Wie ein Chirurg, der am Körper eines Patienten operiert, war Mharzans Aufmerksamkeit voll und ganz auf jeden Teil von Leins Zellgewebe und innerer Energie gerichtet, auf der Suche nach etwas Entscheidendem.
Jede Nervenende, jede Zelle war in Reichweite seiner geschickten magischen Fäden. Er schnitt, sortierte und verfolgte jedes Nervennetzwerk und achtete darauf, nicht den kleinsten Verdacht zu übersehen.
Nach langer Suche fand er es endlich. Eine schwarze Energieansammlung, schwach und fast unsichtbar, versteckt an der Spitze von Leins Steißbein. Sofort stockte Mharzan der Atem. Mit schnellen, aber sanften Bewegungen schwang er seine Hand, beschwor magische Energie herbei, die sich um die Ansammlung wickelte und sie herauszog, als würde man einen Dorn aus dem Fleisch ziehen.
Doch dann spürte er, dass etwas nicht stimmte. Etwas war furchtbar falsch.
„Nein!“, schrie er, doch sein Schrei hallte nur in seinem Kopf wider und wurde von Wellen der Panik begleitet.
In einem Bruchteil einer Sekunde veränderte sich die Welt um ihn herum. Es gab keine Explosion, keinen Lichtblitz – nur eine plötzliche, erdrückende Stille.
Mharzan und sein Reittier, der Voidwalker, verschwanden vom Testgelände, als wären sie wie Moskitos vom Blitz getroffen worden, und ließen Leins leblosen Körper zu Boden fallen.
***
Weit entfernt, jenseits des Reiches der Göttlichen Himmel, tief in der Leere des Universums, wurde die Stille durch das Öffnen eines Portals zerrissen. Aus dem Portal tauchte ein junger Mann auf, gefolgt von einer Kreatur, die einer Ansammlung von Seetang ähnelte, mit dunklen Augen und einem schwarzen Kern, der in ihrer Brust pulsierte.
Es waren Mharzan und der Voidwalker. Nach dem Austritt verschwand der Voidwalker sofort, da er die drohende Gefahr spürte, nachdem er Lein gewaltsam schwarze Energie injiziert hatte.
Mharzans Atem ging kurz und stockend, jeder Atemzug war schwer und erzeugte raue, kratzende Geräusche, als würden seine Lungen gleich platzen. Große Adern traten an seinem Gesicht hervor und spannten seine Haut, während ihm kalter Schweiß unaufhörlich herunterlief.
Seine blutunterlaufenen Augen huschten wild hin und her, während er mit den Händen wedelte und ein weiteres Raumportal öffnete. Mharzan bewegte sich weiter und schlüpfte durch die Falten des Raums, die nur von Wesen der höchsten Stufe durchquert werden konnten.
„Verdammt … wer ist der Beschützer dieses Jungen?“, dachte er, obwohl die Angst noch tiefer in seinem Geist nagte. Ein kaltes Gefühl kro in seinem Nacken, packte ihn fest und schnürte ihm die Kehle zu.
Eine unsichtbare Linie, wie ein dünner, schimmernder Faden, folgte jedem seiner Schritte und verfolgte ihn unerbittlich. Es war der Faden des Schicksals – der rote Faden des Lebens, der ihn umschlang.
Ein einziger Blick auf diesen Faden ließ eine ihm unbekannte Angst in ihm explodieren. Es gab kein Versteck. Keine Möglichkeit, sich zu wehren. Er konnte es spüren – der Faden wurde dünner, als würde er jeden Moment reißen.
„Mein Schicksalsfaden … er ist fast durchtrennt … verdammt!“ Die Worte entrissen sich wütend seinen Lippen, doch sie waren von einer Angst durchdrungen, die er nicht unterdrücken konnte. Schrecken breitete sich in seinem Herzen aus, die Art von Schrecken, die entsteht, wenn man erkennt, dass das Leben in einem Augenblick enden kann, ohne dass man sich wehren kann.
Zurück auf dem Testgelände lag Leins Körper immer noch leblos da. Aber etwas hatte sich verändert. Kleine weiße Lichter begannen aus seinem Körper zu strömen, flossen sanft, als würden sie ihn heilen, und reparierten langsam die Schäden, die ihm zugefügt worden waren.
Minuten vergingen, und Lein kam allmählich wieder zu Bewusstsein. Doch seine Wahrnehmung war noch nicht vollständig zurückgekehrt, und sein Körper fühlte sich immer noch schwer an, als hätte er keine Kontrolle über ihn.
