Die beiden anderen Großmeister wollten nicht einfach nur rumstehen. Xyrael, der Typ mit der eisernen Maske und dem Seelenknochenarmband am Handgelenk, machte den ersten Schritt. Er hob beide Hände hoch, und unter seinem zerfetzten Umhang kamen Hunderte dunkler Ketten zum Vorschein, die sich eine nach der anderen wie wilde Schlangen aus ihrem Käfig befreiten und nach vorne schlitterten. Sie reichten Dutzende Meter weit und schleiften mit ohrenbetäubendem Metallgeklapper über den Boden.
„Malchaezar, steh nicht einfach da rum. Zeig uns deine Sternenprophezeiung“, rief Xyrael mit tiefer, aber aufgeregter Stimme. Dann schoss er nach vorne, sein Körper wurde wie ein Pendel von der Kraft der schwingenden Ketten vorangetrieben. Die Enden der Ketten fegten durch die Reihen der Roboter, die ihnen im Weg standen.
Jedes Mal, wenn eine Kette ihr Ziel traf, hüllte ein schwarzer Lichtblitz den Körper der Maschine ein und entzog ihr die Energie, bis sie vollständig erlosch. Zurück blieben nur leere, kraftlose Hüllen, die klappernd zu Boden fielen.
Auf der anderen Seite beobachtete Malchaezar mit einem leichten Lächeln, wie seine Kameraden ihren Angriff starteten.
„Tsk … Was für eine Zeitverschwendung“, murmelte er träge, als würde ihn der Gedanke daran, Gepäck zu heben, nerven. Er griff in seinen Umhang und zog eine weitere Schriftrolle hervor – diese war leuchtend rot-orange und glühte schwach, als würde sie die Hitze der Sonne in sich tragen.
Und damit war er noch nicht fertig. Mit einer langsamen Bewegung zauberte seine rechte Hand einen weißen Stab mit einem Totenkopf an der Spitze hervor. Er hob ihn wie jemand, der eine edle Feder hält, und begann, komplizierte Muster auf die Schriftrolle zu schreiben. Seine Bewegungen waren schnell und anmutig – wie ein alter Kalligraph, der das Schicksal in Pergament meißelt.
„So sei es“, flüsterte er und blickte zu dem Schlachtfeld in der Ferne.
Die purpurrote Schriftrolle schoss plötzlich nach vorne, verwandelte sich in einen Lichtstreifen, der durch die Luft schoss und direkt auf das Herz der Roboterarmee zielte. In dem Moment, als sie dort ankam, entfaltete sie sich in der Luft und löste einen Wirbel aus, der die Wolken über ihr in sich zog. Der Wind heulte heftig.
Blitze zuckten aus dem Riss im Himmel und enthüllten einen brennenden Sturm jenseits der Atmosphäre.
Aus dieser Lücke tauchten nacheinander Feuerspeere auf, deren Zahl immer weiter wuchs, bis sie mehr als hundert Meter des Himmels bedeckten.
Wie ein Regenguss aus der Hölle regneten die Feuerspeere gnadenlos herab und trafen sowohl die Roboterstreitkräfte als auch die Frontsoldaten der Invictus-Sekte.
Einige der Roboter schafften es, ihre Schutzbarrieren zu aktivieren – Energiekupolen, die normalerweise stark genug waren, um dem Feuer von Plasmakanonen oder Elementarmagie mittlerer Stärke standzuhalten. Aber vor der Macht eines Großmeisters waren diese Schilde nicht mehr als dünnes Tuch inmitten eines Sturms.
Die Feuerspeere durchbohrten sie mühelos und zerstörten die Kernkraftquellen, die die mechanischen Körper mit Energie versorgten – wodurch sie in Flammen explodierten.
***
Über dem Schlachtfeld beobachtete Efan den andauernden Krieg auf einem fünf Meter breiten holografischen Bildschirm. Die interaktive Karte zeigte die Truppenformationen an – blaue Punkte standen für Verbündete, rote für Feinde. Jeder Punkt hatte eine unterschiedliche Größe, die die Stärke der jeweiligen Truppe widerspiegelte.
Auf dem Hologramm umzingelten die blauen Punkte die zentrale Festung der Maledictus-Sekte. Sie waren dicht beieinander, wie ein Ameisenschwarm, der langsam an einem riesigen Bauwerk nagt. Von oben sah es aus, als würden ihre Reihen wie Wellen die Verteidigungsanlagen des Feindes langsam abtragen.
Doch dann tauchten aus dem Inneren der belagerten Festung plötzlich drei viel größere rote Punkte auf. Sie schossen mit unglaublicher Geschwindigkeit hervor und hinterließen eine Spur der Verwüstung, die jeden blauen Punkt auf ihrem Weg vernichtete. Als sie auf die verbündeten Reihen prallten, war der Aufprall wie Feuerbälle, die in Butter geschleudert wurden – sie schmolzen, löschten alles aus und ließen nichts zurück.
