Elara blieb wie immer cool. Ihr blasses Gesicht, das von der ganzen Sache noch leicht gerötet war, zeigte nichts als kühle Gleichgültigkeit. Sie hob eine Augenbraue, als Amberine so loslegte, und antwortete in ihrem typischen monotonen Tonfall. „Diese Kugel … ist interessant“, begann Elara mit fester Stimme. „Aber auch beängstigend.
Es fühlt sich an, als würde sie tief in dich eindringen. Sie hat etwas berührt … fast etwas Persönliches. Als würde sie meine Kontrolle über meine Gefühle herausfordern. Das habe ich nicht erwartet.“
Professor Astrid, die schweigend zugesehen hatte, machte sich schnell Notizen, ihre Augen leuchteten bei dieser Enthüllung auf. „Sehr interessant“, murmelte sie, mehr zu sich selbst als zu jemandem Bestimmten.
Amberine runzelte jedoch die Stirn und verschränkte die Arme. „Hä? Ich verstehe das nicht wirklich. Ich habe nichts dergleichen gespürt. Sicher, es wurde heiß und wild, aber … nichts Tieferes.“ Ihre Verwirrung schürte nur ihre Wut, und Ifrits Wärme flammte unter ihrer Robe auf und nährte sich von ihrer Frustration.
Elara warf ihr einen Blick zu und verzog die Lippen zu einem leichten Grinsen. „Vielleicht bist du einfach nur dumm“, sagte sie sachlich.
„Was?“, Amberines Gesicht wurde rot vor Wut und Verlegenheit, und ihre Augen blitzten. „Willst du Streit, du eiskalte Wasserhexe?“
Elara erwiderte Amberines finsteren Blick mit einem ruhigen, fast gelangweilten Ausdruck. „Nein. Ich sage nur, was offensichtlich ist.“
Bevor die beiden weiter eskalieren konnten, trat Professor Astrid mit erhobener Hand zwischen sie, ihre Stimme fest, aber amüsiert. „Okay, okay, das reicht. Das muss nicht in einer Schlägerei enden. Amberine, beruhige dich. Elara, hör auf, sie zu provozieren.“
Sie wandte sich an den letzten der drei. „So, Maris, du bist dran.“
Als Maris einen Schritt nach vorne machte, meldete sich Elara erneut zu Wort. „Professor, nur zur Information, würden Sie bitte notieren, dass ich etwas Tieferes gespürt habe und Amberine nicht?“
Astrid lachte leise und nickte, die Feder bereit. „Ich werde das notieren.
Was Amberines mangelnde Sensibilität angeht …“ Sie machte eine dramatische Pause, bevor sie Amberine mit einem neckischen Blick ansah. „Ich denke, diesen Teil können wir weglassen.“
Amberine blieb der Mund offen stehen. „Was?! Das ist unfair! Nur weil ich nicht so empfindlich auf die Kugel reagiert habe, kannst du mich doch nicht so fallen lassen!“
Astrid lächelte leicht und kritzelte etwas auf ihr Notizbuch. „Verstanden, Amberine.“
Maris atmete tief durch und stellte sich vor die Kugel. Ihre stille Entschlossenheit stand im Kontrast zu Amberines heftigem Ausbruch und Elaras kühler Selbstbeherrschung. Für Maris war Hoffnung keine einfache Emotion – sie war etwas Zerbrechliches, etwas, das sie nach allem, was sie verloren hatte, Stück für Stück sorgfältig aufgebaut hatte.
„Maris“, sagte Astrid sanft, „ich möchte, dass du das Gefühl der Hoffnung kanalisierst. Deine Illusionen spielen bereits mit der Wahrnehmung, mit dem Potenzial dessen, was sein könnte. Hoffnung passt perfekt zu dir.“
Maris nickte, ihre Stimme war leise, aber entschlossen. „Ja, Professorin.“
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Sie schloss die Augen und ließ sich in Erinnerungen versinken, die zwar schmerzhaft waren, ihr aber Kraft gaben.
