Lein schwebte in der Luft und starrte auf den Dreizack, der wie ein Meteor durch die Luft flog und den Himmel spaltete. Er atmete langsam ein, sein Gesichtsausdruck war neutral, aber tief in seinem Inneren konnte er eine gewisse Aufregung nicht verbergen.
„Es ist schon eine Weile her, seit ich meine Stärke das letzte Mal getestet habe …“, murmelte er leise, fast wie ein Flüstern, das vom Wind verschluckt wurde. Im Göttlichen Himmelsreich konnte ihm nichts mehr wirklich gefährlich werden.
Vielleicht war dies eine Gelegenheit, seine Grenzen neu zu definieren.
Mit einer anmutigen Bewegung hob Lein seine Hand. Goldenes Licht sammelte sich in seiner Handfläche und formte ein langes, elegantes Schwert.
„Goldener Taun“, flüsterte er. Das Schwert zitterte leicht, als würde es seinen Meister erkennen. Wie ein treuer Hund klammerte es sich an seinen Griff, ruhig und bereit, geführt zu werden.
Lein richtete seinen Blick auf den Speer, der auf ihn zuraste. Der Wind zerrte an seiner Robe, der Druck des Angriffs war enorm, doch Lein blieb unbeeindruckt. Er hob lediglich sein goldenes Schwert leicht an und traf den herabfallenden Speer mit einer lässigen Bewegung, als würde er einen fallenden Ast wegstreichen.
Unten beobachteten die Schüler mit angehaltenem Atem das Geschehen. Aus der Ferne sahen das Schwert und der Speer wie zwei winzige Nadeln aus, die im Himmel aufeinanderprallen würden.
Sssttt…
Das goldene Schwert bewegte sich und zerschnitt den Wind, ohne an Schwung zu verlieren. Der riesige Speer setzte seinen Fall fort – in wenigen Sekunden würden sie aufeinanderprallen.
BOOM!
Eine donnernde Explosion erschütterte den Himmel. Eine Schockwelle breitete sich in einem Umkreis von einem Kilometer aus und erzeugte einen Wirbelwind, der die Wolken zerstreute. Rauch und Trümmer füllten die Luft und verdeckten vorübergehend Leins Gestalt.
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Aus der Ferne weitete der Riese, dem der Speer gehörte, die Augen.
„Was?! Mein göttlicher Dreizack … zerstört?!“ Seine Stimme zitterte zwischen Wut und Unglauben.
Er biss die Zähne zusammen, und in seinen Augen loderte die Wut. Mit einem leisen Knurren machte er sich bereit, vom himmlischen Tor herabzusteigen, doch eine große Hand hielt ihn zurück.
„Halt. Wenn du hinuntergehst, kannst du nicht mehr zurück“, warnte ihn sein Begleiter mit fester Stimme.
Der Riese ballte die Fäuste und starrte Lein mörderisch an, der nun aus dem wirbelnden Rauch auftauchte und immer noch in der Luft schwebte – völlig unverletzt.
Unten beobachtete Tauriel die Szene mit zusammengekniffenen Augen.
„Dieses goldene Schwert …“, murmelte sie. Etwas daran beunruhigte sie. Sie erinnerte sich an etwas – an ein schwarzes Schwert, das ihr einst Lady Nita gegeben hatte. Seine Form, seine Aura … zu ähnlich.
Aber sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.
Tang!
Das scharfe Klirren von Metall zerriss ihre Gedanken. Die goldene Kette des Riesen schlängelte sich wie eine riesige Schlange durch die Luft, peitschte durch den Himmel und zerriss mehrere goldene Wurzeln, die sie zuvor beschworen hatte. Tauriel ballte die Fäuste und kämpfte darum, ihre Überlegenheit im Kampf zu behalten, doch die goldene Kette erwies sich als stärker und listiger als ihre Wurzeln.
Oben bemerkten die beiden Riesen endlich etwas.
Ihre heiligen Waffen hatten versagt.
Lein und die anderen standen immer noch aufrecht, und das Ritual, das sie verhindern wollten, war noch nicht unterbrochen worden.
„Wir müssen das Portal schließen“, murmelte der Riese mit der Kette eindringlich. Ohne zu zögern gingen sie zum Rand des Himmlischen Paradies-Tors und machten sich bereit, die Öffnung im Himmel zu schließen.
