Als Lex vor einer Metalltür stand, war er überhaupt nicht nervös. Der letzte Test, den er gemacht hatte, war echt kein Problem für ihn. Auch wenn das, was ihn jetzt erwartete, viel schwieriger sein würde, war Lex jetzt viel stärker als damals.
Hätte Mateo nicht extra gesagt, dass Ra seine Kräfte zurückerlangt hatte und eine echte Herausforderung sein würde, hätte Lex vorgeschlagen, einfach auf ihn zuzugehen und das zu erledigen, was er damals nicht geschafft hatte.
Aber egal, wie toll er sich fühlte, Lex würde niemals eine Gottheit unterschätzen!
Auch wenn es letztes Mal geklappt hatte, lag das vor allem daran, dass Ra seine Kräfte überschätzt hatte. Lex wollte Ras Fehler nicht wiederholen, deshalb war er bereit, zu trainieren und sich zu verbessern.
Außerdem hatte er in der Taverne nichts Dringendes zu erledigen. Solange er vor dem Übergang in einem Jahr zurück war, war alles gut. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, setzte sich Lex eine Frist von zehn Monaten.
Es bestand auch die Gefahr, dass Ra mit seinen Handlungen das Reich der Ursprünge gefährden würde, aber aus irgendeinem Grund kam Lex diese Gefahr nicht allzu real vor. Er spürte nicht die Dringlichkeit, die Mateo ihm vermitteln wollte.
Vielleicht spielte sein prophetischer Instinkt verrückt, oder vielleicht wusste Lex, dass er selbst in Sicherheit sein würde, da er das Reich verlassen würde. Aber Letzteres klang nicht wirklich nach ihm. Er würde nicht alle im Stich lassen und davonlaufen, wenn so viel auf dem Spiel stand. Selbst wenn er kein Held war, fühlte er sich verpflichtet, wenn es um das Leben so vieler Menschen ging.
Oder zumindest hätte er sich gemäß seiner Persönlichkeit verpflichtet fühlen müssen. Aber das tat er nicht.
Vielleicht lag es einfach daran, dass er den Körper eines Babys hatte. Babys kümmerten sich nicht wirklich um das Ende der Welt.
Er beschwor das acht Fuß lange massive Schwert herbei und ging vorwärts, woraufhin sich die Metalltüren automatisch öffneten.
Mateo hatte ihm gesagt, dass die Prüfungen immer komplexer und schwieriger werden würden, aber die erste sollte einfach sein.
Es würde ein Zweikampf gegen eine automatisierte Rüstung auf seinem Niveau sein. Das hatte er schon mal gemacht, also gab’s keine Spannung.
Der Tempel konzentrierte sich auf die Ausbildung von Menschen im Allgemeinen, nicht nur von Kriegern, daher gab’s auch andere Testformate. Aber Mateo hatte ihm gesagt, er solle sich bei den Tests an das Kampfformat halten, da dies Einfluss darauf habe, welche Fähigkeiten er freischalten könne.
Lex hielt inne, als er endlich die Rüstung sah.
„Oh“, sagte er und betrachtete ihre Größe. „Das macht Sinn.“
Die Rüstung hatte immer noch eine menschenähnliche Form. Sie sah sogar genauso aus wie die, gegen die er zuvor gekämpft hatte. Der einzige Unterschied war, dass sie riesig war. Mit einer Höhe von 9,1 Metern wirkte die Rüstung etwas einschüchternd. Dass Lex kleiner war, machte die Sache nicht besser, sodass alles riesig aussah.
„Bringen wir es hinter uns“, sagte er mit einem Seufzer.
„MÖCHTEST DU BEGINNEN?“
Vor ihm erschienen Worte in einer Sprache, die Lex nicht kannte, aber trotzdem lesen konnte. Ohne zu zögern drückte Lex den „Ja“-Knopf, woraufhin ein rotes Feuer in den Augenöffnungen des Helms aufleuchtete.
Lex wartete nicht darauf, dass die Rüstung den ersten Schritt machte, sondern stürzte sich auf sie und schwang sein Schwert. Lex hatte seine ganze Kraft und Geschwindigkeit eingesetzt, sodass er damit rechnete, sie zu enthaupten, aber überraschenderweise reagierte die Rüstung schnell genug und bog sich nach hinten, um auszuweichen.
Lex nutzte seine Fähigkeit, den Raum kurzzeitig zu verhärten, schuf sich so eine Plattform, von der er in der Luft abspringen konnte, und stürzte sich erneut auf die Rüstung. Diese versuchte erneut auszuweichen, aber diesmal war Lex mental vorbereitet, sodass sein Schwert den Helm streifte.
Aufgrund des Winkels, in dem Lex sich beim zweiten Mal gestürzt hatte, erreichte er den Boden sofort, als er die Rüstung überquerte, sodass er landen und sich nach vorne rollen musste, um den Aufprall abzufangen.
Als er sich umdrehte, war die Rüstung bereits nach hinten gesprungen, um etwas Abstand zwischen sich und ihn zu bringen, und zog ihr Schwert.
Lex lächelte, als wäre er leicht amüsiert. Der Kampf war nicht schwer, und die Rüstung war nicht allzu stark oder robust. Aber für ihre Größe war sie schnell, wenn sie trotz ihrer Größe Lex‘ Angriffen weiterhin ausweichen konnte.
Wenn Lex sich nur auf seine körperlichen Fähigkeiten verlassen würde, könnte es eine Weile dauern, bis er fertig wäre, aber er war zuversichtlich, dass er innerhalb einer Stunde gewinnen würde. Zum Pech für die Rüstung begann Lex, seine räumliche Affinität zu nutzen, um den Raum um die Rüstung herum zu verzerren und sie an Ort und Stelle festzuhalten.
Er konnte sich vorstellen, dass dies für normale Kultivierende eine Herausforderung darstellen würde, aber für ihn war es nur ein kurzzeitiger Spaß. Wenn Mateo den Schwierigkeitsgrad nicht reduziert hätte, wäre es vielleicht lustiger gewesen.
Die Rüstung bemerkte die Verzerrung des Raums sofort und begann, sich zu wehren. Rote Linien tauchten auf ihrer Panzerung auf, ähnlich wie das Feuer in ihren Augen, und sie aktivierte offensichtlich irgendeine Fähigkeit.
Doch bevor sie nennenswerte Fortschritte erzielen konnte, tauchte ein Baby vor ihr auf. Da sie festgehalten wurde, konnte die Rüstung nicht ausweichen, sodass Lex sie mit einem einzigen Schlag in zwei Hälften spalten konnte. Sofort verschwand das Feuer und mit ihm auch die Aura der Rüstung.
Vor ihm erschien eine Glückwunschmeldung, begleitet vom Klang von Glocken. Aber Lex blieb nicht stehen, um seinen Sieg zu feiern. Mateo war erschienen, um ihn zu seiner nächsten Prüfung zu führen. Er hatte heute noch drei weitere vor sich, und die Projektion hatte versprochen, dass sie bald schwieriger werden würden.
Ein verschwommenes Bild eines Schwertes erschien in seinem rechten Auge, verschwand aber schnell, bevor Lex es bemerken oder unterdrücken konnte.
