Clara hielt den Atem an. Sie beugte sich näher zu Tiara und flüsterte aufgeregt: „Schau dir ihr Gesicht an.“
Sophies Gesichtsausdruck war so neutral, wie es sich für eine erfahrene Ritterin gehörte, aber ihre Augen brannten vor unverkennbarem Hass. Jedes Wort, das sie sprach, schien eine kaum unterdrückte Bitterkeit zu enthalten.
Tiara nickte mit großen Augen. „Sie … hasst ihn. Warum?“
„War er nicht schon vorher total verrückt nach ihr?“, flüsterte Clara zurück. „Er hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sie zu verloben. Und dann hat er die Verlobung aufgelöst.“
Tiara schüttelte den Kopf. „Ich dachte, wir würden deswegen einen Krieg mit den Iceverns bekommen. Aber irgendwie steht Draven immer noch in der Gunst des Herzogs.“
Unten nahm Draven die Umschläge wortlos entgegen, sein kalter Blick huschte abweisend darüber, die Bewegung so präzise, dass sie fast mechanisch wirkte. Seine Finger streiften das Pergament leicht, als wolle er sein Gewicht auf Bedeutung prüfen, aber sein Gesichtsausdruck blieb unlesbar, eine eisige Maske, die nichts preisgab.
Er blieb einen Moment länger als nötig stehen und ließ die Spannung wie eine scharfe Klinge in der Luft hängen, bevor er ein höhnisches Lachen ausstieß – ein so scharfes und spöttisches Geräusch, dass es die Stille durchdrang.
Es war nicht nur der Klang selbst, der Gewicht hatte, sondern auch die absichtliche Verachtung, die dahintersteckte. Die Art, wie sich seine Lippen leicht verzogen, das winzige Anflug von Belustigung in seinen scharfen Augen, als wäre der ganze Austausch für ihn nichts weiter als eine langweilige Formalität. Sophie versteifte sich bei dem Geräusch, ihre behandschuhte Hand zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, bevor sie sie wieder an ihre Seite zog.
Draven setzte mit seiner sanften, eiskalten Stimme fort, die wie Eis über Glas glitt. „Ist das das Beste, was sie schicken konnten?“ Die Frage war weniger an sie gerichtet als an die Welt im Allgemeinen, eine rhetorische Bemerkung, die die vermeintliche Bedeutung der Umschläge in seiner Hand herabsetzen sollte. Er neigte den Kopf leicht, kniff die Augen zusammen und warf Sophie einen durchdringenden Blick zu, als suche er nach Rissen in ihrer unnachgiebigen Fassade.
„Der Magierrat“, fuhr er nach einer Pause fort, sein Tonfall flach, aber mit einer Spur von Verachtung, „wird von Jahr zu Jahr dümmer.“
Der Klang seiner Worte schien durch den Saal zu hallen und die bereits bestehende Spannung zwischen ihnen noch zu verstärken. Seine kalkulierte Abweisung war nicht nur eine Beleidigung, sondern eine Herausforderung, verpackt in einem einzigen, gut platzierten spöttischen Kommentar.
Sophie versteifte sich und ballte die Hände leicht zu Fäusten. „Dumm?“, wiederholte sie mit leiser, aber scharfer Stimme. „Weil sie einen Verbrecher wie dich freigelassen haben?“
Es herrschte eine erdrückende Stille im Saal. Tiara und Clara erstarrten, ihre Augen weiteten sich und sie lehnten sich näher heran.
„Du hast sie wirklich getötet, oder?“, fragte Sophie mit erhobener Stimme, die kaum das Zittern ihrer Wut verbergen konnte.
Claras Finger krallten sich in Tiaras Arm. „Was … was hat sie gesagt?“
Draven starrte Sophie unverwandt an. Dann antwortete er zu ihrer völligen Fassungslosigkeit.
„Ja. In der Tat.“
Die Worte, gesprochen mit eiskalter Ruhe, ließen die Schwestern erschauern.
Tiara flüsterte heiser: „Er ist … immer noch derselbe.“
Sophies Magie flammte auf. Ein plötzlicher eisiger Windstoß fegte durch den Saal und die Temperatur sank rapide. Die Schwestern sahen, wie sich Frost über den Marmorboden ausbreitete, und ihr Atem war in der Kälte sichtbar.
