„Stimm den Bedingungen zu“, wiederholte sie noch mal leise und überraschte sich selbst mit ihrer Klarheit und Entschlossenheit. „Senke die Holzsteuer nur ein bisschen – gib ihnen das Gefühl, dass sie was Wichtiges erreicht haben.“
Alaric blinzelte verwirrt, seine Augen weiteten sich leicht, als könne er Aurelias ruhigen, aber entschlossenen Tonfall kaum glauben.
Normalerweise musste er sich bei Begegnungen mit seiner Königin auf ihr hitziges Temperament, ihre impulsiven Entscheidungen oder zumindest ein paar kreativ gewählte Schimpfwörter gefasst machen. Heute jedoch strahlte sie eine ruhige Selbstsicherheit aus, die ihn völlig sprachlos machte. Die Finger des älteren Ministers zuckten nervös, und für den Bruchteil einer Sekunde sah Aurelia einen kurzen Ausdruck von Erstaunen, vielleicht sogar Ehrfurcht, in seinem sonst so unbewegtem Blick aufblitzen.
Er fasste sich schnell wieder und verbeugte sich hastig, seine Stimme zitterte, aber er murmelte respektvoll: „Natürlich, Eure Majestät. Es soll geschehen, wie Ihr sagt.“ Er trat langsam zurück und hielt seinen Blick einen Moment länger als nötig auf sie gerichtet, als wäre er sich nicht sicher, ob diese gefasste Gestalt auf dem Thron wirklich die jähzornige Königin war, die er so gut kannte.
Als der Minister sich zurückzog, gestattete sich Aurelia ein leises Lachen, dessen warmer Klang sanft in der Weite des Thronsaals widerhallte. Der überraschte Ausdruck auf Alarics Gesicht hatte ihr unerwartet viel Genugtuung verschafft – vielleicht ein bisschen zu viel. Sie fragte sich, warum sie diese sanftere Seite von sich nicht öfter zum Vorschein brachte.
Vielleicht lag in der Gelassenheit doch eine gewisse Macht; vielleicht konnte sie ruhige Autorität genauso effektiv einsetzen wie ihre typische explosive Energie.
Sie lehnte sich bequem gegen den aufwendig geschnitzten Thron, fuhr mit den Fingern über die glatten Linien des polierten Holzes unter ihren Handflächen und genoss das Gefühl der Gelassenheit, das durch ihre Adern strömte.
Über ihr ließen hohe Bogenfenster Sonnenstrahlen herein, die sie in Wärme tauchten und ihr lebhaftes, feuriges Haar zum Leuchten brachten. Aurelia neigte leicht den Kopf und beobachtete, wie das gebrochene Sonnenlicht in brillanten Mustern auf dem polierten Marmorboden funkelte – eine Schönheit, die ihr inmitten ihrer unruhigen, hastigen Gedanken normalerweise nicht auffiel.
Heute jedoch fühlte es sich anders an. Sie fühlte sich konzentriert, ruhig, vielleicht sogar verspielt.
Ein Gefühl der Zufriedenheit umhüllte sie – ein seltener und kostbarer Zustand, in dem sie gerne länger verweilt hätte, als sie es sich normalerweise erlaubte. Ihre Vorfreude auf die bevorstehende Vorlesung war angenehm scharf, wie die scharfe Klinge eines guten Messers – eine Schärfe, die sie genoss.
Sie wusste genau, dass Draven sie auf die Probe stellen würde. Das war unvermeidlich. Doch ausnahmsweise erfüllte der Gedanke an ihren intellektuellen Wettstreit sie nicht mit Ärger oder Angst, sondern mit einer subtilen Spannung.
Der Professor war zweifellos ein nervtötender Mistkerl; er versäumte es nie, sie herauszufordern, zu provozieren und zu irritieren. Aber genau das war der Grund, warum sie seine Ankunft so sehnsüchtig erwartete. Niemand sonst wagte es, ihr so direkt und unerbittlich entgegenzutreten. Seine Dreistigkeit faszinierte sie mehr, als sie offen zugeben würde. Er stand trotzig außerhalb der üblichen Grenzen, eine Haltung, die sie insgeheim bewunderte und gelegentlich beneidete.
