Als der Name fällt, wird es still in der Taverne.
Ein älterer Abenteurer, dessen Gesicht von jahrelangen Kämpfen gezeichnet ist, nippt langsam an seinem Drink. „Wenn sie Grath getötet haben … dann ist das nicht nur irgendein Monsteraufstand. Das ist Krieg.“
Ein Händler, der in der Nähe sitzt, runzelt die Stirn und zieht seine Tunika zurecht. „Krieg? Glaubst du wirklich, dass sie sich organisieren?“
Ein anderer Abenteurer, dem zwei Finger fehlen, schnaubt verächtlich. „Die sind schon organisiert, du Idiot. Und sie werden immer stärker.“ Er kippt sein Getränk hinunter und murmelt: „Vielleicht haben sie es satt, dass wir sie so fertigmachen.“
Es wird still in der Gruppe.
Draußen brodelt die Stadt vor Gerüchten. Einige flüstern, dass die Monster einen neuen Anführer gefunden haben, jemanden, der sie vereint.
Aber eines ist klar: Die Angst breitet sich aus.
Im Herzen des Königreichs Raltheon, in den prächtigen Sälen des Königspalasts, prallen Stimmen in hitzigen Debatten aufeinander. Die Luft ist voller Spannung, Adlige stehen in Kreisen, ihre Gesichter vor Wut gerötet.
Ein Adliger in goldverzierter Robe schlägt mit der Faust auf einen Marmortisch. „Das ist eine Schande! Ein Haufen Bestien hält unsere Städte besetzt? Tötet unsere Krieger? Wir hätten sie längst vernichten müssen!“
Ein anderer Adliger, ein älterer Mann mit grauen Haaren, spottet. „Vernichten? Die Gilde hat zwanzigtausend Abenteurer geschickt, und fünftausend sind nie zurückgekehrt! Was schlagen Sie vor, Lord Edris? Sollen wir unsere Ritter in den Tod schicken?“
Edris grinst. „Besser, als diese Abscheulichkeiten glauben zu lassen, dass ihnen unser Land gehört!“ Er dreht sich zum Thron, auf dem König Edric sitzt und das Chaos beobachtet. „Eure Majestät, wir müssen jetzt handeln! Wenn wir noch länger warten, werden diese Monster zu einer echten Bedrohung!“
Marschall Walric, der neben dem König steht, meldet sich endlich zu Wort. „Die Gilde hat sie unterschätzt. Sie dachten, es wäre eine einfache Ausrottungsaktion. Das war es nicht.“ Er verschränkt die Arme. „Wir müssen den Feind neu einschätzen, bevor wir voreilige Schritte unternehmen.“
Im Saal bricht erneut Geschrei aus. Einige fordern sofortigen Krieg, andere mahnen zur Vorsicht.
Doch König Edric schweigt.
Die Spannung im großen Saal ist zum Greifen. Die Adligen schreien sich gegenseitig an, ihre Stimmen sind eine Mischung aus Wut, Angst und Verzweiflung. Die Last der Niederlage lastet schwer in der Luft und vergiftet jede Diskussion mit Frustration.
Lord Edris, dessen Gesicht vor unterdrückter Wut rot angelaufen ist, dreht sich abrupt zu einem Mann um, der ruhig inmitten des Chaos steht. Herzog Fynn.
Fynn, der Anführer der Adelsfraktion, die sich ihm ständig widersetzt.
Edris ballt die Fäuste. „Was denkst du, Herzog Fynn?“, fragt er mit ungeduldiger Stimme.
Der Raum wird etwas stiller, als alle Blicke auf den gelassenen Herzog gerichtet sind.
Fynn, der in eleganter, aber zurückhaltender Adelskleidung gekleidet ist, sieht König Edric anstatt Edris an. „Eure Majestät, lasst uns nichts überstürzen.“ Sein Tonfall ist ruhig und bedächtig. „Was in Delon passiert ist, zeigt, dass wir es mit etwas zu tun haben, das weit über unsere Erwartungen hinausgeht. Blindlings eine weitere Armee zu schicken, würde nur zu einer weiteren Katastrophe führen.“
Ein Raunen geht durch den Raum. Einige nicken zustimmend, andere runzeln die Stirn.
