Lex dachte, seine Probleme wären gelöst, sobald die Adligen und ihre Kinder weg wären. Aber dann kam ein neues, unerwartetes Problem auf.
Big Ben, der frisch verlobte Mann, der die letzten Tage verschlafen hatte, wachte endlich auf. Er war so fit und voller Energie wie noch nie in seinem Leben, aber er konnte sich nicht lange über seine neue Gesundheit freuen.
Es dauerte nicht lange, bis er herausfand, dass die Crew, mit der er zuvor gearbeitet hatte, aufgelöst worden war, und da er zu diesem Zeitpunkt geschlafen hatte, gehörte er nicht zu den wenigen, die sofort von den Gläubigern seines früheren Kapitäns eingestellt wurden.
Das war eigentlich nicht Lex‘ Problem, aber er fühlte sich schuldig, Big Ben in diese Lage gebracht zu haben. Außerdem suchte er ohnehin nach Arbeitern. Also stellte er den großen Kerl als seinen Sicherheitsmann ein.
Big Ben schien ziemlich kontaktfreudig zu sein und kannte fast jeden, der die Kneipe besuchte, mit Namen. Das machte ihn zwar nicht einschüchternd, wie Lex es sich für seinen Türsteher vorgestellt hatte, aber manchmal war das sogar besser. Außerdem, wer sagte, dass Lex sich auf einen einzigen Wachmann beschränken musste? Er konnte mehr einstellen, wenn er jemanden Passendes fand.
Die einzige wichtige Regel für seine Anstellung war, dass er während der Arbeit keinen Alkohol trinken durfte. Das war nicht Big Bens Schuld, aber in Lex‘ Kopf hatte er den Ruf, sich oft zu betrinken.
Der Rest des Tages verlief ruhig, und wegen der Dunkelheit bat Lex Big Ben, die Drillinge nach Hause zu begleiten. Sie bestanden darauf, dass sie keine Begleitung brauchten, aber Lex blieb hart.
An diesem Abend verbrachte Lex noch ein paar Stunden damit, im Meditationsraum Arrays zu üben, bevor er schließlich eine Pause machte, um Lady Cosmos zu schauen.
Es waren jetzt die Top 30, und Lex war ziemlich überrascht, ein bekanntes Gesicht unter ihnen zu entdecken. Es war Alissa Harmony, die YouTuberin, die die Midnight Games gewonnen hatte. Sie war die einzige verbleibende Kandidatin von der Erde und wurde vom ganzen Planeten unterstützt. Die anderen Kandidaten standen ihr in Sachen Unterstützung in nichts nach.
Eine Teilnehmerin fiel Lex besonders auf, da sie offenbar viel Unterstützung von den Mitarbeitern des Midnight Inn bekam. Sie hieß Hailey und schien mit ihrem Charme viele in ihren Bann gezogen zu haben. Nun, Lex konnte nicht behaupten, dass er den Reiz einer schönen Frau mit Flügeln nicht verstehen konnte. Als jemand, der viel Anime geschaut hatte, wusste er, dass sie vielleicht sogar einige Fans von der Erde abgeworben hatte.
Er fragte Mary und erfuhr, dass der Friseur des Inns, Harry Styles, eine Beziehung zu ihr aufgebaut hatte. Sie hatten vieles unausgesprochen gelassen und nichts offiziell gemacht, da sie sich beide voll und ganz auf den Wettbewerb konzentrierten. Trotzdem unterstützten alle Mitarbeiter des Midnight Inn das Paar stillschweigend.
Tatsächlich mussten sie besonders vorsichtig sein, sie still zu unterstützen, denn wenn sich herumsprechen würde, dass die Mitarbeiter des Inns eine Favoritin hatten, könnte das andere beeinflussen.
