„Warum? Was macht das Ding?“
Liora warf ihm einen scharfen, unnachgiebigen Blick zu. „Nicht hier, Junge. Vertrau mir einfach.“
In Lioras Stimme lag eine Dringlichkeit, die Kael nicht zu hinterfragen wagte. Er sah, wie der Halbling das Stabfragment in seinen Rucksack steckte, seine Bewegungen schnell und fast widerwillig, als würde er eine Last auf sich nehmen, die er nicht wollte, aber nicht ablehnen konnte.
Bevor Kael weiter nachfragen konnte, durchlief eine schwache Vibration den Boden unter ihren Füßen. Er erstarrte und hielt den Atem an, als das Beben stärker wurde. Das leise Summen der Markierungen schien sich zu verändern, ihr Leuchten pulsierte im Rhythmus der Erschütterungen.
Liora hob ruckartig den Kopf, sein Gesichtsausdruck war sofort scharf und wachsam. „Wir müssen weg hier“, sagte er mit angespannter Stimme.
Kael hatte kaum Zeit, die Worte zu registrieren, als der Boden unter ihnen zum Leben zu erwachen schien und die Vibrationen stärker wurden. Die klebrigen Fäden, die die Höhle durchzogen, begannen zu zittern, und ihre seidenen Stränge vibrierten wie die Saiten einer Harfe, die von einer unsichtbaren Hand gezupft wurden.
Ein leises, zischendes Geräusch hallte durch den Raum, zunächst schwach, aber mit jeder Sekunde lauter werdend. Es war ein Geräusch, das Kaels Nerven in Alarmbereitschaft versetzte, eine urzeitliche Warnung, die seinen Puls rasen ließ.
„Lauf!“, befahl Liora, den Dolch bereits in der Hand. Seine Stimme war ruhig, aber in ihrem Ton lag eine Dringlichkeit, die Kael ohne zu zögern in Bewegung setzte.
Kael musste sich das nicht zweimal sagen lassen. Er rannte los, seine Laterne schwang wild hin und her, während er durch die Höhle rannte. Das Geräusch von huschenden Beinen wurde lauter und erfüllte die Luft mit einem ohrenbetäubenden Lärm. Er konnte spüren, wie die Spinnen näher kamen, ihre Anwesenheit lastete wie ein dunkles, erstickendes Gewicht auf seinem Rücken.
Lioras Stimme schnitt wie ein Messer durch den erstickenden Lärm. „Links! Jetzt!“
Kael bog instinktiv nach links ab, sein Herz schlug wie wild gegen seine Rippen. Er konnte gerade noch einem Gewirr aus klebrigen Netzen ausweichen, die im schwachen Licht seiner verzauberten Laterne unheilvoll schimmerten. Das Zirpen der Schattenfänge erfüllte die Luft, eine unerbittliche Kakophonie, die jeden Nerv in Kaels Körper dazu brachte, ihm zu sagen, dass er weglaufen sollte. Sein Fuß blieb an einem losen Stein hängen, und er stolperte und wäre fast nach vorne gefallen.
Durch die heftige Bewegung schwang seine Laterne wild hin und her, und die Schatten an den Wänden verwandelten sich in groteske, kriechende Gestalten.
„Weiter!“, bellte Liora mit scharfer Stimme.
Kael zwang sich, weiterzugehen, seinen Dolch fest in seiner zitternden Hand umklammert. Die erste Spinne sprang aus der Dunkelheit hervor, ihr massiger Körper ein verschwommener Fleck aus glänzendem schwarzem Panzer und nadelartigen Beinen. Kael schwang wild seine Klinge, doch der Schlag prallte von dem dicken Exoskelett der Kreatur ab. Die Reißzähne der Spinne schnappten gefährlich nah an seinem Gesicht, das Geräusch klang wie brechende Knochen.
„Kontrollier deine Schläge!“, rief Liora, dessen Tonfall eher befehlend als wütend war.
Kael biss die Zähne zusammen, sein Puls raste in seinen Ohren. Er täuschte einen Schlag nach links an und rammte dann seinen Dolch in das Bein der Spinne. Die Kreatur stieß einen Schrei aus, der durch die Höhle hallte, und ihr verletztes Glied zuckte, als sie zurücktaumelte. Kael hatte kaum Zeit zum Verschnaufen, als eine weitere Spinne mit beunruhigend schnellen Bewegungen auf ihn zustürmte.
