Amberine spürte, wie sie durch das Portal gezogen wurde, ihr ganzer Körper war schwerelos und drehte sich unkontrolliert in einer Leere aus strahlendem Licht und wirbelnder Magie. Das Gefühl war schwindelerregend und verwirrend, als wäre der Boden unter ihr verschwunden und sie schwebte in einer grenzenlosen Leere.
Sie wollte schreien, aber kein Ton kam über ihre Lippen – das Rauschen des Portals übertönte alles andere, und sie konnte nichts tun, als sich darauf vorzubereiten, wo auch immer sie landen würde.
Plötzlich änderte sich das Gefühl. Sie spürte einen heftigen Ruck, gefolgt von einem kalten Luftzug, und bevor sie überhaupt begreifen konnte, was geschah, wurde sie aus dem Portal geschleudert.
Sie schlug hart auf dem Boden auf, ihr Rücken prallte mit einem dumpfen Schlag gegen eine feste Oberfläche, der ihr den Atem raubte. Ein schmerzerfülltes Stöhnen entrang sich ihren Lippen, als sie zusammenzuckte und die Augen zusammenkniff, um den stechenden Schmerz zu ertragen, der ihr durch die Wirbelsäule schoss.
Als sie endlich die Augen öffnete, war ihre Sicht verschwommen, aber langsam klärte sie sich und gab den Blick auf die vertraute Umgebung des Raumes frei, in dem sie sich befand.
Ihr sank das Herz. Sie kannte diesen Ort nur zu gut – es war Professor Draven’s VVIP-Quartier. Alles war unverkennbar: die komplizierten Schnitzereien in den Steinwänden, das hohe, gewölbte Fenster mit spektakulärem Blick auf das Meer, die Regale mit akribisch geordneten Büchern und der subtile Geruch von altem Papier und Salzwasser.
Sie atmete verzweifelt aus und ließ die Schultern hängen.
Wie war sie nur wieder hier gelandet? Ausgerechnet hier?
Amberines Blick wanderte zur Mitte des Raumes, wo Draven an seinem Schreibtisch saß, ihr teilweise den Rücken zugewandt, während er auf das riesige Fenster blickte, das den Blick auf die Weite des Meeres freigab.
Das sanfte blaue Leuchten des Ozeans hinter ihm beleuchtete seine Gestalt und tauchte ihn in ein fast überirdisches Licht. Er schien in Gedanken versunken zu sein, seine dunklen Augen starrten mit nachdenklicher Intensität auf die Szene draußen. Um ihn herum schwebten zahlreiche Papiere in der Luft, drehten sich langsam oder richteten sich zu ordentlichen Stapeln aus – es sah aus, als wäre er mitten in komplexen Berechnungen oder Recherchen.
Er hatte sie noch nicht bemerkt, was ein kleiner Glücksfall war. Vielleicht konnte sie sich leise davonschleichen – doch bevor sie überhaupt auf die Idee kommen konnte, aufzustehen und unbemerkt zu verschwinden, drehte sich Draven um. Sein scharfer Blick fiel sofort auf sie, sein Gesichtsausdruck war unlesbar, während sich seine Augenbrauen leicht zusammenzogen.
Amberine stockte der Atem, Panik stieg in ihr auf, als sie hastig vom Boden aufstand, ihre Kleidung abklopfte und ihr Bestes tat, um so auszusehen, als wäre sie nicht gerade von einer mysteriösen Kraft dorthin geworfen worden. „Es tut mir so leid, Professor“, stammelte sie, ihre Wangen glühten vor Verlegenheit. „Ich wollte nicht – ich meine, ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin, es war –“
Dravens Augen verengten sich, seine Stirn runzelte sich, und Amberine verstummte und schluckte unter seinem kalten, durchdringenden Blick. Er sagte einen Moment lang nichts, musterte sie mit seinen Augen, und dann, als hätte etwas seine Aufmerksamkeit erregt, wanderte sein Blick leicht ab. Er hob die Hand, und Amberines Augen weiteten sich, als sie etwas Seltsames bemerkte – ein einzelnes Blütenblatt, ein violett-rosa, schwebte von oben herab, scheinbar aus dem Nichts.
Draven fing das Blütenblatt mühelos zwischen seinen Fingern auf und musterte es mit einem so intensiven Blick, dass Amberine den Atem anhielt. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert, eine subtile Veränderung, als hätte er gerade etwas bestätigt, was er die ganze Zeit vermutet hatte. Für einen kurzen Moment schienen seine Augen zu schimmern, ein schwaches blaues Licht leuchtete unter der Oberfläche, ein Hauch von Magie, der im Nu wieder verschwand.
Amberine blinzelte und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie das wirklich gesehen hatte oder ob ihr Verstand ihr einen Streich spielte, aber die Veränderung in Dravens Verhalten war unbestreitbar. Er seufzte, presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, während er das Blütenblatt in seiner Hand zerknüllte und die Fragmente auf den Boden fallen ließ, wo ihr sanftes Leuchten verblasste, sobald sie den Boden berührten.
