Ich schloss die Augen und plötzlich verschwand die Welt um mich herum. Das schwache Leuchten der Kammer löste sich in einen blendenden, wirbelnden Strudel aus Erinnerungen und Schatten auf. In dieser überwältigenden Welle stand ich nicht mehr in dem kalten, stillen Tempel. Stattdessen fand ich mich in einer Zeit wieder, die ich schon lange vergessen wollte – einer Zeit, in der ich nichts weiter war als ein dürrer Waisenjunge, der sich durch die gefährlichen Gänge einer Schule schlug, wo jeder Tag ein Kampf ums Überleben war.
In dieser Rückblende waren die Flure eng und bedrückend, der Geruch von Desinfektionsmittel und abgestandenem Schweiß lag in der Luft. Ich war damals kleiner, meine Schultern waren eingezogen, als würde ich mich ständig vor der Welt verstecken wollen. Die Wände schienen sich um mich zu schließen, jedes Klassenzimmer war ein Beichtstuhl der Grausamkeit. Ich erinnerte mich an das Geflüster, das wie Glasscherben klang: „Monster“, „Ausgestoßener“, „Er hat seine Eltern umgebracht“.
Die Etiketten klebten an mir so hartnäckig wie der Schmutz an den abgenutzten Schultischen.
Und dann, als hätten die Erinnerungen selbst Gestalt angenommen, schwoll der dunkle Einfluss des Basilisk-Herzens an. Seine Kraft, ein spürbares Gewicht in meinem Kopf, verwandelte die vertrauten Flure in einen albtraumhaften Spielplatz. Die Neonröhren über mir wurden schwächer und flackerten, ihr grelles Licht verwandelte sich in einen surrealen, diffusen Schleier.
Ich befand mich im Innenhof der Schule, aber es war nicht mehr der Ort der schüchternen Pausen und leisen Lachern – er war zu einer brutalen Arena geworden.
In dieser Vision sah ich eine jüngere Version von mir selbst, mit zusammengekniffenen, intelligenten Augen, in deren Tiefe ein berechnender Glanz lag, der die Einsamkeit, die ich empfunden hatte, Lügen strafte. Dieser jüngere Ich stand aufrecht inmitten einer Menge johlender Gleichaltriger.
Ihre Gesichter verschwammen zu einer Flut von Spott und Hohn, jeder einzelne eine Herausforderung, der es mit kalter, gnadenloser Logik zu begegnen galt. Ich sah zu, wie dieses Ich, ermutigt durch das verzweifelte Bedürfnis, das wenige an Würde zu verteidigen, das mir noch geblieben war, sich zu verändern begann. Der schüchterne, verängstigte Waisenjunge verwandelte sich vor meinen Augen in jemanden, der Angst einflößte – einen Anführer in der Hierarchie der Schulhofgrausamkeit.
Ich konnte die Verwandlung bis ins kleinste Detail sehen: wie sich seine einst gekrümmte Haltung aufrichtete, wie seine Augen, die zuvor von stiller Traurigkeit erfüllt waren, nun vor entschlossener Entschlossenheit brannten, wie jemand, der gelernt hatte, seine Intelligenz als Schutzschild und Waffe einzusetzen. Er begann zu sprechen, und seine Stimme, einst leise und unsicher, hatte nun den scharfen Tonfall eines Befehls.
Er gab Befehle, die die kleineren Tyrannen wie verängstigte Mäuse davonhuschen ließen. Seine Worte waren präzise, jede Silbe abgewogen und bedächtig, als würde er einen Plan für die Herrschaft entwerfen.
Inmitten des Chaos in der Halle hallte das heimtückische Flüstern des Basilisk-Herzens in meinem Kopf wider – ein verführerisches, überzeugendes Murmeln, das mich dazu drängte, mein Mitgefühl abzulegen. Es flüsterte: „Verletze sie, bevor sie dich verletzen.
Benutz sie als Werkzeuge. Lass deine Intelligenz deine Waffe sein und deine Freundlichkeit ein Zeichen von Schwäche.“ In der Illusion grinste die dunklere Version von mir, ein kaltes, berechnendes Lächeln, das mich bis ins Mark erschütterte. Ich konnte fast die metaphorischen Klauen der Ambition sehen, die sich in seine Seele gruben und ihn dazu drängten, ein hochintelligenter Soziopath zu werden – rücksichtslos und gefühllos, ein Meister der Manipulation, der sich um nichts anderes kümmerte als um die kalte Logik der Macht.
Ich spürte, wie sich mein Herz zusammenzog, ein Urinstinkt, der an meinem Verstand zerrte. In diesem Moment erinnerte ich mich an jede Grausamkeit, die ich als Kind erdulden musste – die Isolation, das unerbittliche Mobbing, das leere Mitleid derer, die meine Intelligenz für Arroganz hielten. Die Stimme des Basilisken wurde lauter, ihr verführerischer Druck war fast greifbar, als sie mich in Richtung dieses dunklen, alternativen Selbst drängte.
Doch dann regte sich etwas in mir – ein leiser, beharrlicher Funke, der sich nicht von der grausamen Verlockung gnadenloser Macht auslöschen ließ. Ich durchschaute die Illusion. Ich sah die tränenüberströmten Gesichter der Kinder, von denen ich mir einst Freundlichkeit gewünscht hatte, die seltenen Momente, in denen ein vereinzeltes Wort des Trostes die endlose Flut der Grausamkeit durchbrochen hatte.
