Die Monster starren die Menschen an, ihre Augen voller Hass. Ein riesiger Oger knurrt leise und krallt sich so fest an einer Kiste, dass das Holz splittert.
„Ohne Refus Befehl würden diese Menschen keine Sekunde überleben“, flüstert ein Goblin einem anderen zu und fletscht seine gelben Zähne.
„Ja“, spottet der andere. „Wir würden sie in Stücke reißen.“
Es ist kein Geheimnis, dass Menschen und Monster sich gegenseitig verachten. Monster werden wegen ihrer Körper gejagt – ihre Häute, Klauen und Knochen werden zu Waffen, Tränken und Talismanen verarbeitet. Im Gegenzug sehen Monster in Menschen nichts weiter als Beute – Nahrung oder Schlimmeres.
Vor allem Orks sind dafür bekannt, menschliche Frauen zu entführen, um mit ihnen ihre nächste Generation von Kriegern zu zeugen.
Die Karawane setzt sich in Bewegung, und die Menschen spüren die feindseligen Blicke der Monster auf sich.
„Kapitän“, flüstert Lina und umklammert ihren Stab. „Wie immer sehen sie uns an, als wären wir frisches Fleisch.“
Doran dreht sich nicht um, sein Blick ist nach vorne gerichtet.
„Lass sie doch. Die wissen, dass sie besser nichts versuchen.“
„Die hassen uns“, murmelt Kiel mit leicht zitternder Stimme. „Man spürt es in der Luft.“
Tarak lacht düster und legt seine Hand auf den Griff einer seiner Äxte.
„Gut. Sollen sie uns doch hassen. Umso süßer ist es, wenn sie sich daran erinnern, wer hier das Sagen hat.“
„Genug“, sagt Doran scharf. „Konzentriert euch. Wir sind hier, um die Ware zu liefern und zu verschwinden. Keine unnötigen Konfrontationen.“
Alix beobachtet die Szene aus dem Schatten eines zerfallenen Gebäudes, seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Er entdeckt die Karawane sofort – die Menschen stechen wie Leuchtfeuer aus der monströsen Menge hervor. Sie stehen dicht beieinander, ihre Bewegungen sind präzise, und ihre vorsichtigen Blicke verraten ihre Unruhe.
Neugierig aktiviert Alix sein System und untersucht sie nacheinander.
[Stufe 50]
[Stufe 30]
[Stufe 30]
[Stufe 30]
[Stufe 28]
„Der Stärkste ist nur Stufe 50?“, murmelt er mit gleichgültiger Miene.
Kurz darauf beginnt sich die Monstermenge zu teilen, und ein leises Raunen der Vorfreude geht durch sie hindurch. Ein aufgeblähter Oger schreitet voran, sein massiger Körper lässt bei jedem Schritt den Boden beben. Seine Haut ist dunkel und rau wie gehärtetes Leder, und er trägt eine grobe Metallbrustplatte, die seinen Umfang kaum bedeckt. Zu beiden Seiten folgen ihm zwei schlanke, muskulöse Gnolle, die ihre scharfen Zähne in einem ständigen Knurren entblößen.
[Refu: Stufe 80]
[Gnoll-Wächter: Stufe 40]
[Gnoll-Wächter: Stufe 42]
Refus tiefe, raue Stimme dröhnt, als er sich dem Händler nähert.
„Du bist spät dran“, knurrt Refu und kneift seine kleinen, glänzenden Augen zusammen.
Der Händler springt hastig vom Wagen herunter.
„Entschuldige, die Straßen waren schlecht, aber ich habe die üblichen Vorräte mitgebracht.“
Refu schnaubt und verschränkt seine massigen Arme. „Das hoffe ich für dich. Ich dulde keine Verspätungen.“
Doran tritt vor, seine Hand liegt locker auf dem Schwertgriff. Seine Stimme ist ruhig, aber man hört eine scharfe Note heraus.
„Die Lieferung ist wie immer in Ordnung. Lass uns das schnell erledigen.“
Refu grinst höhnisch und winkt mit seiner dicken Hand einem Goblin in der Nähe zu.
