Die nächste Simulation war ziemlich einfach. Sie war wie die vorherige, aber diesmal musste Atticus Mana einsetzen.
Er bemerkte eine große Ähnlichkeit zwischen diesem Lernprozess und dem, als er die zweite Kunst gemeistert hatte.
Damals hatte er sich zuerst darauf konzentriert, die körperlichen Bewegungen zu meistern, bevor er lernte, Mana effektiv zu kanalisieren. Zum Glück war er schon mit der Manipulation von Mana vertraut, was diese Phase etwas einfacher machte.
„Ich muss meinen Manastrom mit meinen Bewegungen synchronisieren“, dachte er.
Die aktuelle Herausforderung war anders als die vorherige. Atticus musste jeden Fluss und jeden Hieb mit seinem Mana abstimmen. Außerdem merkte er schnell, dass die Projektile jetzt stärker waren und jedes einzelne von einer Manaschicht umhüllt war.
Das Geräusch der zerreißenden Luft wurde lauter, als die Projektile sich mit einer vielfachen Geschwindigkeit wie zuvor bewegten. Obwohl Atticus vorbereitet war, hatte er viel weniger Zeit zu reagieren. Selbst mit seiner maximalen Wahrnehmung bewegten sich die Projektile mit einer so wahnsinnigen Geschwindigkeit, dass sie ihn unvorbereitet trafen.
„Scheiße!“
Mehrere Projektile trafen Atticus wie Abrissbirnen, die auf eine humanoide Wassermelone einschlugen.
Er tauchte wieder auf und hörte sofort Cedric von der Seite herzhaft lachen. Atticus verdrehte die Augen, kehrte in die Mitte des Raumes zurück und nahm eine Kampfhaltung ein.
Ein Glockenton ertönte, gefolgt von den mit Mana beschichteten Projektilen, die mit blendender Geschwindigkeit auf Atticus schossen.
Diesmal war er bereit. Atticus wurde zu einem verschwommenen Fleck, als er jedes Projektil mit übermenschlicher Geschwindigkeit abwehrte und ein azurblauer Streifen den Raum füllte.
Da er nun Mana nutzen konnte, profitierte er auch von dessen passiver Regeneration. Diese Aufgabe erwies sich jedoch als noch schwieriger als die letzte. Sie erforderte mehr Anstrengung, und vor allem musste Atticus während des gesamten Vorgangs seine Wahrnehmung auf Hochtouren halten.
Wie zuvor schienen die Projektile endlos zu sein, bis schließlich ein lauter Glockenton ertönte, der das Ende signalisierte.
Atticus bekam einen kurzen Moment Verschnaufpause, bevor er wieder aufstehen und den Prozess von vorne beginnen musste.
Dieser Zyklus wiederholte sich tagelang, bis Atticus die Mindestzeit erreicht hatte, um zur nächsten Stufe aufzusteigen.
„Du siehst beschissen aus“, bemerkte Cedric.
Atticus, der sich darauf konzentrierte, wieder zu Atem zu kommen, entschied sich, nicht zu antworten. Abgesehen vom ersten Mal war er aufgrund kleiner Fehler bereits mehrfach gestorben, und Cedric hatte jedes Mal über ihn gelacht.
Atticus atmete schwer auf dem Boden, kam schließlich wieder zu Atem und stand zitternd auf. Es waren höllische Tage gewesen, in denen er sich ständig überwinden musste. Die
Situation wäre nicht so schlimm gewesen, wenn er Zugang zu seinem Wasser- oder Lichtelement gehabt hätte. Mehr noch als die Unterstützung seiner Bewegungen interessierten ihn deren Heilkräfte.
„Was kommt als Nächstes?“, fragte Atticus, als er aufstand.
Cedric lächelte, weil er Atticus‘ aktuellen Zustand amüsant fand. „Du solltest dich ein bisschen ausruhen. Die nächsten Lektionen werde ich dir geben.“
Atticus hatte nichts dagegen und freute sich sogar über die zusätzliche Ruhepause. Er ließ sich auf den Boden sinken und schlief ein paar Stunden.
Als er erfrischt aufwachte, ging Atticus zu Cedric.
