„Hey Leute“, sagte Sophie mit klarer, aber etwas müder Stimme, „wir müssen weiter. Die Höhle … da kommen die Schatten her, und wir müssen das beenden. Dravis glaubt, dass das Feuer des Magmabären entscheidend dazu beigetragen hat, dass diese Kreaturen eine physische Form angenommen haben. Das nutzen wir zu unserem Vorteil, während wir weitergehen.“
Sharon, die neben ihr stand, nickte eifrig und starrte Sophie mit feurigem Blick an. „Natürlich, meine Dame. Was auch immer nötig ist.“ Ihre Knöchel waren weiß vor Anspannung, ihre Wut von vorhin war kaum abgeklungen. Sie wandte sich an den Rest der Gruppe und hielt ihren Blick auf Sylvanna. In ihren Augen lag ein unausgesprochenes Versprechen, eine noch nicht erfüllte Herausforderung.
Dravis, in seinen Umhang gehüllt und fast mit den Schatten um sie herum verschmolzen, stand schweigend da. Er sagte nichts, nickte nur leicht, seine Zustimmung eher angedeutet als ausgesprochen. Er trat nach vorne, seine scharfen Augen nahmen alles wahr – die zurückbleibenden Schattenranken, die sich noch immer unheimlich fließend bewegten, die angespannten Gestalten der Ritter hinter ihm.
Der Magmabär, dessen geschmolzener Kern wie ein Ofen glühte, brummte, während er ihnen folgte, und Hitze strahlte von seinem massigen Körper aus.
Die Gruppe bewegte sich vorsichtig auf die Höhle zu, jeder Schritt fühlte sich an wie ein Eindringen in etwas Uraltes, etwas Vergessenes, das niemals gestört werden sollte. Sylvanna positionierte sich mit gespanntem Bogen an der Rückseite und gab Deckung. Ihr Blick huschte zu Sharon, und ein Grinsen umspielte ihre Lippen.
„Nur Muskeln, kein Hirn“, murmelte sie leise, aber laut genug, dass Sharon es hören konnte.
Sharon warf ihr einen bösen Blick zu und runzelte die Stirn. „Halt die Klappe, Sylvanna“, knurrte sie, die Zähne zusammengebissen, während sie ihren Blick nach vorne richtete und sich weigerte, Sylvanna die Genugtuung einer Antwort zu geben.
Der Eingang zur Höhle war schmal, ein dunkler Spalt in der Seite des felsigen Hügels.
Als sie sich näherten, breitete sich ein spürbares Unbehagen unter ihnen aus, die Luft wurde kälter und der Boden unter ihnen schien von dunkler Energie zu vibrieren. Dravis ging als Erster hinein, seine Bewegungen lautlos, seine Augen suchten die Dunkelheit ab und nahmen jedes Detail wahr.
„Bleibt dicht bei mir und macht keinen unnötigen Lärm“, sagte Dravis mit leiser Stimme, die jedoch eine Autorität hatte, die sogar Sharon zum Schweigen brachte.
Die Wände waren mit seltsamen Symbolen bedeckt, die im schwachen Licht schwach leuchteten. Sie pulsierten mit einer unnatürlichen Energie, als wären sie lebendig, und Sophie spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Sie streckte die Hand aus, ihre Finger nur wenige Zentimeter von einem der Symbole entfernt, als Dravis‘ Stimme die Stille durchbrach.
„Fass sie nicht an“, sagte er scharf und warf ihr einen blitzenden Blick über die Schulter zu.
„Diese Siegel wurden kürzlich manipuliert. Was auch immer hier eingeschlossen war, ist nicht mehr gebunden.“
Sophie zog ihre Hand zurück und sah Dravis in die Augen. Da war etwas in seinem Blick – etwas, das sie nicht ganz deuten konnte. Es war keine Angst, aber seine Worte hatten Gewicht, und er wusste mehr, als er preisgab. Sie nickte, trat zurück und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Weg vor ihnen.
Je tiefer sie vordrangen, desto stärker wurde die dunkle Energie. Die Luft wurde dick, fast unerträglich, und jeder Schritt schien in der Stille widerzuhallen, ihr Atmen war das einzige Geräusch in der bedrückenden Stille. Sharon umklammerte ihr Schwert fester und blickte zwischen Dravis, der sie anführte, und Sylvanna, die die Nachhut bildete, hin und her.
