Perspektive einer dritten Person
Währenddessen beobachtete Zarghuls zerbrochenes Bewusstsein das Ganze mit wachsendem Entsetzen.
Wie?
Wie konnte ein einfacher Sterblicher, der an die Gesetze dieser niederen Welt gebunden war, die Netherflamme berühren und überleben? Schlimmer noch – sie verschlingen?
Ein längst vergessenes Gefühl regte sich in den Tiefen seines zerbrochenen Geistes.
Zum ersten Mal seit Jahrtausenden spürte Zarghul etwas, das er einst für unmöglich gehalten hatte.
Angst.
Ethan ballte die Finger, und der brennende Schädel zerbrach in seiner Hand.
Zarghuls blutroter Schädel-Avatar zitterte, während sich seine hohlen Augen ungläubig weiteten.
„Was … was ist das?“, zischte er, und seine Stimme klang wie ein Chor aus Schreien.
„Wie kannst du der Netherflamme widerstehen? Wie kannst du sie verschlingen?“
Ethan antwortete nicht.
Seine Konzentration war absolut, als der silberne Wirbel über seiner Handfläche wuchs und die Netherflamme des ewigen Leids mit unstillbarem Hunger verschlang.
Die Blutlinie des Traumschleier-Teufelskaisers, die lange Zeit in ihm geschlummert hatte, erwachte mit einem Brüllen zum Leben wie ein schlummerndes Biest, das vom Geruch seiner Beute geweckt worden war.
Seine Sicht verschwamm und das Schlachtfeld verblasste, während Fragmente von Erinnerungen und Träume von einem fernen, alten Reich seinen Geist überschwemmten.
Er fand sich in einer Welt wieder, die er noch nie zuvor gesehen hatte.
Der Himmel war eine schimmernde silberne Fläche, deren Oberfläche wie flüssiges Metall wogte.
Unter ihm war der Boden ein Mosaik aus Schwarz und Weiß, dessen Muster sich wie lebendig verschoben und wirbelten.
Hoch aufragende Türme aus Obsidian und Alabaster ragten in den Himmel, deren zerklüftete Gipfel wie himmlische Klingen die traumhaften silbernen Wolken durchbohrten.
Die Luft pulsierte von einer seltsamen, resonanten Energie und einem empfindlichen Gleichgewicht aus Licht und Schatten, das sich sowohl heilig als auch profan anfühlte.
Im Zentrum dieser Welt ragte ein kolossaler schwarzer Turm über die treibenden silbernen Wolken, dessen Spitze im endlosen Nachthimmel verschwand.
Es war ein Himmel ohne Sonne, in dem es keine blauen Farbtöne gab, sondern nur eine Leinwand aus wirbelnder Dunkelheit, die von fern glitzernden Sternen verziert war.
Doch als Ethan darunter stand, fühlte er sich nicht fremd. Im Gegenteil, ein Flüstern der Wiedererkennung regte sich in seiner Seele.
Er schien im Himmel zu schweben.
Instinktiv wollte er die Spitze sehen, und als würde sein Wunsch in Erfüllung gehen, konnte er sie sehen.
Auf der Spitze ragte ein Thron aus makellosem weißem Knochen empor, dessen Oberfläche so glatt poliert war, als wäre er von göttlichen Händen geformt worden.
Er strahlte eine Aura absoluter Souveränität und eine so dominierende Präsenz aus, dass selbst die stille Welt um ihn herum sich in Ehrfurcht zu verneigen schien.
Und auf diesem Thron saß eine Gestalt, die in grenzenlose Schatten gehüllt war.
Ihre Gestalt war undeutlich wie ein Abgrund der Dunkelheit, der sich unendlich in alle Richtungen ausdehnte, sich verschob und in die umgebende Leere überging.
Doch eines hob sich in scharfem Kontrast davon ab: die ätherische silberne Krone, die auf ihrem Kopf ruhte.
Die Krone war weder aus Metall noch aus Stein, sondern schien aus der Essenz unzähliger Seelen gewebt zu sein, denn jeder einzelne Strang pulsierte mit einem schwachen, gespenstischen Licht.
