Während Atticus in Gedanken versunken war, öffneten sich die imposanten Ladetüren des Schiffes mit einem Knarren und luden sie ein, einzutreten.
Als sie alle eingegangen waren, schlossen sich die Türen hinter ihnen und das Schiff hob sofort ab.
Nach ein paar Schritten betraten Atticus und die anderen eine geräumige Halle im Inneren des Schiffes.
Die Halle, in die er eintrat, war eine riesige Fläche aus glänzendem Metall und hochentwickelter Technologie, beleuchtet von sanften Umgebungslichtern, die wie ferne Sterne leuchteten.
Die Wände schienen nahtlos ineinander überzugehen und vermittelten den Eindruck von grenzenlosem Raum. Elegante Bögen zierten die Decke, die sich anmutig über den Köpfen der Anwesenden wölbte und in der Mitte in einem komplizierten Muster zusammenlief.
„Verdammt, das ist unglaublich“, dachte Atticus voller Ehrfurcht. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Vorderseite der Halle, wo ein erhöhtes Podium stand.
Nach einer Minute voller Vorfreude tauchte eine Gestalt auf und ging zum Podium – ein Mann mit dem typischen markanten weißen Haar, der die unverkennbare Aura eines Meisters ausstrahlte.
Seine raue Erscheinung strahlte Härte aus, und er war ganz in Schwarz gekleidet, was an Militärkleidung erinnerte und seine autoritäre und gebieterische Präsenz nur noch unterstrich.
Die Menge begann zu murmeln, aber die Aura des Meisters ließ sie verstummen.
Die autoritäre Stimme des Mannes hallte durch den Saal, als er sich vorstellte: „Willkommen im Raven-Camp! Ich bin Elias, einer der Ausbilder hier.“
Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort:
„Wie ihr wisst, verbringen alle 10-Jährigen der Familie Ravenstein die nächsten drei Jahre hier. Der Hauptzweck des Camps ist es, euch für die Akademie auszubilden und vorzubereiten. Genauere Infos gibt’s später, aber jetzt starten wir erst mal mit einem Test, der entscheidet, wie ihr im Camp behandelt werdet.“
Als Elias seine Hände hob, schwebten etwa zwanzig Taschen in der Luft und landeten elegant in den Händen jedes Kindes.
Er fuhr fort: „In jeder Tasche findet ihr einen Kompass und ein armbandähnliches Gerät. Ich empfehle euch dringend, das Armband sofort anzulegen.“
Sie folgten den Anweisungen und legten die Armbänder sofort an. Atticus spürte eine Verbindung zwischen sich und dem Armband. „Ein Artefakt, hm? Ich frage mich, was es bewirkt“, überlegte er.
„Was ihr gerade angelegt habt, ist ein Artefakt. Vorerst müsst ihr nur wissen, dass es euch hierher zurückteleportiert, wenn es spürt, dass euer Leben in Gefahr ist. Es hat noch viele weitere Funktionen, aber die lernt ihr später“, erklärte Elias.
Elias‘ Worte lösten bei vielen Kindern Panik aus. Ihr Leben in Gefahr? Was für eine Prüfung wollten sie ihnen auferlegen?
Elias konnte die weit verbreitete Panik unter den Kindern nicht übersehen, aber er hatte nicht vor, auf ihre Bedenken einzugehen. „Schwächlinge werden in der Familie nicht gebraucht.“
Ihm fiel auch auf, dass einige der Kinder selbst nach der Enthüllung, dass ihr Leben in Gefahr sein könnte, gelassen blieben.
Er beobachtete ihre Gesichter und sein Blick blieb plötzlich auf Atticus hängen. Er starrte ihn an, als wolle er sein Geheimnis lüften.
„Er ist es. Das könnte interessant werden“, dachte Elias mit einem Lächeln.