Draven rührte sich nicht. Er starrte Sophie mit beunruhigender Ruhe an, seine Stimme war leise und scharf.
„Hass. Gut. Wenn du wirklich willst, dass ich zur Rechenschaft gezogen werde …“ Er hielt inne, die Stille war schwerer als die Kälte um sie herum.
„Töte mich.“
Sophie erstarrte.
Draven neigte leicht den Kopf, sein Blick war scharf und unnachgiebig.
„Aber das wirst du nicht können.“
Der kalte Wind heulte wütend, als würde er auf Sophies Wut reagieren, aber mit einer lässigen Handbewegung zerstreute Draven ihn. Der Frost verdampfte und eine schimmernde Energieblase erschien um Sophie herum, die den Wind harmlos in ihrem Inneren gefangen hielt.
Sie salutierte steif, ihr Gesichtsausdruck war gewitterhaft.
„Leb wohl, Lord Drakhan.“
Sie drehte sich abrupt um, ihre Ritter folgten ihr im Gleichschritt, ihre Bewegungen waren präzise, aber angespannt, als würden sie auf einem schmalen Grat zwischen Disziplin und Unbehagen balancieren. Das Echo ihrer Stiefel hallte in der angespannten Stille wider, aber ihre Ritter konnten sich nicht zurückhalten und warfen sich verstohlene Blicke zu, bevor ihnen ein schlecht unterdrücktes Kichern entfuhr.
Einer, der mutig genug war, etwas zu sagen, flüsterte gerade laut genug, dass man ihn hören konnte: „Die hat sie aber richtig in ihre Schranken gewiesen, oder?“ Einige von ihnen husteten, um ihr Lachen zu verbergen, und ihre Stimmen klangen spöttisch, fast schon unverschämt.
Sophies steifer Rücken und ihre präzisen Schritte zeugten von unerschütterlichem Stolz, aber ihre geballten Fäuste verrieten den Sturm, der unter ihrer stoischen Fassade tobte. Ihr Kiefer spannte sich an, und obwohl ihre Haltung makellos blieb, verriet die leichte Röte auf ihren Wangen ihre Demütigung. Die Ritter hinter ihr, die sich der Schwere der Situation offensichtlich nicht bewusst waren, tuschelten mit leiser Verachtung miteinander, und ihr Lachen wurde immer lauter, je weiter sie sich aus dem Saal entfernten.
Einer kicherte: „Ich habe die Blase gar nicht gesehen, bevor sie geplatzt ist. Stell dir vor, du bist ein königlicher Ritter und trittst da rein.“ Ein anderer murmelte zustimmend: „Ich würde lieber tausend Orks gegenüberstehen, als so gedemütigt zu werden.“ Ihre Grinsen wurden breiter, ermutigt durch die Distanz zwischen ihnen und Draven.
Doch ihre Zuversicht zerbrach wie Glas, als ein einziges Geräusch ihre leisen Spottrufe übertönte: das langsame, bedächtige Echo von Dravens Stiefeln, die auf sie zukamen. Sie erstarrten mitten in der Bewegung, ihr Lachen verstummte augenblicklich, als hätte man es ihnen aus der Kehle gerissen. Dravens Blick streifte sie wie eine Klinge – scharf, unerbittlich und voller stiller Drohung.
Als er sprach, klang seine Stimme wie ein Winterwind: eisig und unversöhnlich.
„Euer Hauptmann grüßt mich, doch ihr steht da wie dumme Besen“, sagte er, jedes Wort mit eisiger Verachtung. „Bewegt euch.“
Die Ritter wurden sichtlich blass, ihre vorherige Tapferkeit wich hektischen, panischen Bewegungen.
Sie legten steife Salutgriffe an, ihre Arme zitterten fast vor Anstrengung, diszipliniert zu wirken. „J-ja, mein Herr!“, brachte einer hervor, bevor sie alle eilig versuchten, Sophie einzuholen, wobei sie in ihrer Hast über ihre eigenen Füße stolperten. Draven sah ihnen mit einem verweilenden, durchdringenden Blick nach, als würde er sie herausfordern, sich umzudrehen.
Sophie, die weiterging, blieb unbeeindruckt.
