Nachdem er den Alchemistenmeister mit ein paar indirekten Ratschlägen weggeschickt hatte, ging Lex zur Bar. Er erwartete heute einen bestimmten Kunden, der in aller Munde war, obwohl niemand seine wahre Identität kannte. Lex wusste nur deshalb, wer er war, weil er mit seinem geistigen Sinn heimlich die ganze Stadt überblicken konnte.
An den meisten Tagen, wenn er nichts zu tun hatte, saß er auf dem Dach und beobachtete die Stadt mit seinem geistigen Sinn. Man könnte meinen, dass das nach einer Weile langweilig wird, aber es war eigentlich ziemlich interessant. Im echten Leben gab es mehr Spannung und Drama als in unzähligen Fernsehsendungen, nur dass niemand sonst zusah und die Beteiligten die Spannung kaum genossen. Es gab auch viel Komik.
Spät am Abend kam ein Gast rein, dessen Gesicht größtenteils von langen Haaren verdeckt war. Seine Klamotten sahen ganz normal aus, und es schien nichts an ihm zu sein, was besonders auffiel. Er schien perfekt in die Kulisse der Stadt zu passen.
Er setzte sich in eine Ecke, bestellte einen Drink und schien mehr als glücklich darüber, vergessen zu werden. Wäre dies eine andere Kneipe gewesen, hätte seine Technik, mit der er leicht übersehen werden konnte, Wunder gewirkt. So aber übersah keine der drei Schwestern auch nur einen einzigen Gast und sorgte stets dafür, dass alle gut bedient wurden.
Die zusätzliche Aufmerksamkeit war ihm unangenehm, aber er ließ sich nichts anmerken. Er war zufrieden damit, einfach still dazusitzen, den Gesprächen im Raum zu lauschen und seinen Drink zu genießen.
Neben dem Hochzeitsskandal redeten die Gäste über alles Mögliche, wobei eines der heißesten Themen die zunehmende Kriminalität in der Stadt war. Aber als einfache Leute redeten sie meist nur über ihren Nachbarn, der ausgeraubt worden war, oder über etwas, das sie auf der Straße gesehen hatten.
Nach ein paar Stunden, nachdem er nichts von dem erfahren hatte, was er hören wollte, ging der Mann schließlich zur Bar. Normalerweise war Roan dort, aber heute Abend hatte Lex selbst übernommen.
„Noch einen Drink?“, fragte Lex beiläufig, ohne dem Mann besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
„Etwas, das mich eine Weile wach hält“, sagte er heiser, und Lex nickte und schenkte ihm einen Eiskaffee ein – ein Getränk, das es auf diesem Planeten nicht gab.
„Vielen Dank“, sagte der Mann und schob Lex eine Münze zu. Es war eine Goldmünze, die viel zu viel für das Getränk wert war, das er bekam. Lex sah den Mann neugierig an.
„Hast du irgendwas von verschwundenen Kindern gehört? Irgendwas Ungewöhnliches, außer den üblichen Fällen von Kindern, die auf dem Markt verloren gegangen sind?“
Lex nahm schließlich die Münze und tat so, als würde er nachdenken. Er wusste, dass dieser Mann bereits an verschiedenen Orten nachgefragt hatte und nichts herausgefunden hatte. Aber heute war er in die einzige Kneipe der Stadt gekommen, in der er die Antwort finden konnte, nach der er suchte.
„Jetzt, wo du es sagst, ich habe von etwas Seltsamem gehört“, sagte er und senkte die Stimme. „Es geht nicht um vermisste Kinder, aber in der Innenstadt wurde eine neue Schule eröffnet, die für Kinder aus den Außenbezirken gedacht ist. Jedes Mal, wenn ich von ihnen höre, suchen sie nach mehr Kindern, als ob sie nie genug Klassenräume hätten. Ich fand das etwas seltsam.“
Der Mann versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber Lex spürte, wie sich sein Körper anspannte. Das war genau das, wonach er gesucht hatte.
„Weißt du, wie das heißt?“
„Ja, das heißt School of The Heroes Of Trent, oder kurz School of THOT.“
„Was für ein cooler Name“, meinte der Mann, bevor er sein Getränk in einem Zug austrank und die Taverne verließ. Lex lächelte nur. Die nächsten Tage würden bestimmt spannend werden, was gut war. Wenn es zu langweilig wurde, müsste er vielleicht darüber nachdenken, seine Taverne auf einen anderen Planeten zu verlegen.
*****
Im Midnight Inn tobte seit Wochen ein Hurrikan aus geschmolzener Lava. Einige Gäste dachten, dass es sich um ein neues Phänomen handelte, und kamen herbei, um sich das anzusehen. Viele machten vor dem Hurrikan ein Picknick und schlossen Wetten darüber ab, wie lange er noch anhalten würde.
Normalerweise wäre es zu gefährlich gewesen, sich dem zu nähern, aber da sich der Hurrikan technisch gesehen von Anfang an nicht von der Stelle bewegt hatte, fühlten sich alle sehr wohl dabei.
Es war nicht nur ein interessanter Anblick, wer wusste schon, ob vielleicht ein Schatz herausspringen würde? In den letzten fünfzehn Jahren hatten unzählige Gäste des Midnight Inn äußerst wertvolle Schätze im Inneren entdeckt und erfahren, dass sie diese mitnehmen durften.
Die Bedingung war jedoch, dass sie die Umgebung nicht beschädigten und dass sie, falls es sich um einen Schatz handelte, der immer wieder auftauchen konnte, dessen Wurzeln oder Ursprungsort entfernten.
Es war wie eine Schatzsuche, nur dass die Schätze echt waren und man sie behalten durfte.
Aber heute, nach Wochen, tat der Hurrikan endlich etwas anderes. Seltsamerweise begann er zu schrumpfen.
Einige dachten, dass der Hurrikan explodieren würde, wenn er klein genug geworden war, aber das passierte nicht. Stattdessen kühlte die geschmolzene Lava schließlich ab, und der Hurrikan wurde langsamer, bis er schließlich verschwand.
Aus dem Feuer tauchte eine meditierende Gestalt auf.
Lex öffnete die Augen, nachdem er endlich seine letzte Kultivierungssitzung beendet hatte. In letzter Zeit hatte er begonnen, innerhalb seiner Technik „Himmelsfeuerofen“ zu meditieren und sie mit dem Drachenatem-Symbol mit Feuer zu füllen.
Er erhöhte seine Toleranz gegenüber seinem eigenen Drachenfeuer, bevor er es mit echtem Drachenfeuer ausprobierte, da Pel Jr. kurz davor stand, seinen riesigen Drachenkörper kontrollieren zu können.
Zugegeben, es hatte viel länger gedauert als erwartet, da Drachenfeuer viel komplexer war, als Lex ursprünglich angenommen hatte. Aber heute hatte er endlich die Stufe der vollständigen Immunität erreicht. Morgen würde er es mit dem echten Drachenfeuer versuchen.
