Aber es ist kein Geräusch zu hören. Keine Bewegung. Die einst blühende Monsterhauptstadt, erfüllt vom Geschrei der Händler, dem Brüllen der Bestien und dem Lachen der Koboldkinder, ist jetzt eine Geisterstadt.
Alix seufzt, sein Atem ist in der kalten Luft sichtbar.
„Wie erwartet … Kein einziger Bürger ist übrig geblieben“, murmelt er bitter. „Eine Stadt, die für Millionen gebaut wurde, jetzt ist sie leer.“
Der Echsenmann-Wächter zischt leise und streckt seine Zunge heraus.
„Wir werden sie wieder aufbauen, Eure Majestät. Monster sind widerstandsfähig.“
Alix grinst leicht und lässt seinen Blick über die verlassenen Straßen schweifen.
„Widerstandsfähig, ja … aber verstreut.“
Er geht weiter in die Stadt hinein, seine Wachen flankieren ihn. Sie kommen an einem riesigen Brunnen in Form einer Hydra vorbei, deren mehrere Köpfe Wasserstrahlen in das rissige Becken darunter spucken.
„Dieses Königreich sollte anders sein“, sagt Alix leise, mehr zu sich selbst als zu seinen Wachen. Er dachte: „Ich habe Monster gewählt, weil alle anderen Menschen gewählt haben – langweilig, vorhersehbar. Ich wollte eine Herausforderung und habe diesen Ort aus dem Nichts aufgebaut.“
Seine Stimme wird lauter, mit einem Anflug von Frustration.
„Und jetzt ist alles weg. In einem Krieg ausgelöscht. All die Arbeit … in einem Augenblick vernichtet.“
Der Ork-Wächter spricht mit tiefer, ruhiger Stimme.
„Eure Majestät, Ihr seid noch hier. Solange Ihr lebt, kann dieses Königreich wieder auferstehen.“
Alix wirft ihm einen Blick zu, sein Grinsen kehrt zurück, wenn auch nur schwach.
„Du hast recht. Wir sind noch nicht am Ende.“
Er bleibt mitten auf einem großen Platz stehen, die Stille lastet schwer auf ihnen.
Alix starrt einen langen Moment auf den leeren Platz, dann dreht er sich abrupt um.
„Genug herumgelaufen. Zurück in den Thronsaal.“
Die Wachen folgen schweigend, während Alix mit wehendem schwarzem Umhang durch die verlassenen Straßen schreitet. Die hoch aufragenden Tore des Schlosses öffnen sich knarrend, als sie näher kommen, und bald sitzt er auf dem massiven Obsidianthron, dessen gezackte Kanten im schwachen Fackelschein glänzen. Während er wartet, trommelt er mit den Fingern auf die Armlehne und starrt mit blutroten Augen auf die Schatten, die über die Wände tanzen.
Die Sonne sinkt hinter den Horizont und der Raum wird dunkel. Gerade als die letzten Lichtstrahlen verblassen, verändert sich die Luft. Aus der Dunkelheit nahe dem Thron erscheint eine Gestalt – still und fließend, als würde sie aus dem Nichts selbst heraustreten. Ein Mitglied der Schatten, gekleidet in zerfetzte schwarze Roben, kniet vor Alix und flüstert mit leiser Stimme.
„Eure Majestät, wir haben die Umgebung der Stadt ausgekundschaftet.“
Alix beugt sich vor, sein Blick ist scharf. „Bericht.“
Der Schatten fährt fort, seine Stimme trotz der Schwere seiner Worte ruhig. „Wir haben verstreute Gruppen von Monstern und Bestien gefunden. Keine hat sich in die Nähe der Hauptstadt gewagt, aber sie halten sich in den umliegenden Regionen auf. Und wir haben keine Spuren von Menschen gefunden.“
Alix nickt, sein Gesichtsausdruck ist unlesbar. „Weiter.“
„Im Nordosten gibt es ein Goblin-Dorf, etwa einen halben Tagesmarsch entfernt. Im Süden sind wir außerdem auf ein unbekanntes Monster gestoßen.“
„Unbekannt?“ Alix kneift die Augen zusammen. „Beschreib es.“
Der Schatten neigt leicht den Kopf, als würde er sich an die Details erinnern. „Es war über drei Meter groß, hatte eine kränklich grüne Haut und scharfe Stoßzähne, die aus seinem Unterkiefer ragten. Sein Körper war muskulös, aber seine Gesichtszüge waren brutal – fast wie die eines Schweins.“
Alix‘ Augen blitzen auf, als er ihn erkennt. Er winkt ab. „Gut gemacht. Wenn es nichts weiter gibt, kannst du gehen.“
Der Schatten verbeugt sich tief, bevor er wieder in der Dunkelheit verschwindet.