„Es gibt zu viele nervige Leute hier“, murmelte er mit einem Anflug von Verärgerung in der Stimme. Seine Worte waren leise, fast so, als würde er eher mit sich selbst als mit ihr sprechen, aber Amberine hörte sie deutlich und ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie hatte keine Ahnung, was er damit meinte, aber es reichte aus, um ihre Nerven zum Vibrieren zu bringen und ein Gefühl der Unruhe in ihr aufsteigen zu lassen.
Draven wandte seinen Blick wieder ihr zu, sein Gesichtsausdruck war wieder kalt und distanziert, als wäre nichts gewesen. „Alles in Ordnung?“, fragte er mit monotoner Stimme. „Hast du wieder Albträume gehabt?“
Amberine blinzelte, verblüfft von der Frage. Sie kam so unerwartet, und die Art, wie er sie stellte – obwohl sein Tonfall so gleichgültig wie immer war –, hatte etwas, eine subtile Sanftheit, die sie völlig unvorbereitet traf. Sie öffnete den Mund, um zu antworten, um ihm von dem Albtraum zu erzählen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken, ihr Geist war noch immer benommen von allem, was passiert war.
Bevor sie ihre Gedanken genug sammeln konnte, um zu antworten, sprach Draven erneut, sein Blick huschte durch den Raum, als würde er nach etwas suchen. „Wo ist dein Feuergeist?“, fragte er mit einer Spur von Ungeduld in der Stimme. „Du solltest ihn nicht verlieren – er ist einer der Bürokraten der Geister.“
Amberine starrte ihn an, ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. „Bürokrat? Ifrit?“, wiederholte sie ungläubig. Was um alles in der Welt sollte das bedeuten?
Draven brachte sie mit einem scharfen Blick zum Schweigen, seine Augen verengten sich vor Verärgerung. „Schlafen Sie“, befahl er, und sein Ton ließ keinen Widerspruch zu. „Morgen haben Sie eine abstrakte Besprechung und eine mündliche Präsentation – einen kleinen Vorgeschmack auf das, was Sie auf dem Symposium vorstellen wollen. Sie brauchen Ruhe.“
Amberine zögerte und sah Draven an. Sie konnte nicht anders, als sich zu fragen, warum er das tat.
Warum half er ihr? Er war nicht dazu verpflichtet, und sein ganzes Verhalten zeigte, dass er nicht gestört werden wollte. Und doch war er hier, fragte sie, ob es ihr gut ginge, und sagte ihr, sie solle sich ausruhen. Das ergab keinen Sinn.
„Brauchen Sie keine Ruhe, Professor?“, fragte sie zögernd, wobei ihre Neugierde die Oberhand gewann.
Draven antwortete nicht sofort. Er sah sie nur an, seine scharfen Augen verengten sich leicht, dann gab er ihr mit einer Kopfbewegung ein stilles Zeichen, sich zum Bett zu begeben und ihn allein zu lassen. Amberine schluckte schwer, nickte schnell, wandte sich ab und ging zu dem großen, weichen Bett, das auf der anderen Seite des Raumes stand.
Als sie an seinem Schreibtisch vorbeikam, konnte sie nicht widerstehen, einen kurzen Blick auf das Buch zu werfen, das er las. Der Titel war in einer kunstvollen Schrift geschrieben und voller magischer Begriffe, die sie überhaupt nicht verstand. Das ging weit über ihr derzeitiges Verständnis von Magie hinaus, und sie fragte sich, wie viel Wissen Draven wohl besaß – wie groß sein Verständnis der arkanen Künste wirklich war.
„Entschuldigung“, murmelte sie mit kaum hörbarer Stimme, während sie zum Bett ging, die Decke zurückzog und sich auf die Bettkante setzte. Die Matratze war unglaublich weich und gab unter ihrem Gewicht nach, und sie seufzte erleichtert, denn ihr Körper schmerzte noch von dem Sturz zuvor. Sie machte es sich bequem, zog die Decke über sich und ließ ihren Blick wieder zu Draven wandern.
Er war wieder an seinem Schreibtisch und konzentrierte sich erneut auf seine Berechnungen, während die Papiere um ihn herum sich wie auf unsichtbaren Befehl hin bewegten und ordneten. Er kritzelte etwas an den Rand des Buches, ohne den Blick von der Seite zu nehmen, und sah dabei sehr konzentriert aus.
Amberine konnte sich ein leises Flüstern nicht verkneifen: „Dieses Bett ist sehr bequem, nicht wahr?“
Draven antwortete nicht, seine Augen waren auf seine Arbeit gerichtet, seine Feder bewegte sich mit schneller Präzision über das Papier. Amberine seufzte leise, ihr Blick blieb noch einen Moment länger auf ihm haften, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Bett richtete und ihren Kopf in die weichen Kissen sinken ließ. Der Komfort war überwältigend, die Weichheit umhüllte ihren müden Körper, und sie spürte, wie ihre Augen schwer wurden, ihre Erschöpfung holte sie endlich ein.