Die Spannung zwischen ihnen hatte sich noch nicht aufgelöst.
Sylvanna bemerkte Sharons nervöse Blicke, grinste und ihre Stimme hallte laut in der ansonsten stillen Höhle. „Was ist los, Muskelprotz? Hast du Angst vor der Dunkelheit?“
Sharons Temperament kochte hoch. „Noch ein Wort von dir und ich …“
„Du wirst was?“, unterbrach Sylvanna sie und grinste noch breiter. „Mit deinem großen Schwert wild um dich schlagen und uns alle umbringen? Ich bitte dich, Sharon. Versuch wenigstens, nützlich zu sein.“
Sharons Geduld war am Ende. Sie wirbelte herum, hob ihr Schwert und funkelte Sylvanna wütend an. „Du …“
Bevor jemand reagieren konnte, stürzte Sharon sich auf Sylvanna und schwang ihr Breitschwert mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, auf sie zu. Sylvanna war bereit, hatte ihren Dolch bereits in der Hand und wich mit fließenden Bewegungen aus, während sie ihr Grinsen nicht verlor.
„Genug!“, schrie Sophie, und ihre Stimme hallte von den Höhlenwänden wider, aber bevor sie zwischen die beiden treten konnte, bewegte sich Dravis und versperrte ihr den Weg. Sein Blick war kalt und berechnend.
„Lass sie“, sagte Dravis mit kaum hörbarer Stimme, aber sie hatte ein Gewicht, das Sophie innehalten ließ. „Dieser Kampf hat lange auf sich warten lassen. Es könnte ihnen gut tun.“
Sophie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Aber …“
„Vertrau mir“, unterbrach Dravis sie und sah ihr in die Augen. Darin lag keine Wärme, nur eisige Gewissheit. „Wenn du jetzt eingreifst, werden sie es dir nur übel nehmen. Sie müssen das aus ihrem System herausbekommen.“
Die bedrückende Dunkelheit der Höhle wurde durch das plötzliche Klirren von Metall unterbrochen.
Sharon, getrieben von der aufgestauten Frustration, die seit Beginn ihrer Reise in ihr brodelte, stürzte sich mit ihrem Breitschwert auf Sylvanna. Ihre Muskeln spannten sich an, ihre Knöchel wurden weiß, als sie den Griff umklammerte.
Es war nicht nur Sylvannas Stichelei, die sie über die Kante getrieben hatte – hinter Sharons Wut steckte viel mehr, und Sylvanna hatte genau den richtigen Nerv getroffen.
Sylvannas Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, als Sharon auf sie zustürmte und ihr Breitschwert mit solcher Wucht schwang, dass es jemanden in zwei Hälften hätte spalten können. Sie bewegte sich fließend und wich mit anmutigen Seitenschritten aus. Sharons Klinge schlug in leere Luft, und Sylvannas spöttisches Lachen hallte von den steinernen Wänden der Höhle wider.
„Du bist vorhersehbar, Sharon“, sagte Sylvanna mit kühler, distanzierter Stimme, während sich ihre Lippen zu einem amüsierten Grinsen verzogen.
„Nur Muskeln, keine Finesse. Ist das wirklich alles, was eine königliche Ritterin zu bieten hat?“
Sharon biss die Zähne zusammen und drehte sich abrupt, um wieder das Gleichgewicht zu finden. Sie wandte sich mit funkelnden Augen voller Entschlossenheit und Wut wieder Sylvanna zu. „Ich werde dir Finesse zeigen, du …“ Sie stürmte erneut vor, diesmal mit einem ausgeklügelten Plan im Kopf. Sylvanna war schnell, zu schnell für ihre geradlinigen Schläge.
Sharon musste sie in die Enge treiben – sie festnageln, sie in eine Position zwingen, in der ihre Beweglichkeit ihr nicht helfen würde.
Mit einem Brüllen täuschte Sharon einen hohen Schlag an und lenkte im letzten Moment ihren Schwung nach unten. Sylvannas Augen weiteten sich, als sie erkannte, dass dieser Manöver dazu diente, sie von den Beinen zu holen. Sie sprang zurück, wich Sharons schwungvoller Klinge knapp aus, drehte sich in der Luft und landete leichtfüßig.
