Eigentlich war es nur ein ganz normaler Schritt, aber als Atticus ihn machte, legte sich eine überwältigende und bedrückende Aura, die noch stärker war als Spineus‘ Wutausbruch, über die ganze Umgebung und schob seine Aura beiseite wie einen leichten Windhauch.
Atticus ging weiter, vorbei an Ember, und stellte sich vor die Gruppe, die sich schon von Spineus‘ Aura befreit hatte.
Mit einer berechnenden Gleichgültigkeit sagte Atticus:
„Du willst meine Gefährten foltern?“
Seine Stimme blieb ruhig und gemessen, fast wie in einem Gespräch, aber alle, die ihn hörten, spürten einen Druck, wie sie ihn noch nie zuvor empfunden hatten.
Die Herzen der Krieger der Familie Ossara in der Umgebung zitterten, und sie umklammerten instinktiv ihre Waffen fester.
Spineus war keine Ausnahme. Er verschränkte schnell die Hände hinter dem Rücken, um seinen Arm zu verbergen, der plötzlich zu zittern begonnen hatte.
Sein Kriegerherz schrie ihn an. Es war ein Gefühl, das er in den lebensgefährlichen Kämpfen, die er in seinem Leben bestritten und überstanden hatte, geschärft hatte, das Gefühl, das man bekommt, wenn man einem Gegner gegenübersteht, der nicht in deiner Liga spielt.
Die Stille, die bereits geherrscht hatte, wurde noch tiefer. Das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel verstummten.
Nur Atticus‘ Worte hallten in den Ohren der Zuhörer wider. Es war, als würde die Intensität des Augenblicks jeden Ort erreichen.
Die Stadt der Knochenrasse war in eine spürbare Stille gehüllt, die Schüler spiegelten dieselbe Szene wider.
Diejenigen, die das schon einmal gesehen hatten, die seinen Zorn schon einmal zu spüren bekommen hatten, wussten es instinktiv: Dies war eine neue Stufe der Wut.
In all den Jahren hatte noch nie jemand Atticus lächeln sehen, wenn ihn jemand verärgert hatte, und doch lag ein kleines Lächeln auf Atticus‘ Gesicht, als er sprach.
Es war beunruhigend, ein Gefühl, das alle Schüler erfasste, die zuschauten. Es war so intensiv, dass der Jubel von Nate und den anderen abrupt verstummte und jeder von ihnen sich still auf den Bildschirm konzentrierte.
Sie alle wussten instinktiv, dass das, was nun passieren würde, heftig werden würde.
Spineus‘ Herz schlug schnell; er konnte einfach nicht verstehen, was vor sich ging. Er hatte das Gefühl, einen großen Fehler zu begehen, aber leider war es viel zu spät, um noch aufzuhören.
Es ging nicht mehr um ihn oder seine kleine Rache. Die Hoffnungen der Menschen der Knochenrasse ruhten auf seinen Schultern; er durfte jetzt nicht schwanken.
Spineus ballte die Hand zur Faust, um sein klopfendes Herz zu beruhigen, bevor er antwortete:
„Ja. Aber wenn du den Vertrag unterschreibst, wird nichts …“
„Ich verstehe“,
unterbrach Atticus Spineus, bevor er zu Ende sprechen konnte, seine Stimme war die Ruhe selbst.
Das erste Wort von Spineus‘ Antwort war alles, was er hören musste.
Mit einer bedächtigen und mühelosen Bewegung griff Atticus mit der rechten Hand nach dem Katana, das an seiner linken Hüfte hing.
Die Welt wurde langsamer.
Der Himmel schien sich zu verdunkeln.
Die Herzen von Spineus und jedem einzelnen Mitglied der Familie Ossara erstarrten, als sie gleichzeitig aufhörten zu schlagen.