Sie seufzte leise und ließ ihren Blick wieder träge zu den großen Fenstern schweifen, deren Buntglasfenster Szenen aus der bewegten Vergangenheit ihres Königreichs zeigten. Für einen Moment schienen die leuchtenden Farben heller und klarer zu sein, als würden sie ihre eigene neu gewonnene Klarheit widerspiegeln. Ihr Blick verweilte nachdenklich, sie erkannte die subtile Veränderung in sich selbst und fragte sich, wie lange diese seltsame Ruhe wohl anhalten würde.
Ihre nachdenkliche Stille wurde von leisen Schritten unterbrochen. Ein junger Diener näherte sich zaghaft, offensichtlich zögernd, die Königin in ihrer unerwartet ruhigen Träumerei zu stören.
Aurelia hob leicht eine Augenbraue und schenkte ihm ein sanftes, ermutigendes Lächeln, wobei sie sich selbst über ihre Geduld wunderte. „Ja?“
Der Diener schien für einen Moment überrascht, seine Augen weiteten sich und seine Wangen erröteten leicht vor Verlegenheit. „Eure Majestät, der Tee und die Snacks, die Ihr bestellt habt, wurden genau nach Eurem Geschmack zubereitet. Sie stehen in Eurem privaten Arbeitszimmer bereit. Soll ich dem Personal mitteilen, dass Ihr zufrieden seid?“
Aurelia neigte gnädig den Kopf und ihre Stimme klang unerwartet sanft. „Natürlich. Sag ihnen, dass sie ihre Arbeit hervorragend gemacht haben. Richte den Köchen aus, dass ich ihre Bemühungen sehr schätze.“
Das Gesicht des jungen Mannes hellte sich vor Erleichterung und Stolz auf, er verbeugte sich tief und murmelte: „Eure Majestät sind zu gütig.“ Als er sich schnell umdrehte, um ihre Anweisungen auszuführen, beobachtete Aurelia seine sich entfernende Gestalt mit milder Belustigung. Diese freundlichere Art, mit Autoritäten umzugehen, schien ihre Diener noch mehr zu verwirren als ihre Minister. Es war eine unterhaltsame Entdeckung – eine, die sie für zukünftige Experimente im Hinterkopf behielt.
Sie erhob sich elegant, und der kostbare Seidenstoff ihrer Robe raschelte leise auf dem polierten Marmorboden, als sie zu ihren Gemächern ging. Ihr Gang durch die Korridore löste bei den vorbeikommenden Dienern und Höflingen gleichermaßen leise, erstaunte Blicke aus. Hinter ihren sorgfältig einstudierten Fassaden tauschten sie verstohlene, verwirrte Blicke aus und versuchten offensichtlich, den Grund für ihr unerwartet gelassenes Verhalten zu ergründen. Das amüsierte Aurelia zutiefst. Ihre Lippen verzogen sich zu einem leisen Lächeln, als sie ihre Verwunderung genoss.
Vielleicht konnte Unberechenbarkeit in vielen Formen zum Einsatz kommen – nicht nur durch Wut und Chaos, sondern auch durch Ruhe und Anmut.
Als Aurelia ihre privaten Gemächer erreichte, hielt sie inne und ließ ihren Blick durch den reich ausgestatteten Raum schweifen. Der Raum wirkte seltsam frisch, sogar einladend, als würde er ihren inneren Zustand der gelassenen Bereitschaft widerspiegeln. Ihre persönliche Zofe Anya stand still neben dem Frisiertisch, die Hände zart vor sich gefaltet, den Blick respektvoll gesenkt.
„Anya“, begrüßte Aurelia sie leise, wobei ihre Stimme warm klang, sodass die junge Frau überrascht aufblickte.
„Ja, Eure Majestät?“, antwortete Anya mit großen Augen, in denen sich Neugier und stille Freude über den ungewöhnlich sanften Ton ihrer Königin widerspiegelten.
Aurelia lächelte liebevoll und ging hinüber, um das smaragdgrüne Kleid zu begutachten, das Anya mit viel Bedacht ausgesucht hatte. Der Stoff fühlte sich weich an und war mit feinen goldenen Fäden durchzogen, die dezent schimmerten. „Dein Geschmack ist wie immer einfach perfekt“, sagte Aurelia anerkennend und lächelte aufrichtig.
