Perspektive einer dritten Person
Ich will wieder dieses satte, seelenvolle Blut schmecken, das durch seine Adern fließt. Dieser Gedanke kreiste unaufhörlich in ihrem Kopf, aber sie schaffte es, ihn vorerst zu unterdrücken.
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„Du scheinst keine Angst mehr zu haben, Virelle“, neckte Ethan sie sanft.
Sie schmiegte sich immer noch an ihn und antwortete mit leiser, träger Stimme.
„Im Moment entscheide ich mich, zu hoffen und an dich zu glauben, Bruder Ethan. Ich möchte an die Kraft unserer Liebe glauben.“
„Keine Sorge“, versprach er mit fester und entschlossener Stimme.
„An diesem Tag gebe ich dir mein Wort, dass niemand dich mir wegnehmen wird. Ich werde dich von allen Ketten befreien, mit denen deine Familie und dieses Imperium dich gefesselt haben.“
Bei seinem Schwur huschte ein leichtes Lächeln über ihre Lippen. Die emotionale Last und die Anspannung, die sie bis jetzt getragen hatte, holten sie endlich ein, und ihre Augenlider fielen zu, als sie die Erschöpfung überkam.
Ethans Perspektive
Ein sanftes Lächeln huschte über meine Lippen, als ich Virelles Haar sanft streichelte. Sie schlief, während sie ihren Kopf friedlich auf meinem Schoß ruhen ließ.
Ich ließ keine perversen Gedanken zu, da ich wusste, dass sie an diesem Tag schon genug emotionale Turbulenzen durchgemacht hatte.
Vorsichtig lehnte ich mich auf dem Bett zurück und hielt sie fest in meinen Armen. Ich küsste ihre Stirn, während mich Wellen der Glückseligkeit überkamen. Diese beruhigende Wärme in meinem Herzen ließ Schmetterlinge in meinem Bauch flattern, als mir ein Gedanke durch den Kopf schoss.
Nur wer schon einmal erdrückende Einsamkeit erlebt hat, kann den Wert von Gemeinschaft und Liebe wirklich verstehen.
Deshalb wollte ich uns nicht aufgeben. Nicht aus Stolz und schon gar nicht aus Trotz, sondern weil Menschen wie ich und Virelle, die echte Einsamkeit erfahren haben, den unersetzlichen Wert einer solchen Verbindung kennen.
Ich lachte leise vor mich hin. Dieser dumme Prinz merkt nicht einmal, dass die Prinzessin, von der er Tag und Nacht träumt, gerade in den Armen eines anderen liegt.
Der böse Gedanke zauberte ein kurzes Grinsen auf mein Gesicht, aber bald wiegten mich die Wärme von Virelles Gegenwart, die Weichheit des Bettes und die Ruhe, die uns umgab, in den Schlaf.
Unbewusst driftete ich davon, umhüllt von einem Trost, von dem ich nie gewusst hatte, dass ich ihn so dringend brauchte.
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Virelles Perspektive
Ich stieg die hohen Treppen des verlassenen Turms im Abyssal Sanctum hinauf, wobei jeder meiner Schritte das ängstliche Pochen meines Herzens widerhallte. Die Steinwände ragten hoch und gleichgültig empor und warfen lange Schatten, die meine innere Unruhe widerspiegelten.
Ich war bereits seit einer Stunde hier. Wo ist er? Er kommt nie zu spät. Ist ihm etwas zugestoßen?
Angst packte mich und alle möglichen schlimmen Szenarien schossen mir durch den Kopf.
Meine Gedanken drehten sich im Kreis, bis ich kurz davor war, durchzudrehen, aber dann hörte ich eine sanfte, magnetische Stimme, die mich zurück in die Realität holte.
„Hat meine kleine Vampirin mich vermisst?“
Freude durchströmte mich und seine plötzliche Stimme zerbrach die Mauern meiner Angst in einem Augenblick. Ich drehte mich auf der Stelle um und sah ihn lässig an das Geländer der Turmspitze gelehnt stehen.
Der Wind zerzauste sein violettes Haar und seine purpurroten Augen funkelten vor Zuneigung. Eine Mischung aus Erleichterung und Sehnsucht stieg in mir auf und trieb mich zu ihm hin.
Ohne zu zögern rannte ich zu ihm. Instinktiv öffnete er seine Arme, um mich willkommen zu heißen, wie eine stille Einladung, und es bedurfte keiner Worte zwischen uns.
Ich warf mich in seine Umarmung und klammerte mich an seinen Hemdstoff, als würde er mich am Leben halten. Seine starken Arme umfassten meine Taille und hoben mich mühelos hoch, bis meine Beine sich um ihn schlangen.
Die Abfolge unserer nahtlosen Bewegungen ließ uns schließlich in diesem einzigartigen, perfekten Moment stehen.
Und es passierte genau so, wie ich es mir unzählige Male erträumt hatte. Unsere Lippen trafen sich in einem leidenschaftlichen, verzweifelten Kuss. Meine Hände verfingen sich in seinem Haar und zogen ihn näher zu mir, als ob diese Nähe den Schmerz unserer Trennung auflösen könnte.
Er stützte mich mit einem Arm und umfasste mit dem anderen meinen Nacken, während seine Berührung sowohl zärtlich als auch besitzergreifend war.
Ich legte meine ganze Einsamkeit und Sehnsucht in diesen Kuss und kostete seine Lippen und seinen Speichel mit einer Gier, die aus Liebe und Abwesenheit geboren war.
In meiner Leidenschaft streiften meine Reißzähne seine Lippe und hinterließen einen kleinen Tropfen Blut, der meine verbotene Delikatesse war.
Es schmeckte genau so, wie ich es erwartet hatte: berauschend und reichhaltiger als alles andere auf dieser Welt, ein Geschmack, der mich auch nach all den Jahren noch immer in Erstaunen versetzte.
Aber meine Glückseligkeit wurde plötzlich in einem Augenblick zerstört.
Ein kehliges Stöhnen entrang sich seinem Mund, der gegen meinen gedämpft war. Sein Körper verkrampfte sich vor Schmerz, den ich durch unsere Berührung spüren konnte.
Verwirrt zog ich mich zurück, nur um einen Anblick zu sehen, der meine Seele aushöhlte. Unbeschreiblicher Horror fesselte mich an Ort und Stelle, als ich auf die blutrote Sichel starrte, die aus seiner Brust ragte und mit ihrer bösartigen Krümmung grotesk durch sein Herz gehakt war.
Sein Blut blühte wie eine dunkle Blume und befleckte sein weißes Hemd und meine zitternden Hände. Seine purpurroten Augen, die einst so lebendig und voller Leben waren, waren jetzt stumpf und glasig und hatten ihr gewohntes Leuchten verloren.
Seine Lippen bewegten sich und formten lautlose Worte, die ich wegen der Tränen, die meine Sicht verschwimmen ließen, nicht verstehen konnte. Sie gingen unter dem Gewicht seiner letzten Atemzüge verloren.
„Nein! Das darf nicht wahr sein!“ Meine rauen, verzweifelten Schreie durchdrangen die Stille des verlassenen Turms.
Ich hielt sein Gesicht in meinen Händen, und endlose Tränen liefen mir über die Wangen und vermischten sich mit dem Blut, das meine Hände bedeckte. Die Trauer verschlang mich und hinterließ nichts als eine leere Hülle der Verzweiflung.
Die Welt verschwamm und wurde durch die Tränenflut, die mir die Sicht nahm, verzerrt. Durch den Schleier sah ich endlich den Schatten des Angreifers, der meine Welt zerstört hatte.