Ein riesiges Portal, zwanzig Meter hoch, ragte in der Mitte einer breiten, strahlend blauen Plattform empor. Das Licht von leuchtenden Kristallen unter dem Boden wurde sanft auf die transparente Decke darüber reflektiert und schuf eine Atmosphäre, die sowohl grandios als auch fremdartig wirkte.
Alle paar Augenblicke blitzte das Portal mit einem Energiestoß auf, und Gestalten tauchten auf – einige humanoid, andere nicht.
Elfen mit langen Ohren, aufrecht gehende, schuppige Drachenwesen, schlangenähnliche Wesen und sogar verwurzelte Gestalten mit pflanzenähnlichen Körpern tauchten nacheinander auf.
Inmitten dieser Vielfalt traten zwei Gestalten ohne großes Aufsehen hervor – Lein und Efan. Sie verließen das Portal mit ruhigen Schritten und landeten wie gewöhnliche Reisende auf der Plattform, obwohl die Aura um sie herum auf etwas weit Bedeutenderes hindeutete. Lein beobachtete ihre Umgebung mit scharfen, aber entspannten Augen.
„Es ist ziemlich heiß hier“, murmelte Lein beiläufig und blickte zu dem wolkenlosen, strahlend blauen Himmel hinauf. Die Sonne in diesem Königreich war viel intensiver als in den Regionen, die sie kürzlich durchquert hatten.
„Ja, Bruder Lein. Laut Karte sind wir gerade im Astralis-Königreich, genauer gesagt in einer Stadt namens Stellaris Haven“, antwortete Efan und wischte mit den Fingern über eine holografische Karte, die über seinem Handgelenk projiziert wurde. Die Karte zeigte einen Stadtplan, der modern und futuristisch aussah.
Lein nickte leicht und ging dann auf die Haltestelle am Rand der Plattform zu. Er bewegte sich ganz ruhig, als wäre er es gewohnt, zwischen solchen Regionen hin und her zu reisen.
„Gut. Wenigstens müssen wir nicht wieder teleportieren“, sagte er locker. Ihr nächstes Ziel, die Stadt Auraborne, konnten sie ohne weitere Probleme mit dem Bodenverkehr erreichen.
Nachdem sie den Hauptplatz überquert hatten, erreichten sie den Bereich, in dem verschiedene Fahrzeuge ordentlich aufgereiht standen.
Lein wählte eine kleine Kutsche für vier Personen, die von einem riesigen Tier gezogen wurde, das einem Pfau ähnelte. Der Schwanz des Tieres war farbenprächtig und lang und fächerte sich wie eine lebende Sonneneruption auf.
Zuerst nahm Lein an, dass der Pfau sich aufgrund seines eleganten Aussehens langsam fortbewegen würde. Doch sobald die Kutsche losfuhr, änderte er sofort seine Meinung.
Mit unglaublicher Geschwindigkeit schoss die Kutsche auf einer speziellen Bahn, die sich über Täler und Ebenen erstreckte, vorwärts. Der Wind peitschte ihnen ins Gesicht, und die Landschaft unter ihnen veränderte sich rasend schnell – fast wie bei einer Zeitrafferaufnahme. Die Geschwindigkeit des Pfaus übertraf sogar die schnellsten Sportwagen, die es jemals auf der Erde gegeben hatte.
Efan lehnte sich in der offenen Kutsche zurück, lehnte sich gegen den Sitz und genoss die Aussicht.
Die Stadt Stellaris Haven breitete sich unter ihnen aus – voller Kristalltürme, leuchtender Flüsse und hängender Gärten, die durch Gravitationstechnologie in der Luft schwebten. Der Wind trug den Duft unbekannter exotischer Blumen herbei und verlieh dem ganzen Ort einen Hauch von Magie.
„Bruder Lein“, sagte Efan plötzlich mit sehnsüchtiger Stimme, „ich frage mich, wie weit das Himmlische Reich inzwischen fortgeschritten ist?“
Lein antwortete nicht sofort. Sein Blick war auf die Ferne gerichtet, wo die Schatten der Stadt langsam hinter Hügeln und dünnen Wolken verschwanden. Eine Last drückte auf seine Brust, doch sein Gesicht verriet nichts davon.
„So weit kann es noch nicht fortgeschritten sein“, sagte er schließlich mit ruhiger, aber tiefer Stimme. „Was ich mir jetzt wirklich wünsche, ist, dass sie alle in Sicherheit sind.“
Efan nickte leicht und antwortete auf Leins Worte mit einem schwachen Lächeln. Auch wenn er es nicht aussprach, teilte er denselben Wunsch – dass es denen, die sie im Himmelsreich zurückgelassen hatten, noch gut ging.