Lex war zuerst überrascht, als er die Neuigkeiten hörte. Dann seufzte er. Es schien, als würden immer mehr Paare in die Pension kommen, während er seine Position als ewiger Single mehr oder weniger gefestigt hatte. Er erinnerte sich kurz an seine letzte Freundin, die zufällig auch seine erste Freundin gewesen war.
Er war nicht wahnsinnig in sie verliebt gewesen und vermisste sie auch nicht, aber zu sehen, wie seine Angestellten Beziehungen eingingen, während er, der edle Pensionswirt, allein blieb …
Ach. Lex fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und schüttelte solche Gedanken schnell ab. Danach ging Lex natürlich nicht in die Bar, um sich einen Drink einzuschenken. Noch unwahrscheinlicher war es, dass er die Flasche direkt austrank und sich schnell ins Bett warf, wobei er das eingegossene Glas auf der Arbeitsplatte stehen ließ. Es wäre einfach gelogen, wenn man behaupten würde, dass Lex in der folgenden Nacht von unzähligen Albträumen geplagt wurde.
Am Morgen hatte Lex aus Gründen, die nichts mit dem Vorabend zu tun hatten, lächerliche Kopfschmerzen. Zum Glück hatte er die perfekte Lösung.
Er tauchte in den Whirlpool ein und entspannte sich, während er das Inn absuchte. Bewusst oder unbewusst vermied er es, bei seiner Suche nach Lady Cosmos Ausschau zu halten.
Schließlich fiel seine Neugier auf seine neuen Mitarbeiter für das Gewächshaus, die Kaninchen. Er scannte eines nach dem anderen, um zu sehen, was er herausfinden konnte.
Name: Maradona Leopold Agnieszka
Alter: 0
Geschlecht: männlich
Ausbildungsdetails: Qi-Training
Spezies: Nibiruianische Kaninchen
Blutlinie: Wild Root Ravager
Zustand: Ein neugeborenes Kaninchen, das in der Taverne geboren wurde. Es ist ein reines Wesen, das ohne Bosheit geboren wurde, aber sollte Bosheit in sein Herz eindringen, wird seine Blutlinie mutieren.
Anmerkungen: Mach dich auf eine Kaninchenplage gefasst.
Lex bat Mary, sich über die Details der Blutlinie zu erkundigen und ihm mitzuteilen, was daran so besonders war. Wenn es die Aufmerksamkeit der Schildkröten auf sich gezogen hatte, dann war es wahrscheinlich ziemlich gut.
Nachdem er das erledigt hatte, ging er in den Hauptsaal. Es war noch dunkel, was bedeutete, dass außer den Seeleuten, die in der Taverne wohnten, noch niemand gekommen war.
Selbst sie hatten ihre Bestellungen auf ein Minimum beschränkt und bestellten nur Mahlzeiten, da niemand wusste, wie lange sie noch in der Dunkelheit leben mussten.
Lex machte das aber nichts aus, denn die Margen auf seine gängigeren Getränke und Speisen waren so lächerlich gering, dass sie keinen nennenswerten Beitrag zu seinem Gesamtumsatz leisteten. Es reichte gerade so, um die Kosten zu decken und alle seine Angestellten zu bezahlen.
Die eigentliche Einnahmequelle der Taverne waren die exotischeren Getränke und die gelegentliche Möglichkeit, Gäste in den Hinterhof zu lassen. Leider waren die Dienstleistungen nicht billig und nicht für jeden erschwinglich, so sehr er auch gerne zufällige Gäste in den Hinterhof gelassen hätte.
Während Lex über die Finanzen der Taverne nachgrübelte, öffnete sich die Tür zum Hauptraum und gab den Blick auf Lex‘ neueste Mitarbeiter frei.
Angeführt von Hena kamen alle Unruhestifter von gestern nacheinander herein.
