Ohne Vorwarnung fing das Papier Feuer – nicht mit normalen Flammen, sondern mit einem leisen, unheimlichen Brennen – und verwandelte sich in einem Augenblick in Asche.
Velraths Miene versteifte sich. Sein Blick wurde ernst, als hätte das kleine Feuer echte Sorge in seinem Herzen entfacht. Er sah zu Malchaezar, der schließlich mit tiefer, ruhiger Stimme sprach.
„Lord Velrath … nach meiner Einschätzung ist der Anführer der Invictus-Sekte in Festung Acht höchstwahrscheinlich ein Herrscher der Königsklasse.“
Seine Worte fielen wie dumpfer Donner und erschütterten den Raum.
Es herrschte wieder Stille.
Mehrere Gesichter wurden sofort blass. Ein stämmiger Mann mit prallen Muskeln und einer schwarz-roten Flammenrobe war der Erste, der mit scharfer Stimme sprach: „Wie kannst du dir da so sicher sein, Malchaezar?“
Ein anderer Ältester folgte ihm schnell, seine Stimme voller Verwirrung und Unglauben. „Wenn sie jemanden haben, der so stark ist, warum setzen sie dann Millionen von Robotern ein?“
In ihren Köpfen formte sich dieselbe Vermutung. Wenn der Feind wirklich jemanden hatte, der so mächtig war, dann waren die vielen Roboter vielleicht nur ein Ablenkungsmanöver – eine Möglichkeit, ihre wahre Stärke zu verbergen.
Schließlich glaubten sie immer noch, dass sie im Nahkampf die Oberhand hatten. Allein in diesem Raum warteten bereits sechs Großmeister darauf, dass sie an die Reihe kamen.
Aber Malchaezar ließ sich von ihrer Skepsis nicht beirren. Er starrte ausdruckslos vor sich hin, als sähe er etwas, das die anderen noch nicht begreifen konnten.
Als er die Antwort des Mannes mittleren Alters hörte, nickte der Älteste am Kopfende des Tisches leicht. Dann wanderte sein Blick zum anderen Ende des Tisches, wo ein kahlköpfiger alter Mann regungslos saß und Ruhe ausstrahlte.
„Malchaezar, was denkst du?“, fragte er mit flacher, aber eindringlicher Stimme.
Malchaezar antwortete nicht sofort. Stille erfüllte den Raum. Dann erschien langsam ein weißes Blatt Papier über seinem Kopf – es materialisierte sich lautlos aus der Luft, als wäre es von einer geheimnisvollen Kraft herbeigerufen worden. Sein Blick wurde scharf und suchte die unsichtbaren Symbole auf der Oberfläche ab.
Sekunden vergingen. Plötzlich fing das Papier Feuer. Die Flammen waren lautlos, fast heilig, und das Papier verwandelte sich in feine Asche, die sanft auf seinen Schoß herabrieselte.
Malchaezars Blick wanderte. Unter seiner ruhigen Fassade blitzte eine leichte Unruhe auf. Er drehte sich um und sah den Ältesten in der Mitte des Tisches direkt an – Lord Velrath.
„Lord Velrath“, sagte er leise, „meiner Weissagung zufolge ist der Anführer der Invictus-Sekte, der derzeit die Festung Acht befehligt, ein Kultivierender der Sovereign-Klasse.“
Die Worte schlugen wie ein Donnerschlag durch den Raum.
Stühle wurden zurückgeschoben, als mehrere Älteste sich nach vorne beugten und Malchaezar ungläubig anstarrten.
Niemand sagte etwas, bis ein stämmiger Mann – in eine schwarz-rote Flammenrobe gehüllt, mit einem massiven Muskelemblem auf der Brust – das Wort ergriff.
„Woher weißt du das, Malchaezar?“
Ein anderer folgte, verwirrt und fast verzweifelt. „Wenn sie wirklich jemanden haben, der so mächtig ist, wozu dann so viele Kriegsroboter?“
Ihre Gedanken begannen sich zu vereinen – vielleicht hatte Invictus diese Kampfautomaten nur eingesetzt, um ihre Analyse in die Irre zu führen. Eine psychologische Taktik. In niedrigeren Kriegsschichten mögen diese Roboter dominieren. Aber wenn es sich hier wirklich um einen Kommandanten der Sovereign-Klasse handelte … würden alle ihre bisherigen Berechnungen zusammenbrechen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sich bereits sechs Großmeister in diesem Raum befanden – die höchste Kampfkraft der Maledictus-Sekte.