Fynn fährt fort: „Ich schlage vor, wir sammeln erst mal mehr Infos – um wirklich zu verstehen, womit wir es zu tun haben. Wir haben nicht umsonst Ressourcen, Spione und Späher. Wenn wir jetzt leichtsinnig handeln, könnte uns das mehr als nur Soldaten kosten.“ Er macht eine kurze Pause, bevor er hinzufügt: „Außerdem wird bald der Gesandte aus dem Königreich Valgros eintreffen. Vielleicht ist er bereit, uns zu helfen. Schließlich sind sie Experten in Sachen Krieg.“
Edris‘ Kiefer spannt sich an, seine Geduld schwindet. Diese verdammte Schlange. Immer predigt er Vorsicht, immer zögert er alles hinaus. Wenn diese Adligen nicht seit Tagen für Unruhe im Königreich sorgen würden, wäre die Lage nicht so eskaliert.
Aber da es keine Beweise gegen sie gibt, sind Edric die Hände gebunden.
Trotzdem weigert er sich, Fynn das Tempo diktieren zu lassen.
„Ich will, dass jeder hier seine besten Späher schickt, um Nachforschungen anzustellen“, erklärt Edric entschlossen und lässt seinen scharfen Blick über die versammelten Adligen schweifen. „Wir werden zusammenarbeiten, um effizient Informationen zu sammeln.“
Die Worte klingen beiläufig, aber sie sind es nicht.
Fynns Stirn zuckt leicht. Dieser gerissene Mistkerl.
Indem er es als gemeinsame Anstrengung darstellt, stellt Edric sicher, dass jeder Adlige mitmachen muss.
Einige Adlige tauschen unzufriedene Blicke aus, aber keiner traut sich, Widerspruch zu äußern. Sie wissen, dass eine Ablehnung dieser Bitte nur Verdacht erregen würde.
Fynn atmet leise aus, ein Hauch von einem Lächeln umspielt seine Lippen. „Natürlich, Eure Majestät. Das ist eine vernünftige Vorgehensweise.“
Edris grinst leicht und beobachtet, wie sich stille Frustration in Fynns Fraktion breitmacht.
Am nächsten Tag ist Eldoria City mit Fahnen geschmückt, und in den Straßen stehen Soldaten in glänzenden Rüstungen. Für die Gesandtschaft aus dem Königreich Valgros ist ein grosser Empfang vorbereitet, aber trotz der Gastfreundschaft liegt eine unüberwindbare Spannung in der Luft.
Valgros ist stärker, reicher und weitaus erfahrener im Krieg als Raltheon. Allein ihre Anwesenheit reicht aus, um die Adligen zu verunsichern.
Als die Gesandtschaft im Königspalast ankommt, werden sie direkt in den Thronsaal geführt. Die schweren Türen schwingen auf und geben den Blick auf zwei imposante Gestalten an der Spitze der Delegation frei.
Der erste ist Prinz Darius, der dritte Prinz des Königreichs Valgros. Er ist jung, aber er trägt sich mit der Selbstsicherheit eines Menschen, der noch nie eine Niederlage erlebt hat. Sein langes schwarzes Haar ist ordentlich nach hinten gebunden, und seine scharfen goldenen Augen mustern den Raum mit milder Belustigung.
Neben ihm steht Marschall Draven, einer der berühmtesten Krieger von Valgros. Allein seine Anwesenheit ist erdrückend. Er ist ein Kraftpaket der Stufe 5, und seine schiere Ausstrahlung, die er nicht zurückhält, reicht aus, um einige der schwächeren Ritter dazu zu bringen, instinktiv ihren Griff um ihre Waffen zu verstärken.
Seine purpurrote und schwarze Rüstung glänzt im Schein der prächtigen Kronleuchter, und das massive Großschwert, das er auf dem Rücken trägt, sieht aus, als könnte es einen Ritter mit einem einzigen Hieb in zwei Hälften spalten.
Als sie vortreten, knien keiner von beiden nieder.
Stattdessen verneigen sie sich nur leicht.
Ein klares Zeichen von Respektlosigkeit.
Ein Raunen geht durch den Saal.
König Edric bleibt ruhig, aber seine Finger krallen sich in die Armlehnen seines Throns. Er hat das erwartet. Valgros hat Raltheon nie als Gleichgestellten angesehen.
Prinz Darius grinst leicht, seine Stimme ist sanft wie Seide. „Eure Majestät“, grüßt er, seine goldenen Augen funkeln unlesbar. „Ich freue mich über den herzlichen Empfang.“