Sie dachte an ihre frühen Jahre, als die Magie zum ersten Mal wie ein Geschenk zu ihr gekommen war. Ihre Eltern waren so stolz gewesen, ihre Augen voller Wärme, als sie ihr dabei zusahen, wie sie einfache Illusionen zauberte.
Ihre Schule war ein Ort voller Wunder gewesen, an dem sie für ihr Talent gelobt wurde und ihre Lehrer sie ermutigten, ihre Grenzen zu überschreiten. Sie wurde für die Magic Tower University empfohlen, und eine Zeit lang hatte sie das Gefühl, ihr Leben würde sich perfekt entwickeln.
Doch dann schlich sich die Dunkelheit ein.
Als sie tiefer in ihre Gefühle eintauchte, wurde ihre Hoffnung plötzlich von etwas anderem überschattet – Verlust. Die Kugel flackerte, ihr Schein wurde schwächer, während ihre Oberfläche sich zu verdunkeln begann und unheimliche Schatten im Raum warf. Maris spürte die Veränderung, ihre Erinnerungen nahmen eine dunklere Wendung. Sie erinnerte sich an den Tag, an dem ihre Eltern Opfer der Deadly Hollows geworden waren, der kriminellen Organisation, die ihr alles genommen hatte.
Die Freude und Hoffnung, die einst ihr Zuhause erfüllt hatten, waren über Nacht verschwunden und hatten sie kalt und allein zurückgelassen.
Ihr Körper verkrampfte sich, und die Schwärze in der Kugel verdichtete sich.
Die Trauer hatte sie damals komplett verschlungen und die tolle Zukunft, die sie sich mal vorgestellt hatte, einfach ausgelöscht. Sie war so lange verloren gewesen, in Trauer versunken und unsicher, wie sie weitermachen sollte. Bis er auftauchte. Die Erinnerung an ihren Retter kam zurück – Professor Draven. Der erste, der ihr nach ihrem Sturz die Hand gereicht hatte.
Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen, und die Kugel begann sich zu verändern. Die Schwärze hellte sich zu einem trüben Grau auf, das die kalte, stählerne Hoffnung widerspiegelte, die sie seit diesem Tag geleitet hatte. Es war nicht die warme, sanfte Hoffnung, die manche vielleicht erwartet hätten – es war eine scharfe, beißende Hoffnung. Die Art von Hoffnung, die sie zur Rache trieb.
Bilder begannen in ihrem Kopf zu wirbeln. Dravens kalter, analytischer Blick. Seine leisen, aber scharfen Worte. Er hatte sie ausgebildet, ihr gezeigt, wie sie ihre Emotionen zügeln und ihren Schmerz in Kraft verwandeln konnte. Unter seiner Anleitung hatte sie einen Plan ausgeheckt – einen eleganten, skrupellosen Plan –, um die Deadly Hollows zu zerschlagen und ihre Eltern zu rächen.
Die Farbe der Kugel veränderte sich erneut und war nun eine auffällige Mischung aus Rosa, Weiß und Grau, die die vermischten Gefühle in ihr widerspiegelte.
Maris erinnerte sich an jeden Schritt ihrer Reise – wie Draven jeden Zug präzise geplant hatte, wie er ihr die Werkzeuge gegeben hatte, um Gerechtigkeit zu üben. Mit jeder Erinnerung wurde ihr Lächeln größer und das Licht der Kugel intensiver.
Was als kalte, distanzierte Hoffnung begonnen hatte, verwandelte sich in etwas Stärkeres, Helleres, als würde die Kugel selbst auf ihr neu gewonnenes Selbstvertrauen reagieren.
Sie konnte Dravens Einfluss in jedem Teil ihres Erfolgs spüren, von ihren akademischen Leistungen bis zu ihrem Praktikum bei der Magieabteilung der königlichen Ritter. Er war immer da gewesen und hatte sie mit der kalten Perfektion geführt, die sie bewunderte und nach der sie strebte.
