Sturms – zuerst wurde das Pfeifen unregelmäßig, dann verloren die Wolken ihre Form.
Draven erwischte genau den Moment, in dem die Kreatur merkte, dass sie ihre Halluzinationen nicht mehr aufrechterhalten konnte: eine schnelle Kontraktion ihres rauchigen Oberkörpers, als ob jeder Phantomfaden zurückgerissen worden wäre und ihr in den Bauch geschlagen hätte.
Es verdoppelte sich lautlos, und für einen Herzschlag hing die Lichtung in erwartungsvoller Stille.
Dann schrie es.
Ein unheimliches Reißen – teils wie eine Pauke, teils wie zerreißende Seide – zeriss die Luft.
Die verbleibenden Illusionen fielen wie verrottete Vorhänge weg und fielen in Schattenpfützen, die in das Moos einsickerten.
Was übrig blieb, konnte man kaum noch als Körper bezeichnen: ein sich windender Knäuel aus halb geformten Händen, die über zerfetzte Gesichter krochen, jeder Mund flüsterte zusammenhanglose Fragmente – Claras Wiegenlied aus ihrer Kindheit, Elises letzter Befehl auf dem Schlachtfeld, hundert Reuegefühle, die sich zu bedeutungslosem Rauschen vermischten.
In der Mitte schwebte der Kern.
Eine geschmolzene Kugel, nicht größer als eine geballte Faust, aber hell wie frisch geschmolzenes Eisen aus der Schmiede.
Feueradern pulsierten durch die Masse und schlugen in rasender Synchronität – Hass, Trauer, Hass, Trauer.
Ziel identifiziert: Zerstöre den Kern.
Es war nicht nötig, es auszusprechen; der Befehl saß wie ein heißer Edelstein hinter seinem Brustbein.
Der Dämon hatte offenbar dieselbe Rechnung aufgestellt, denn er explodierte nach vorne und ließ alle Zurückhaltung fallen.
Ranken, die zuvor dünn wie Peitschenstränge gewesen waren, verdickten sich zu pechschwarzen Kabeln.
Sie peitschten mit dem Knallen von Belagerungsbogensehnen durch die Luft und rissen Furchen in die Erde, wenn sie ihr Ziel verfehlten.
Draven ließ die Welt zu Markierungen und Zeitfenstern schrumpfen.
Erster Schlag – hoch rechts.
Sein Schwert hob sich in einer abwehrenden Kreuzparade; die Ranke traf auf Stahl, Funken sprühten zur Seite und entzündeten einen Ring aus Pilzen in geisterhaft blauer Flamme.
Die Rückstoßenergie verwandelte sich in einen Ausfallschritt nach links – das Gleichgewicht blieb erhalten.
Zweiter Schlag – tief links, auf die Waden zielend.
Er sprang hoch, die Ferse schnappte nach oben; der Stoffsaum riss, aber das Fleisch blieb unversehrt.
In der Luft drehte er die Hüften, die Klingenspitze tauchte ab, um das räuberische Glied knapp über einer imaginären Kniehöhe abzutrennen.
Rauch zerriss wie Pergament.
Der Dämon schrie und zog einen blutigen Stumpf zurück, aus dem Glutpartikel sprühten.
Dritter Schlag – gerader Stoß auf die Brust.
Dravens Antwort: Riposte.
Er wich der Klinge aus, legte sein Gewicht darauf und stieß das Langschwert in einer schnellen Bewegung nach vorne, die einen Mantel aus verschlungenen Händen durchbohrte.
Geschmolzenes Ichor spritzte, zischende Tropfen prasselten auf seinen Umhang und hinterließen rauchende Löcher.
Er dachte in kurzen Mantras, um seine Muskeln locker zu halten:
Schultern locker, Hüften gedreht, durch das Knie drücken – tief schneiden, dann drehen.
Und genau das tat er, drehte sich unter einem horizontalen Schwung und kehrte mit einem wirbelnden Hieb zurück, der eine weitere Ranke in der Nähe dessen, was einmal ein Oberschenkel gewesen war, abschälte.
Der Dämon knickte ein, seine Struktur brach in Teile auseinander.
In Panik versuchte er einen Schachzug: Zwei gespiegelte Hände schlossen sich um Dravens Schwert und verwandelten sich von Nebel in fast festes Obsidian, um die Klinge einzuklemmen.
Der Druck hätte gehärteten Stahl zerquetschen können, wenn er sich festgehalten hätte.
Er ließ sofort los, seine bloßen Finger strichen durch die Luft, wo zuvor der Griff gewesen war – und übertrugen bereits die kinetische Energie auf seinen Körper.
Seine linke Schulter krachte wie ein Rammbock gegen den Dämon, alle vierzig Kilo von Dravens Gewicht konzentrierten sich in einem einzigen Schlag.
Das Fleisch war geräuchert und faltig; die Kreatur taumelte zur Seite.