Ich erinnerte mich an die einzige Geste trotziger Mitmenschlichkeit, die von einem Mädchen kam, das sich einmal für mich eingesetzt hatte und mit ihren Worten die Kette der Isolation durchbrochen hatte. In diesem Moment verstummte das verführerische Flüstern des Basilisken, übertönt von einer lauten inneren Stimme, die sagte: „Nein. Du bist nicht dieses Monster.“
Ich ballte die Fäuste, und das Bild des rücksichtslosen Tyrannen – der andere verletzte, bevor er selbst verletzt wurde – verblasste, als ich mich zwang, mich an die Wärme dieser einsamen Freundlichkeit zu erinnern. Ich sah noch immer ihr entschlossenes, furchtloses Gesicht vor mir und hörte ihre Worte hallen: „Steh für dich selbst ein, Arthur, aber lass sie niemals gewinnen. Lass dich niemals von der Dunkelheit bestimmen.“
Diese Erinnerung, klar und rein, durchbrach den bösen Einfluss der Visionen des Basilisken wie ein Lichtstrahl.
In der Vision geriet die dunkle, skrupellose Version von mir ins Wanken, sein berechnendes Lächeln verschwand, als hätte ihn ein plötzlicher, scharfer Schmerz getroffen. Der bedrückende Druck in meinem Kopf ließ nach und machte einer klaren Klarheit Platz.
Da wurde mir klar, dass die wahre Prüfung nicht darin bestand, ob ich mit meiner Intelligenz andere beherrschen und zu einem skrupellosen Drahtzieher werden konnte, sondern ob ich mich darüber erheben und meinen beeindruckenden Verstand einsetzen konnte, um zu schützen, zu schaffen und zu führen – ohne die Güte aufzugeben, die immer meine heimliche Stärke gewesen war.
Ich sah, wie sich die Vision aufzulösen begann. Der brutale Schulhof verschwand und wurde durch die kalte, dunkle Kammer des Tempels ersetzt.
Das Echo der Macht des Basilisk-Herzens verebbte zu einem leisen, anhaltenden Summen. Ich blinzelte und spürte, wie mein Geist klar wurde, als wäre der Sturm der Illusionen vorüber. Die verführerischen Stimmen waren jetzt nur noch ein fernes Murmeln, überschattet von der klaren Wahrheit, die schon immer meine gewesen war: Egal, wie brillant oder skrupellos man auch werden mag, Stärke liegt in Freundlichkeit, in Empathie und in der Weigerung, das zu werden, was die Welt von einem erwartet.
Tränen stiegen mir in die Augen – nicht aus Trauer, sondern aus dem intensiven, bittersüßen Verständnis, dass man selbst in den dunkelsten Prüfungen einen anderen Weg wählen kann. Das dunkle Bild meines früheren Ichs, des Tyrannen, der seine Intelligenz dazu benutzt hatte, andere zu dominieren und zu verletzen, verblasste und hinterließ eine einzige, unerschütterliche Wahrheit: Ich war Arthur Nightingale, und ich würde mich niemals von Grausamkeit definieren lassen.
Langsam, schmerzhaft zog ich meine Hand aus der pulsierenden, dunkelgrünen Kugel des Basilisk-Herzens zurück. Seine bedrückende Kraft war eine Prüfung gewesen, eine Feuerprobe, die mich gezwungen hatte, mich mit jedem Teil meiner selbst auseinanderzusetzen – mit meinem Ehrgeiz, meiner Einsamkeit, meinem Hunger nach Macht und der tiefen, unerschütterlichen Güte, an der ich mein ganzes Leben lang festgehalten hatte.
Der Einfluss des Herzens, stark und eindringlich, hätte mich fast zerstört und mich dazu getrieben, ein seelenloser Raubtier zu werden. Aber ich hatte durchgehalten. Ich hatte Widerstand geleistet.
Als meine Hand das Basiliskenherz umklammerte, brach eine Welle der Kraft hervor, die wie eine Flutwelle durch meinen Körper raste. Meine Sicht verdunkelte sich, und für einen Moment dachte ich, ich hätte versagt. Dann bewegte sich die Dunkelheit – nicht als Abwesenheit, sondern als lebendige, atmende Kraft, die sich in jeden Winkel meines Geistes schlängelte.
Es war kein Schmerz, nicht wirklich. Es war Wissen – dicht, roh und unerbittlich –, das in mein Gehirn gepresst wurde. Ich taumelte und rang nach Luft, während sich Fäden des Verstehens entwirrten und zu Mustern verwoben, die ich mir nie hätte vorstellen können. Dunkle Mana war nicht nur ein Werkzeug. Sie war lebendig, fließend und veränderte sich wie Schatten unter flackerndem Licht. Sie verlangte Respekt, Ausgewogenheit und Präzision – keine rohe Gewalt.
Ich sah seinen Rhythmus, seine Strömungen, und in diesem Moment verstand ich. Kompression, Verfeinerung, Kontrolle. Die chaotische Leere sollte nicht zerstört werden – sie sollte geformt und mit Absicht gelenkt werden. Die Teile fügten sich zusammen, und ich konnte fast sehen, wie sich der Schwarze Stern formte, ein perfekter Kern aus verdichtetem dunklem Mana, der vor grenzenlosem Potenzial pulsierte.
Meine Knie gaben nach, ich keuchte nach Luft, aber meine Lippen formten ein erstauntes Lächeln. Die Dunkelheit hatte mich nicht verschlungen. Ich hatte sie meinem Willen unterworfen. Und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass sie mir antwortete.