Diesmal war er bereit. Kael trat zur Seite und rammte die Klinge in den weichen Unterleib der Spinne. Das Wesen zuckte, krümmte die Beine und sackte zusammen. Ein flüchtiges Gefühl des Triumphs erfüllte ihn, aber es war nur von kurzer Dauer.
„Hinter dir!“, warnte Liora so scharf wie die Klinge, die an Kaels Ohr vorbeizischte.
Kael drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Liora eine Spinne erledigte, die nur wenige Zentimeter davon entfernt war, ihre Zähne in seinen Rücken zu versenken. Die Bewegungen des Halblings waren verschwommen, seine Schläge präzise und entschlossen. Er verschwendete weder Energie noch Zeit, jede Bewegung war darauf ausgerichtet, ein Leben zu beenden.
„Augen auf, Junge!“, schrie Liora und schnitt mit seinem Dolch durch das Bein einer weiteren Spinne. „Du bist noch nicht fertig!“
Kael keuchte schwer, als er sich der nächsten Bedrohung zuwandte. Eine weitere Spinne stürzte sich auf ihn und klapperte wütend mit ihren Mandibeln. Kael duckte sich, die Kreatur verfehlte ihn um Zentimeter, und rammte ihr seine Klinge in den weichen Gelenkbereich zwischen Kopf und Brustkorb. Die Spinne stieß einen gurgelnden Schrei aus, bevor sie zu Boden sackte.
„Gut!“, rief Liora mit einer seltenen Note der Anerkennung in der Stimme. „Aber pass auf, wo du hintrittst!“
Kael stolperte erneut, als der Boden unter ihm nachgab. Er konnte sich gerade noch auffangen, als eine weitere Spinne näher kam, deren Beine sich mit unheimlicher Präzision bewegten. Er machte sich bereit zum Schlag, aber Liora kam ihm zuvor und schlug mit seiner Klinge in einem sauberen, tödlichen Hieb zu, der zwei der Beine der Kreatur abtrennte.
„Timing, Kael“, sagte Liora, während er einen Schritt zurücktrat und seinen Blick auf den Schwarm richtete, der sie immer noch umzingelte. „Es geht nicht nur um Kraft. Es geht darum, wann und wo du zuschlägst.“
Kael schluckte schwer, nickte und passte seine Haltung an. Er umklammerte seinen Dolch fester, und als diesmal eine Spinne zuschnappte, geriet er nicht in Panik. Er wich ihrem Angriff aus und wartete auf den perfekten Moment, bevor er seine Klinge in ihren ungeschützten Unterleib rammte.
Der Kampf wurde zu einem verzweifelten Tanz. Lioras scharfe Befehle leiteten Kaels Bewegungen, ihre Stimme war seine Rettungsleine in diesem Chaos. Kael begann, die Angriffe der Spinnen vorauszusehen, seine Schläge wurden gezielter und seine Bewegungen flüssiger. Schweiß tropfte von seiner Stirn, seine Arme schmerzten, aber er machte weiter, entschlossen, mit Lioras unerbittlichem Tempo mitzuhalten.
Liora bewegte sich wie ein Raubtier, seine Dolche blitzten im schwachen Licht, als er mit tödlicher Effizienz durch den Schwarm schnitt. Seine Schläge waren präzise, seine Schritte abgemessen, jede Bewegung darauf ausgerichtet, zu töten oder außer Gefecht zu setzen. Trotz des Chaos hatte sein Kampfstil eine seltsame Anmut, eine Ruhe inmitten des Sturms, die Kael bewundern musste.
Die Spinnen gaben nicht nach, ihre Zahl schien endlos.
Eine schaffte es, Kaels Abwehr zu überwinden und streifte mit einem Bein seinen Arm, als sie sich auf ihn stürzte. Er stöhnte vor Schmerz, drehte sich aber blitzschnell und rammte der Kreatur sein Schwert in den Kopf, bevor sie erneut zuschlagen konnte.