[Dein Klon ist gestorben!]
[Dein Klon ist gestorben!] x9999
[Du hast einen Seelenangriff erhalten, deine Seele ist zerstört]
[Du hast einen mentalen Angriff erhalten: Ewiger Schlaf]
[Du bist in Mharzans Raum-Zeit-Domäne eingetreten, dein Körper hat aufgehört zu leben]
[-Der Körper wird sich auflösen, Notfallschutz wird aktiviert-]
[-Körperschäden werden repariert, Wirtsseele wird wiederhergestellt-]
[- Energie wird in 60 Sekunden wiederhergestellt -]
[- Energie wird in 43 Sekunden wiederhergestellt -]
*Die fettgedruckte Benachrichtigung ist schwarz.
Lein sah Millionen von Benachrichtigungen auf seinem Panel erscheinen, die seinen Geist überschwemmten. Alle Benachrichtigungen warnten ihn, dass seine Klone umgekommen waren. Die letzten Nachrichten wurden erst wenige Augenblicke später von seinem Gehirn verarbeitet.
Der Countdown endete endlich und Lein erlangte die Kontrolle über seinen Körper zurück.
Er öffnete die Augen und sah denselben blauen Himmel wie zuvor. Die Wolken zogen langsam vorbei und eine leichte Brise trug einen frischen Duft zu seiner Nase. Alles kam ihm so vertraut vor, als wäre er gerade aus einem Mittagsschläfchen erwacht.
Lein stand auf und sah sich um. Nicht weit entfernt bemerkte er Tausende von epischen Truhen, die aufgestapelt waren, und in der Ferne war noch immer das Seelenportal zu sehen. „Ich bin noch hier?“,
murmelte Lein verwirrt.
„Wie habe ich überlebt?“, fragte er sich und versuchte, die Situation zu begreifen.
Er erinnerte sich, dass er in dem Moment, als er Mharzans (Göttlicher Aufstiegstrank) dupliziert hatte, sofort eine Benachrichtigung erhalten hatte, dass seine Klone gestorben waren. Kurz darauf tauchte Mharzan aus einem Raumportal auf und stand direkt vor ihm.
Das war Leins letzte Erinnerung, bevor alles schwarz wurde – bis das System anfing, Benachrichtigungen zu senden, während er noch halb bei Bewusstsein war.
„Danke, System“, flüsterte Lein dankbar. Obwohl das System oft dumm war, kümmerte es sich wirklich um ihn. Als er daran dachte, wie nah er dem Tod gewesen war, durchfuhr ihn ein kalter Schauer; er konnte den Gedanken nicht ertragen, was Nita fühlen würde, wenn er wirklich tot wäre.
„Aber … was haben diese schwarzen Benachrichtigungen zu bedeuten?“, fragte sich Lein und erinnerte sich an die Momente, als er noch bei Bewusstsein war. Die Benachrichtigungen über den Tod seiner Klone und die Zerstörung seiner Seele waren normalerweise blau.
Die Warnmeldungen über den Notfallschutz und die Energierückgewinnung waren jedoch schwarz.
„Habe ich ein schwarzes System bekommen?“, überlegte Lein mit einem breiten Grinsen.
Auch wenn er mit diesem Gedanken spielte, war er sich nicht ganz sicher, da er noch keine besondere Behandlung erfahren hatte. Trotzdem war er einfach dankbar, am Leben zu sein.
„Dieses Mal hatte ich wirklich Pech“, murmelte Lein frustriert und mit einem Hauch von Angst. Eigentlich wollte er ein Stück einer S-Rang-Seele finden, aber er hatte nicht nur sein Ziel verfehlt, sondern wäre auch fast gestorben, ohne sich wehren zu können.
Zum Glück half ihm das schwarze System, Mharzan anzugreifen und sowohl seinen Körper als auch seine Seele wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.
„Wie konnte jemand so mächtig in einer Meisterprüfung auftauchen?“, fragte Lein ernst. Er vertraute dem System, aber er hätte nie erwartet, dass so etwas passieren würde.
Das System hatte zuvor erwähnt, dass Seelen zerstört werden könnten, aber der Körper des Herrschers würde intakt bleiben. Doch hier war er nun – ohne die Hilfe des schwarzen Systems wären sowohl sein Körper als auch seine Seele ausgelöscht worden.
„Blödes System, du hättest mich fast umgebracht!“, schrie Lein wütend.