Die von Pfauen gezogene Kutsche flog mit unglaublicher Geschwindigkeit weiter durch den klaren Himmel. Täler, Berge und weite Ozeane zogen in einem Augenblick unter ihnen vorbei, sodass sich die Reise wie ein Traum anfühlte.
Sie kamen so weit, dass sich die Landschaft allmählich veränderte und sie schließlich in einer völlig anderen Region ankamen – einem neuen Kontinent. Nicht nur eine andere Stadt, sondern ein Land weit außerhalb der üblichen Grenzen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass wir so weit kommen würden“, murmelte Lein und blickte auf die ihm unbekannte Stadtlandschaft hinunter.
„Wir sind gerade in der Stadt Auraborne“, sagte Efan, nachdem er nochmal auf die holografische Karte geschaut hatte. Ein 3D-Bild der Karte schwebte in der Luft und zeigte die komplexe und supertechnologische Struktur der Stadt.
Die Aussicht unter ihnen war anders als alles, was sie bisher gesehen hatten. Hoch aufragende Gebäude ragten wie Kristallspitzen empor und waren mit bunten Neonlichtern geschmückt, die sogar bei Tageslicht leuchteten. Schwebende Straßen und automatisierte Transportsysteme bewegten sich nahtlos zwischen den Gebäuden und ließen die ganze Stadt wie etwas aussehen, das direkt aus der Zukunft kam.
Lein runzelte die Stirn und murmelte leise: „Ist diese Stadt im Stil der Spieler gebaut?“
Die Kutsche wurde langsamer, als sie sich der letzten Station näherte. Von oben konnte Lein sehen, dass die Haltestelle dem früheren Verkehrsknotenpunkt ähnelte. Dort ruhten mehrere fast identische Pfauen, die von uniformiertem Personal versorgt wurden. Es schien, als hätte die Organisation, die dieses Transportsystem betrieb, ein Netzwerk, das sich über mehrere Städte erstreckte – organisiert und professionell.
Als die Kutsche schließlich an der Haltestelle hielt, stieg der Fahrer – ein höflicher älterer Mann mit ordentlich gekämmtem weißem Haar – von dem riesigen Pfau. Er öffnete sofort die Kutschentür mit respektvoller Anmut und verbeugte sich leicht vor Lein und Efan.
„Wir sind angekommen, Sir. Willkommen in der Stadt Auraborne“, sagte er herzlich. Seine schwarz-weiße Uniform war makellos und ordentlich und erinnerte Lein irgendwie an die Fahrdienstfahrer aus der Vergangenheit der Erde.
Lein stieg mit ruhigen Schritten aus der Kutsche. Er warf einen kurzen Blick auf den alten Mann, zog dann lässig eine Goldmünze aus seiner Tasche und reichte sie ihm.
Als der alte Mann die Münze sah, weiteten sich seine Augen. Er holte Lein schnell ein und sagte aufgeregt: „Entschuldigen Sie, Sir, das ist viel zu viel …“
Aber Lein winkte nur ab, ohne sich umzudrehen – eine Geste, die ihm ohne Worte sagte, er solle das Geld behalten. Diese einfache Geste sagte mehr als tausend Worte.
Der alte Mann blieb einen Moment lang stehen. Langsam ballte er seine Hand um die Münze und hielt sie fest. Dann verbeugte er sich tief vor den sich entfernenden Gestalten von Lein und Efan, bevor er wieder auf den Rücken des Pfaus kletterte und mit einem strahlenden Lächeln seine Arbeit fortsetzte.
Währenddessen stand Lein am Rand der leuchtenden Straße, die den Eingang zu Auraborne markierte, und runzelte leicht die Stirn.
„Veyron hat vergessen zu sagen, wo wir ihn treffen sollen“, murmelte er. Ein seltener Anflug von Unsicherheit zeigte sich auf seinem sonst so gelassenen Gesicht.
Da sie keine weiteren Informationen hatten, beschlossen sie, das Naheliegendste zu tun: sich einen Platz zum Sitzen suchen und bei einem Essen warten. Ein Restaurant am Ende der Straße fiel ihnen ins Auge, umgeben von verlockenden Düften verschiedener Gerichte.
Efan folgte Lein mit leichten Schritten, seine Augen glänzten vor Aufregung, fast wie die eines Kindes in einem Freizeitpark. Wenn es um Essen ging, war er immer begeistert – vor allem, wenn es um neue Geschmacksrichtungen ging, die er auf der Erde nicht kannte. In dieser Welt war Geschmack ein Abenteuer für sich.
