Dravis hob eine Hand, eine subtile Geste, die fast beiläufig wirkte. Aber Sylara spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte kaum Zeit zu reagieren, als eine Welle von Magie über die Lichtung schwappte und die Illusionen, die sie sorgfältig aufgebaut hatte, zerstreute. Für den Bruchteil einer Sekunde schien alles still zu stehen. Dann flackerte die Luft, und der magische Schleier, den sie um sich und ihre Kreaturen gewoben hatte, flackerte und löste sich auf.
Sylara zeigte ihr wahres Gesicht, ihre Gesichtszüge waren scharf und unheimlich, ihre Augen waren von einem durchdringenden Grün, das von innen zu leuchten schien. Der Umhang, der sie verdeckt hatte, fiel weg und gab den Blick auf eine glatte, dunkle Rüstung frei. Ihre Kreaturen, die nicht mehr von Illusionen verhüllt waren, standen in ihrer ganzen verdrehten Pracht da.
Es waren nicht nur Tiere, sondern Hybriden, die durch dunkle Magie miteinander verschmolzen waren und deren Gestalt eine verstörende Mischung aus Natürlichkeit und Unnatürlichkeit war.
Ein Murmeln der Bestürzung ging durch die Reihen der Agenten auf beiden Seiten. Sylara’s eigene Leute schauten fassungslos, offensichtlich ahnungslos über das Ausmaß ihrer Fähigkeiten und die Natur ihrer Experimente. Dravis‘ Team zeigte jedoch eine andere Reaktion – eine Mischung aus Erkenntnis und grimmiger Entschlossenheit.
Sylara’s Gedanken rasten, ihr Herz pochte in ihrer Brust, als ihr die volle Tragweite ihrer Enttarnung bewusst wurde. Die Situation war schneller außer Kontrolle geraten, als sie es hätte vorhersehen können. Dravis – oder besser gesagt, Draven Arkanum von Drakhan – hatte diese Begegnung mit der Präzision eines Meisterstrategen inszeniert. Er hatte ihre Verkleidung durchschaut und sie vor ihren eigenen Leuten und seinen Agenten bloßgestellt.
„Beeindruckend“, wiederholte Draven, und seine Stimme durchschnitten die fassungslose Stille wie ein Messer. „Die Beastmasterin höchstpersönlich, direkt vor mir. Ich muss zugeben, ich hätte nicht erwartet, dass du dich so bereitwillig zu erkennen gibst.“
Sylara kniff die Augen zusammen, und unter ihrer gefassten Oberfläche brodelte kalte Wut. „Das war eine Falle“, zischte sie mit leiser, giftiger Stimme. „Das hast du die ganze Zeit geplant.“
Dravens Lächeln wurde breiter, kalt und berechnend. Es war das Lächeln eines Raubtiers, das seine Beute in die Enge getrieben hatte. „Natürlich“, antwortete er gelassen. „Es war die einzige Möglichkeit, dich aus der Reserve zu locken und deine wahre Gestalt zu sehen. Die Illusionen waren beeindruckend, aber nicht genug, um dich vor mir zu verbergen.“
Ihr schwirrte der Kopf, als sie versuchte zu verstehen, wie er ihre sorgfältig aufgebaute Fassade durchschaut hatte. Sie hatte alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass ihre doppelte Identität als „The Broker“ und „Beastmaster“ geheim blieb. Aber hier stand er nun und enthüllte mit Leichtigkeit die verschiedenen Schichten ihrer Täuschung.