Hunderte von Kilometern entfernt verengten sich die Augen von Mortrex und Vertebrae, die auf hohen Punkten standen, plötzlich zu Nadeln, ihre Köpfe schnappten in die Richtung, in die Atticus geflohen war, und im nächsten Moment verschwanden ihre Gestalten in Luft.
Eine Stimme, die immer noch total ruhig war, ertönte plötzlich, und jedes Wort klang eiskalt und gleichgültig.
„Katana-Serie – 2. Kunst: Endless Blade.“
Im nächsten Moment löste sich Atticus in Nichts auf.
Die Luft schien zu zerbrechen, als unzählige blaue Streifen den Raum füllten und ein faszinierendes Lichtgewebe webten.
Für einen Herzschlag war alles still, als hätte die Welt selbst innegehalten, um das Spektakel zu beobachten.
Die blauen Streifen durchschnitten den Raum mit tödlicher Präzision und zerschnitten alles, was sich ihnen in den Weg stellte.
Jeder Streifen fand sein Ziel, eine unaufhaltsame Kraft, die jeden Zentimeter der Ossara-Krieger in der Umgebung durchdrang.
Sofort tauchte eine Gestalt vor Spineus auf, materialisierte sich aus dem Nichts und wurde von einem gewaltigen Aufprall gefolgt.
Die Wucht der Kollision löste eine Explosion aus, die einer nuklearen Detonation glich, ein ohrenbetäubender Lärm, der die Erde erschütterte. Der Boden bebte, Schockwellen breiteten sich aus und schleuderten Trümmer und Staub in die Luft.
Der letzte leuchtend blaue Streifen kam abrupt zum Stillstand, sein tödlicher Weg war unterbrochen.
Die Welt fand wieder in ihren normalen Rhythmus zurück, die Herzen der Zuschauer schlugen so schnell und heftig, als wollten sie aus ihrer Brust springen.
Zoey, Ember, Aurora, Kael und Orion drehten Saltos in der Luft und rutschten dann auf der Erde, um ihren Schwung zu bremsen.
Magnus grinste von seinem Thron aus, während Oberon unbeeindruckt weiter an seinem Tee nippte.
Der Staub legte sich und viele guckten mit großen Augen, als sie sahen, was passiert war.
Eine Fontäne aus Blut regnete vom Himmel, als jeder einzelne Krieger der Ossara-Familie in einer Fontäne aus Blut und Eingeweiden explodierte.
Das Geräusch der purpurroten Blutstropfen, die auf die Erde fielen, ähnlich wie Regentropfen, wurde von der Explosion der vielen Schwebefahrzeuge unterbrochen, die in der Luft schwebten.
Eine weitere heftige Welle erschütterte den Raum und schleuderte Trümmer und sengende Hitze durch die Gegend.
Eine durchsichtige violette Drachenkonstruktion strahlte von Zoey aus, bedeckte die ganze Gruppe und schützte sie vor dem Ansturm.
Und doch, trotz all dieser überwältigenden Ereignisse, waren alle Augen auf einen Punkt am Himmel gerichtet.
An derselben Stelle, an der der letzte leuchtend blaue Streifen abrupt gestoppt worden war, standen drei Personen.
An erster Stelle stand der zitternde Spineus, dessen ganzer Körper so sehr schwitzte, dass sich auf der knochigen Plattform, auf der er stand, eine kleine Pfütze gebildet hatte.
Am anderen Ende stand Atticus, dessen Hand blutig war, weil eine unbewegliche Kraft seinen Angriff gestoppt hatte.
Und genau zwischen ihnen stand ein Mann.
Der Mann war oben ohne und hatte einen kompakten Körperbau, der vor Kraft zu strotzen schien. Sein Kopf war komplett kahl, dazu hatte er einen goldenen Bart, der perfekt gestutzt war.
Für die Leute der Knochenrasse brauchte er keine Vorstellung.
Mortrex der Unbezwingbare, der Ossarch der Knochenrasse, war auf dem Schlachtfeld erschienen.