„Hol alle Materialien. Sofort. Und beeil dich, bevor ich dich zerquetsche.“
Der Goblin schreit auf und krabbelt in den Wagen. Es vergehen ein paar angespannte Momente, bevor er zurückkommt, die Arme überladen mit verschiedenen Kräutern, die nur tief im Wald zu finden sind, Monsterteilen und anderen verschiedenen Gegenständen. Der Goblin wirft alles ohne Umstände vor Refus Füße auf den Boden.
Refu grinst: „Gut. Jetzt bist du dran.“
und wendet sich wieder dem Händler zu. „Ich bin gespannt, was du mir diesmal mitgebracht hast. Hahaha!“
Der Händler gibt seinen Männern ein Zeichen. „Lädt alles aus. Sofort.“
Die menschlichen Arbeiter springen in Aktion und schleppen Kisten von den Wagen. Die ersten enthalten rohes Fleisch, wahrscheinlich von gejagten Tieren, gefolgt von primitiven Heiltränken und ein paar anderen Sachen, die Alix nicht erkennen kann. Schließlich lassen sie einen schweren Sack mit Goldmünzen vor Refus Füßen fallen.
Alix kneift die Augen zusammen und beobachtet alles aufmerksam. „Minderwertige Heiltränke und ein bisschen Gold? Das ist doch kaum der Aufregung wert.“
Seine Frage wird beantwortet, als der letzte Wagen entladen wird. Aus seinem dunklen Inneren werden zwei menschliche Frauen herausgezerrt, deren Handgelenke mit schweren Ketten gefesselt sind. Sie stolpern vorwärts, ihre Augen vor Angst und Erschöpfung weit aufgerissen, ihre dünnen Kleider bieten kaum Schutz vor der Kälte.
In dem Moment, in dem sie sichtbar werden, bricht die Menge in eine Mischung aus Jubel und kehligem Gelächter aus.
Refus Grinsen wird breiter, als er näher tritt und die zitternden Frauen überragt.
„Ah, darauf habe ich gewartet. Frische Ware.“ Er lacht düster.
Alix spürt ein flüchtiges Gefühl – einen entfernten, flüchtigen Anflug von Wiedererkennung. Als Mensch, zumindest in seinem früheren Leben. Aber jetzt, inmitten dieser Monster, empfindet er kein Mitleid, keine Sympathie. Der Anblick lässt ihn kalt.
Er winkt ab. „Okay, bringt diese beiden Frauen zuerst zu meinem Haus.“
Die beiden Gnolle an seiner Seite springen sofort in Aktion und packen die Frauen an ihren Ketten. Die Frauen schreien, ihre Stimmen brechen vor Verzweiflung.
„Bitte! Helft uns!“
Eine von ihnen jammert und dreht ihr tränenüberströmtes Gesicht zu Doran und seiner Gruppe.
Die andere schluchzt und sinkt in die Knie, als die Gnolle sie vorwärts zerren.
„Lasst uns nicht hier! Bitte!“
Dorans Kiefer spannt sich an, seine Hand umklammert den Schwertgriff so fest, dass seine Knöchel weiß werden. Er hält den Blick gesenkt und knirscht hörbar mit den Zähnen.
Der Händler rutscht unruhig hin und her und wirft Doran einen Blick zu.
„Lass es sein“, murmelt er kaum hörbar. „Wir können uns hier keinen Kampf leisten.“
Refu grinst, sichtlich genüsslich, die Spannung genießend. „Hier ist dein Lohn für die Frauen“, sagt er und kickt eine kleine Holzkiste in Richtung des Händlers. „Ich habe mich sogar extra auf die Suche nach diesem Kraut gemacht. Es ist so selten, dass ich fast aufgegeben hätte.“
Doran sagt nichts. Er hockt sich hin, hebt die Holzkiste auf und wirft sie dem Händler wortlos zu.
„Los“, befiehlt Doran seiner Gruppe knapp, seine Stimme leise und kalt.
Der Händler nickt kurz, und seine Arbeiter laden hastig alles wieder auf die Wagen.
Alix beobachtet alles aus dem Schatten und kneift die Augen zusammen. Die Szene spielt sich wie ein verdrehtes Drama ab, doch er bleibt distanziert und beobachtet jedes Detail. Er bemerkt Dorans geballte Fäuste, die verstummenden Schreie der Frauen und Refus triumphierendes Grinsen.