„Du glaubst, du hast gewonnen?“, spuckte sie, ihre Augen loderten vor einer Mischung aus Angst und Wut. „Du glaubst, mich zu entlarven, wird etwas ändern?“
Dravens Blick verhärtete sich, und zum ersten Mal sah Sylara das wahre Ausmaß seiner Skrupellosigkeit. „Dich zu entlarven ist nur der Anfang“, sagte er mit kalter, gnadenloser Stimme. „Deine Experimente, deine Kreaturen – sie sind eine Bedrohung für das Königreich. Und Bedrohungen müssen neutralisiert werden.“
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Sylara stockte der Atem, als ihm die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Sie war so vorsichtig gewesen, hatte ihre Spuren so sorgfältig verwischt. Wie hatte er sie gefunden? Das musste sie wissen. „Wie?“, fragte sie mit kaum mehr als einem Flüstern. „Wie hast du mich gefunden?“
Dravens Augen funkelten gefährlich, wie die eines Raubtiers, das seinen Sieg genoss. „Es waren die Details“, begann er in fast gesprächigem Ton. „Weißt du, die Art, wie du dich bewegt hast, wie du gesprochen hast – es war zu kontrolliert, zu berechnend. Und dann waren da noch deine Kreaturen. Ihr Verhalten, ihre Reaktionen – sie waren zu diszipliniert, zu geschlossen für einfache Söldner.“
Er trat einen Schritt näher, seine Präsenz überwältigend. „Und dann war da noch dein Umhang“, fuhr er fort und deutete auf das Kleidungsstück, das nun zu ihren Füßen lag. „Die Nähte, der Stoff – das ist ein seltenes Gewebe, das nur in bestimmten Regionen zu finden ist. Es zeugt von Reichtum, Ressourcen, Verbindungen. Nicht etwas, das ein einfacher Händler oder Mittelsmann besitzen würde.“
Sylara ballte die Fäuste, Wut brodelte unter der Oberfläche. Sie war so vorsichtig gewesen, und doch hatte er sie durchschaut. „Und der letzte Hinweis“, sagte Draven und senkte seine Stimme zu einem gefährlichen Flüstern, „war deine Stimme. Der Rhythmus, die Betonung – zu kultiviert, zu geübt. Das war nicht die Stimme einer Hinterhofhändlerin. Das war die Stimme von jemandem, der es gewohnt ist, zu befehlen und gehorcht zu werden.“
Dravens Miene verdüsterte sich, das Lächeln verschwand von seinen Lippen. „Alles deutete auf eine Schlussfolgerung hin: Du warst mehr, als du zu sein schienst. Und als ich anfing zu recherchieren, fügten sich die Teile zusammen. Die Gerüchte, das Flüstern von einem Beastmaster – jemand, der Kreaturen kontrollieren und ihnen seinen Willen aufzwingen konnte. Alles passte zusammen.“
Er hielt inne, sein Blick bohrte sich in ihren, unnachgiebig und kalt. „Und jetzt sind wir hier“, beendete er mit tödlicher Ruhe in der Stimme. „Die Wahrheit liegt offen für alle da.“
Sylara spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Er hatte ihre Identität mit der Präzision eines Meisterdetektivs aufgedeckt und sie damit völlig bloßgestellt und verwundbar gemacht. Aber sie würde sich nicht kampflos geschlagen geben. Ihre Gedanken rasten, suchten nach einem Ausweg, einer Möglichkeit, den Spieß umzudrehen.
Bevor sie etwas tun konnte, griff Draven nach seiner Maske und nahm sie ab, wodurch ein Gesicht zum Vorschein kam, das ihr vertraut und zugleich schockierend war. Die aristokratischen Züge, die scharfen blauen Augen – das war kein einfacher Agent. Das war Draven Arkanum von Drakhan, der Graf höchstpersönlich. Sylara stockte der Atem. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag.
„Draven“, flüsterte sie mit kaum mehr als einem Hauch von Stimme. „Der Earl von Drakhan.“
Draven neigte leicht den Kopf, eine Geste, die fast spöttisch wirkte. „In der Tat. Und nun, da die Höflichkeiten ausgetauscht sind, sollten wir diese Angelegenheit klären.“
Die Luft schien vor Spannung zu knistern. Sylara wusste, dass sie schnell handeln musste. Ihre Tarnung war aufgeflogen, und Dravens Anwesenheit bedeutete, dass dies mehr als nur eine einfache Konfrontation war. Er war hier, um sie zu eliminieren, um ihrer Arbeit ein Ende zu setzen. Das durfte sie nicht zulassen.
Mit einer schnellen Bewegung hob Sylara die Hand und befahl ihren Kreaturen anzugreifen. Die Hybriden stürzten sich vorwärts, ein Wirbel aus Zähnen und Klauen.
Sie bewegten sich wie eine Einheit, gut aufeinander abgestimmt, jede Bestie darauf trainiert, die anderen im Kampf zu ergänzen. Aber Draven war bereit. Er bewegte sich mit einer Geschwindigkeit und Präzision, die Sylara überraschte, seine Bewegungen flüssig und tödlich.
Er verließ sich nicht allein auf Magie, sondern zog zwei Klingen, deren Klingen im Mondlicht glänzten.
