Alvis spürte, wie sich der Griff des Todes um seinen ganzen Körper zusammenzog. Atticus‘ Geschwindigkeit, seine Kraft – alles war plötzlich in den Rang eines Großmeisters+ geschossen!
Woher kam all diese Kraft?
Alvis brauchte Antworten, aber es sah nicht so aus, als würde er sie heute bekommen.
Der purpurrote Halbmondschnitt erreichte sein Ziel, und das zischende Geräusch von verbranntem Fleisch hallte wider, als er Alvis‘ Nase teilte.
Gerade als er Alvis in zwei Teile zerreißen wollte, rammte eine überwältigende Kraft Alvis‘ Seite und schleuderte seinen Körper aus dem Weg. Der Hieb hörte jedoch nicht auf.
Wie ein heißes Messer, das durch Butter schneidet, durchdrang der halbmondförmige Hieb Alvis‘ rechte Schulter, seine Bewegung war so geschmeidig und mühelos, dass sie fast unwirklich schien.
Für einen kurzen, surrealen Moment schien die Welt stillzustehen. Der halbmondförmige Hieb setzte seinen Weg fort, verschwand in der Ferne und hinterließ eine saubere Linie am Horizont.
Dann, als hätte die Welt ausgeatmet, brach die Verwüstung los.
Der Boden unter ihnen spaltete sich auf, und die Flugbahn des Hiebs hinterließ eine kilometerlange, gezackte Narbe in der Erde. Berge stürzten ein, Flüsse wurden umgeleitet.
Für einen Moment fühlte es sich an, als wäre nichts passiert. Alvis blieb regungslos stehen, sein Gesichtsausdruck war unlesbar.
Doch dann spritzte Blut durch die Luft und hob sich deutlich vor dem Hintergrund der Zerstörung ab. Sein Arm, an der Schulter abgetrennt, fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden.
Die ganze Gegend war wie erstarrt, das einzige Geräusch war das entfernte Grollen der sich beruhigenden Erde und das leise Zischen der aus der Schlucht entweichenden Luft. Blut tropfte langsam aus Alvis‘ abgetrenntem Schultergelenk und schlug überraschend laut auf den Boden.
Alvis starrte abwesend auf die Stelle, an der sein Arm gewesen war, sein Gesichtsausdruck war unlesbar.
Sein Arm war abgetrennt worden? Von einem 16-jährigen Kind?
Alvis war fassungslos und versuchte mit aller Kraft, die Realität zu leugnen. Aber tief in seinem Inneren wusste er die Wahrheit. Sein Arm war wirklich abgetrennt worden, und Ronads Eingreifen hatte ihm das Leben gerettet.
„Tut mir leid, Junge. Ich mag ihn auch nicht, aber ich kann nicht zulassen, dass du ihn tötest“, sagte Ronad.
Ronads Worte klangen entschuldigend, aber sein Tonfall und sein Gesichtsausdruck waren alles andere als das. Er grinste breit und schien Atticus eher zu verspotten.
Atticus war es jedoch egal, wie die beiden sich gerade fühlten. Das war seine Chance gewesen, Alvis zu töten, aber leider hatte er sie verpasst.
„Ich fühle mich schwach.“
Der Exosuit hatte zwar die Kraft, die Wucht von Angriffen zu absorbieren und zu vervielfachen, aber er war nicht allmächtig. Er hatte seine Grenzen, und Atticus hatte diese Grenze gerade bis zum Äußersten ausgereizt.
Die Kraft, die Atticus gerade mit dem Exosuit entfesselt hatte, war so gewaltig, dass sich der Anzug sofort abschaltete, sich von Atticus‘ Körper zurückzog und in die Beule auf seiner Brust floss.
Atticus spürte, wie ihn eine intensive Müdigkeit überkam. Ohne die Unterstützung des Anzugs hatte sich seine Kraft erheblich verringert.
„Sieht so aus, als gäbe es keine andere Wahl“, dachte Atticus, hielt sein Katana fest umklammert und fixierte Alvis mit seinem Blick.
„Das wird wehtun.“
Alvis ballte seine verbleibende Faust so fest, dass Blut herausquoll. Er wusste nicht, was ihn wütender machte: die Tatsache, dass ein 16-Jähriger ihm den Arm abgetrennt hatte, oder dass Ronad, dieser Idiot, ihm tatsächlich das Leben gerettet hatte.
Wie auch immer, Alvis kochte vor Wut, und es gab nur eine Person, an der er all diese Wut auslassen konnte.