Als er allein ist, lehnt sich Alix in seinem Thron zurück und seine Gedanken rasen.
„Das klingt wie ein Ork“, murmelt er vor sich hin. „Aber nicht wie die aus dem Spiel. Die waren zwar riesig, aber raffiniert – sogar intelligent. Dieses … schweineähnliche Ungetüm ist etwas ganz anderes.“
Er schließt die Augen und setzt die Informationsfragmente zusammen.
„Diese Welt … sie ist ähnlich, aber nicht dieselbe. Sogar die Monster verändern sich.“
Alix öffnet die Augen, sein Gesichtsausdruck verhärtet sich, während sich Entschlossenheit in seiner Brust festsetzt.
„Auch wenn ich nicht mehr im Spiel bin – oder wenn dies eine völlig andere Welt ist – spielt das keine Rolle. Ich werde diese Welt erobern. Sie gehört mir, genau wie zuvor.“
Alix grinst, dreht sich um und geht zurück zum Thron. Er lässt sich auf den Sitz sinken, den scharfen Blick nach vorne gerichtet, als würde er bereits das wiedergeborene Königreich vor sich sehen.
„Aber für heute reicht es. Morgen werde ich meinen nächsten Schritt planen.“
Er lehnt sich zurück, lässt den Tag auf sich wirken und plant in Gedanken bereits die Schritte, mit denen er sein verlorenes Reich zurückerobern wird.
Die Fackeln flackern, und es wird wieder still im Raum.
Am nächsten Tag sitzt Alix auf seinem Thron und starrt in den riesigen leeren Saal vor sich. Seine Finger klopfen rhythmisch auf die Armlehne, und ein leises Seufzen entweicht seinen Lippen.
„Wenn nur Luan hier wäre“, murmelt er. Seine Stimme ist leise, fast wehmütig.
„Luan, mein bester Stratege. Im Spiel war die KI so fortgeschritten, dass ich mich darauf verlassen konnte, dass er makellose Eroberungspläne ausarbeitete. Im Vergleich zu den Strategien der anderen Königreiche waren Luans Strategien unübertroffen.“
Sein blutroter Blick verdunkelt sich leicht, als Erinnerungen an ihre unzähligen Siege seinen Geist überschwemmen. Er richtet sich auf, schiebt den Gedanken beiseite und ruft:
„Schatten.“
Im Nu verändert sich der Raum. Aus den dunklen Ecken der Kammer tauchen Gestalten auf, deren Umrisse fließend und lautlos sind. Einer nach dem anderen knien die Mitglieder der Schatten vor ihm nieder, ihre schwarzen Roben wehen wie Rauch.
„Ich habe eine Aufgabe für euch.“
Der ihm am nächsten stehende Schatten spricht: „Euer Befehl, Eure Majestät.“
„Ich möchte, dass ihr den Anführer des Goblin-Dorfes im Nordosten aufspürt. Ladet ihn hierher ein.“
Die Schatten bleiben regungslos stehen und hören aufmerksam zu, während Alix weiterredet. „Aber hört gut zu. Verwendet keine Gewalt und keine Einschüchterung. Keine Drohungen. Keine Angst. Macht klar, dass dies eine Einladung ist, keine Forderung.“
„Ist das klar?“ Alix‘ Blick schweift über sie hinweg.
„Kristallklar, Eure Majestät“, antwortet der Anführer der Schatten.
„Gut“, sagt Alix und lehnt sich in seinem Thron zurück. „Ihr könnt gehen. Führt den Auftrag sofort aus.“
Ohne ein weiteres Wort lösen sich die Schatten wieder in der Dunkelheit auf und lassen den Raum erneut in Stille versinken. Alix sieht ihnen nach und geht bereits mögliche Ergebnisse durch. Er sitzt schweigend da und wartet auf die Ergebnisse.