„Lord Lein, Lady Tauriel … lasst sie das Portal nicht schließen! Nur noch ein bisschen länger!“
Alerons Stimme hallte von unten herauf. Der Pentagrammaltar, den er errichtet hatte, war nun fertig und leuchtete schwach, während Blutströme über seine Oberfläche sickerten. Die Luft um ihn herum zitterte und signalisierte, dass das Ritual kurz vor dem Abschluss stand.
Tauriel zögerte nicht. Ihr ganzer Körper hatte sich in ihre elfengleiche Gestalt verwandelt. Jetzt war sie drei Meter groß und ihre durchscheinend grüne Gestalt strahlte eine so starke Lebenskraft aus, dass das Gras unter ihr ehrfürchtig zitterte.
Sie schoss nach oben und stieg immer höher, bis sie einen Punkt erreichte, an dem die dünnen Wolken aufgrund ihrer Anwesenheit zu wirbeln begannen. Mit einer einzigen Handbewegung beschwor sie einen riesigen Energiewirbel vor sich her.
„Waldlichtblitz“, flüsterte sie.
Der Energiewirbel dehnte sich rasch aus und bildete einen magischen Kreis mit einem Durchmesser von über hundert Metern. Heftige Winde heulten, rissen die Luft auseinander und erschütterten den Boden unter ihnen. Die Jünger, die aus der Ferne zuschauten, hielten den Atem an, einige brachen sogar unter der plötzlichen Welle der Kraft auf die Knie.
Doch im letzten Moment runzelte Tauriel die Stirn. Das grüne Licht, das sie umgab, wurde etwas schwächer.
„Ich kann nicht“, flüsterte sie. „Die Gesetze dieses Reiches sind zu schwach.“
Mit einem langsamen Ausatmen löste sie ihren Zauber auf. Die Energie, die kurzzeitig den Himmel erschüttert hatte, verblasste allmählich. Tauriel senkte den Blick und fixierte Aleron, der immer noch neben dem Altar stand, mit ihren leuchtenden Augen.
„Dieser alte Narr … willst du etwa ein göttliches Portal in einem neu entstandenen Reich öffnen?“, murmelte sie ungläubig.
Sie nahm wieder ihre menschliche Gestalt an und ging schnell auf Lein zu. Obwohl sie immer noch unzufrieden aussah, blieb ihre Stimme ruhig.
„Junger Meister Lein, wir können sie nicht aufhalten. Die Gesetze dieses Reiches sind zu schwach für uns Wächter.“
Lein nickte leicht. In seinem Kopf strömten weiterhin Benachrichtigungen ein – Warnungen vor einer großen Macht, die versuchte, das Gefüge des Himmlischen Reiches zu zerstören. Sein Blick wanderte über den Altar, bevor er mit kaum verhohlener Verärgerung auf Aleron ruhte.
„Lasst sie es schließen.“
Leins Stimme war leise, fast ein Flüstern. Aber seine Entscheidung stand fest.
Über ihnen bewegten sich die beiden riesigen Wächter schnell, drückten mit ihren massigen Händen gegen das himmlische Tor und versiegelten nach und nach den Riss. Das Licht des Portals verblasste, und schließlich blieb nur noch der dunkle Himmel zurück.
Lein und Tauriel stiegen vom Himmel herab und näherten sich Aleron mit wissenden Blicken.
„Hey, alter Mann … was genau hattest du vor, als du ein göttliches Portal beschworen hast?“, fragte Tauriel mit unterdrückter Wut in der Stimme.
Aleron konnte nur grinsen, ein dummes Lächeln auf seinem Gesicht. Aber der Ausdruck in seinen Augen verriet den Schmerz über den großen Verlust, den er gerade erlitten hatte. Alle Ressourcen, die er für das Ritual vorbereitet hatte – alles umsonst.
Lein kniff die Augen zusammen und musterte ihn ernst.
„Meister Aleron, was sollte das alles?“
Er verstand Alerons Wunsch, eine faire Prüfungswelt zu eröffnen, aber die Prüfungswelt des Höllenfeuerbergs hierher zu beschwören? Das war nicht nur übertrieben, sondern grenzte an Selbstmord.