Ihr Flüstern vermischte sich zu einer eindringlichen Symphonie und bildete eine Melodie aus Trauer, Macht und Ewigkeit.
Die bloße Anwesenheit der Gestalt war überwältigend, wie eine Existenz, die Zeit, Raum und Sterblichkeit selbst überstieg.
Dann richtete sie ihren Blick auf Ethan.
Eine erstickende Kraft traf ihn mit voller Wucht, als sich ihre Blicke trafen – wenn man diese unendlichen Abgründe überhaupt als Augen bezeichnen konnte.
In ihnen sah Ethan die Ewigkeit.
Ein riesiger Abgrund aus Äonen, die Echos vergessener Zivilisationen und das Gewicht unzähliger Leben flackerten wie sterbende Glut in der Leere ihrer riesigen Augen.
Sein Atem stockte. Ein Urinstinkt schrie ihn an, seinen Blick abzuwenden, sich zu verbeugen und sich dieser unbegreiflichen Wesenheit zu unterwerfen.
Aber er blieb standhaft, auch wenn er spürte, wie sich etwas in ihm auflöste, als würde sein Innerstes vor diesem Wesen bloßgelegt.
Und dann sprach die Gestalt.
Ihre Stimme war kein Ton, sondern eine Resonanz, die durch die Existenz selbst vibrierte und ein Echo hinterließ, das von nirgendwo und überall gleichzeitig kam.
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„Du bist endlich erwacht.“
Die Worte hallten durch Ethans Seele, nicht als Begrüßung, sondern als Verkündigung.
„Der Traumschleier regt sich erneut. Wanke nicht, Erbe der Schatten.
Der Weg vor dir ist voller Gefahren, aber der Ewige Thron wartet auf dich.“
Die Welt aus Silber und Schatten bebte. Lichtfragmente zersplitterten wie zerbrochenes Glas, und die Realität brach in sich zusammen.
Die Vision verblasste.
Ethans Bewusstsein kehrte auf das Schlachtfeld zurück, aber die Erinnerung blieb und war lebendiger als jeder Traum und greifbarer als eine bloße Illusion.
Etwas Uraltes hatte seinen Blick auf ihn gerichtet.
Dieses zeitlose Wesen hatte ihn wahrgenommen.
Er wusste nicht, ob das auf lange Sicht gut oder schlecht sein würde, aber er wusste, dass er sich selbst und die Menschen um ihn herum in diesem Leben niemals aufgeben würde.
Als sich sein aufgewühltes Herz beruhigte und seine turbulenten Gedanken in seinem Kopf zur Ruhe kamen, verstand Ethan eine unbestreitbare Wahrheit.
Das … das ist mein Vermächtnis.
Was diesen Void Nihility-Dämon anging, so war sein Moment der Abrechnung gekommen. Der Gejagte war zum Jäger geworden.
Aber Zarghul fasste sich, und in einem Augenblick wurde die Luft tödlich kalt und steril, als wären alle Spuren von Leben ausgelöscht worden und hätten einen Abgrund absoluter Leere hinterlassen.
Plötzlich zitterte sein purpurroter Schädelavatar vor Wut und seine hohlen Augenhöhlen entflammten in einem sengenden höllischen Glühen.
„Du wagst es, mir zu trotzen, Sterblicher?“, zischte er, seine Stimme eine beunruhigende Mischung aus Schreien und Flüstern, überlagert von Bosheit.
„Glaubst du wirklich, dass dein zerbrechlicher Wille dem Abgrund der Nihility standhalten kann? Erlaube mir, deine Arroganz zu korrigieren.“
Ethan schüttelte nur den Kopf und war von seiner Scharade sichtlich unbeeindruckt.
Er hatte keine Arroganz gezeigt, doch der Nihility-Dämon brodelte, als hätte seine Verteidigung und sein Trotz sein zerbrechliches Ego verletzt.
Er hatte nichts von der Arroganz gezeigt, von der es sprach, aber es schien, als könne sein zerbrechliches Ego es nicht ertragen, dass ein Wesen der zweiten Klasse wie er seinen Angriff verteidigte und zunichte machte.