Kurz zuvor…
Hinter dem Hauptgebäude, wo das Bankett stattfand…
Lucas‘ letzte Worte durchdrangen den stillen Wald wie ein Flüstern, das in Stein gemeißelt war.
„Es gibt nichts Größeres als das Leben… Ich gebe meines für seine Gefangennahme.“
Und für einen kurzen Moment stand die Welt still.
Für Atticus war alles wie eingefroren. Der Wald. Die Insel. Die gesamte Dimension, in der sich das Militärlager befand.
In dieser eingefrorenen Welt wirbelte sein Verstand wie ein Wirbelsturm aus Blitzen und raste schneller als alles andere, was existierte.
„Etwas kommt.“
Dieser Gedanke hallte tief und ursprünglich durch sein Wesen und hallte aus seiner Seele wider.
Er hatte es nicht gesehen. Er hatte keine Artefakte oder Zaubersprüche an Lucas gespürt. Und doch wusste Atticus, dass etwas kam.
„Ich kann nicht rechtzeitig reagieren.“
Seit er sich erinnern konnte, sogar seit den frühesten Tagen seiner Reinkarnation, war sein Verstand immer der schnellste Teil seines Körpers gewesen. Er reagierte als Erster, verstand als Erster, entwickelte als Erster Strategien.
Aber jetzt war sogar sein Verstand zu einem Schluss gekommen.
Er konnte dem nicht entkommen.
Ein blendendes Licht brach aus Lucas‘ Körper hervor, so intensiv, dass es den gesamten Wald in einen blendenden Schein tauchte.
Die Zeit setzte wieder ein.
Aurora, Kael, Zoey und Nate zuckten zusammen und schirmten ihre Augen vor dem blendenden Licht ab.
Als sie ihre Hände senkten, sahen sie es:
Eine riesige Lichtsäule riss den Himmel auf, stürzte dann nach unten und traf Atticus mit verheerender Wucht.
Seine Augen blitzten kalt.
Bumm.
Seine Aura explodierte nach außen, Mana und spirituelle Energie vermischten sich wie das personifizierte Chaos und bildeten einen wirbelnden Strudel aus Macht.
Der bloße Druck erzeugte eine Schockwelle, Bäume wurden entwurzelt, der Boden brach auf und Aurora, Kael, Zoey, Nate und die anderen Ravensteins wurden wie Blätter in einem Sturm nach hinten geschleudert.
„Atticus!“,
schrie Aurora und drehte sich in der Luft, um das Gleichgewicht wiederzufinden. Ihre blutroten Augen zitterten.
Kael und Zoey starrten mit ungläubigen Augen.
Obwohl er seine ganze Kraft entfesselte, verschlang das Licht Atticus weiterhin, unerbittlich, gnadenlos, als wäre es göttlich.
„Ozeroth!“, schrie er in Gedanken.
„Es ist zu mächtig! Es schränkt alles ein, wir sind gefangen!“
„Dann beschütze sie! Verlass mich, beschütze sie, während ich mir etwas überlege!“
„Wir können uns nicht trennen, Bond. Wo du hingehst, gehe ich auch hin.“
Atticus‘ Augen verengten sich zu Schlitzen. Er wandte seinen Blick zu Aurora, Kael und Zoey.
Und sie sahen es.
Ein Blick, der nur eines bedeutete.
Überlebt … bis ich zurückkomme.
Das Licht wurde intensiver. Es schwoll heftig an, wirbelte um ihn herum, blitzte, verschlang alles, bis es schließlich …
verschwand.
An seiner Stelle schwebte eine kleine leuchtende Kugel in der Luft, die vor ungezähmter Kraft pulsierte.
Atticus war verschwunden.
„Nein … Nein!“
Aurora ging in Flammen auf und schoss auf die Kugel zu.
Zoey breitete ihre Flügel aus und folgte ihr mit verzweifelter Geschwindigkeit durch die Luft.
Kael hatte bereits begonnen, sich zu verwandeln, sein Körper verwandelte sich in seine berserkerhafte Gestalt, während er vorwärts stürmte.
Sie alle griffen nach der Kugel und hofften und beteten, dass sie ihn irgendwie zurückholen könnten.
Aber bevor sie sie erreichen konnten…
BOOM!
Eine Gestalt stürzte vom Himmel herab und landete mit verheerender Wucht zwischen ihnen und der Kugel.
Die Schockwelle schleuderte das Trio zurück, sodass sie sich in der Luft drehten, bevor sie wieder das Gleichgewicht fanden.
Ihre Blicke schossen zu der neuen Gestalt und ihre Augen weiteten sich.
Seine Aura war ursprünglich, uralt. Entdecke exklusive Geschichten in My Virtual Library Empire.