„Nicht schlecht“, sagte Liora, während er eine weitere Spinne erledigte, seine Stimme immer noch scharf, aber mit einem Anflug von widerwilliger Anerkennung. „Aber werd nicht übermütig. Ein Fehler und du bist Spinnenfutter.“
Kael nickte kaum, seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Kampf. Das Zirpen erreichte einen Höhepunkt, die Spinnen näherten sich von allen Seiten. Er und Liora bewegten sich jetzt gemeinsam, ihre Bewegungen waren fast synchron. Wenn einer hoch zuschlug, ging der andere tief. Wenn eine Spinne sich stürzte, konterten sie gemeinsam, ihre Klingen fanden in perfekter Harmonie ihr Ziel.
Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, begann der Schwarm dünner zu werden. Die verbliebenen Spinnen zögerten, ihre Bewegungen wurden langsamer und vorsichtiger. Liora gab ihnen keine Chance, sich neu zu formieren. Er stürmte vorwärts, seine Dolche blitzten, als er die Nachzügler mit brutaler Effizienz niedermähte.
Kael, dessen Glieder zitterten und dessen Brust sich heftig hob und senkte, schaffte es, eine letzte Spinne zu erledigen, bevor es in der Höhle unheimlich still wurde. Das einzige Geräusch war das keuchende Atmen der beiden Kämpfer und das leise Tropfen von Wasser, das durch die Tunnel hallte.
Kael sank auf die Knie, sein Dolch glitt ihm aus der Hand, als er sich mit den Händen auf dem kalten Steinboden abstützte. Seine Brust brannte bei jedem Atemzug, sein ganzer Körper zitterte vor Anstrengung.
„Nicht schlecht“, sagte Liora, der über ihm stand. Seine Stimme klang ruhig, fast beiläufig, als hätte er nicht gerade einen Schwarm tödlicher Spinnen bekämpft. Er wischte seine Klinge an einem Stofffetzen sauber und suchte mit scharfen Augen die Höhle nach weiteren Gefahren ab. „Aber lass dir das nicht zu Kopf steigen. Wir haben noch Arbeit vor uns.“
Kael sah zu ihm auf, noch immer schwer atmend. Trotz der Erschöpfung, die sich in seinen Gesichtszügen widerspiegelte, blitzte in seinen Augen Entschlossenheit auf.
„Ich werde mich verbessern“, sagte er mit fester Stimme, trotz der noch immer vorhandenen Angst.
Lioras Grinsen kehrte zurück, schwach, aber echt. „Das solltest du auch“, sagte er und reichte Kael die Hand, um ihm aufzuhelfen. Bleib dran für Updates zu My Virtual Library Empire
Kael nickte und zwang sich, aufzustehen. Sein Körper schmerzte, aber die Entschlossenheit in seinen Augen war ungebrochen. Gemeinsam drangen sie tiefer in die Höhle vor, wo das schwache Leuchten der Runen lange Schatten an die Wände warf.
Als sie sich zum Aufbruch bereit machten, blieb Lioras Blick auf den Zeichen haften. Sein Gesichtsausdruck war düster, sein Kiefer angespannt. „Es braut sich etwas zusammen“, murmelte er fast zu sich selbst.
Kael runzelte die Stirn. „Was für Ärger?“
Lioras Grinsen kehrte zurück, wenn auch ohne seine übliche Schärfe. „Nichts, worüber du dir Gedanken machen musst“, sagte er in leichtem Ton. „Konzentrier dich darauf, am Leben zu bleiben. Das ist deine Aufgabe.“
Kael widersprach nicht, obwohl seine Neugierde brannte. Als sie in die kühle Nachtluft traten, lastete das Gewicht der Minen noch immer auf ihnen und erinnerte sie still an die Gefahren, denen sie begegnet waren – und denen, die noch vor ihnen lagen.
Weit entfernt von den Minen, in einer schwach beleuchteten Kammer, in der das leise Summen magischer Energie zu hören war, beobachtete eine Gestalt ihre Fortschritte durch eine flimmernde Projektion. Sein Gesichtsausdruck war kalt, seine scharfen Augen starrten Kael unverwandt an, während er jede seiner Bewegungen studierte.
„Kael Aurenhart“, murmelte er, seine Stimme so scharf wie die Klinge an seiner Seite. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen, das jedoch keinerlei Wärme ausstrahlte.
„Endlich taucht die erste Hauptfigur auf.“