„Leider kann ich dir aufgrund meines momentanen Zustands keine Vorführungen geben. Das tut mir leid. Ich werde aber mein Bestes tun, um es dir so zu erklären, dass du es verstehst.“
Atticus war ein bisschen enttäuscht, dass er keine Vorführung bekommen würde, weil er so am besten und schnellsten lernen konnte, aber er hat sich nicht beschwert. Er wusste, dass es seine Schuld war, dass Cedric überhaupt in dieser Lage war.
Cedric bemerkte Atticus‘ stilles Einverständnis und fuhr fort.
„Du hast die Bewegung gelernt und weißt, wie du sie mit Mana synchronisieren musst. Die nächsten beiden Schritte bestehen darin, die einzelnen Hiebe miteinander zu verbinden und sie dann zu einem einzigen, kraftvollen Hieb zu kombinieren.“
„Das ist genau wie bei Ae’ark“, dachte Atticus.
„Du denkst wahrscheinlich an diesen Aeonianer-Jungen. Du hast recht, es ist praktisch dasselbe Prinzip, aber in Anbetracht deines derzeitigen Zustands bin ich mir sicher, dass du deinen Schlag tödlicher und stärker machen kannst“, sagte Cedric und zwinkerte Atticus zu. Atticus verstand sofort.
„Meine Willenskraft“, wurde ihm klar.
„Nun weiter. Der nächste Schritt besteht darin, jeden Hieb miteinander zu verbinden.
Das Prinzip ist einfach, aber die Ausführung ist knifflig. Für jeden Hieb, den du ausführst, musst du einen kleinen verbindenden Manafaden zwischen ihnen erzeugen. Das bedeutet, dass du dir jeden Hieb, den du ausführst, bewusster machen musst, damit sich die Fäden nicht verheddern.“
Atticus verstand Cedrics Erklärung sofort. Er musste lediglich einen Faden erzeugen, um jeden seiner Hiebe miteinander zu verbinden.
Er machte sich sofort an die Arbeit und stellte sich in die Mitte des Raumes. Mit Mana beschichtete Projektile schossen auf ihn zu, und er begann, sie zu zerschneiden.
Doch schon nach wenigen Sekunden machte Atticus einen Fehler, wurde getroffen und starb. Als er wieder auftauchte, hörte er Cedrics lautes Lachen.
„Mistkerl“, dachte Atticus, ignorierte ihn jedoch und kehrte in die Mitte zurück.
„Das ist viel schwieriger, als ich dachte“, überlegte er.
Beim letzten Versuch hatten sich die Fäden verheddert, und weil er in Panik geraten war und versucht hatte, sie zu entwirren, hatte er kurz die Konzentration verloren.
„Ich muss die Flugbahnen jedes Projektils berechnen, um die bestmögliche Bahn für meine Hiebe zu bestimmen“, dachte Atticus.
Genau das tat er. Sobald sich die Geschosse näherten, arbeitete sein Verstand schnell und zeichnete jede ihrer Flugbahnen auf, bevor er die beste Flugbahn für seine Hiebe festlegte.
Es lief besser als beim ersten Mal, aber Atticus machte bald einen weiteren Fehler und starb erneut.
Er ließ Cedrics lautes Lachen in den Hintergrund treten, während er tief in Gedanken versunken zurück in die Mitte des Raumes ging.
„Die Geschosse kommen ständig, also muss ich ihre Flugbahnen ständig berechnen“, erkannte Atticus.
Er atmete tief aus und begann einen neuen Versuch. Diesmal hielt er länger durch, starb aber schließlich wieder. Allerdings bekam er langsam den Dreh raus.
Mit jedem Fehler dachte Atticus nach und nahm Anpassungen vor, während er weitermachte.
Bald vergingen die Tage, und es war bereits mehr als eine Woche vergangen, seit Atticus das Reich der Katana betreten hatte. Er bewegte sich wie ein azurblauer Schatten inmitten des makellos weißen Raumes und schlug ein Projektil nach dem anderen nieder.
Plötzlich ertönte ein lauter Glockenton, und die Projektile hörten auf zu erscheinen. Vor ihm lag eine unglaubliche Anzahl azurblauer Schnitte, die durch winzige, miteinander verbundene Fäden zusammengehalten wurden.
Cedric näherte sich, seine Belustigung war einem mürrischen Ausdruck gewichen. „Natürlich hast du den Rekord gebrochen“, murmelte er. Normalerweise dauerte das Training drei Monate, aber Atticus hatte diese Zeit deutlich verkürzt.
„Kommen wir zum letzten Schritt.“
