Perspektive einer dritten Person
Und es schien, als würde Ethans verzweifeltes Kopfschütteln ausreichen, um den Dämon noch mehr in Rage zu versetzen.
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Die Luft um Ethan herum verdichtete sich und verzerrte sich, als würde sich der Raum auf Zarghuls Befehl hin verdrehen.
Das Schlachtfeld verschwamm vor Ethans Augen, und der flache Gipfel und der blutbefleckte Altar lösten sich in eine neue, gespenstische Landschaft auf.
Ein kränklich grüner Himmel ragte über ihm auf und tauchte die einst stolze Burg – sein Zuhause aus Kindertagen – in ein unheimliches Licht.
Aber es war nicht mehr der Ort, an den er sich erinnerte.
Die prächtigen Säle und hoch aufragenden Türme, die einst Symbole für Macht und Prestige waren, waren nun verfallene Ruinen.
Die Mauern bröckelten wie altes Pergament und wirkten hohl und leblos.
Ein dichter Geruch nach erstickender und bedrückender Verwesung hing in der Luft, als wäre das Land längst gestorben und verrottete in vergessener Zeit.
Dann tauchten Gestalten aus dem wabernden Dunst auf.
Seine Familie stand vor ihm, darunter seine Mutter und seine Großeltern.
Doch ihre Gesichter waren von Trauer, Verrat und etwas Tieferem gezeichnet, und dieses Etwas kratzte an den Rändern seines Bewusstseins.
Sogar seine Meisterin Nyx, gekleidet in ihre charakteristische schwarze Rüstung mit Stacheln, erschien und stand regungslos da, als wäre sie aus Stein.
In der Ecke standen Virelle und Velcy zusammen.
Doch trotz ihrer Unterschiede im Leben verband sie in dieser verdrehten Illusion eines: Schmerz.
Ihre Augen bohrten sich voller Trauer, Wut, Groll und unerträglicher Enttäuschung in ihn.
Dann streckte seine Mutter die Hand nach ihm aus, und ihre Finger zitterten dabei.
„Ethan … warum hast du uns nicht gerettet?“
Ihre Stimme brach wie trockene Blätter im Wind.
Und bevor er etwas sagen konnte, bevor er überhaupt begreifen konnte, was sie gesagt hatte, löste sich ihre Gestalt in Staub auf und zerstreute sich in der Leere.
Ein seltsames Gefühl regte sich in Ethans Brust.
Es war keine Trauer. Es war keine Traurigkeit.
Es war etwas Fremdes, Unerwartetes. Es war ein leerer Stich, den er in keinem seiner Leben jemals gespürt hatte.
Es war das erste Mal, dass er die Trauer und den Schock über den Verlust eines geliebten Menschen erlebte.
Aber tief in seinem Inneren, unter dem erdrückenden Gewicht der Illusion, wusste er, dass dies nicht real war.
Und doch war er für einen Moment dankbar. Dankbar, dass dieser Zarghul ihm etwas Unbezahlbares gezeigt hatte.
Den Schmerz des Verlusts und das Wissen um das, was er niemals zulassen durfte.
Dann trat Virelle vor.
„Du hast versprochen, mir zuzuhören“, flüsterte sie, während ihre blutroten Augen von Tränen überströmt waren.
„Du hast geschworen, mich für immer zu lieben. Mich zu heiraten.“
Ihre Stimme wurde hart, und plötzlich verwandelte sich ihre Trauer in unerträgliche Wut.
„Aber wie konntest du nur? Wie konntest du mich betrügen? Ausgerechnet für diese Frau?“
Ihre blutroten Augen blitzten und hinter ihnen brannte eine rohe Wut. Und obwohl er wusste, dass all das nur gespielt war, und trotz seiner eisernen Entschlossenheit, lief Ethan ein Schauer über den Rücken.
Die Szene wechselte erneut, und nun stand seine Meisterin in ihrer schwarzen Rüstung vor ihm, die im trüben, fahlen Licht unheilvoll glänzte.