Anya errötete tief und senkte den Kopf. „Ihr ehrt mich, Eure Majestät.“
„Ehre, wem Ehre gebührt“, antwortete Aurelia sanft, ihre Stimme voller ungewöhnlicher Freundlichkeit. „Heute ist schließlich ein besonderer Tag.“
„Ja“, nickte Anya und wagte einen schüchternen Blick nach oben, wobei ihre Neugier trotz aller Bemühungen um Diskretion verräterisch war. „Die Vorlesungstage von Professor Draven sind für Eure Majestät immer etwas Besonderes.“
Aurelia lachte leise, ihre Augen funkelten vor Belustigung über die Kühnheit der Magd. „Du bist sehr aufmerksam, Anya.“
Anya errötete noch tiefer und lächelte schüchtern, aber herzlich. „Verzeiht mir, Eure Majestät. Ich wollte nicht anmaßend sein.“
„Das ist schon in Ordnung“, beruhigte Aurelia sie mit sanfter, entspannter Stimme. „Es ist gut, dass du mich so gut verstehst.“
Aurelia wandte sich von dem zufriedenen Gesichtsausdruck der Magd ab und ihr Blick fiel auf ein dekoratives Schachbrett, das auf einem niedrigen Tisch in der Nähe stand. Sie näherte sich ihm langsam und fuhr mit den Fingerspitzen sanft über die polierte Oberfläche, während Erinnerungen an unzählige intellektuelle Schlachten warm in ihrem Kopf aufblitzten. Das Brett war wunderschön gearbeitet, eine stille Hommage an den komplizierten Tanz aus Strategie und List, den sie und Draven so oft gespielt hatten – auf dem Brett und außerhalb davon.
„Mal sehen, wie gut du mir heute Unterricht gibst, Draven“, flüsterte sie leise, ihre Stimme mit einem verspielten Unterton, den sie ihm gerne präsentieren wollte. Vorfreude summte sanft in ihr und breitete sich mit wohliger Wärme in ihrer Brust aus. Ihre Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln, das eine Mischung aus Aufregung und stiller Zuversicht ausdrückte.
Ein höfliches Klopfen hallte leise durch ihr Zimmer und riss sie aus ihren angenehmen Erinnerungen. Der leise Nachhall erfüllte sie mit einem scharfen, aber willkommenen Gefühl der Unmittelbarkeit.
„Eure Majestät“, erklang die respektvolle, klare Stimme der Zofe hinter den verzierten, schweren Holztüren. „Professor Draven ist zu Ihrer Privatstunde erschienen.“
Aurelia drehte sich langsam um, wobei der elegante Seidenstoff ihres smaragdgrünen Kleides anmutig um ihre Knöchel wirbelte. Ihr Herz schlug etwas schneller, und unter ihrer ruhigen Fassade flatterte leise Aufregung. Mit vor Vorfreude glänzenden Augen und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen freute sie sich auf den bevorstehenden intellektuellen Wettstreit.
Sie atmete tief und bewusst ein und genoss die angespannte Atmosphäre, die plötzlich den Raum erfüllte. Ihre Sinne schienen geschärft, sie nahm jedes noch so kleine Detail wahr – das leise Knarren der sich öffnenden Zimmertüren, die flüsternden Schritte der Diener draußen, das leise Rascheln des Stoffes, als Anya sich diskret zurückzog.
Der Moment zog sich luxuriös in die Länge, die Zeit schien still zu stehen, als wolle sie ihr die seltene Gelegenheit geben, die Vorfreude in vollen Zügen zu genießen. Sie hob leicht das Kinn, ihre Haltung war königlich und selbstbewusst, doch ihre Augen funkelten vor verspielter Verschmitztheit und echtem Interesse.
„Endlich“, hauchte sie leise, ein einziges Wort, das von stiller Freude, subtiler Ungeduld und einer unausgesprochenen Einladung zu den Herausforderungen, die sie erwarteten, erfüllt war.
Die Türen schwangen weiter auf und gaben den Blick frei auf eine vertraute Robe und die präzisen Bewegungen, die unverkennbar von Draven stammten. Sie hob langsam den Blick, begegnete ohne zu zögern seinen scharfsinnigen Augen und ließ ihr subtiles Lächeln gerade so weit vertiefen, dass es Neugier weckte und ihre Bereitschaft signalisierte, sich auf jedes intellektuelle Duell einzulassen, das er wagen würde.
„Endlich.“