Kapitel 400: Die Ehrengäste kommen

„Hey, wie war’s? Schön, oder?“ Die Stimme der Moderatorin hallte wieder durch die Arena. „Der Tanz, den ihr gerade gesehen habt, ist einer der Stolz unseres Himmlischen Reiches.“

Sie lächelte und machte eine kurze Pause, damit das Publikum diesen außergewöhnlichen Auftritt genießen konnte.

„Vergesst nicht, Fotos zu machen!“, fuhr sie fröhlich fort. „Glaubt mir, ihr werdet das eines Tages vermissen.“
Nachdem sie dem Publikum Zeit gegeben hatte, den Moment festzuhalten, sprach sie erneut, diesmal mit einem Tonfall, der ihre Neugier noch mehr weckte.

„Nicht weniger aufregend als der Himmlische Drachentanz, wird euch die nächste Darbietung näher an die Natur bringen …“ Sie hielt einen Moment inne, ließ das Publikum raten und fuhr dann fort: „Lasst uns den Tanz der tausend Kirschblüten erleben!“
Als das Mädchen hinter die Bühne trat, wurden die Lichter im gesamten Saal plötzlich gedimmt und hüllten die Bühne in völlige Dunkelheit. Nur wenige Sekunden später gingen die Lichter wieder an und enthüllten eine erstaunliche Verwandlung auf der Bühne. Jetzt standen dort Hunderte von Tänzern, gekleidet in Rosa- und Brauntönen.

Shen Yu kniff die Augen zusammen und beobachtete, was jeder Tänzer in der Hand hielt. „Regenschirme?“, murmelte er leise. Was ihn jedoch noch mehr faszinierte, waren die Worte, die er gerade gehört hatte.
„Kirschblüten?“ Er hob leicht die Augenbrauen. Von einer solchen Blume hatte er noch nie gehört.

Seine Neugierde wuchs, als der Tanz begann. Langsam öffnete eine Tänzerin aus der Mitte der Formation ihren Regenschirm, gefolgt von den anderen um sie herum. Aus der Vogelperspektive sah diese Formation aus wie die Blütenblätter einer blühenden Blume.
Die rosa Farbtöne der gleichzeitig öffnenden Regenschirme schufen einen atemberaubenden Anblick, als wäre tatsächlich eine riesige Blume auf der Bühne erblüht. Dann fielen kleine Blütenblätter von oben herab, wirbelten sanft in der Luft, bevor sie die Bühne berührten, wie ein leichter Schneefall, der sanft herabrieselte.
Shen Yu sah schweigend zu und nahm jedes Detail mit seinen Augen auf. Als die Blume in der Mitte der Bühne zu „verwelken“ begann, schlossen die Tänzer in der Mitte ihre Regenschirme und ersetzten sie durch braune. Mit einer gut koordinierten Choreografie bewegten sie sich zu etwas, das einem Stamm und Ästen ähnelte, die sich zum Himmel reckten.

„Sie formen einen Baum?“, dachte er bei sich.
Bewunderung zeigte sich auf seinem Gesicht. Diese Choreografie war nicht nur faszinierend, sondern zeigte auch ein außergewöhnliches Maß an Teamwork. Jede Bewegung war so synchron, dass man sehen konnte, wie fleißig die Tänzer geübt hatten, um dieses nahezu perfekte Spektakel zu schaffen.

Der Jubel des Publikums wurde lauter. Viele schwenkten leuchtende Gegenstände in ihren Händen und schufen so ein Meer aus funkelnden Lichtern zwischen den Sitzreihen. Einige riefen sogar bestimmte Namen, möglicherweise um jemanden auf der Bühne anzusprechen, den sie kannten.
Shen Yu blieb still und beteiligte sich nicht an der Aufregung. Allerdings hörte er die begeisterten Diskussionen seiner Sektenbrüder, die in seiner Nähe saßen. Er ignorierte ihre Stimmen und konzentrierte sich lieber darauf, die Aufführung zu genießen.

Der Tanz der tausend Kirschblüten ging mit gleichmäßigem Rhythmus weiter und nahm das Publikum mit auf eine visuell atemberaubende Reise. Doch mitten in der Aufführung fiel Shen Yus Blick auf etwas anderes.
In einem der mit einem Baldachin überdachten Bereiche tauchte plötzlich ein älterer Mann auf.

Er trug eine einfache schwarze Robe, ohne Schmuck oder auffällige Accessoires. Doch trotz seines unscheinbaren Aussehens hatte er etwas an sich, das ihn von den anderen unterschied. Sein Gesicht wirkte freundlich, aber Shen Yu konnte das seltsame Gefühl nicht ignorieren, das in ihm aufkam.