Sharon erkannte ihre Chance, stürzte sich mit einem brutalen Aufwärtsschwung nach vorne und versuchte, Sylvanna in der Mitte ihrer Erholungsphase zu treffen. Die Spitze ihres Breitschwerts verfehlte ihr Ziel um nur wenige Zentimeter, als Sylvanna sich mit fast katzenhafter Eleganz zur Seite drehte.
„Zu einfach“, spottete Sylvanna, ohne ihr Grinsen zu verlieren. Sie tanzte um Sharons Angriffe herum, jede Ausweichbewegung eine Übung in Anmut und Präzision, jede Bewegung darauf ausgelegt, ihre Gegnerin zu ermüden. „Du schwingst dein großes Schwert wie einen Vorschlaghammer. Aber alle Kraft der Welt wird dich nicht retten, wenn du keinen Treffer landest.“
Sharon knurrte, ihre Frustration wuchs. Sie spürte, wie sich ihre Brust zusammenzog und ihr Atem unregelmäßiger wurde. Sylvanna ließ sie wie eine Idiotin aussehen. Sharon hielt inne und musterte Sylvanna einen kurzen Moment lang. Sie musste nachdenken – Sylvanna war ihr immer einen Schritt voraus und ahnte ihre brutale Kraft voraus. Sie musste Sylvannas Rhythmus unterbrechen, sie zu einer Fehleinschätzung verleiten.
Mit einer plötzlichen Bewegung stürmte Sharon vorwärts, ihr Breitschwert schwang durch die Luft, diesmal nicht in Richtung Sylvanna, sondern auf die schmale Höhlenwand neben ihr. Die Metallklinge schlug mit einem lauten, klirrenden Geräusch auf und schleuderte Funken und Steinsplitter in die Luft.
Sylvannas Augen weiteten sich, als sie begriff, was passiert war, aber es war einen Moment zu spät.
Der Schlag sollte sie einklemmen, sodass sie nicht nach rechts ausweichen konnte, ohne von herabfallenden Trümmern getroffen zu werden. Das Lachen verschwand aus ihrem Gesicht und wurde durch einen harten Blick ersetzt, als Sharon näher kam und ihr mit ihrem ganzen Gewicht Druck machte.
„Du kannst nirgendwohin!“, schrie Sharon mit angestrengter Stimme. Sie holte mit ihrem Schwert in einem mächtigen Bogen aus, bereit, Sylvanna zur Aufgabe zu zwingen.
Aber Sylvanna ließ sich nicht so leicht festnageln. Als Sharons Schwert herabsauste, duckte sich Sylvanna tief und sprang zur Seite, wobei sie den Schwung ihres Körpers nutzte, um über den Boden zu rollen, sodass ihr geschmeidiger Körper dem fallenden Schlag mühelos auswich.
Sylvanna rollte sich auf die Füße, grinste wieder und ihre Augen blitzten. „Netter Versuch, Muskelprotz.“
Mit einer schnellen Bewegung zog sie ihren Dolch. Er glänzte im schwachen Licht der Höhle, und in einer fließenden Bewegung bewegte sie sich auf Sharon zu und zielte mit einem schnellen Hieb auf ihren Arm.
Sharon konnte den Schlag mit dem Griff ihres Schwertes abwehren, aber die Wucht von Sylvannas Angriff ließ sie taumeln. Die nächsten Augenblicke waren wie ein Wirbelwind – ein Klirren von Stahl, schnelle Fußarbeit, die Höhle hallte wider vom Klang von Metall auf Metall.
„Bleib stehen, verdammt!“, schrie Sharon, deren Wut ihre Bewegungen schwer machte und ihre Angriffe immer verzweifelter werden ließ.
Sylvanna lachte erneut, ihr Lachen hallte von den Höhlenwänden wider, während sie sich fast schwerelos bewegte. „Du musst dich wirklich beruhigen, Sharon. Du bist wie ein Stier in der Arena, der alles angreift, was sich bewegt.“
Sharon stieß ein weiteres Knurren aus, ihr Gesicht war vor Anstrengung und Verlegenheit rot angelaufen. Sie wusste, dass Sylvanna sie provozierte und ihre Wut gegen sie einsetzte, aber es fiel ihr schwer, cool zu bleiben, während dieses ständige Grinsen jede ihrer Bewegungen verspottete.
