Alix schüttelt den Kopf und lacht leise. „Kein neuer Meister.“ In seinen goldenen Augen blitzt etwas Unlesbares auf. „Ab heute seid ihr keine Sklaven mehr. Ihr seid jetzt Bürger meines Königreichs.“
Liss schnappt nach Luft und presst ihre kleinen Hände an ihre Brust. „S-Sir, bist du wirklich ein König?“, fragt sie mit vor Schreck erstickter Stimme. Sie zögert, bevor sie mit leiserer Stimme hinzufügt: „Ich dachte, du möchtest nur gerne ‚Eure Majestät‘ genannt werden …“
Varkas lacht laut, während Alix nur grinst. „Ich muss mich nicht verstellen“, sagt er sanft. „Ihr werdet es bald verstehen.“
Nikon zögert, bevor er langsam nickt. „Eure Majestät, danke, dass Ihr uns nicht als Sklaven seht“, sagt er mit fester Stimme, die jedoch von Unsicherheit geprägt ist. „Aber … solange wir das Sklavenmal tragen, werden wir immer Diener sein.“
Alix‘ Blick wird scharf. „Komm her. Lass mich mal sehen.“
Nikon wirft einen Blick auf Liss, die ihm ermutigend zunickt. Er holt tief Luft, tritt vor und neigt den Kopf leicht, sodass das Sklavenzeichen an seinem Hals sichtbar wird. Das komplizierte schwarze Siegel pulsiert schwach und erinnert ihn ständig an seinen Status.
Alix untersucht sie genau und kneift die Augen zusammen. Ohne zu zögern hebt er eine Hand und spricht einen Bannzauber der Stufe 4. Ein schwaches goldenes Licht umhüllt das Mal – doch in dem Moment, in dem der Zauber es berührt, flackert das Licht und zerbricht wie zerbrechliches Glas.
Nichts ändert sich.
Alix atmet durch die Nase aus, sein Gesichtsausdruck ist unlesbar. „Das ist interessant.“
Nikon versteift sich. „Eure Majestät?“
Alix tritt zurück und tippt nachdenklich mit einem Finger gegen seinen Arm. Als Spieler ist er nicht durch Klassenbeschränkungen eingeschränkt – er kann jede Fertigkeit oder jeden Zauber einsetzen, solange er die erforderlichen Werte erfüllt. Und dank seiner Vielseitigkeit hat er Zugriff auf eine Vielzahl von Fähigkeiten. Aber das hier …
Das bedeutet, dass das Sklavenzeichen nicht mit einem normalen Bannzauber entfernt werden kann.
Er trifft Nikons misstrauischen Blick und lächelt ruhig. „Ich werde es bannen, sobald wir bei mir zu Hause sind.“
Liss hellt sich sichtlich auf, Hoffnung blitzt in ihren Augen auf. Nikon bleibt jedoch skeptisch. Er zweifelt nicht an Alix‘ Macht – der Mann strahlt eine überwältigende Präsenz aus –, aber er weiß, wie stark die bindende Magie des Sklavenzeichens ist. Dennoch widerspricht er nicht.
Nikon sieht skeptisch aus, äußert seine Zweifel aber nicht. Stattdessen nickt er. „Verstanden.“
Liss klammert sich jedoch an seinen Ärmel. „Wirklich?“, flüstert sie, fast zu ängstlich, um zu hoffen.
Alix grinst nur. „Ich mache keine leeren Versprechungen.“
Nach einer kurzen Pause sieht er Varkas an. „Planänderung.
Wir fahren jetzt. Ich habe bereits getan, weswegen ich hierhergekommen bin.“
Varkas nickt ohne zu zögern. „Ich werde die Kutsche vorbereiten.“
Alix blickt sich in der schummrigen Gaststätte um. „Ich bin wegen der Auktion hierhergekommen. Jetzt, da sie vorbei ist, gibt es keinen Grund mehr zu bleiben.“
Nikon tauscht einen Blick mit Liss, bevor er sich aufrichtet. „Dann … folgen wir dir.“
Alix‘ Grinsen wird breiter. „Natürlich werdet ihr das.“
Als sie weit genug von der Stadt entfernt sind, steigt Alix aus der Kutsche und legt eine Hand an die Seite. Ein schwacher magischer Impuls breitet sich aus, und im nächsten Moment beginnt sich die gesamte Kutsche zu verändern. Die robusten Holzräder ziehen sich zurück, der Rahmen dehnt sich leicht aus, und an den Kanten leuchten schimmernde goldene Runen auf.