„Ich habe keine physischen Beweise“, antwortete Malchaezar mit ruhiger, emotionsloser Stimme. „Aber meine grundlegenden Erkenntnisse deuten auf ein … sehr düsteres Ergebnis hin.“
Sein Tonfall war ohne Druck, ohne Versuch der Überredung. Und genau deshalb sagte niemand etwas. Sie glaubten ihm. Die Stille, die folgte, war sowohl ein Zeichen von Respekt als auch von Angst.
Hmm…
Velrath, der Älteste, der in der Mitte des Raumes saß, schloss kurz die Augen. Er legte sein Kinn auf seine geballte Faust, runzelte die Stirn und murmelte leise vor sich hin.
„Verdammt… er ist fast unmöglich zu lesen“, murmelte er mit schwerer Stimme.
Er war der Oberbefehlshaber in diesem Krieg. Und doch hatte er seit der Zuweisung der Festung Acht das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Als ob das Unglück an ihm klebte.
Er seufzte tief und blickte dann über den Tisch zu einer jungen silberhaarigen Frau, die mit einem Stapel offener Dokumente vor sich saß.
„Gibt’s irgendwelche Neuigkeiten bezüglich der Ressourcenversorgung der Invictus-Sekte?“, fragte er mit ruhiger, aber eindringlicher Stimme. Er konnte immer noch nicht verstehen, wie Invictus eine solche Armee von Kampfrobotern aufstellen konnte.
Kriegsroboter waren nicht einfach so massenhaft zu produzieren. Selbst wenn sie nur gegen niedrige Sovereigns wirksam waren, waren ihre Produktionskosten enorm. Und sie hatten über zehn Millionen Einheiten gesehen. Eine lächerliche Zahl.
Wenn jeder Roboter hundert Cosmos-Gold kostete, dann würden zehn Millionen Einheiten eine Milliarde Cosmos-Gold ausmachen. Das reichte aus, um die gesamten Operationen einer Sekte für Monate zu finanzieren – je nach Verwendung sogar für Jahre.
„Keine neuen Informationen, mein Herr“, antwortete die Assistentin. „Abgesehen von der Übernahme der Law Manifestation Zone vor ein paar Tagen haben unsere Berichte keine größeren wirtschaftlichen Bewegungen gezeigt.“
Velrath holte tief Luft und atmete langsam aus.
Puh…
Sein Atem klang schwer, als würde eine unerklärliche Last auf seiner Brust lasten. Irgendetwas stimmte eindeutig nicht, das spürte er in seinen Knochen.
Hinter der Stärke der Invictus-Sekte verbarg sich ein großes Rätsel. Und er hasste Rätsel.
DING –
Ein scharfer Ton hallte durch den Raum und ließ ihn augenblicklich erstarren. Der runde Tisch in der Mitte leuchtete automatisch auf und projizierte eine Echtzeit-Karte der Schlacht. Ihre Verteidigungslinien – in Blau markiert – verblassten allmählich und färbten sich rot, was auf gefallene Stellungen hinwies.
„Bericht, mein Herr! Unsere Verteidigungsbastionen und Wachtürme werden von den Kriegsrobotern der Invictus-Sekte angegriffen!“, rief der Assistent in hastigem Ton.
Velraths Augen wurden rot. Sein Blick heftete sich auf die holografische Karte – rote Punkte blinkten wie offene Wunden und breiteten sich aus, während Turmsymbole nacheinander verschwanden und Zerstörung anzeigten.
Er ballte die Fäuste, sodass die Knöchel weiß wurden. Sein Kiefer presste sich zusammen.
„Sagt dem Hauptkommando Bescheid. Wir brauchen sofort Verstärkung der Ältestenklasse“, befahl er mit leiser, aber dringlicher Stimme, die durch den Raum hallte.
Dann richtete er seinen Blick scharf auf die drei Großmeister der Sovereign-Klasse, die ihm gegenüber saßen. Seine Augen waren wie Klingen, die ihre Seelen durchbohrten.
„Ihr drei … vernichtet jeden einzelnen dieser Papierroboter. Es ist mir egal, wie – macht sie platt“, sagte Velrath mit befehlender Stimme.
„Ja, mein Herr.“