Ihre Kleidung war sehr schlicht, ohne Schnörkel oder Muster, aber der Stoff war dennoch von bester Qualität. Dennoch konnte man an ihren kleinen, unsicheren Schritten und der Art, wie sie es wagten, nur nach unten zu schauen und sich weigerten, den Raum zu betrachten, erkennen, wie selbstbewusst sie alle waren. Es war bereits ein großer Kontrast zu gestern.
Lex brauchte jedoch nicht lange, um sie zu beobachten, und behandelte sie wie echte neue Angestellte.
„Sagt mir, welche Erfahrungen habt ihr, damit ich euch die passenden Aufgaben zuweisen kann? Ich nehme an, dass keiner von euch kochen kann, stimmt’s? Was ist mit Schrubben? Hat jemand schon mal den Boden geschrubbt?“
*****
Mit einem schwachen, fast unhörbaren Seufzer verließ Pvarti das Anwesen der Noels. Es gab keine Kutsche für ihn und auch keine Diener, die ihm folgten. Die Reaktion seines Vaters war diesmal eher mild, denn es gab kein Schreien, Brüllen oder Drohungen, ihn in die Armee zu schicken, um die Abscheulichkeiten der Dunkelheit zu bekämpfen.
Gleichzeitig konnte man sie aber auch als extrem hart bezeichnen. Er sagte nur, dass Pvarti jetzt ein Mann sei und offensichtlich seine eigenen Vorstellungen davon habe, wie er sein Leben leben wolle. Daher solle er sich nicht länger mit den Pflichten und Erwartungen belasten, die mit dem Namen Noel verbunden seien.
Sein Familienname wurde ihm genommen, und er musste mit nichts als den Kleidern, die er am Leib trug, gehen. Die einzige Hoffnung, die ihm gegeben wurde, war, dass er, wenn er außergewöhnliche Leistungen für die Familie erbringen würde, gegen seinen Ausschluss Berufung einlegen könnte.
Eine solche Strafe war schon hart genug, aber draußen in der Dunkelheit würde er den schlimmsten Übeln des Kristallreichs ausgesetzt sein, bis er in einer anderen Siedlung Zuflucht finden würde.
Man sollte aber nicht denken, dass das Anwesen in der Nähe anderer Städte lag, wenn man bedenkt, wie schnell sie aus Babylon angekommen waren. Nicht nur die Kutsche war etwas Besonderes, sondern auch das Tier, das sie zog.
Zu allem Überfluss kannte Pvarti auch keinen der Wege zu den umliegenden Städten. Schließlich war er immer mit der Kutsche gereist, warum hätte er sich also die Wege merken müssen?
Der blasse Mann kicherte vor sich hin, als er losging. Im Herrenhaus sahen sein Bruder, seine Schwester und seine Mutter ihm nach, bis er außer Sichtweite war. So sehr sie auch protestieren wollten, sie konnten es nicht. Pvarti war diesmal wirklich zu eigensinnig gewesen, und es ging nicht mehr nur um Ehre oder Schande. Die Familie seiner ehemaligen Verlobten war zu mächtig.
Wenn sie sie nicht mit einer ausreichenden Bestrafung von Pvarti zufriedenstellten, würde die gesamte Familie Noel in Gefahr sein.
Pvarti, der irgendwie mit einem harten Urteil gerechnet hatte, fand für ein paar Minuten schnell seine Energie wieder. Er zwang sich zu einem Lächeln und sagte laut: „Von jetzt an heiße ich Pvarti Party.“
Nach ein paar Augenblicken stöhnte er und gab diese Idee auf. Er musste sich einen besseren Namen ausdenken.
„Ich brauche einen Drink“, sagte er, während seine Hand den Kopf einer Kreatur durchbohrte, die sich aus dem Nebel zu formen begann.
Plötzlich erinnerte er sich an die Taverne, die er kürzlich besucht hatte, und beschloss, dorthin zu gehen. Es gab nur ein Problem. Er konnte sich weder an den Namen der Taverne noch an die Stadt erinnern, in der sie lag. Das würde eine Weile dauern.
