Dravens Atem verließ seine Lungen in einem langsamen Zischen, dünn wie Nebel auf kaltem Metall.
Er ließ den Atem seinen Puls beruhigen, dann hob er das Langschwert in einem einzigen, gemächlichen Bogen.
Das Schwert fing das wenige Licht ein, das durch das Blätterdach des Hains drang – flackerndes Grün, kränkliches Violett –, bis die Legierung wie Mondwasser schimmerte, das über Öl wirbelt.
Dieser wechselnde Schimmer verunsicherte immer die Zuschauer; heute verunsicherte er nur die Lichtung selbst.
Wurzeln zitterten und klapperten unter dem Moos, als würden sie sich an eine uralte Vereinbarung erinnern, sich nicht einzumischen.
Sein Griff blieb täuschend locker.
Unmerkliche Muskelzuckungen rollten unter dem Handschuh – der Zeigefinger glitt um einen halben Millimeter, der Mittelfinger spannte sich gerade so weit an, um die Drehkraft anzupassen.
Jede winzige Korrektur sagte dasselbe: Diese Klinge würde nur dorthin gehen, wo sein Wille es wollte, keinen Millimeter weiter.
Dravens Augen, blass und scharf wie gespaltener Quarz, wanderten nicht von der formlosen Silhouette, die vor ihm schwebte.
Der Schatten-Dämon gab zuerst nach.
Rauch verdichtete sich zu einem messerscharfen Speer und schoss nach vorne.
Er riss eine schmale Furche durch die feuchte Luft, und die Druckwelle ließ tote Farnwedel gegen Dravens Stiefel klappern.
Er wartete bis einen Augenblick vor dem Aufprall – ein Zeitraum, den die meisten Soldaten nie zu messen gelernt hatten – und schwang dann nach links, wobei er sich auf den Fußballen drehte.
Sein langer, dunkler Mantel flatterte wie ein Banner, das von einem plötzlichen Windstoß erfasst worden war.
Diese Welle war keine Eitelkeit, sondern eine Ablenkung.
Der Stoff versperrte dem Dämon die Sicht und verdeckte den genauen Winkel von Dravens Ausweichmanöver.
Der Speer schoss durch den leeren Stoff und traf mit einem Knall, der Rindenstücke versprühte, eine Wurzel hinter ihm.
Er verschwendete keinen Schwung.
Mit derselben Drehung schnappte sein Handgelenk nach oben, und die Klinge schoss in einem glänzenden Halbmond nach oben.
Kein ganzes Körpergewicht lag dahinter – nur Unterarm, Ellbogen und Schulter verteilten die Kraft wie Zahnräder in einer gut geölten Maschine.
Stahl riss das rauchige Fleisch des Dämons an der Stelle auf, wo eine Schulter hätte sein sollen.
Einen halben Herzschlag lang klaffte eine Wunde aus purer Dunkelheit, deren Ränder rot glühten, bevor sie sich mit einem feuchten Zischen wieder schloss.
Schnelle Regeneration.
Die Reaktion war angemessen, aber nicht außergewöhnlich.
Er speicherte den Datenpunkt und kniff die Augen ein wenig zusammen.
Etwas in dem Dämon brodelte und wühlte.
Rauch verdichtete sich zu Muskeln und Knochen und formte die Erinnerung an ein Gesicht, das Draven nur zu gut kannte.
Cort Reinholt – einer seiner alten Waffenbrüder, vor sechs Wintern unter Frost und weißen Pappeln begraben.
Der Dämon trug Corts Gesichtszüge wie eine billige Karnevalsmaske und verzog das Grinsen des Toten zu einem wolfsähnlichen Knurren.
Er stürzte sich erneut auf ihn, mit einer weiten Aufwärtsbewegung, die verzweifelt, wild und trauernd wirken sollte.
Draven erkannte das Zeichen: Der rechte Fuß setzte zu früh auf, die Hüfte blieb zurück.
Kalkulierte Leichtsinnigkeit.
Er duckte sich tief, die Knie gaben nach, als wären seine Gelenke mit Öl geschmiert, und rollte über den feuchten Mulch.
Die Erde roch nach Verwesung und Kupfer.
Er erhob sich hinter dem falschen Cort, die Klinge in einem Haken nach hinten gedreht.
Der Rückschlag zog eine elegante Linie über den Oberschenkel des Nachahmers.
Schwarzer Eiter spritzte auf das Moos und rauchte dort, wo er landete.
Der Dämon stolperte – nicht weit, nur einen halben Schritt –, aber er stolperte.
Das Gewebe dort heilte langsamer.
Die erste Schwachstelle war bestätigt.