***
In einem geräumigen, luxuriösen Raum, der von einer dunklen Aura umhüllt war, säumten dekorative Schädel verschiedener Tiere die Wände – Symbole für Macht und Dominanz. In der Nähe eines großen, antikgoldenen Fensters stand ein langer Schreibtisch, dessen Oberfläche mit seltenem Tierfell bedeckt war, das im sanften Licht eines Kristallkronleuchters glänzte.
Hinter dem Schreibtisch saß ein breitschultriger Mann, der konzentriert eine Reihe schwebender blauer Hologramme durchging. Berichte flackerten in der Luft und zeigten Zeile für Zeile Informationen an.
Sein zuvor ruhiger Gesichtsausdruck begann sich zu verändern – sein Kiefer spannte sich an, seine Augenbrauen zogen sich zusammen, während seine Augen jedes Detail aufnahmen. Die Spannung stieg im Rhythmus seines Atems.
„Wie haben die es geschafft, diesen Typen für ihre Gruppe zu gewinnen?“, murmelte Veyron mit leiser, aber deutlich angespannter Stimme. Sie war tief und hallte wie eine ferne Trommel in der Brust des Raumes wider.
Als er die letzte Seite erreicht hatte, bewegte er seine Hand und schaltete die Hologramme aus. Die transparenten Bildschirme verblassten langsam, bis sie verschwanden. Dann drehte er seinen Stuhl und blickte auf das große Fenster hinter seinem Schreibtisch.
Sein Blick war leer, weit über den Horizont hinaus gerichtet und durchdrang die weitläufige Aussicht auf Auraborne, das sich unter ihm ausbreitete.
Von diesem hohen Aussichtspunkt aus glich die ganze Stadt einem lebenden Diorama. Hoch aufragende Wolkenkratzer standen wie Kristallspieße, während die Wohngebiete ordentlich in engen städtischen Rastern angeordnet waren.
Aus den Industriegebieten stieg leichter Rauch auf, und in der Ferne breiteten sich Slums wie Schatten zwischen den glitzernden Lichtern der Stadt aus.
Klopf … Klopf …
Ein leises Klopfen hallte vom Eingang her und riss Veyron aus seinen Gedanken.
„Herein“, sagte er knapp, seine Stimme fest, aber ruhig.
Die Tür öffnete sich geräuschlos.
Ein junger Mann mit weißem Haar trat mit festen Schritten herein. Er trug eine formelle schwarze Uniform mit silbernen Verzierungen an Kragen und Ärmeln – die typische Kleidung der Elitewachen von Auraborne.
Sein Gesichtsausdruck war ausdruckslos, sein Gesicht gelassen. Er näherte sich und blieb ein paar Schritte hinter Veyrons Stuhl stehen, fest wie eine Statue.
„Der Mann, den du gesucht hast, ist da, Sir“, berichtete der junge Mann mit ruhiger, aber klarer Stimme.
„Wir haben seinen Aufenthaltsort bestätigt. Er befindet sich derzeit im Restaurant Celestial Spoon in Begleitung eines jungen Mannes auf Großmeister-Niveau.“
Veyron antwortete nicht sofort. Sein Gesicht blieb zum Fenster gewandt, sein Blick war noch immer in die Ferne gerichtet – seine Gedanken waren noch nicht aus dem Chaos zurückgekehrt, das der Bericht zuvor ausgelöst hatte.
Ein paar Sekunden lang war es still, dann blinzelte er und drehte sich leicht um.
„Was hast du gerade gesagt?“, fragte er leise, seine Stimme klang etwas gebrochen, als wäre er sich nicht sicher, was er gehört hatte.
Der junge Mann wiederholte seinen Bericht genau wie zuvor, mit derselben ruhigen Stimme. Diesmal hörte Veyron genauer zu. Die Anspannung in seinem Gesicht ließ allmählich nach und machte einem gelasseneren Ausdruck Platz. Es war, als hätte die Nachricht seine Verärgerung durch einen Funken Hoffnung ersetzt.
„… Sehr gut“, sagte er nach einem Moment. Er stand von seinem Stuhl auf und strich seinen langen schwarzen Mantel glatt. „Komm mit mir. Lass uns gehen.“
Ohne auf eine Antwort zu warten, schritt Veyron aus dem Raum. Der junge Mann folgte ihm sofort, mit festen Schritten und perfekter Haltung. Während des gesamten Weges veränderte sich sein Gesichtsausdruck nicht – ruhig, streng und diszipliniert.