Warum war er so nett zu ihr? Er war doch derjenige, der für den Tod ihres Vaters verantwortlich war – warum tat er das? Aus Schuldgefühlen? Spielte da noch etwas anderes mit? Die Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum, ein Gedanke verschmolz mit dem nächsten, ihr Bewusstsein driftete immer weiter weg, während der Schlaf sie übermannte.
Ihre Augenlider wurden schwer, ihre Sicht verschwamm, als die Dunkelheit sie umhüllte, ihre Gedanken wurden verschwommen und unzusammenhängend. Schließlich siegte die Erschöpfung, ihr Geist glitt in den beruhigenden Schlaf, und ihr Körper konnte sich nach allem, was sie durchgemacht hatte, endlich ausruhen.
____
Amberine öffnete die Augen und sah, wie sich die Welt um sie herum veränderte. Sie stand mitten in einer riesigen Wüste, die Sonne brannte über ihr, die Hitze strahlte vom Sand und ließ die Luft flimmern und sich verzerren. Sie blinzelte, ihre Augen gewöhnten sich an das helle Licht, und ihr Verstand versuchte zu begreifen, wo sie war. Der Sand erstreckte sich bis zum Horizont, die Dünen stiegen und fielen, die Landschaft war karg, bis auf vereinzelte verdrehte, tote Bäume.
Sie drehte sich um und suchte den Horizont ab, aber da war nichts – kein Zeichen von Leben, kein Zeichen von etwas Vertrautem. Sie war allein, völlig allein in dieser endlosen Wüste. Ein Gefühl der Unruhe breitete sich in ihrer Brust aus, ihr Herz begann zu pochen, als sie einen vorsichtigen Schritt nach vorne machte und ihre Füße im heißen Sand versanken.
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Plötzlich hörte sie es – ein raschelndes Geräusch, als würde sich etwas unter der Oberfläche des Sandes bewegen. Ihr stockte der Atem, ihre Augen weiteten sich, als sie sah, wie sich der Sand zu bewegen begann und etwas von unten nach oben drückte. Der Boden bebte, und dann tauchten sie auf – Monster, deren Umrisse verschwommen und verzerrt waren, deren Körper aus Schatten und Sand bestanden und deren Augen mit einem bösartigen Licht leuchteten.
Panik stieg in ihr auf, ihr Herz pochte in ihrer Brust, als sich die Kreaturen ihr zuwandten, ihre Bewegungen langsam, bedächtig, raubtierhaft. Amberine machte einen Schritt zurück, ihr Atem ging in kurzen, panischen Stößen, ihre Gedanken rasten. Sie musste etwas tun, irgendetwas, aber ihr Körper fühlte sich wie erstarrt an, ihre Füße weigerten sich, sich zu bewegen.
„Benutz mich, Amberine!“
Die Stimme hallte in ihrem Kopf wider, und Amberines Augen weiteten sich vor Schreck. Es war Ifrit – seine Stimme, klar und befehlend, durchdrang die Panik, die sie erfasst hatte. Sie holte tief Luft, kniff die Augen zusammen, hob die Hand, beschwor Ifrits Kraft herbei und spürte, wie die vertraute Wärme seiner Flammen durch ihre Adern zu fließen begann.
Die Monster kamen auf sie zu, ihre Gestalten veränderten sich, verdrehten sich, und Amberine biss die Zähne zusammen, ihre Hand glühte von der Hitze von Ifrits Feuer. Sie konzentrierte sich, kanalisierte seine Kraft, und Flammen schossen aus ihren Fingerspitzen, versengten den Sand, die Hitze strahlte nach außen. Die Kreaturen wichen zurück, ihre Gestalten lösten sich in Rauch und Asche auf, als die Flammen sie verschlangen.
Amberines Herz pochte, ihr Körper zitterte, während sie einen Zauber nach dem anderen sprach, das Feuer durch sie hindurchströmte und die Hitze die Angst verbrannte, die sie erfasst hatte. Sie kämpfte, ihr Atem ging stoßweise, ihr Körper bewegte sich instinktiv, jede Bewegung präzise und bewusst. Die Monster fielen vor ihr, einer nach dem anderen, ihre Körper zerfielen in den Flammen ihrer Magie.
Doch gerade als sie das Gefühl des Sieges verspürte, das Gefühl, endlich die Oberhand gewonnen zu haben, spürte sie es – eine dunkle, kalte Präsenz, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Sie drehte sich um und sah ihn mit ungläubig aufgerissenen Augen – die verhüllte Gestalt, die auf einer entfernten Düne stand, ihren dunklen Umhang im Wind wehend, den Blick auf sie gerichtet.
Amberine ballte die Fäuste, ihre Angst verwandelte sich in Frustration, ihr Herz pochte in ihrer Brust. „Bitte, hör auf, in meinen Träumen aufzutauchen!“