„Wer ist das?“, flüsterte Shen Yu, seine Neugierde geweckt.

Wie hätte er nicht neugierig werden können? Der alte Mann war aus dem Nichts in einem der drei besonderen Bereiche aufgetaucht, als wäre er schon die ganze Zeit da gewesen, ohne dass es jemand bemerkt hatte. Dieser Bereich war kein gewöhnlicher Ort – nur die höchsten Würdenträger des Himmlischen Reiches hatten das Recht, dort zu sitzen. Selbst er, ein Schüler der Ewigen Schwanensekte – der höchsten Sekte im Guandu-Reich – hatte nicht das Recht, sich in diesem Bereich aufzuhalten.
Shen Yu beobachtete den alten Mann genau. Von ihm ging keine Energiefluktuation aus, er übte keinen spirituellen Druck aus. Es war, als wäre der alte Mann nur ein gewöhnlicher Mensch ohne Kultivierung. Aber genau das machte ihn noch misstrauischer. Normalerweise konnte er, selbst wenn er die Stärke einer Person nicht einschätzen konnte, zumindest eine schwache Aura spüren. Dieser alte Mann jedoch war völlig still – wie ein leerer Raum inmitten dieser großen Bühne.
Shen Yu kniff die Augen zusammen, als der alte Mann langsam durch die Sitzreihen auf der linken Seite ging, seine Schritte leicht, fast geräuschlos. Als er sich der Mitte näherte, wuchs Shen Yus Erstaunen noch mehr.

„Sag bloß … er ist die rechte Hand des Wächters des Himmlischen Reiches?“, dachte er bei sich.
Der alte Mann blieb stehen und setzte sich auf die linke Seite – zwei Sitze entfernt vom Hauptthron des Wächters. Sofort schlug Shen Yus Herz schneller.

„Ich wusste es … Er kann unmöglich nur ein gewöhnlicher Beamter sein“, murmelte er leise, während sein Blick auf die Gestalt des alten Mannes geheftet blieb.
Kurz nachdem der alte Mann aufgetaucht war, bemerkte Shen Yu mehrere andere Gestalten, die in dem speziellen Bereich für Vertreter des Guandu-Reiches und des Reiches der Stille Wälder erschienen. Anders als zuvor war Shen Yu diesmal jedoch nicht besonders interessiert. Die meisten von ihnen kannte er bereits. Der Guandu-Reich und der Reich der Stille Wälder konnten zwar nicht als enge Verbündete bezeichnet werden, aber ihre Zusammenarbeit bestand bereits seit über einem Jahrzehnt.
Doch als ein weiterer Mann auftauchte, wurde Shen Yus Aufmerksamkeit erneut geweckt. Anders als die anderen trug dieser Mann eine ordentliche Uniform, die mit mehreren glänzenden Abzeichen auf der Brust verziert war.

„Ein Militäroffizier?“, murmelte Shen Yu.

Er hatte die Spielerreiche schon oft besucht und erkannte daher das Muster ihrer Militäruniformen. Anhand der Attribute auf der Kleidung des Mannes konnte er sofort erkennen, dass dieser eine hohe Position innehatte.
Als er genauer hinsah, konnte Shen Yu tatsächlich die Energiewellen spüren, die von seinem Körper ausgingen. Dieser Offizier war keine gewöhnliche Person – er war ein Großmeister! Was ihn jedoch noch mehr schockierte, war sein Sitzplatz.

„Er sitzt ganz hinten?“, fragte Shen Yu mit gerunzelter Stirn.
Ein Militär mit dem Kultivierungsgrad eines Großmeisters sollte doch hoch angesehen sein, oder? Nach dem üblichen Protokoll saßen die einflussreichsten Leute in der ersten Reihe. Beamte wie er repräsentierten nicht nur ein einzelnes Königreich, sondern ein ganzes Reich. Doch der Mann saß ganz ruhig in der hinteren Reihe und zeigte keine Anzeichen von Unbehagen.
Und er war nicht allein. Kurz darauf trafen weitere Militärbeamte ein, die alle ihre formellen Uniformen mit deutlichen Ehrenabzeichen trugen. Sie alle hatten eine Kultivierungsstufe im frühen Großmeister-Rang – eine Macht, die in der Außenwelt ausreichte, um große Armeen anzuführen oder zu wichtigen Persönlichkeiten einer Nation zu werden.
Dennoch blieben sie alle in der hinteren Reihe sitzen.

„Wenn solche hochrangigen Offiziere nicht in der ersten Reihe sitzen, wer hat dann eine noch höhere Position als sie?“

Shen Yus Neugierde wurde immer größer. Sein Blick wanderte nun zur ersten Reihe, um zu erraten, wer Anspruch auf diese Plätze hatte.