Er hatte gerade etwas geschafft, was noch niemand in der Geschichte von Eldoralth geschafft hatte, und trotzdem war in Atticus‘ Blick keine Spur von Aufregung zu sehen.
Der Kern schwebte zurück in seinen Bauch, seine kalten Augen starrten nach oben in den leuchtend roten Himmel. Er musste zu Tricks greifen, um den Forderungen der anderen Rassen zu entkommen.
Schwäche. Er hasste dieses Gefühl aus tiefstem Herzen.
„Das ist eine gute Einstellung“, erklang Ozeroths Stimme in seinem Kopf.
„Aber das reicht nicht.“
„Du irrst dich.“
Ein helles Licht entzündete sich in Atticus‘ Brust, und im nächsten Augenblick erschien die winzige Gestalt von Ozeroth. Seine übergroßen Augen waren auf Atticus gerichtet.
„Sieh mich an.“
Atticus seufzte und wandte seinen Blick widerwillig zu ihm. Trotz seiner geringen Größe wirkte Ozeroth immer noch groß. Sein ganzer Körper strahlte in einem hellen Purpur, und sein gepflegter Spitzbart und sein makelloser Körper zeigten, wie sehr der stolze und egoistische Geist auf sein Aussehen achtete.
Ozeroth sah Atticus fest in die Augen.
„Die Einstellung ist alles. Sie ist die Grundlage der Macht, der Unterschied zwischen denen, die Stärke ausüben, und denen, die von ihr verschlungen werden. Macht ohne den Willen, sie zu kontrollieren, ist nichts als Chaos.“
„Du kannst deine Feinde austricksen, ihren Forderungen entkommen, aber solange dein Geist nicht so unnachgiebig ist wie deine Klinge, wirst du immer die Bitterkeit der Schwäche schmecken.“
„Beruhige dich, mein Freund. Alles ist ein Prozess. Solange dein Geist stark bleibt, wirst du dein Ziel erreichen.“
Atticus starrte Ozeroth einige Sekunden lang ernst an. Doch dann zeigte sich ein Riss in seinem Gesichtsausdruck. Seine Lippen zuckten, und kurz darauf brach er in Gelächter aus und warf den Kopf zurück, als hätte die Schwerkraft der Welt ihn für einen Moment losgelassen.
„Du klingst wie ein alter Vorfahr, der eine Rede bei einer Beerdigung hält“, keuchte Atticus und hielt sich den Bauch. „Als Nächstes sagst du mir noch, ich soll meine Älteren respektieren und mehr Gemüse essen.“
Ozeroths übergroße Augen zuckten, und das Leuchten um seinen Körper pulsierte unregelmäßig. Sein selbstgefälliger Gesichtsausdruck verwandelte sich in Wut.
Langsam vertiefte sich seine violette Farbe zu einem leuchtenden Rot, wie ein Wasserkocher, der kurz vor dem Überkochen stand.
„RESPEKT?!“, brüllte Ozeroth, während sein kleiner Körper zitterte. „Das ist der Dank dafür, dass ich dich mit meiner Weisheit beglückt habe? Ich bin kein Vorfahr, ich bin OZEROTH!“
Seine Stimme dröhnte trotz seiner Größe wie Donner und hallte im Trainingsraum wider.
Plötzlich begann Ozeroths winzige Gestalt sich auszudehnen, seine einst zierliche Figur wurde größer, bis er seine ursprüngliche Größe erreicht hatte.
Atticus‘ Lachen verstummte und er hob eine Augenbraue.
„Mal sehen, ob du noch lachen kannst, wenn ich dein selbstgefälliges Gesicht in den Dreck ramme!“
Atticus‘ Gestalt verschwamm und erschien in der Ferne wie ein kleiner Punkt.
BOOM!
Sein Blick verengte sich, als eine Explosion an der Stelle, an der er zuvor gestanden hatte, den gesamten Trainingsraum erschütterte.
„Sieht so aus, als hätte ich es übertrieben“, dachte Atticus mit einem ironischen Lächeln, während er der Wucht der Schockwelle standhielt.
Sein Blick schärfte sich und fiel auf Ozeroth, der jetzt wie ein wandelnder Vulkanausbruch in Miniaturform aussah.
Spirituelle Energie sprudelte in wilden, chaotischen Ausbrüchen aus seinem Körper, wie aus einem Wasserkocher, der viel zu lange auf dem Herd gestanden hatte.
Jeder seiner Schritte ließ kleine Erschütterungen durch den Boden gehen.
