Als Lex das Fancy Monocle zum ersten Mal benutzte, war er von der Detailgenauigkeit überwältigt. Es analysierte jedes einzelne Material, das es sah, und fing an, zufällig Dinge zu messen, von denen er nicht mal gedacht hätte, dass man sie jemals brauchen könnte.
Damit Lex es überhaupt benutzen konnte, musste er viele Funktionen deaktivieren und die Informationen, die es ihm lieferte, einschränken.
So rettete es ihm in der Anfangszeit sogar das Leben, indem es Zombies entdeckte, bevor er sie selbst sehen konnte.
Ehrlich gesagt brauchte Lex es jetzt kaum noch. Nicht nur, dass er einen unglaublich guten Instinkt hatte, sondern auch seine eigene Beobachtungsgabe und sein spiritueller Sinn gaben ihm das Gefühl, dass die Fancy-Kontaktlinsen wahrscheinlich nicht mit ihm mithalten konnten. Das war einer der Gründe, warum er sich nicht wirklich die Mühe machte, sie zu benutzen.
Ein weiterer Grund war, dass er zwar die Fähigkeit seines linken Auges ausgeschaltet hatte, dieses aber dennoch viele Details erkennen konnte, die er immer noch nicht vollständig verstehen konnte.
Wie sollten die Linsen da mithalten können? Aber jetzt probierte er sie trotzdem aus. Vor allem, weil er auch eine spezielle spirituelle Technik gelernt hatte, die er in Verbindung mit den Linsen anwenden konnte. Er nahm an, dass sie mit diesem zusätzlichen Schub hilfreich sein könnten.
Er merkte schnell, wie sehr er die Linsen unterschätzt hatte. Dank seiner verbesserten Kultivierung konnte sein Gehirn jetzt die riesigen Datenmengen verarbeiten, die die Linsen ihm lieferten, ohne ihn dabei abzulenken.
Außerdem war das Fancy Monocle auf Lex angewiesen, um seine Datenbank zu füllen, sodass die Informationen viel detaillierter waren und sogar Dinge enthielten, die Lex nicht verstehen konnte.
Als er zum Beispiel die Kontaktlinsen einsetzte, sah er sich im Wagen um und erfuhr, dass die Gangileon-Atmosphärendichte im Wagen 7 betrug. Was bedeutete das überhaupt?
Aber abgesehen von den Daten, die er nicht verstehen konnte, gab es jede Menge Infos, die er begreifen konnte. Der Wagen war aus einem Material namens „Sublime Composite“ gefertigt, das künstlich aus verschiedenen extrem wertvollen Materialien mit hervorragenden Energieisolierungseigenschaften hergestellt worden war.
Er erfuhr auch, dass genau 3,4 Tonnen Sublime Composite für den Bau des Waggons verwendet worden waren und dass an verschiedenen Kanten des Waggons eine Reihe weiterer wertvoller Materialien angebracht waren, die ihm ein ansprechendes Aussehen verliehen. Doch darunter verbarg sich eine sorgfältig geplante Konstruktion, bei der Sublime Composite als Grundlage und andere Materialien als Stützelemente dienten.
Die Linsen konnten die Existenz der Konstruktion dank wichtiger Prinzipien erkennen, die dabei angewendet wurden, aber sie konnten nicht genau sagen, um welche Konstruktion es sich handelte.
Seinem Instinkt vertraute er, dass die Kutsche keine Gefahr für ihn darstellte, aber er hatte keine Ahnung, dass die Kutsche selbst eine bewegliche Konstruktion war.
Das war für ihn eine wichtige Lernerfahrung. Außerdem reichten ihm dank seiner gesteigerten geistigen Fähigkeiten die Begegnung mit diesen Gegenständen und die ausführliche Erklärung ihrer Verwendung aus, um sie endgültig zu verstehen. Sollte er in Zukunft jemals wieder in eine ähnliche Situation geraten, würde er sie selbst erkennen können.
Außerdem dienten sie ihm als Inspiration für Dinge, die er in der Herberge umsetzen konnte.
Er drehte sich zu Marcus um, der immer noch lächelte und redete, und war fasziniert von den Informationen, die die Linsen sammeln konnten.
Das Erste, was die Linsen ihm mitteilten, war, dass sie nur oberflächliche Informationen über ihn sammeln konnten, da er anscheinend eine Schutztechnik einsetzte, die ihn vor Neugierde schützte. Dennoch konnten sie seine Größe, sein Gewicht, seine Hauttemperatur und vieles mehr erkennen.
Am faszinierendsten fand er, dass die Linsen durch die Untersuchung der subtilen Anspannung und Entspannung seiner Muskeln am ganzen Körper ziemlich genau erraten konnten, welche Emotionen Marcus tatsächlich empfand. Natürlich war dies wieder keine detaillierte Analyse, da eine gründlichere Untersuchung blockiert war.
An diesem Punkt setzte Lex die Begleittechnik für die Fancy-Kontaktlinsen ein, und die Dinge erreichten eine ganz neue Ebene!
Die Kontaktlinsen lieferten ihm nicht mehr die endgültige Schlussfolgerung ihrer Analyse, sondern begannen, ihm Rohdaten über das zu liefern, was sie sahen. In diesem Moment übernahm die Technik die Kontrolle.
Die Welt selbst wurde lebendiger, als ob Lex plötzlich neue Farben sehen konnte. Außerdem konnte er diese Farben sehen, um neue Informationen aus ihnen aufzunehmen.