Ob sie sich der Demütigung hinter ihr bewusst war oder sie einfach ignorierte, ihre Schritte blieben steif und präzise, obwohl das leichte Zittern ihrer Fäuste darauf hindeutete, dass sie nicht so unbeeindruckt war, wie sie erscheinen wollte. Draven folgte ihr mit scharfem Blick, sein Gesichtsausdruck war wie aus Stein gemeißelt, doch Tiara und Clara, die von oben zusahen, konnten etwas Tieferes unter dieser kalten Fassade erkennen.
Es war keine Zufriedenheit. Es war kein Triumph.
Es war Traurigkeit, schwach und flüchtig, aber unverkennbar. Ein Schimmer von etwas Zerbrochenem, versteckt hinter der eisernen Fassade seines Auftretens.
Die Blasenbarriere platzte in dem Moment, als Sophie die Schwelle der Villa überschritt, und entfesselte einen plötzlichen Schneesturm und eisigen Wind, der die Ritter an ihrer Seite traf.
Die plötzliche Wucht ließ sie stolpern, ihre Rüstungen klirrten laut, als sie versuchten, das Gleichgewicht wiederzufinden. Ein Ritter stieß einen uneleganten Schrei aus, als er ausrutschte und mit einem lauten Krachen zu Boden stürzte, während ein anderer in einen Haufen frostbedeckter Stoffe fiel. Ihr Atem bildete erschrockene Wolken, als sie sich aufrappelten und mit hektischen Händen Eis und Schnee von ihren Uniformen wischten.
Von ihrem versteckten Beobachtungsposten aus unterdrückten Tiara und Clara ein Kichern und flüsterten mit zitternden Schultern miteinander. „Hast du das gesehen? Sie hat nicht einmal gezuckt! Aber ihre Ritter – oh, wie peinlich“, zischte Clara, während eine Mischung aus Belustigung und Ungläubigkeit ihr Gesicht erhellte. Tiara presste eine Hand auf den Mund, ihre Augen leuchteten vor unterdrücktem Lachen. „Es ist, als wären sie von einem Schneesturm getroffen worden!
Ich kann nicht glauben …“
Bevor sie zu Ende sprechen konnte, sahen sie ihn.
Draven beobachtete sie mit kalter Entschlossenheit, seine Haltung unnachgiebig, während sich die Blase der Stille, die er um sich herum erzeugt hatte, ausdehnte. Einen langen Moment lang blieb sein Gesicht unlesbar – hart wie Stein, unberührt von Emotionen. Doch als Tiara und Clara von oben zusahen und ihre anfängliche Belustigung einer unbehaglichen Ehrfurcht wich, bemerkten sie es.
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Ein kurzer Schatten von etwas anderem huschte über Dravens Augen, als er Sophies Rücken ansah, etwas so Flüchtiges, dass sie es sich vielleicht nur eingebildet hatten. Traurigkeit? Schmerz? Der gleiche gequälte Blick, an den sie sich von früher erinnerten – ein Blick, den sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hatten, als alles zum ersten Mal auseinandergebrochen war.
Als sein Fluch ihn alles kostbare verlieren ließ.
„Diese Augen …“, flüsterte Tiara mit angespannter Stimme, als würde lautes Sprechen den Bann brechen, der auf dem Raum lag.
Clara schluckte schwer, ihr Gesichtsausdruck war erschüttert. „Es ist genau wie damals … Als er alles verloren hat.“
Die Worte hingen schwer und unausgesprochen in der Luft, während sich die Szene unter ihnen in krassem Gegensatz zu dem Sturm abspielte, der in ihren Erinnerungen tobte.
Plötzlich durchbrach Alfreds leise, aber bestimmte Stimme die Spannung, als er leise hinter ihnen auftauchte.
„Das ist die Wahrheit über den Meister, meine Dame“, sagte er, und seine Stimme klang sanft, was das Gewicht seiner Worte nicht vermuten ließ.
Tiara und Clara drehten sich ruckartig um, und ihre anfängliche Schockstarre wich Fragen, die unausgesprochen auf ihren Lippen lagen. „Was meinst du damit?“, brachte Clara mit leicht zitternder Stimme hervor.
Alfred sah ihnen in die Augen, sein Blick war fest und von etwas Unlesbarem erfüllt – einer Mischung aus Verständnis und stiller Beharrlichkeit.
„Bitte“, sagte er, und das Wort hatte eine Tiefe, die sie nicht ignorieren konnten.
„Gebt dem Meister eine zweite Chance.“