Lex hatte schon einige Verjüngungskuren hinter sich, bei denen man meistens in irgendwas eingetaucht wurde. Ob es nun warmes Wasser mit Nährstoffen und Vitaminen war, die der Körper über die Haut aufnahm, oder Elixiere voller Lebensenergie, oder Sand, der seine Muskeln beruhigte, oder irgendwas in der Art – er hatte alles ausprobiert.
Aber da das Ganze von den Henali organisiert worden war, war die Wirkung natürlich eine ganz andere.
Lex wurde nicht in eine Schlafkapsel oder eine Art Ruheraum geführt. Stattdessen wurde er in eine medizinische Einrichtung gebracht und gebeten, in einen blauen Lichtstrahl zu treten, der seinen Körper in die Luft hob.
Die Ärzte im Raum begannen, an ihren Tablets an etwas zu arbeiten, das Lex nicht sehen konnte, aber bald sah er, wie sich die Maschine aktivierte und eine dünne, weiße Substanz begann, eine Hülle um ihn herum zu bilden.
Zuerst verstand Lex nicht, was vor sich ging, aber als eine klare Flüssigkeit die Hülle zu füllen begann, wurde ihm klar, was das war. Sie schufen eine Eierschale um ihn herum, und er war der Eigelb – oder zumindest so ähnlich.
So seltsam das auch war, er wehrte sich nicht, sondern schloss die Augen und ließ die Hülle fertig werden.
Die Flüssigkeit stieg, bis er komplett darin versunken war, und obwohl Lex die Luft anhielt, merkte er, dass sein Körper trotz der Flüssigkeit, die ihn umgab, durch seine Haut atmete.
Er versuchte herauszufinden, welche weiteren Auswirkungen die Flüssigkeit hatte, aber da er weder Wärme durch seine Haut spürte noch ein kühles Gefühl, das seine Müdigkeit lindern würde, oder überhaupt irgendwelche Reize, konnte er nicht sagen, was sie bewirkte.
Er versuchte weiter, herauszufinden, was sie tat, aber es dauerte eine Weile, bis er erkannte, dass es keine körperlichen oder geistigen Empfindungen gab, die darauf hindeuteten, was geschah, aber irgendwann hatte er alle seine Muskeln entspannt. Er entspannte seinen Kiefer, lockerte seine Schultern und ließ seine Beine ruhen, anstatt sie angespannt zu halten.
Sogar sein Geist hatte sich entspannt, obwohl er nie ganz aufhören konnte zu funktionieren, da ein Teil von ihm immer die Herberge im Auge behielt. Ironischerweise bemerkte er diese Veränderung, weil sein Geist sich beruhigt hatte, Jacks aber nicht. Es war also Jack, der den Unterschied in ihren Denkprozessen bemerkte, was jedoch keinen negativen Einfluss auf sie hatte.
Nach ein paar weiteren Minuten schlief Lex ein und sein Körper nahm eine Fötusstellung ein, während das Ei langsam kleiner wurde und immer mehr Flüssigkeit in seinen Körper drückte.
Die Ärzte draußen maßen kontinuierlich seine Vitalwerte, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung war, aber sie achteten besonders darauf, keine Proben zu entnehmen oder irrelevante Messungen durchzuführen, die als Verletzung seiner Privatsphäre angesehen werden könnten.
Das war kein Spaß. Auf dieser Stufe hatte jeder einzelne Teilnehmer eine einzigartige Macht und Einfluss in ganz Henali. Tatsächlich war einer der geheimen Gründe für die Übertragung des Turniers im ganzen Reich, jedem Teilnehmer ein gewisses Maß an offizieller Anerkennung zu verschaffen.
Das war eine subtile Vorbereitung der Henali auf mögliche offizielle Positionen, die sie diesen Teilnehmern in Zukunft geben wollten.
Der Verjüngungsprozess dauerte nicht lange. Mit jeder Sekunde wurde die Eierschale kleiner und kleiner, und nach wenigen Minuten war sie so nah an Lex, dass sie seine Haut berührte. Es dauerte noch eine Minute, bis sich die Eierschale vollständig an seine Form angepasst hatte, dann begann sie sich ein wenig zu dehnen, als sie versuchte, sich noch weiter hineinzuquetschen.
Aber wie konnte eine einfache Eierschale auch nur ein einziges Haar auf Lex‘ Körper nach unten drücken? Mit einem lauten, hallenden Knacken zerbrach die Eierschale und gab den Blick auf Lex frei, der ebenfalls durch das Geräusch geweckt worden war.
Obwohl er von der Wirksamkeit des Verfahrens nicht überrascht sein sollte, war er dennoch verblüfft. Es waren nur wenige Minuten vergangen, doch er fühlte sich, als hätte er wochenlang geschlafen.
Die ganze mentale Erschöpfung, der Stress und der Druck, die sich aufgrund seiner laufenden Pläne in seinem Kopf angestaut hatten, waren wie weggeblasen. Sogar seine wachsende Wut, die er so lange unterdrückt hatte und die ihn ungeduldig machte und dazu veranlasste, bestimmte Dinge zu überstürzen, verschwand nach und nach.
Da er seine Gefühle nun wieder vollständig unter Kontrolle hatte, wurde ihm klar, dass er umso ruhiger und gelassener sein musste, je kritischer die Situation war. Es war ein grundlegender Fehler, den er jedoch begangen hatte, da seine Familie zum ersten Mal involviert war.
Sofort gab er Mary einige neue Anweisungen, die sie weitergeben sollte. Ängstliches Verhalten würde nur unnötige Aufmerksamkeit erregen. Alles musste korrekt und ohne Eile erledigt werden.
Aber als das erledigt war, staunte Lex, wie sehr ihm die kurze Entspannung geholfen hatte, einen klaren Kopf zu bekommen. Obwohl seine Leistung trotz des Drucks, der sich aufgebaut hatte, nicht nachgelassen hatte, war seine Klarheit bemerkenswert.
Er gewann eine neue Perspektive auf die Dienstleistungen, die sie im Inn anbieten konnten, und nahm sich vor, Arbeitsretreats als Sonderpakete für das Inn ins Programm aufzunehmen.
Er drehte sich zu der Rezeptionistin um, die die ganze Zeit daneben gestanden hatte, obwohl ihr Gesichtsausdruck wieder sehr unbehaglich war.
„Es tut mir leid, Mr. Lex, aber es ist eine kleine, unerwartete Situation eingetreten“, sagte sie so höflich wie möglich. Sie konnte es sich wirklich nicht leisten, ihn zu verärgern, und doch war sie ständig dazu gezwungen.
Obwohl sie wusste, dass sie an diesem Ort sicher war, verlor sie angesichts eines so mächtigen Mannes jegliche Logik, als die Angst einsetzte.
„Lass mich raten: Die Henali waren nicht darauf vorbereitet, dass jemand so schnell vorbeikommt, und obwohl sie die Auszeichnung vorbereitet haben, können sie sie nicht selbst überreichen.“
Die Empfangsdame erstarrte. Er hatte genau richtig geraten.
Lex lachte leise.
„Keine Sorge. Das habe ich erwartet. Gib mir einfach die Auszeichnungen und sag mir Bescheid, wann ich zur Prüfung kann. Ich muss noch ein paar andere Dinge erledigen.“
Natürlich hatte er das erwartet. Er war es schließlich, der absichtlich dafür gesorgt hatte, dass so etwas passieren würde.