„Na gut“, knurrte Alvis, während eine pechschwarze Aura von ihm ausging und seine Präsenz immer stärker wurde. „Ich werde beenden, was ich vor fünf Jahren hätte tun sollen.“
Alvis‘ Aura explodierte, wuchs zu unvorstellbaren Höhen und wurde noch beunruhigender und bedrückender.
Sein Körper begann sich zu verzerren und auszudehnen, umhüllt von einer dunklen, pulsierenden Aura.
Seine Muskeln schwollen grotesk an, rissen seine Kleidung auf, während seine Gliedmaßen dicker und größer wurden und jede Faser seines Körpers hart wie geschmiedeter Stahl wurde. Sein Gesicht verzog sich zu einer furchterregenden Maske, aus seinem Mund ragten Reißzähne hervor.
Als seine kolossalen Muskeln anschwollen, spannten sich seine Arme wie gespannte Stahlseile an. Mit einem donnernden Brüllen entfesselte er einen vernichtenden Schlag, der die Luft selbst zum Bersten brachte.
Atticus, der von der plötzlichen Kraftentfaltung überrascht wurde, hatte keine Zeit zu reagieren. Der Schlag traf ihn mit der Wucht eines Meteoriteneinschlags und sein Körper wurde von der Wucht des Aufpralls zusammengedrückt.
Er wurde wie eine Stoffpuppe durch die Luft geschleudert und war inmitten der verschwommenen Bewegungen und der Explosion von Trümmern kaum noch zu erkennen.
Aber Alvis war noch lange nicht fertig. Er tauchte in der Luft auf, seine dunkle Aura hinter ihm wie eine Gewitterwolke.
Im nächsten Moment war er wieder bei Atticus, seine Bewegungen verschwammen, als er aus allen Richtungen zuschlug.
Jeder Schlag traf mit knochenbrechender Kraft und schleuderte Atticus wie eine Marionette durch die Luft.
Das Geräusch der Schläge hallte über das Schlachtfeld, jeder einzelne unterbrochen vom widerlichen Knacken des Aufpralls.
Selbst mit dem Exosuit war Atticus zu Brei geschlagen worden. Aber jetzt hatte er die Kraft des Exosuits verloren, und Alvis schien noch stärker zu sein!
Trotz seiner unglaublichen Wahrnehmung war Alvis für Atticus nur noch ein verschwommener Fleck. Er konnte nicht reagieren, so sehr er es auch versuchte.
Mit einem letzten brutalen Schlag rammte Alvis Atticus in den Boden, wobei die Wucht des Aufpralls einen riesigen Krater hinterließ, der Schockwellen nach außen sandte.
Alvis landete mit einem lauten Knall und ragte mit seiner monströsen Gestalt über dem Krater auf. Mit seiner einzigen verbliebenen Hand schlug er weiter auf Atticus ein, wobei jeder Schlag heftiger war als der vorherige.
„WER ZUM TEUFEL GLAUBST DU, WER DU BIST?!?“
Atticus spürte, wie sein Verstand nachließ, die Schmerzen in seinem Körper waren unerträglich. Dennoch huschte ein Lächeln über seine Lippen.
Atticus hatte von Anfang an gewusst, dass es zwei Großmeister+ gab, bevor er die Siedlung angegriffen hatte. Zwar war es ihm gelungen, Niall zu überwältigen, der seine Kraft eingeschränkt hatte, aber Atticus war nie jemand gewesen, der so leichtsinnig war.
Er würde niemals sein Leben riskieren, um sich allein zwei Großmeistern+ zu stellen. Das Gleiche galt für die dritte Kunst des Katana. Der einzige Grund, warum Atticus sie erlernt und jetzt eingesetzt hatte, war, dass er seine Grenzen austesten wollte.
Doch nun war das Ende erreicht, und er hatte keine Fähigkeiten mehr, die er einsetzen konnte. Er war völlig besiegt.
„Es scheint, als wäre es an der Zeit.“
Atticus ließ plötzlich die Wasser- und Lichtelemente los, die seinen gebrochenen Körper geheilt hatten. Gerade als Alvis‘ Schlag ihn treffen wollte, brach ein blendendes Licht aus Atticus hervor und durchdrang den Himmel.
Im nächsten Moment erschien ein Mann vor dem geschlagenen Atticus, dessen ganzer Körper vor intensiver Kraft strotzte.
Dieser Mann war muskulös, hatte weißes Haar und durchdringende blaue Augen.
Für die Menschen der Menschenwelt brauchte er keine Vorstellung.
Der Familienoberhaupt einer Familie von Verrückten, Avalon Ravenstein, war erschienen.