Zum Beispiel war die versteckte Feindseligkeit, die Lex bei Marcus gespürt hatte, jetzt so offensichtlich wie der helle Tag und schien den ganzen Mann in Grün- und Rottönen zu tauchen. Gefühle von Minderwertigkeit, Eifersucht, Neid, Hass und ein Hauch von Bewunderung bildeten die Grundlage seiner Feindseligkeit. Aber das war noch nicht alles. Lex konnte fast in seinen Gedanken lesen, als würde er seine Gedanken lesen.
Marcus war eifersüchtig, weil er dachte, Lex wäre mit Greta Noel verlobt und würde somit Teil der Hauptfamilie werden, und das war der Grund, warum Joseph ihn so schätzte.
Er fühlte sich übersehen und unterschätzt, und in ihm keimte eine finstere Absicht. Lex konnte fast schon sehen, was er vorhatte, als würde er einen Film sehen.
Lex schaute zum Turm hinüber und sah, dass er wie eine Art Trichter wirkte, der eine unbekannte Energie durch seinen Sockel bis zur Spitze leitete, wo sich die Energie sammelte. Er konnte erkennen, dass, sobald sich genug Energie angesammelt hatte, wahrscheinlich die Vögel kommen und sich dort niederlassen würden und die monatliche Verehrungszeremonie beginnen würde. Wie faszinierend.
Lex verbrachte den Rest der Kutschfahrt relativ still, während er die Informationen, die ihm die Linsen lieferten, in sich aufnahm.
Als sie endlich bei dem Gebäude ankamen, in dem sich die Teleportationsformation befand, schaute sich Lex neugierig um wie ein Kind im Zoo. Die Linsen erkannten die Formation immer noch nicht, aber da Lex ihren Zweck bereits kannte, konnte er noch mehr Infos herauslesen. Außerdem konnte er nun Marcus‘ Plan leichter erraten.
Lex wusste nicht, wie sehr er den Infos aus den Linsen trauen konnte, also begann er, einen Plan auszuarbeiten, um sicherzustellen, dass alles reibungslos verlief, ohne Marcus vorzeitig anzugreifen oder zu bestrafen. Es war eine spannende Herausforderung, da er bereits wusste, was er tun wollte.
„Bist du sicher, dass du keine Bezahlung annehmen willst?“, fragte Lex ein letztes Mal, als Marcus ihn zum Teleportationsraum führte. Diesmal würden nur er und Fenrir die Formation benutzen, daher rechnete er mit hohen Kosten, aber Marcus bestand darauf, dass sie keine Bezahlung annehmen konnten.
Man musste zugeben, dass seine Rolle als perfekter Gastgeber ziemlich beeindruckend war.
„Unmöglich. So eine Kleinigkeit ist nicht mal genug, um ein guter Gastgeber zu sein. Wenn du das nächste Mal kommst, musst du mich ein Festmahl für dich ausrichten lassen.“
„Dann pass gut auf dich auf. Das nächste Mal essen wir auf jeden Fall zusammen.“
Mit einem Lächeln und einem Nicken ging Lex in die Mitte der Teleportationsplattform, dicht gefolgt von dem kleinen Fenrir. Ein paar Minuten später war die Formation vollständig aktiviert und die beiden verschwanden.
Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, verwandelte sich Marcus‘ großzügiges Lächeln in einen hässlichen finsteren Blick. Er hatte keine Ahnung, wer Lex war oder warum sein Onkel ihm so viel Bedeutung beimessete. Ärger und Eifersucht erfüllten sein ganzes Wesen und überwältigten ihn. In seinem Kopf tobte ein kleiner Kampf, als er sich fragte, ob er wirklich etwas tun sollte.
Schließlich kam er zu dem Schluss, dass niemand bemerken würde, wenn er etwas tat, und so machte er sich an die Arbeit.
Vor der Teleportation hatte er sich nicht in die Formation eingemischt, da es viele Möglichkeiten gab, so etwas zu entdecken, und er nicht wusste, ob Lex merken würde, dass daran herummanipuliert worden war. Doch jetzt, da er bereits verschwunden war, oder genauer gesagt, mitten in der Teleportation, konnte er nichts mehr tun.
Mit finsteren Absichten in den Augen bewegte sich Marcus nicht zum Ausgang, sondern zum Kontrollraum. Die Teleportationsformation war in Wahrheit ziemlich groß und passte nicht wirklich in einen Raum. Die gesamte Formation war vor Blicken verborgen, nur zwei Punkte waren erreichbar. Der eine war die Teleportationsplattform, der andere das Bedienfeld im angrenzenden Kontrollraum.
Doch als Marcus den Raum betreten wollte, stieß er gegen eine unsichtbare Barriere. Als wäre sie durch etwas ausgelöst worden, wurde die unsichtbare Barriere undurchsichtig, und Marcus wurde klar, dass er gefangen war.
„Junger Mann, du bist tausend Jahre zu jung, um solche Spielchen vor mir zu spielen“, sagte eine vertraute Stimme und ließ Marcus zusammenzucken. Er drehte sich um, konnte aber Lex nirgendwo entdecken. Woher kam also seine Stimme?
„Als kleine Strafe werde ich dich für ein paar Monate in diesem kleinen Raum einsperren. Nutze diese Zeit, um über deine Lebensentscheidungen nachzudenken. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, werde ich dich fragen, zu welchem Schluss du gekommen bist.“
Ein Hauch von Angst schlich sich in Marcus‘ Herz, als er versuchte, zu verstehen, was vor sich ging. Doch egal, wie sehr er auch suchte, ihm fiel keine Antwort ein, und er konnte die Barriere auch nicht durchbrechen. Er war komplett gefangen.