Unbeeindruckt fuhr Elias fort: „Der Kompass wird euch zu eurem Ziel führen. Ich rate euch dringend, das ernst zu nehmen. Die Ränge werden danach vergeben, wer zuerst das Ziel erreicht.“
Atticus‘ Gedanken rasten und er überlegte schnell verschiedene Möglichkeiten. „Eine Prüfung? Ein Kompass, hm.“ In seinem Kopf schwirrten alle möglichen Gedanken herum: „Es ist ein Wettrennen. Aber wie wollen sie das bewerten?“ Bis ihm plötzlich klar wurde: „Moment mal! Wo stehen wir eigentlich?“
Als hätte er seine Gedanken gelesen, ertönte Elias‘ Stimme erneut und verkündete den Beginn der Prüfung.
Ohne Vorwarnung gab der Boden unter ihnen nach und Atticus und die anderen fielen.
Panik brach aus, als Schreie durch die Luft hallten. Der plötzliche Sturz versetzte die meisten in Panik. Nur Atticus und eine Handvoll andere konnten die Fassung bewahren.
Plötzlich erinnerten sie sich an das Armband und hielten sich daran fest, als wäre es ihre Rettungsleine. Die Spannung in der Luft ließ etwas nach, aber nur für kurze Zeit.
Elias‘ Stimme hallte erneut: „Oh ja, die Schwerkraft ist nicht euer einziger Feind.“
Der Himmel über ihnen wurde plötzlich von einem ohrenbetäubenden Geschrei erfüllt, und eine Horde von Bestien mit stacheligen Rückenflossen, die sich entlang ihrer langgestreckten Körper erstreckten, stürzte auf sie herab.
„Skythorns“, identifizierte Atticus die Kreaturen sofort.
Das waren magische Bestien, Kreaturen, die sich durch die Aufnahme von Mana weiterentwickelt und verändert hatten. Dieser Prozess löste erhebliche Veränderungen in der Physiologie, den Fähigkeiten und sogar im Aussehen der Bestien aus, wodurch sie sich im Laufe der Zeit anpassen und stärker werden konnten.
Die Skythorns waren furchterregende und bedrohliche Kreaturen, die den Himmel von Eldoralth bevölkerten. Mit ihrem Raubtierinstinkt und ihrer mächtigen Statur wurden sie oft von denen gefürchtet, die den offenen Himmel durchquerten.
Ein Chor von Flüchen brach aus der Gruppe hervor. Die kreischenden Skythorns stürzten plötzlich herab, ihre hungrigen Augen auf die Jugendlichen gerichtet. Einige versuchten, sie abzuwehren, aber ihre Bemühungen scheiterten oft und sie wurden teleportiert.
Atticus‘ Sinne schärften sich, als er die chaotische Szene überblickte und die Lage mit klarem Verstand einschätzte.
Es war seine erste Begegnung mit magischen Bestien. Er hatte sich mental auf diesen Tag vorbereitet und würde lügen, wenn er behaupten würde, dass er ihn nicht mit Spannung erwartet hatte.
Er beobachtete einige der Kinder, die mühelos mit den angreifenden Bestien fertig wurden.
Ein zurückhaltendes junges Mädchen, das von der plötzlichen Bedrohung scheinbar unbeeindruckt war, holte mühelos einen Pfeil aus ihrem Raumgeheimnis hervor. Mit geübter Präzision versah sie ihn mit Mana und schoss ihn dann mit bemerkenswerter Genauigkeit ab. „Nicht schlecht“, kommentierte Atticus.
Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit auf einen Jungen, der gekonnt mit Dolchen hantierte, deren Klingen mit Mana ummantelt waren. Mit flinken Manövern bewegte er sich geschickt durch die Luft und versetzte den Bestien mit präzisen Schlägen mühelos den Todesstoß.
Als Nächstes fiel ihm die Koordination zwischen zwei Freunden auf. Der muskulöse junge Mann zog ein breites Schwert aus seinem Raumgeheimnis, mit dem er die Reihen der Bestien effektiv durchbrach, während sein Begleiter die Kreaturen mit Blendtechniken desorientierte und so Lücken für die Angriffe seines Freundes schuf.