„Sie haben sich in Bewegung gesetzt“, murmelte Efan mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Sein Blick war auf die drei roten Punkte gerichtet, die weiter durch die Linien rissen. Der Glanz in seinen Augen reflektierte das Licht des Bildschirms und zeugte von tiefer Neugier. „Höchstwahrscheinlich … Großmeister-Level“, fügte er beiläufig hinzu, als würde er nur ein Spiel beobachten, dessen Ausgang er bereits vorausgesehen hatte.
Augenblicke später traten zwei Gestalten aus einem sanften blauen Schein in den Raum – zwei ältere Männer, die ihn und Lein zuvor in der Hauptfestung Nr. 8 willkommen geheißen hatten. Sie näherten sich schweigend, ihre Aura zurückhaltend, aber beeindruckend.
„Junger Freund Efan, ich spüre, dass die göttlichen Herolde der Maledictus-Sekte sich in Bewegung gesetzt haben“, sagte der kahlköpfige alte Mann mit tiefer, dröhnender Stimme. Seine Augen blieben geschlossen, aber das trübte seine Sinne nicht. Er konnte die spirituellen Wellen spüren, die von den drei mächtigen Kräften ausgingen, die nun aus der feindlichen Festung vorrückten – eindeutige Signaturen von Großmeistern.
„Natürlich“, antwortete Efan leichthin und beobachtete weiterhin, wie die roten Punkte die blauen dezimierten. „Wenn sie sich nicht bewegen würden, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Verteidigungsanlagen der Festung vollständig zusammenbrechen würden.“ Ein schwaches Lächeln erschien erneut auf seinem Gesicht – das Lächeln von jemandem, dessen Plan genau wie vorgesehen verlief. Er hatte die Robotertruppen mit chirurgischer Präzision positioniert und setzte sie wie Schachfiguren ein, um die schwächeren Einheiten des Feindes effizient zu eliminieren.
„Hat Ältester Lein den Befehl zum Vorrücken gegeben?“, fragte Efan und wandte sich endlich den beiden älteren Männern hinter ihm zu. Obwohl sein Tonfall ruhig blieb, war ihm eines klar: Wenn jetzt drei Großmeister in Bewegung waren, würden die Robotertruppen ohne gleichwertigen Widerstand nicht lange standhalten können.
Die beiden Männer tauschten einen Blick und schüttelten dann langsam den Kopf. Ihre Mienen waren grimmig und voller Zögern. Ohne Leins Befehl waren sie stattdessen zu Efan gekommen, in der Hoffnung auf Anweisungen oder eine alternative Entscheidung. Aber sie wussten: Ohne den Segen ihres Anführers konnten sie sich nicht leichtfertig in eine Schlacht dieser Größenordnung einmischen.
Die drei Großmeister der Maledictus-Sekte waren eine echte Bedrohung. Allein ihre Anwesenheit veränderte die Stimmung auf dem Schlachtfeld – und wenn sie mit voller Kraft angreifen würden, würden die Robotertruppen wie Glas unter einem Hammer zerbrechen.
„Na gut“, sagte Efan schließlich mit ruhiger Stimme, die jedoch die Endgültigkeit seiner Entscheidung zum Ausdruck brachte. „Wartet hier.“
Mit einer fließenden Bewegung öffnete Efan ein Portal vor sich. Violettes Licht wellte sich wie Wasser nach außen und bildete ein stabiles Dimensionsportal. Ohne ein weiteres Wort trat er hinein und verschwand, während die beiden Ältesten zurückblieben – still, unsicher und leicht beunruhigt.
„Takara … wo ist der junge Freund Efan hingegangen?“, fragte der weißhaarige alte Mann leise, seine Stimme so leise, als sei sie nur für seinen Begleiter bestimmt.
Takara, der kahlköpfige Mann, der für seine Gelassenheit bekannt war, schloss kurz den Mund, bevor er antwortete: „Sei still. Er hat uns gesagt, wir sollen warten.“ Seine Stimme klang etwas schwerer als sonst, als würde er ein aufkommendes Unbehagen unterdrücken. Er wusste, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt für Spekulationen war. Efan war kein Mann, der ohne Grund handelte.
Ein paar Minuten später öffnete sich das Portal mit einem Blitz und zog sofort die Aufmerksamkeit der beiden Ältesten auf sich. Aber diesmal strahlte die Gestalt, die herauskam, eine noch imposantere Präsenz aus. Efan trat mit ruhigem Gesicht und scharfem Blick aus dem Dimensionsriss und sah die beiden Ältesten mit einem leichten, selbstbewussten Lächeln direkt an.