Als Maris vor der Kugel stand, spielten sich die Erinnerungen an ihre Zeit mit Draven in ihrem Kopf ab, jede klarer als die vorherige. Sein Gesicht – so schön, so kalt, so perfekt – blieb in ihren Gedanken haften. Die Kugel schimmerte mit einer Brillanz, die ihre tiefe Hoffnung widerspiegelte, die sie jetzt hatte, Hoffnung, die nicht nur auf Überleben, sondern auf Triumph ausgerichtet war.
Hinter ihr tauschten Amberine und Elara besorgte Blicke aus. Der Glanz der Kugel war intensiver geworden, aber auch Maris‘ Gesichtsausdruck. Ihr sanftes Lächeln hatte sich in etwas Unheimlicheres verwandelt. Ein leises Lachen kam über ihre Lippen, als würde sie eine private Erinnerung wiedererleben, und ihre Hände zuckten, als würden sie nach etwas greifen, das sie nicht sehen konnte.
„Maris?“, fragte Amberine leise mit gerunzelter Stirn.
Maris reagierte nicht. Ihr Blick blieb auf die leuchtende Kugel gerichtet, ihr Gesichtsausdruck war abwesend, als wäre sie in einen Traum versunken. Die Kugel pulsierte heller, ihre Farben wechselten wild zwischen beruhigendem Rosa und Grau und blitzten dann dunkler auf. Amberine streckte die Hand aus und schüttelte sie sanft an der Schulter. „Maris!“
Immer noch keine Antwort. Stattdessen wurde Maris leises Lachen lauter und ihre Stimme sank zu einem Flüstern. „Hör auf, Professor“, murmelte sie mit leichter, verspielter Stimme, die so gar nicht zu ihr passte. „Warte wenigstens, bis ich meinen Abschluss habe … hehehe …“
Elara trat einen Schritt zurück, ihre kalte Fassade brach leicht, als sie einen Blick auf Amberine warf. „Sie ist völlig verzaubert …“
Amberine verzog das Gesicht. „Das wird langsam unheimlich.“
Schließlich trat Professor Astrid vor, ihr Gesichtsausdruck unlesbar, aber sichtlich fasziniert von dem Schauspiel. Sie winkte mit der Hand, und die Kugel wurde augenblicklich dunkler, ihr Licht verblasste zu einem sanften, neutralen Schein. Maris blinzelte schnell, als würde sie aus einem Traum erwachen, und ihr Lächeln verschwand, als sie verwirrt im Raum umherblickte.
„Was ist passiert?“, fragte sie, wobei ihre Stimme wieder ihren normalen Ton annahm.
Amberine stieß einen erleichterten Seufzer aus. „Du hast dich komisch verhalten. Du hast gelacht und mit dir selbst geredet. Das war unheimlich.“
Maris runzelte die Stirn, sichtlich verlegen, obwohl sie keine Erinnerung daran hatte, was gerade passiert war. „Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.“
Astrid beobachtete die Szene einen Moment lang schweigend, bevor sie ein kleines, nachdenkliches Lächeln zeigte. „Es scheint, als könne die Kugel mehr als nur Emotionen verstärken – sie kann auch … unerwartete Reaktionen hervorrufen.“ Sie warf Maris einen halb amüsierten, halb ernsten Blick zu. „Also kann die Kugel einen offenbar auch zu einem … Perversen machen.“
Amberine brach in schallendes Gelächter aus, während Elara, wie immer stoisch, nur den Kopf schüttelte. Maris wurde knallrot und schlug beschämt die Hände vor das Gesicht.
„P-Professor!“, stammelte sie, beschämt über die Andeutung. Aber als Amberines Lachen den Raum erfüllte, löste sich die Spannung endlich und Maris musste ebenfalls kichern, auch wenn ihre Wangen noch brannten.
Astrids Augen funkelten zufrieden. „Das reicht für heute. Danke für eure Hilfe, Mädels. Ich werde jetzt die Ergebnisse des heutigen Tests auswerten. Ich melde mich dann.“