Draven richtete sich auf und schüttelte mit einer schnellen Bewegung die Feuchtigkeit von seiner Langklinge, sodass glitzernde Tropfen in die Dämmerung spritzten.
Sein Blick blieb klinisch, wie der eines Arztes, der eine offene Wunde untersucht.
In seinem Kopf reihten sich Zahlenfolgen mit Winkeln aneinander – Entfernung, Geschwindigkeit, Belastungsgrenzen des spektralen Fleisches.
Auf der anderen Seite des Ritualkreises schwankte der Dämon und überlegte sich eine neue Taktik.
Er atmete ein, seine Sehnen schwollen an und formten sich zu einem Spiegelbild.
Rüstung, Haltung, der exakte Abstand der Füße in einem Winkel von 45 Grad, die Schultern entspannt und doch angespannt – wie aus dem Lehrbuch für Fechter.
Zwei schlanke Klingen materialisierten sich und spalteten sich aus seinen Handflächen wie Splitter der Nacht, die in Stahl gezogen wurden.
Ein perfektes Spiegelbild, bis auf das rote Leuchten in seinen Augen.
Ein Nachahmer, geschaffen für einen einzigen Zweck: den Meister zu kopieren, den Meister zu vernichten.
Dravens Mund bewegte sich – kaum merklich.
Ein Hauch von einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.
Vorhersehbar.
Er täuschte einen Stoß an, die Spitze seiner Klinge schoss hervor wie eine silberne Nadel, die das Herz des Dämons suchte.
Noch bevor Stahl auf Rauch traf, sah Draven die Reaktion vor sich – das reflexartige Zucken der Handgelenke des Schattens, die perfekt gespiegelte Bewegung der Schultern, die sich nach vorne rollten, um einen entsprechenden Ausfallschritt zu machen.
Das Timing war perfekt, die Entschlossenheit absolut.
Ein Konter wie aus dem Lehrbuch.
Draven brach die Bewegung im selben Moment ab, in dem er sie begonnen hatte.
Er beugte die Knie, schob einen Fuß in die Haltung der Kreatur und rammte ihr seine linke Schulter in die Brust.
Der Aufprall durchlief den amorphen Torso des Dämons, dessen Beschaffenheit an halb geformten Ton erinnerte, der sich daran zu erinnern versuchte, wie sich Muskeln anfühlten.
Der Schlag war nach gewöhnlichen Maßstäben kaum mehr als ein Stupser, doch das Gleichgewicht ist ein Tyrann: Stupst man es im richtigen Moment an, stürzt ein Imperium.
Die Mittellinie des Mimikers verschob sich um drei Grad – gerade genug.
Eine schwarze Welle zuckte über die Oberfläche, als wäre die Erinnerung an Stabilität zerrissen.
Draven sah den Fehler und merkte ihn sich: Instabilität unter Rotationsbelastung.
Sein Schwert, das noch immer von dem abgebrochenen Stoß nach unten zeigte, schoss in einem engen Haken nach oben.
Stahl kratzte an der Kinnlade des Dämons und hinterließ eine flache Halbmondwunde, die zischte und sich wie eine verbrannte Wunde schloss.
Kein echter Schaden – nur eine Info.
Es kopiert Muster, nicht Absichten.
Brich das Muster, und es verliert das Drehbuch.
Er ließ den Gedanken kalt und präzise sacken und befolgte dann seine eigene Anweisung.
Die nächsten Schläge waren nicht mehr elegant.
Dravens Fußarbeit wurde kürzer, statt weit ausholender Schläge gab es stakkatoartige Ausfallschritte.
Seine Klinge wurde zu einem stumpfen Gespräch: ein Ellbogenstoß gegen die Rippen, die nicht da waren, eine Ferse, die den Knöchel des Dämons streifte, eine schwungvolle Bewegung, die nicht in einem Schnitt endete, sondern in einem Handflächenschlag gegen seine Schläfe.
Nach den Maßstäben jeder Akademie grob, aber die Nachahmung des Dämons hinkte einen halben Herzschlag hinterher, gezwungen, Muskeln zu improvisieren, die er nie trainiert hatte.
Rauchige Gliedmaßen verwickelten sich ineinander.
Eine halbfertige Abwehr traf Dravens Klinge flach statt Kante an Kante.
Das schrille Klirren sandte Schauer unstrukturierter Magie durch die Lichtung; silberne Staubkörner regneten wie Funken und lösten sich auf, bevor sie das Moos berührten.
Er nutzte seinen Vorteil.
Eine hohe Finte, dann die Klinge tief geschleudert.
Eine Schulter senken, die Spitze auf ein Auge zielen.