„Ich werde dich zu einem Fleck auf diesem Boden machen!“, knurrte Ozeroth, wobei seine Stimme mit jedem Schritt lauter wurde. „Und dann werde ich dich mit dem, was von deinem Ego übrig ist, aufwischen!“
Ihre beiden Gestalten verschwammen und lösten sich in Licht- und Schattenstreifen auf.
BOOM!
Sie prallten aufeinander, und die Luft schien zu zerreißen. Die Schockwellen aktivierten die Schutzrunen an den verstärkten Wänden des Trainingsraums.
Jeder Zusammenprall hallte wie ein Donnerschlag wider, und bei jedem Schlag explodierten azurblauer und violetter Energieblitze, die den Raum wie eine Reihe von Kernreaktionen erhellten.
Atticus spürte, wie sein ganzer Körper zitterte, als würden seine Knochen vor Intensität klappern und kurz vor dem Zerbrechen stehen.
„Er ist stark!“
Dieser Gedanke war ihm schon beim ersten Zusammenprall mit Ozeroth durch den Kopf gegangen. Atticus hatte immer gewusst, dass der Geist stark war, sogar stärker als er selbst. Aber wegen ihrer Verbindung sollte Ozeroths Stärke eigentlich auf das beschränkt sein, was Atticus aufbringen konnte.
Dennoch konnte Atticus nicht umhin, das Gefühl zu haben, dass dies über seine Kräfte hinausging. Es war, als würde man auf einen geschwungenen Vorschlaghammer einschlagen.
Atticus‘ Blick wurde schärfer, seine Wahrnehmung spitzte sich zu. Er nahm alles in sich auf. Und während er das tat, war es, als würde sein Verstand explodieren.
Es war Perfektion in ihrer ganzen Fülle. Ozeroths Kampfstil war künstlerisch, schön, effizient.
Für jeden Zuschauer mochte es unberechenbar aussehen, als würde er wahllos treten und mit den Fäusten um sich schlagen, aber Atticus konnte dahinterblicken.
Es gab keine einzige verschwendete Bewegung.
Ozeroths Körper passte sich in Echtzeit jeder seiner Bewegungen an. Dennoch blieben seine Fußarbeit, seine Haltung und seine Technik makellos.
Allein durch das Beobachten fühlte sich Atticus erleuchtet. Allerdings war Ozeroth niemand, mit dem man mit geteilter Aufmerksamkeit kämpfen konnte.
Ein Schlag traf Atticus‘ Gesicht mit der Wucht einer Abrissbirne. Ein heftiger Schauer durchlief seinen ganzen Körper, bevor er wie eine Stoffpuppe durch die Luft geschleudert wurde.
Atticus‘ Gehirn ratterte in seinem Schädel, er sah Sterne. Er schüttelte den Kopf und seine Sicht klärte sich gerade rechtzeitig, um eine weitere massive Faust zu sehen, die mit heftigem Schwung durch die Luft zischte.
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich heftig. Mana und spirituelle Energie brachen wie eine nukleare Explosion aus seiner Gestalt hervor, seine Geschwindigkeit und Kraft erreichten ihren Höhepunkt.
Sein Geist wurde wieder klar, seine Faust bewegte sich nach oben, um den Schlag abzufangen.
Faust traf Faust.
Die Explosion detonierte zwischen ihren Fäusten, ein blendender Lichtblitz und ein ohrenbetäubender Knall, der die Luft zeriss, als würde die Welt selbst auseinanderbrechen.
Atticus‘ Körper wurde tief in den Boden geschleudert, die Erde kraterte unter ihm. Staub und Trümmer schossen in den Himmel, aber noch bevor die Erschütterungen nachließen, schoss er wieder hoch, ein azurblauer Fleck vor dem zerbrochenen Hintergrund.
Sein Bein zerschnitt die Luft und zielte wie eine Rakete auf Ozeroths Kinn.
Ozeroths Kopf schnellte zur Seite und wich um Haaresbreite aus, während sich seine leuchtende Gestalt mit übermenschlicher Beweglichkeit in der Luft drehte.
Seine Ferse schwang in einem scharfen Bogen und schlug mit der Wucht eines Rammbocks auf Atticus‘ Oberkörper ein.
Atticus‘ Augen wurden scharf, seine Instinkte schärften sich. Sein ausgestrecktes Bein kam wie ein Hammer herunter, als hätte sich die Schwerkraft vervielfacht, und schlug auf Ozeroths heranstürmende Ferse.
KNACK!
Die Kollision löste eine weitere Explosion aus, eine Schockwelle, die so heftig war, dass sie die Luft zwischen ihnen auslöschte und beide Figuren wie Kometen durch die Luft schleuderte.
Aber sie hielten nicht an.