Wenn das System sich direkt vor ihm als Person manifestieren könnte, würde er ihm mindestens einen kräftigen Schlag verpassen.
„Entschuldigung, Meister. Externe Einflüsse liegen außerhalb der Verantwortung des Systems.“
„Verdammt … komm raus hier!“
Lein hob sein Schwert hoch, um dem System den Hals durchzuschneiden. Wie konnte es so nonchalant reagieren? Es war für den Versuchsraum verantwortlich und behauptete nun, dass es nicht für externe Störungen zuständig sei.
„Das ist mir egal … gib mir eine Entschädigung!“, forderte Lein seine Rechte ein.
Hätte er gewusst, dass sein Leben wirklich enden könnte, hätte sich Lein bereitwillig Mharzan unterworfen und sorgfältig seine Flucht zum richtigen Zeitpunkt geplant. Da das System ihm jedoch versichert hatte, dass dies nicht der Fall sei, fühlte sich Lein sicher, als seine Klone starben oder sogar seine Seele zerstört wurde, und glaubte, dass er immer noch fliehen und einen Weg finden könnte, seine Seele wiederherzustellen.
[Als Entschädigung hast du ein Seelenfragment erhalten (Void Monkey’s Tail – S).]
„Hä?“ Lein klappte die Kinnlade runter, als er die Meldung vom System sah. Er las sie noch mal, um sicherzugehen, dass es kein Fehler war.
„Ein S-Rang-Seelenfragment? Wow!“, rief Lein laut. All seine Bemühungen der letzten Stunden hatten sich mit diesem Gegenstand ausgezahlt. Ein S-Rang-Seelenfragment – wer hätte gedacht, dass er es bekommen würde, indem er das System nur ein bisschen „anflehte“?
Lein untersuchte den Gegenstand nicht sofort. Stattdessen richtete er sich auf und stand kerzengerade da. Er wandte sich der Sonne zu, verbeugte sich um 90 Grad und sagte: „Verzeih mir meine harten Worte von vorhin. Danke für dieses Geschenk, oh großartiges System.“
Er vollführte diese Geste mit größter Aufrichtigkeit, aus tiefstem Herzen. Seine Worte waren so herzlich, dass sie sogar das Herz eines Dämons zum Guten wenden könnten, wenn er sie hören würde.
„Hahaha… juhu!“
Gleich nach seiner ehrerbietigen Verbeugung stieß Lein einen freudigen Jubelschrei aus. Er hob vor Aufregung beide Hände in die Luft und öffnete sofort die Beschreibung des Gegenstands.
(Schwanz des Leere-Affen – S)
Der Affe, Herrscher der Leere, lebt ewig, um das Gleichgewicht in der Natur aufrechtzuerhalten. Er ist der erste Wächter, der über das Tor zur Zerstörung des Universums wacht.
– (Tausendhändiger Schwanz): Der Schwanz des Affenkönigs verwandelt sich in eine tödliche Waffe, die sich zu tausend flinken „Händen“ ausdehnt und verzweigt. Jeder Zweig kann Waffen führen, Angriffe abwehren oder magische Gegenstände bändigen, was dem Affenkönig einen taktischen Vorteil verschafft. Mit dem Tausendhändigen Schwanz kann er aus mehreren Winkeln zuschlagen und brutale Angriffskombinationen entfesseln, denen nur schwer auszuweichen ist.
– Dauer: 1 Minute
– Abklingzeit: 10 Minuten
„Erstaunlich … so mächtig“, murmelte Lein aufgeregt.
„Hmmm, Unendliche Vervielfältigung ist noch in der Abklingzeit“, fügte er beiläufig hinzu. Er wollte sofort mit dem Aufbau seiner Seele beginnen, aber im Moment hatte er nur ein Fragment.
Da er „Infinity Duplicate – SSS“ bereits verwendet hatte, um den „Divine Promotion Potion“ zu duplizieren, musste er weitere 30 Minuten warten, bevor er die nächste Duplizierung durchführen konnte.
„In diesem Fall öffne ich zuerst die epischen Truhen“, sagte Lein, während er sein schwarz-goldenes Schwert zog. Dann aktivierte er die Fertigkeit „Echo Phantom“, um einen Klon seiner Waffe zu erschaffen.
Sofort tauchte wieder das vertraute Bild von Tausenden geöffneten Truhen auf. Lein und seine Klonarmee saßen auf dem grünen Gras und öffneten die vor ihnen aufgereihten Truhen.