Dravis beobachtete das Geschehen aus der Ferne und kniff die Augen zusammen. Er analysierte jede ihrer Bewegungen – die Art, wie Sharon ihre Angriffe ankündigte, wenn sie sich von ihren Emotionen überwältigen ließ, und wie Sylvanna jede Schwäche von Sharon ausnutzte. Er stellte fest, dass Sharons Kraft und Hartnäckigkeit beeindruckend waren, ihr aber die Kontrolle fehlte, während Sylvannas Beweglichkeit und schnelle Auffassungsgabe durch ihre Überheblichkeit beeinträchtigt wurden.
Der Rest der Gruppe stand angespannt da und starrte die beiden Frauen an. Selbst Theo, der sonst so ruhig und gelassen war, schien unsicher, ob er eingreifen sollte. Evan, der Jüngste, schaute zwischen ihnen hin und her, seine Hände zuckten neben seinem Speer, sein Gesichtsausdruck war voller Verwirrung und Sorge.
Sophie presste die Lippen zusammen und versuchte erneut, einen Schritt nach vorne zu machen, während ihr Instinkt ihr sagte, sie solle den Kampf beenden. Aber Dravis hielt sie fest am Arm. Sein Blick blieb auf den Kampf gerichtet, seine Stimme war nur ein leises Flüstern. „Das muss passieren.“
Sophie warf ihm einen Blick zu, suchte in seinem Gesicht nach einem Anzeichen von Mitgefühl, sah aber nur kalte Entschlossenheit. „Glaubst du, sie brauchen das?“, fragte sie, ihre Stimme kaum zu hören über dem Lärm des Kampfes.
Dravis‘ Blick schwankte nicht. „Wenn sie sich jetzt nicht vertrauen können, werden sie zusammenbrechen, wenn es darauf ankommt. Es ist besser, sie klären das hier, wo wir noch die Kontrolle haben.“
Sophie biss sich auf die Lippe und wandte ihren Blick wieder dem Kampf zu. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie Sharons Gesicht sah – so voller Wut und Frustration. Sie wollte ihr helfen, sie vor ihren eigenen Emotionen schützen. Aber sie wusste, dass Dravis Recht hatte. Sie mussten sich jetzt damit auseinandersetzen, sonst würde es nur noch schlimmer werden.
Sylvanna wich einem weiteren wilden Schlag von Sharon aus und sprang plötzlich nach vorne. Sie war innerhalb von Sharons Reichweite, bevor die Ritterin reagieren konnte, und drückte ihren Dolch gegen Sharons Seite.
„Ich hab dich“, flüsterte Sylvanna, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Sharons Augen weiteten sich vor Schreck, ihr Atem stockte.
Aber Sylvanna drückte die Klinge nicht weiter. Stattdessen verdrehte sie Sharons Handgelenk und zwang sie, ihr Breitschwert fallen zu lassen. Es klirrte auf den Boden, und im nächsten Moment hatte Sylvanna sie fest im Griff und hielt ihren Dolch leicht an Sharons Kehle. Sharons Rücken schlug auf den kalten Boden der Höhle, und sie starrte zu Sylvanna hoch, während sie keuchend nach Luft rang.
Sylvannas Grinsen war verschwunden, ihr Gesichtsausdruck war jetzt ruhig, fast düster. „Du kämpfst mit deinem Herzen, Sharon. Aber in einem echten Kampf wird dich das umbringen.“ Ihre Stimme war leise, ohne die übliche Spottnote. Sie beugte sich näher zu Sharon und sah ihr fest in die Augen. „Du musst lernen, es zu kontrollieren. Denn das nächste Mal wird dein Feind nicht zögern.“
Sharons Brust hob und senkte sich, als sie Sylvanna mit verletztem Stolz anstarrte. Aber in ihren Augen war noch etwas anderes zu sehen – etwas, das langsam Verständnis weckte. Sie atmete zittrig aus und ihr Blick wurde weicher. „Ich … ich verstehe.“