Atticus war am meisten von dem Mädchen mit den roten Augen beeindruckt. Als die Skythorns näher kamen, entflammte ihr Körper. Mit dieser feurigen Aura schleuderte sie sich auf den nächsten Vogel und verbrannte ihn beim Aufprall.
„Sie kann ihre Blutlinie schon so gut einsetzen?“ Atticus war etwas überrascht davon. Ein mittlerer Rang mit 10 Jahren ist nichts Alltägliches, und sie war bereits so geschickt im Umgang mit ihren Blutlinienkräften.
Seine Konzentration wurde jedoch kurz unterbrochen, als eine Gruppe Skythorns auf ihn herabstürzte und ihn bedrohlich angriff.
Sie waren, gelinde gesagt, abscheulich. Wäre dies Atticus vor seiner Ausbildung gewesen, wäre er ohne zurückzuschauen davongelaufen. Aber jahrelanges Training und Kämpfe hatten seinen Geist gestählt. Er war nicht mehr der Atticus von der Erde, er war jetzt Atticus Ravenstein.
Atticus schloss die Augen und holte tief Luft: „Auf geht’s!“
Er öffnete die Augen, zog blitzschnell sein Katana und steckte es wieder in die Scheide.
Als die Bestien sich auf einen Radius von 5 Metern näherten, schienen sich ihre Körper zu verzerren und zu fragmentieren, wobei sich jede in zwei separate Wesen aufteilte.
„Hmm, nicht so schwer, wie ich mir meinen ersten Kill vorgestellt hatte. Sie benutzen nur Bestien des Anfängerrangs, um uns zu testen“, mutmaßte Atticus.
Während seines Unterrichts hatte Atticus herausgefunden, dass die Bestien dieselbe Rangklassifizierung wie Menschen verwenden. Vom Anfänger- bis zum Meisterrang.
Er hatte erwartet, dass sein erster Kampf mit magischen Bestien voller Kämpfe und knapper Entscheidungen sein würde. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so einfach sein würde. „Verdammt, ich bin zu stark geworden. Ich muss mir später stärkere Bestien suchen.“
Auch die fünf beobachteten aufmerksam ihre Umgebung und versuchten, ihre Konkurrenten ausfindig zu machen. Ihre Überraschung war groß, als sie Atticus‘ beeindruckende Kraft zu sehen bekamen. Ein einziger Gedanke ging ihnen durch den Kopf: „Er ist stark!“
Nate war total nervös, ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Innerlich war er aber auch erleichtert: „Zum Glück bin ich umgedreht.“
In dem kleinen Kontrollraum an Bord des Schiffes stand eine Gruppe von fünf Männern vor einer Reihe von Bildschirmen und beobachtete aufmerksam das Geschehen.
Einer von ihnen brach das Schweigen und sagte mit einem Anflug von Neugier: „Scheint, als gäbe es dieses Jahr keinen Mangel an vielversprechenden Talenten, meinst du nicht auch, Marcus?“
Marcus nickte zustimmend, und in seiner Stimme schwang Bewunderung mit. „In der Tat.
Vor allem die junge Miss Aurora ist außergewöhnlich begabt. Es ist wirklich bemerkenswert, dass sie ihre Blutlinie in so jungen Jahren schon so meisterhaft beherrscht.“
Während sie sich in Lob überschlugen, fiel den Männern im Kontrollraum Elias‘ intensive Konzentration auf einen einzelnen Bildschirm auf. Neugierig folgten die anderen seinem Blick, und ein kollektiver Aufschrei der Verwunderung hallte durch den Raum.
Auf dem Bildschirm manipulierte ein gelassener Junge mit stacheligen, mähnenartigen Haaren gekonnt die Luft um sich herum, während er anmutig herabstieg. Eine Aura ruhiger Zuversicht umgab ihn, als er mühelos alle Bestien, die sich ihm auf weniger als fünf Meter näherten, mit unheimlicher Präzision und bemerkenswerter Geschicklichkeit ausschaltete.
Elias‘ Lippen verzogen sich zu einem wissenden Lächeln: „Dieses Lager wird diesmal besonders interessant werden.“
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