Dann –
Mit einem leisen Summen hebt die Kutsche vom Boden ab.
Liss schnappt nach Luft und klammert sich an Nikons Arm, während das ganze Fahrzeug sanft in die Luft steigt. Nikons Augen weiten sich, sein Griff um den Sitz wird fester. Er hat schon viel gesehen in seinem Leben, aber eine fliegende Kutsche? Das übersteigt alles, was er sich jemals hätte vorstellen können.
Während die Kutsche an Höhe gewinnt, vollzieht sich die Verwandlung. Der Innenraum dehnt sich weit über das hinaus, was möglich sein sollte, und verwandelt sich in einen geräumigen, luxuriösen Salon. Plüschsitze, polierte Holzvertäfelungen und ein riesiges, kristallklares Fenster, das sich über eine Seite erstreckt, bieten einen ungehinderten Blick auf den Himmel.
Liss drückt ihr Gesicht fast gegen das Fenster und wedelt aufgeregt mit dem Schwanz. „Wow! Eure Majestät, seid Ihr etwa eine Art Gott?“, platzte sie heraus, die Augen vor Ehrfurcht glänzend.
Alix lachte und schüttelte den Kopf. „Ich bin kein Gott. Ich bin genau wie du …“
Nikon starrt ihn mit ausdruckslosem Gesicht an. Ein normales Monster? Er wirft einen stillen Blick in die prächtige fliegende Kutsche, bevor er wieder zu Alix schaut. Normales Monster, von wegen.
Er spricht seine Gedanken nicht aus, aber tief in seinem Inneren weiß er, dass dies kein gewöhnliches Wesen ist. Selbst die mächtigsten Adligen des Königreichs Raltheon können sich nicht mit ihm messen. Wenn sie selbst Könige wären, wären sie vor Alix nichts weiter als einfache Bürger.
Die Kutsche schwebt durch den Himmel und überquert in nur wenigen Stunden weite Landschaften. Wälder, Flüsse und Berge verschwimmen unter ihnen, und die Luft selbst fühlt sich anders an – reiner, lebendiger.
Dann, gerade als die Sonne hinter dem Horizont versinkt, sehen sie es.
Eine Stadt wie keine andere.
Hoch aufragende schwarze Mauern erstrecken sich endlos und sind mit riesigen goldenen Fahnen geschmückt, die im schwindenden Sonnenlicht schimmern. Ein weitläufiges Netz aus Brücken und Türmen erhebt sich über der grandiosen Stadtlandschaft und verbindet nahtlos alte Architektur mit modernen Errungenschaften. Schwebende Plattformen treiben träge durch die Luft, angetrieben von unsichtbaren Kräften. Im Zentrum steht ein riesiger Palast, dessen dunkle, obsidianartige Struktur von leuchtenden Runen gekrönt ist, die vor Kraft pulsieren.
Alix beugt sich leicht vor, seine goldenen Augen spiegeln den atemberaubenden Anblick wider. „Willkommen“, sagt er mit leisem Stolz in der Stimme. „Dies ist Noctaris – die Hauptstadt meines Königreichs.“
Liss umklammert Nikons Arm noch fester. „Es ist wunderschön …“, haucht sie und kann ihren Blick nicht abwenden.
Nikon schluckt und versucht immer noch, alles zu verarbeiten. „Eure Majestät, darf ich den Namen Eures Königreichs erfahren …?“, fragt er zögernd.
Alix lächelt. „Erevaris. Die Ewige Souveränität.“
Stille erfüllt die Kutsche, während sie den Namen auf sich wirken lassen. Er hat Gewicht, Kraft und eine unbestreitbare Größe.
Nikon atmet langsam aus. „Das ist also … das ist die Macht eines wahren Königs.“
—-
In einer schwach beleuchteten Kammer tief im Inneren des Palastes hängt eine unheimliche Atmosphäre in der Luft. An den Wänden reihen sich seltsame Apparate aneinander – einige leuchten mit unbekannter Energie, andere pulsieren mit dunkler Magie. Der Raum summt leise, als wäre er lebendig.
Liss klammert sich an Nikons Ärmel, ihr Schwanz sträubt sich. „Ich mag diesen Ort nicht“, flüstert sie und schaut sich nervös um.
Varkas verzieht das Gesicht und verschränkt die Arme. „Eure Majestät … ist das das Reich von Lord Magnius?“
Alix lehnt lässig an einem Tisch in der Nähe und bleibt ganz cool. „Ja, das ist es.“