Jede Bewegung ging ohne Rhythmus, den der Dämon vorhersehen konnte, in die nächste über.
Er zögerte zwischen Nachahmung und Verteidigung, gefangen in dem Paradoxon eines Spiegels, der Chaos reflektieren sollte.
Draven spürte, wie der Boden unter seinen Stiefeln rutschig war – Mulch, der von früheren Rollen aufgewirbelt worden war – und nutzte dies aus.
Er drehte sich absichtlich auf der tückischen Stelle und ließ seinen hinteren Fuß rutschen.
Für einen Zuschauer sah es wie ein Stolpern aus.
Der Dämon stürzte sich hungrig auf diese Lücke.
Zu gierig.
Dravens vorderer Fuß stand fest auf dem Boden; das Rutschen verwandelte sich in einen peitschenden Seitenschritt.
Schwarze Klauen schlugen ins Leere.
Der Schwung schleuderte den Dämon an ihm vorbei, aus dem Gleichgewicht, den Arm überstreckt.
Die Schwertklinge zischte.
Ein flacher Schnitt blühte über der Waffe der Kreatur auf.
Keine tiefe Wunde – Draven schätzte die Dicke des Fleisches in Sekundenbruchteilen als zu dick für einen Schnitt –, aber tief genug, um zu zählen.
Eiter zischte, die Wunde verkrustete langsamer als zuvor; Fingerspitzen flackerten wie sterbende Kerzen.
Der Schrei, der aus seinen vielen Kehlen drang, war teils Schmerz, teils Empörung.
Die beiden Klingen, die er hielt, waren an den Kanten verbogen, ihre Umrisse flackerten dort, wo sein Selbstvertrauen schwankte.
Der Hain selbst hallte wider – Blätter zitterten, Pilzlaternen wurden dunkler, als würde die Resonanz der Wut versuchen, die Szenerie neu zu schreiben.
Dravens Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
Hinter seinen blassen Augen rollten Beobachtungen vorbei: Regenerationsverzögerung 0,4 Sekunden, Klingenintegrität bei 94 %, Moral des Ziels gesunken.
Die Zahlen sagten ihm, wie viele Schläge noch nötig waren, bevor der Dämon seine strukturelle Kohärenz vollständig verlieren würde.
Hinter dem Ritualring spannte Sylvanna ihren Bogen so fest, dass ihre Fingerspitzen taub wurden.
Sie hatte monatelang an Dravens Seite trainiert und die Eleganz seiner kristallklaren Formen gesehen, jede Bewegung würdig eines Meisters.
Was sie jetzt sah, war anders – eine Anatomie der Gewalt, reduziert auf Sehnen und Knochen.
Schön, so wie roher Blitz schön ist: Man bewundert ihn nur, weil er einen noch nicht getötet hat.
Draven hörte ihr leises Einatmen und verstand, was sie sah, aber er verschwendete keinen Gedanken an Stolz oder Scham.
Effizienz war das Gebot der Stunde; Kunstfertigkeit konnte auf ein Publikum warten.
Das heutige Publikum war ein Monster, das toten Männern das Gesicht gestohlen hatte.
Der Dämon wich drei Schritte zurück, Rauch wirbelte um seine Füße.
Der Raum zwischen ihnen weitete sich und füllte sich mit einer Stille, die den kupfernen Geruch von nahendem Regen mit sich trug.
Seine Gestalt zuckte, Münder verschlangen Münder, bis eine leere Maske zum Vorschein kam – glatt, spiegelnd, ohne Gesichtszüge.
Dann öffneten sich neue Augen.
Zu viele Augen.
Für einen Augenblick verschwand alle Farbe aus der Welt, und die Lichtung drehte sich wie eine Münze auf einem rissigen Stein.
Draven stabilisierte sich mit einem tiefen Atemzug und spürte, wie sich sein Puls und die Schwerkraft wieder ausglichen.
Die leere Maske des Dämons wellte sich.
Bilder blitzten auf, projiziert, als würde eine Laterne in seinem Schädel leuchten.
Er sah zuerst Clara.
Seine kleine Schwester, die bis zu den Knöcheln im schwarzen Wasser stand, den Rock durchnässt, Schluchzer bei jedem Atemzug.
Ihre Augen waren geschwollen.
Ihr Mund war zu einem flehenden Schrei geöffnet, der jedoch keinen Ton von sich gab.
Hinter ihr waren die Gesichter ihrer Kameraden zu sehen – Garen, Elise, Captain Roth –, blass und erschlafft im Moment des Todes.
Ein Chor der Versager, aufgereiht wie zerbrochene Statuen.