Der erste Hybrid, eine riesige Mischung aus Wolf und Bär, stürzte sich mit einem kehligen Knurren auf ihn, seine Augen leuchteten bedrohlich. Die Muskeln der Kreatur spannten sich unter ihrem Fell, jeder Schritt ließ den Boden beben. Draven wich geschickt aus und schwang seine Klinge in einem schnellen Bogen. Doch diesmal hatte der Hybrid seinen Zug vorausgesehen und drehte sich in der Luft, um mit seiner massiven Pranke nach ihm zu schlagen.
Draven blockte den Schlag mit einer Klinge, wobei der Aufprall durch seinen Arm hallte. Er biss die Zähne zusammen und drückte gegen die Kraft der Kreatur. Der Hybrid knurrte, sein heißer Atem strömte über ihn, während er seinen Vorteil ausnutzte. Draven kniff die Augen zusammen und schlug mit einer schnellen Bewegung mit seiner zweiten Klinge auf die Pfote der Kreatur, die mit einem Schmerzensschrei zurückwich.
Sylara sah zu und ihr Herz schlug wie wild. Wie war das möglich? Draven war als mächtiger Magier bekannt, ein Meister der arkanen Künste. Aber seine Geschicklichkeit mit den Klingen, die tödliche Effizienz, mit der er sie schwang, hatte sie nicht erwartet. Sie hatte einen Zauberduell erwartet, nicht diesen brutalen Tanz der Klingen.
Eine schlangenartige Bestie mit Flügeln und Schuppen, deren Körper wie schimmernder Smaragd glänzte, zischte und spuckte Gift nach Draven. Das Gift zischte, als es auf den Boden traf, und brannte sich wie Säure in die Erde. Draven duckte sich unter dem Angriff weg, seine Klingen blitzten in einem tödlichen Muster. Die Kreatur schlug mit den Flügeln und schickte eine Windböe und Staub in seine Richtung, um ihm die Sicht zu nehmen.
Draven kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich durch den wirbelnden Schmutz. Er konnte die Bewegungen der Kreatur spüren und ihren nächsten Angriff vorhersehen. Als die Schlange sich auf seine ungeschützte Seite stürzte, drehte Draven seinen Körper und hob seine Klingen in einer Kreuzformation. Die Zähne der Schlange klirrten gegen den Stahl, und Draven drängte vorwärts und zwang die Kreatur zurück.
Die Schlange wich zurück und zischte frustriert. Sie wickelte sich um Draven und verstärkte ihren Griff, um ihn zu zerquetschen. Draven biss die Zähne zusammen und spürte den Druck auf seiner Brust und seinen Rippen. Aber er geriet nicht in Panik. Er drehte seine Klingen, schnitt durch die Schuppen der Schlange und zog dunkles, zähflüssiges Blut. Die Kreatur schrie auf und ließ ihn los, während sie sich vor Schmerz wand.
Sylara bellte Befehle, ihre Stimme scharf und befehlend. Zwei verdrehte Katzenwesen, deren Körper mit Reptilien-Schuppen bedeckt waren, sprangen von beiden Seiten auf Draven zu. Sie waren schnell, ihre Bewegungen verschwammen zu einem einzigen verschwommenen Fleck, als sie auf seine ungeschützten Seiten zielten. Ihre Augen leuchteten unheimlich und ihre Krallen glänzten im Mondlicht.
Draven wirbelte herum, seine Klingen zerschnitten die Luft mit einem leisen Zischen. Die erste Katze sprang vor und zielte auf seine Kehle. Draven wehrte den Angriff ab und nutzte den Schwung der Kreatur, um sie über seine Schulter zu schleudern. Sie landete mit einem Schrei und rappelte sich schnell wieder auf. Die zweite Katze versuchte, die Ablenkung auszunutzen und sprang Draven auf den Rücken.
Aber Draven war bereit. Er ging in eine tiefe Haltung und schwang seine Klingen in einem weiten Bogen. Die zweite Katze schrie vor Schmerz, als sie getroffen wurde, schaffte es aber, sich in der Luft zu drehen und auf den Beinen zu landen. Die beiden Katzen umkreisten Draven, ihre Augen auf ihn gerichtet, und warteten auf eine Lücke.
„Ist das alles, was du drauf hast, Sylara?“, spottete Draven, seine Stimme übertönte den Lärm. „Für jemanden, der sich Beastmaster nennt, sind deine Haustiere enttäuschend schwach.“