Ihre goldenen Augen waren scharf und durchdringend, als sie ihn mit kalter Endgültigkeit ansah.
„Du hättest mir niemals widersprechen dürfen“, sagte sie mit einer Stimme, die von leiser Entschlossenheit geprägt war.
„Du solltest nur mir gehören. Und trotzdem hast du dich entschieden, mir nicht zu gehorchen?“
Die Worte drückten auf ihn wie Fesseln, wie Ketten, die seinen Willen zu binden suchten. Aber Ethan konnte die verborgene Bitterkeit und Frustration in ihnen spüren.
Dann sprach Velcy, als wäre sie nach dem Meister an der Reihe.
Zuerst sah sie nicht auf, sondern hielt den Kopf gesenkt. Ethan konnte ihr wunderschönes silbernes Haar sehen, das mit Blut und Schmutz verfilzt war.
Aber ihre Stimme trug das ganze Gewicht der Qual und Bitterkeit.
„Hast du nicht gesagt, du würdest mich beschützen?“, flüsterte sie.
Der Wind trug ihre Worte wie ein Echo durch die Leere.
„Du hast gesagt, du würdest mir helfen, meine Familie zu finden … dass du mich nie wieder so leiden lassen würdest.“
Langsam hob sie den Kopf.
Ihre einst so sanften blauen Augen waren jetzt von Verzweiflung ausgehöhlt und mit Blutstränen verschmiert.
Und als sie wieder sprach, klang ihre Stimme düster und verzerrt.
„Aber du … ausgerechnet du … hast mich an diese Monster verkauft.“
Ethans Finger ballten sich zu Fäusten.
Es waren nicht ihre Worte, die ihn erschütterten. Es waren nicht die Anschuldigungen oder der Schmerz in ihren Blicken. Es war die bloße Realität all dessen.
Die Illusion ahmte nicht nur die Wahrheit nach, sie fühlte sich echt an.
Die Bitterkeit, die Trauer, der Hass.
Die rohen Emotionen stürmten auf ihn ein und drückten von allen Seiten auf seinen Verstand, als wollten sie das Fundament seines Geistes zum Einsturz bringen und seine zerbrechliche Seele zerquetschen.
Seine Sicht verschwamm und seine Gedanken taumelten.
Für einen weniger starken Mann, wahrscheinlich für einen gewöhnlichen Achtzehnjährigen, wäre dies ein unerschütterlicher Albtraum gewesen.
Aber Ethan war nicht gewöhnlich.
Er hatte zwei Leben gelebt. Er hatte blutgetränkte Schlachtfelder betreten. Er hatte Schrecken erlebt, die das menschliche Vorstellungsvermögen überstiegen.
Und er hatte aus all dem etwas gelernt.
Das war keine Trauer. Das war nicht die Wahrheit, aber es war eine Waffe.
Eine sorgfältig geschmiedete Klinge, die bis zur Perfektion geschliffen und dazu bestimmt war, seine Seele zu durchbohren und ihn von innen heraus zu zerreißen.
Als Ethan das erkannte, verzog er die Lippen.
Netter Versuch, kleiner Dämon.
Tief in seinem Inneren flackerte ein Licht auf. Es war die heilige weiße Flamme.
Sie war sehr klein und unscheinbar, wie eine kleine Glut, aber sie war unerschütterlich.
Sie pulsierte im Kern seines Geistes wie eine uralte Kraft, die mit seinem ganzen Wesen verflochten war.
Obwohl sie erst vor kurzem erwacht war, setzte Ethan sie ein, als hätte er sie schon immer gekannt.
Er widersetzte sich ihr nicht und zwang sie nicht, für ihn zu handeln, sondern ließ sie einfach brennen.
Die weiße Flamme schwoll an und sofort zerbrach die Illusionswelt.
Wie zerbrechliches Glas zersprang die Illusion. Die Schatten lösten sich auf und wurden unter der Berührung des heiligen Feuers buchstäblich zu Asche verbrannt.
Die falschen Stimmen verzerrten sich und zerfielen in leere Flüstern, bevor sie vollständig verschwanden.