Sein Körper war mit dunklen Obsidianschuppen bedeckt. Schmale Pupillen starrten sie an wie ein Gott, der auf Ameisen herabblickt. Rasiermesserscharfe Klauen glänzten im Mondlicht. Riesige Flügel zitterten auf seinem Rücken und wollten sich entfesseln.
Draktharion Ignisyth.
Der Anführer der Drachenrasse.
„Was machst du da!“, bellte Aurora, während Flammen um sie herum loderten. Ihre Stimme war voller Wut.
Kael und Zoey verdüsterten ihre Mienen und gingen sofort in Verteidigungsstellung.
Atticus hatte gesagt, dass der Drachenapex neutral und irgendwie dankbar sei. Warum war er jetzt hier?
Draktharion blieb still und reagierte nicht auf Auroras Worte. Sein Blick war schwer, sein Gesicht unlesbar. Er schien … hin- und hergerissen.
Dann endlich verengten sich seine Augen, als hätte er eine Entscheidung getroffen.
„Was ich tun muss.“
Er drehte sich um und griff nach der Kugel.
Ein Tuch wurde schnell darum gewickelt, um ihn zu verstecken.
Aber als er die Kugel hob, weiteten sich seine Augen.
Sein Arm sank sofort herab.
BOOM.
Er schlug auf den Boden, niedergestreckt vom bloßen Gewicht der Kugel.
„Ich … kann sie nicht bewegen?“
Egal, wie sehr er es auch versuchte, sie rührte sich nicht von der Stelle.
„Das Universum ist gegen mich, was …“
Ein bitteres Lachen entrang sich seiner Kehle.
Selbst gefangen war Atticus immer noch unbesiegbar.
„Was für ein Monster.“
Aber Draktharion biss die Zähne zusammen.
„Ich muss sie wiedersehen.“
Seine Entschlossenheit wuchs. Er drehte sich zu dem Trio um, seine schlitzförmigen Pupillen glühten.
Wenn er die Kugel nicht an sich nehmen konnte, würde er den wahren Grund für sein Kommen erfüllen.
Eine furchterregende Tötungsabsicht durchflutete den Wald und erstickte die Luft.
Aurora, Kael und Zoey taumelten leicht und traten instinktiv zurück.
Aufgrund der überwältigenden Kraft von Atticus wurde die Macht der anderen Apexes in den Schatten gestellt.
Aber in diesem Moment erinnerten sie sich.
Was ein Apex wirklich war.
Derjenige mit dem größten Potenzial, der Stärkste zu werden. Der Mächtigste von allen.
Der Mächtige.
Der Stärkste.
Der Gipfel.
Der Apex.
Draktharion bewegte sich.
Eine Geschwindigkeit, auf die selbst Meister und Experten niemals reagieren konnten.
TWACK.
Eine Blutlache spritzte über den Waldboden.
Auroras Augen weiteten sich.
Kaels Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
Draktharions Augen verengten sich.
Er starrte auf die Stelle, wo seine Klaue Fleisch durchbohrt hatte. Das war eine Überraschung gewesen, eine große Überraschung.
Nach seinem geheimen Treffen und seinem Deal mit Carius hatte Draktharion seinen Befehl erhalten. Der Preis für die Wiedervereinigung mit seinen Lieben war einfach, aber grausam:
Eine Botschaft überbringen. Eine Lektion. Eine, die Atticus Ravenstein vor seinem unvermeidlichen Ende eine Narbe hinterlassen würde.
Er sollte denjenigen töten, den er am meisten liebte.
Carius hatte diese Theorie bereits am ersten Tag des Militärlagers getestet, als Aurora von den Dimensari angegriffen worden war. Atticus‘ Reaktion hatte alles bestätigt.
Sein Ziel … war Aurora gewesen.
Und doch …
„Obwohl ich nicht einmal meine volle Geschwindigkeit eingesetzt habe … hat er meinen Angriff abgewehrt?“
Draktharions Blick fiel auf den Jungen unter ihm.
Ein braunhaariger Jugendlicher, der mitten durch die Brust durchbohrt war.
Kael.
Kael hatte nicht auf die Geschwindigkeit reagiert.
Er hatte sie vorausgesehen.
Er hatte gewusst, wo Draktharion zielen würde, und sich freiwillig in den Weg gestellt.
Aber was Draktharion mehr als alles andere schockierte, war der Ausdruck in Kaels Augen.
Trotz der klaffenden Wunde, trotz der Schmerzen grinste er.
Seine Augen brannten purrot. Sein Körper schwoll an, seine Muskeln wölbten sich, seine Haut verdunkelte sich, seine rasende Gestalt entflammte.