„Verzeih mir, junger Meister Lein.“
Alerons Stimme war leise, voller Erschöpfung und einem Hauch von Resignation. Sein Blick traf Leins direkt und verriet eine Ehrlichkeit, die schwer zu verbergen war.
„Ich habe dieses Portal absichtlich in diesem Reich geöffnet, in der Hoffnung, dass du es zurückhalten und diese Riesen besiegen könntest.“
Lein antwortete nicht sofort. Sein Blick musterte Aleron scharf und wartete auf weitere Erklärungen. Aleron holte tief Luft, bevor er mit schuldbewusster Stimme fortfuhr.
„Der Ort, der gerade geöffnet wurde, ist das Reich der Himmelsriesengötter. Abgesehen von einem Portal, das zum Höllenfeuer-Prüfungsreich führt, besitzen sie auch ein Artefakt, das die kosmischen Katastrophen zerstören kann.“
Seine Worte ließen Tauriel, die neben Lein stand, die Augen weit aufreißen.
„Bist du dir da sicher?“ Ihr Tonfall wurde ernster. „Woher weißt du, dass die göttlichen Riesen so ein mächtiges Artefakt besitzen?“
Aleron schluckte schwer, bevor er mit leichter Zurückhaltung antwortete. „Ich habe davon von der Handelskammer des Uruniversums gehört.“
Tauriel schwieg einen Moment lang. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich leicht, als würde diese Information etwas in ihr beunruhigen. Sie hatte schon Gerüchte über ein solches Artefakt gehört, aber sie als reine Spekulation abgetan. Außerdem gehörte sie zu den vielen Herrschern mit der Stärke eines Königs, die sich geweigert hatten, Aleron bei seiner Suche zu unterstützen. Nun kam ein leichtes Schuldgefühl in ihr auf, aber sie spottete nur leise und tat so, als wäre ihr das egal.
Aleron wandte sich wieder Lein zu, seine Augen voller Hoffnung. „Das ist alles, was ich erklären kann, mein Herr. Ich verheimliche nichts.“
Lein nickte leicht. Er konnte keine Täuschung in Alerons Worten erkennen. Wenn dieser alte Mann so weit gegangen war, das Tor des Riesengottes zu öffnen, nur um dieses Artefakt zu erhalten, dann waren die Auswirkungen der kosmischen Katastrophen weitaus schrecklicher, als er sich vorgestellt hatte.
„Was für ein Artefakt ist das …?“, fragte sich Lein, und seine Neugierde wuchs.
Gleichzeitig war ihm auch bewusst, welch großes Risiko gerade eingegangen worden war. Wenn Aleron zu solch extremen Maßnahmen gegriffen hatte, dann war die Bedrohung, der sie ausgesetzt waren, keine Kleinigkeit.
„Na gut“, sagte Lein schließlich mit fester Stimme. „Fürs Erste hören wir auf, über die kosmischen Katastrophen zu reden. Ab jetzt benutzt ihr die richtigen Portale. Ich will nicht, dass so ein Fehler noch mal passiert.“
Aleron nickte schnell. „Verstanden, junger Meister Lein.“
Ohne zu zögern begann er, den Altar abzuräumen und die Überreste der Ritualgegenstände zu entsorgen, die er zuvor benutzt hatte. Diesmal holte er einen Satz einfacherer Steinrunen hervor und versah sie mit etwas Energie, um sie zu aktivieren.
Nach einigen Augenblicken sprach Aleron leise einen Zauberspruch und hob dann seine Hand in Richtung Altar.
„Öffne dich.“
Das Wort war kaum mehr als ein Flüstern, doch seine Wirkung trat sofort ein.
Die Luft über dem Altar zitterte und bildete Risse, die sich allmählich vergrößerten. Langsam entstand ein Portal – etwa drei Meter hoch, aus dem intensive Hitze strahlte.
Aleron drehte sich zu den Teilnehmern um, die um Lein und Tauriel herumstanden. Die meisten von ihnen sahen erschöpft aus, ihr Atem ging stoßweise, nachdem sie den überwältigenden Druck durch die Anwesenheit der Riesen und die Energie der Wächter ausgehalten hatten. Ihre mentale Kraft war erschöpft, und viele konnten ihre Erschöpfung nicht mehr verbergen.