Die rechte Hand verschwand in seinem Mantel und kam mit einem schmalen Universalmesser wieder zum Vorschein – ein einfacher schwarzer Griff, eine monomolekulare Klinge, die eher für Sabotage als für Duelle gedacht war.
Er rammte sie knapp unterhalb des geschmolzenen Herzens nach oben und spürte einen Widerstand, als würde er in kochend hartes Leder schneiden.
Drehen.
Die Klinge durchtrennte innere Fesseln; eine Fontäne feuriger Paste spritzte über seine Knöchel und versengte das Leder, aber nicht die Haut darunter.
Der Dämon sackte zusammen, sein Kern wackelte wie eine Laterne im Orkanwind.
Draven warf das Messer weg – Mission erfüllt – und riss mit einer heftigen Drehung seine Hauptklinge heraus.
Die Klinge sang, neu entfacht.
Er sprintete auf das Ziel zu, seine Schritte im Takt seines Pulses – tat-tat-tat, jeder Schritt in perfekter Geometrie.
Auf halber Strecke blitzte der Kern auf und setzte eine psychische Welle frei.
Die Farben kehrten sich um: Violettes Moos wurde gelb, sein Umhang sah knochenweiß aus, dann wieder schwarz.
Schmerzen stachen hinter seinen Augen wie heiße Nadeln.
Herzschlag aussetzen, Herzschlag aussetzen.
Er zwang seinen Herzrhythmus zu stocken – ein alter Meditationstrick –, damit der psychische Druck einen Tiefpunkt erreichte, anstatt einen Höhepunkt.
Seine Sicht verschwamm, dann klärte sie sich wieder.
Er war noch auf Kurs, noch im Zeitplan.
Eine abgebrochene Wurzel ragte hervor, gezackt wie ein Speer.
Er stemmte sich ab und stieß ab.
Sein Körper schoss in einem sauberen Bogen in die Höhe.
Mitten im Flug geriet der Dämon in Panik und schleuderte eine Wolke aus stacheligen Schatten in den Raum, den er gerade noch eingenommen hatte.
Zu spät.
Er war über ihnen, der Schwung trieb ihn in eine halbe Drehung, sein Umhang flatterte wie Sturmflügel.
Für einen einzigen Herzschlag – den stillen Punkt am höchsten Punkt – neigte Draven das Schwert nach unten, den Griff fest umklammert, die Handgelenke gestreckt.
Die Spitze zielte genau auf den pulsierenden Herd des Leids.
Die Schwerkraft holte ihn zurück.
Er kam wie ein Blitz herunter, die Klinge drehte sich spiralförmig wie ein Korkenzieher.
Die Schneide berührte den Kern, traf auf magmaartige Hitze und bohrte sich dann hindurch.
Er spürte den Bruch – die plötzliche Kapitulation –, als der Stahl sich durch die geschmolzene Hülle fraß und dann in den empfindlichen Motor darunter eindrang.
Als er vollständig versunken war, drehte er den Griff, schleifte und durchtrennte die letzten aufgeblähten Arterien der Emotionen, die den Dämon an die Welt banden.
Ein heftiger Schock durchlief seine Arme, aber er hielt fest.
Der Kern implodierte, das Licht brach mit einem Geräusch, das wie ein Atemzug durch zerbrochenes Glas klang, in sich zusammen.
In dem zurückbleibenden Vakuum rissen sich alle noch befestigten Tentakel los; die patchworkartigen Gesichter des Dämons erstarrten mitten im Schrei und zerbrachen dann.
Goldene Risse zogen sich wie Spinnweben über seine gesamte Gestalt und verwoben sich so schnell, dass die Kreatur wie in einem filigranen Kokon aus Blitzen eingeschlossen schien.
Der Dämon stieß einen letzten, zitternden Schrei aus – dann zerbrach er.
Fragmente von Trauer und Reue sprangen nach außen und schwebten wie aschgraue Blütenblätter in einer toten Brise davon. Leises Wimmern hallte wider, dann verstummte es.
Draven landete leichtfüßig, die Klinge umgedreht, und stand vollkommen still da.
Das Gleichgewicht war wiederhergestellt.
Er starrte ausdruckslos auf die Überreste und steckte seine Klinge mit einer langsamen, präzisen Bewegung in die Scheide.
Der Hain holte kollektiv Luft. Die Bäume richteten sich auf. Die Farben verloren ihre fieberhafte Intensität. Die Welt selbst schien sich zurückzusetzen, dankbar.
Sylvanna näherte sich langsam und vorsichtig, die Hände locker an den Seiten.
„Ein Dämon weniger“, sagte Draven knapp, seine Stimme schnitt durch die Lichtung wie ein Skalpell. „Es gibt noch mehr zu zerlegen.“
Er sah sie nicht an.
Sein Blick war bereits auf das tiefere Innere des Hains gerichtet – wo der wahre Puppenspieler wartete.
Darauf wartend, vernichtet zu werden.